Sonderbotschaft Energieforschung veröffentlicht: was ändert sich für Fachhochschulen?

Der Bundesrat beantragt für die Jahre 2013–2016 insgesamt 202 Millionen Franken zur Stärkung der Forschung und Innovation im Energiebereich. Der Fokus wird verstärkt auf die anwendungsorientierte Energieforschung in der Schweiz gelegt. Der Schluss liegt nahe, dass dies dem anwendungsorientierten Profil der Fachhochschulen entgegenkommt,  doch neben den offensichtlichen Chancen sollten auch einige offenen Fragen diskutiert werden.

 

Die Botschaft des Bundesrates an das Parlament zum Aktionsplan «Koordinierte Energieforschung Schweiz» (siehe früheren Blogbeitrag) wurde am 17. Oktober 2012 veröffentlicht. Im Folgenden werden mögliche Chancen, aber auch Risiken für die Forschung an Fachhochschulen im Rahmen der Energiestrategie des Bundes beleuchtet.

 

Anwendungsorientierte Forschung für die Energiewende

Die Sonderbotschaft sieht eine nachhaltige Stärkung der Energieforschung in der Schweiz vor. Dabei sollen Forschungskapazitäten im ETH-Bereich, an Fachhochschulen und Universitäten über eine gezielte Förderung von Fachpersonen ausgebaut werden. Des weiteren wird beabsichtigt, die Strukturen der Energieforschung unter den verschiedenen Forschungsinstitutionen  durch Vernetzung und die Schaffung von Kompetenzzentren zu optimieren. Die anwendungsorientierte Forschung soll im Rahmen von Innovationsprojekten mit Beteiligung der Schweizer Industrie intensiviert werden – damit kommt ihr eine Hauptrolle in der Energiestrategie 2050 der Schweiz zu.

 

Konsequenzen für die Fachhochschulen

Für das Erreichen der beabsichtigten Energiewende bis 2050 ist eine rasche und wirtschaftsorientierte Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis unabdingbar. Die Stärke der Fachhochschulen liegt klar in diesem anwendungsorientierten Bereich. Die ZHAW zum Beispiel führt bereits heute mit etwa 100 Forschungsprojekten ein breit gefächertes Portfolio in Zusammenarbeit mit Wirtschaftspartnern in den wichtigen Energieforschungsschwerpunkten. Die zusätzliche Finanzierung im Rahmen des Aktionsplans wird einen Ausbau dieser Kapazitäten ermöglichen und damit die Stellung der Fachhochschulen in der Energieforschung weiter stärken. Zudem wird es eine Gelegenheit für die Fachhochschulen sein, sich durch die hohe wirtschaftliche und mediale Aufmerksamkeit als wichtigen Akteur in der Energieforschung zu positionieren.

Die Aufteilung des Budgets des Aktionsplans zwischen den verschiedenen Forschungsinstitutionen der Schweiz wirft in diesem Zusammenhang aber auch einige Fragen über die Stellung der Fachhochschulen in der Schweizer Forschungslandschaft auf:

  • Hält mit der Umsetzung des Aktionsplans die anwendungsorientierte Forschung an den traditionell eher grundlagenorientierten Institutionen ETH und Universitäten Einzug? Der Aktionsplan bezieht hier klar Stellung: «Ein wesentlicher Beitrag für die nachhaltige Umsetzung der Energiestrategie 2050 wird insbesondere auch von der anwendungsorientierten Forschung, generell von Innovationen erwartet». Der Grossteil der geplanten Fördergelder fliesst jedoch direkt in Institutionen, die bisher eine grundlagenorientierte Forschungsausrichtung hatten. Welche Dynamik dies in der Schweizer Forschungslandschaft auslösen wird, und welche Bedeutung diese Entwicklung für die angewandte Forschung an Fachhochschulen hat, sollte diskutiert werden.
  • Wie wird sich die Professurlandschaft an den Forschungsinstitutionen verändern? Die geplanten zusätzlichen Professuren in Energie-Schwerpunktthemen müssen nicht zwingend durch Neuschaffung entstehen, sondern können auch durch Umschichtungen bestehender Professuren besetzt werden. Dies wirft zwei Fragen auf. Erstens: wird dies zu Lasten von anderen, bestehenden Forschungsthemen an den Institutionen gehen? Und zweitens: kann dies zu einem gegenseitigen Abwerben von Forschenden mit anwendungsorientiertem Hintergrund und einem entsprechenden Kontaktnetzwerk zur Wirtschaft unter den verschiedenen Forschungsinstitutionen führen?
  • Können die Fördergelder sinnvoll von der heutigen Situation ausgehend auf die Periode 2013-2016 übertragen werden? Die geplanten Fördergelder für die Periode 2013-2016 basieren auf den heutigen Anteilen der ETH, der Universitäten und Fachhochschulen an der gesamten Schweizer Energieforschung. Der ETH kommt hier die Hauptrolle zu, während den Fachhochschulen ein vergleichsweise kleiner Anteil zugesprochen wird. Es ist allerdings fraglich, ob die Forschungsinstitutionen die neu geschaffenen Professuren nach der Förderperiode 2013-2016 finanziell weiterhin halten können. Insbesondere falls der politische Fokus von der Energieforschung wegrücken sollte, könnte sich auch die finanzielle Situation massgeblich ändern.

 

Hintergrund: Botschaft zum Aktionsplan «Koordinierte Energieforschung Schweiz»

Der Bundesrat beantragt für die Periode 2013–2016 insgesamt 202 Millionen Franken, die folgendermassen aufgeteilt werden:

  • 60 Millionen: Beitrag zugunsten des ETH-Bereichs für den akademischen Kompetenzaufbau, einschliesslich Aufbau und Betrieb notwendiger Forschungsinfrastrukturen;
  • 118 Millionen für ein Förderprogramm «Energie» (zwischen KTI und SNF koordiniert): Beiträge zum Aufbau und Betrieb interuniversitärer Kompetenzzentren (Grundfinanzierung) sowie zur Förderung von Forschungsprojekten (kompetitive Mittel, unter Beteiligung von Partnern aus der Industrie);
  • 24 Millionen für das SNF-Nachwuchsförderprogramm «Energie»: Rekrutierung von Nachwuchskräften für den Kapazitätsaufbau der Institutionen und der (neuen) Kompetenzzentren im Bereich der Energieforschung.

 

Weitere Informationen

 


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