Eine Delegation der ZHAW hat im Dezember 2018 erstmals an einer UN-Klimakonferenz teilgenommen. Regina Betz und Raphaela Kotsch vom Center for Energy and the Environment (CEE) schildern ihre persönlichen Erlebnisse und berichten über die fachlichen Ergebnisse der Konferenz in Polen.
Es ist Anfang Dezember und kalt in Katowice. Hier, mitten im polnischen Kohlerevier, findet die diesjährige UN-Klimakonferenz statt. Die Luft ist diesig vom Smog, der aus den umliegenden Kohlekraftwerken und den veralteten Kohleöfen kommt, mit denen hier die Mehrzahl der Häuser beheizt wird. Das Atmen fällt schwer. Die Verhandlungen auch. Nach zwei Wochen und mit einem Tag Verspätung gelingt der Multilateralismus doch und man kommt zu einer Einigung: Das Katowice Climate Package wird angenommen.
Auf der COP (kurz für Conference of Parties), wie die Klimakonferenz in der Szene genannt wird, findet sich eine bunte Mischung an Menschen aus der ganzen Welt ein. Erfahrene KlimadiplomatInnen treffen auf junge UmweltaktivistInnen, nationale Delegationen auf VertreterInnen der Europäischen Kohlelobby, UmweltministerInnen auf führende KlimawissenschaftlerInnen. Rund 20‘000 Delegierte besuchen dieses Jahr die COP. Es ist ein buntes Gewusel, das sich durch die weißen Räume schiebt. Dieses Jahr ist die ZHAW zum ersten Mal für die UN Klimakonferenz akkreditiert und wird von Prof. Dr. Regina Betz, Leiterin des Center for Energy and the Environment (CEE) und Raphaela Kotsch in Katowice vertreten.
Bei dieser Klimakonferenz steht wie immer viel auf dem Spiel und die Erwartungen sind hoch. Seit der Klimakonferenz in Paris vor drei Jahren ringt man um die detaillierten Ausgestaltungsregeln zur Umsetzung des Pariser-Abkommens, das sogenannte Paris Rulebook. Bis zum Ende war eine Einigung ungewiss. Mit einem Tag Verspätung wurde das Katowice Climate Package schließlich beschlossen, einige umstrittene Teile wurden jedoch auf die nächste Klimakonferenz vertagt. Besonders heftig diskutiert wurde über die Ausformulierung des Artikel 6 des Paris-Abkommens, in dem es um die Gestaltung von globalen Märkten und Mechanismen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen geht. Die Verhandlungen um Artikel 6 sind besonders relevant für ein erst kürzlich gestartetes Forschungsprojekt am Center for Energy and the Environment. In dem vom Swiss Network of International Studies geförderten Projekt wird untersucht wie die Emissionsmärkte am wirksamsten gestaltet werden können und potentieller Missbrauch in den CO2-Märkten verhindert werden kann. In Katowice sollen klare Regeln vereinbart werden um die Doppelzählung von Emissionsminderungen zu vermeiden. Eine Doppelzählung wäre der Fall, wenn Länder eingesparte Emissionen auf ihr eigenes Emissionsminderungsziel, das sie sich in Paris gesetzt haben, angerechnet bekämen und diese Einsparungen gleichzeitig auf dem CO2-Markt an andere Länder verkaufen dürften. Die Meinungsverschiedenheiten konnten am Ende nicht ausgeräumt werden und die endgültige Vereinbarung der Klimakonferenz in Katowice enthält daher keine Bestimmungen über einen globalen CO2-Mechanismus. Die Einigung zu Artikel 6 soll in 2019 bei der COP in Chile entschieden werden, wobei es sich zeigen wird, ob hier überhaupt eine Einigung möglich sein wird oder ob es auf bilaterale Vereinbarungen hinauslaufen wird.
Während in langen Verhandlungsrunden über die technischen Details des Katowice Climate Package gestritten wurde, forderten Klimaschützer, dass die Nachbesserung der nationalen Klimaschutzpläne und eine Erhöhung der Einsparungsziele der größten Verschmutzter nicht aus den Augen geraten sollte. Besonders kleine Inselstaaten, d.h. Länder, die am stärksten und unmittelbarsten von den Folgen den Klimawandels betroffen sind, pochten auf ehrgeizige Zusagen. Das gesteckte Ziel, die Erderwärmung auf mindestens 2 Grad Celsius bzw. möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, ist nur möglich, wenn alle Länder Klimaschutz leisten. Doch einige Länder, vor allem manche Entwicklungsländer, neigen dazu, der Anpassung an den Klimawandel eine grössere Aufmerksamkeit zu schenken als den Maßnahmen zur Verminderung des Klimawandels. Noch größere Schwierigkeiten bereiten die Nationen, deren Wirtschaft auf Öl- und Gasvorkommen basiert. Länder wie Saudi-Arabien, Russland, die USA und Kuwait stellten sich zunächst gegen eine vorbehaltslose Anerkennung des jüngsten IPCC Sonderberichts. Der Sonderbericht zeigt deutlich, dass die globalen CO2 Emissionen bis 2030 fast halbiert werden und bis 2050 auf null sinken müssen, wenn ein Temperaturanstieg auf 1,5-Grad verhindert werden soll. Am Ende kann man sich nur auf eine Formulierung einigen, in der nicht der Bericht selbst, aber seine Fertigstellung begrüßt wird.
Trotz der Uneinigkeit in manchen Teilen wurden auf der COP wichtige Schritte beschlossen, über die sich Klimaschützer freuen können. In nur zwei Wochen hat man es geschafft fast alle der über 3‘000 uneinigen Stellen, die noch in Klammern waren, zu klären. Die wichtigste Einigung hat man beim Thema Transparenz erwirkt. Das Katowice Climate Package enthält die Ausformulierung des Artikel 13 und die Annahme des enhanced transparency frameworks (ETF). Derzeit sind nur Industriestaaten verpflichtet, über ihre Klimaschutzmaßnahmen zu berichten. Das ETF legt nun fest, dass alle Länder, auch Entwicklungsländer, alle zwei Jahre einen Bericht über ihre Emissionen und über die Maßnahmen zur Umsetzung ihrer Klimaziele abliefern müssen. Erst durch diese Informationen kann gewährleistet werden, dass die Erreichung von gesetzten Zielen sich nachverfolgen lässt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es den Vertragsparteien gelungen ist, ein solides Packet an Regeln zur Umsetzung des Pariser Abkommens vorzulegen. Es bleibt allerdings noch viel zu tun, um das 2 bzw. 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Alle Länder müssen sich dringend mit Nachbesserungen bei Ihren Emissionsreduktionszielen befassen und ihrer Verantwortung gerecht werden. Wir sind gespannt auf die nächste COP und wie es weiter mit Artikel 6 geht.
Autorin: Raphaela Kotsch