Marketingführung während und nach der Krise

Die aktuelle Pandemie hat auch Auswirkungen auf Marketingführungskräfte. Wie soll man jetzt sein Marketing ausrichten und wie bereitet man sich auf die Zeit nach der Krise vor? Welche Fähigkeiten brauchen die CMOs jetzt? Dies beantwortet uns der Leiter des Instituts für Marketing Management, Prof. Dr. Brian Rüeger.

Die Corona-Krise hat viele in ihrer Wucht überrascht, unter anderem auch Marketingführungskräfte. Nicht nur arbeiten viele Teams nun im Home Office, auch viele Kampagnen mussten gestoppt werden und viele Aufträge sind gestrichen worden. Was sollen Marketingführungskräfte jetzt tun, wie halten sie ihr Team zusammen?

In einer Krise zeigt es sich, ob Führungskräfte wahre Leader sind oder nur Manager. Wenn die Dinge gut laufen, können viele führen. Im Moment sind die Unternehmen sehr unterschiedlich von der Krise betroffen. Was für die einen völliger Stillstand ist, kann für die anderen Schichtarbeit bedeuten. Im Vordergrund stehen nicht mehr die klassischen Marketingziele wie Wachstum, Gewinnung von Marktanteilen und neue Produkte und Services, sondern vielmehr Liquiditätssicherung, Stabilisierung, Risikomanagement, Prozessumstellung und, als wichtigste Aufgabe von Führungskräften in einer Krise, das Wohl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Grundsätzlich verkürzt sich für alle der überblickbare Zeithorizont auf Flug auf Sicht, was für die meisten nur Tage oder Wochen bedeutet.

Für Prof. Dr. Brian Rüeger stehen nun nicht mehr die klassischen Marketingziele im Vordergrund

Wenn praktisch die ganze Welt mit einem Virus kämpft, ist es moralisch überhaupt vertretbar noch Marketing zu betreiben? Etwas überspitzt gesagt, darf ich profane Produkte noch bewerben?

Dem ist grundsätzlich nichts Neues entgegenzusetzen, nur haben sich für viele die Prioritäten schlagartig verschoben und das reine Überleben ist in den Vordergrund gerückt. Zentral ist jedoch, dass sich durch die Krise das Mediennutzungsverhalten der Konsumenten von einem Tag auf den anderen massiv verschoben hat. Und obwohl sich die Märkte nach der Krise wieder erholen werden, die Welt wird nicht mehr die Gleiche sein. Werte werden verschoben, Verhalten und Einstellungen ändern sich. Ich muss wissen, was genau passiert und wie ich das Unternehmen neu darauf ausrichten kann. Das wird auch Auswirkungen auf die Kommunikation und mein Werbeverhalten haben.

Marketing wird nicht nur in Unternehmensabteilungen betrieben, da hängen diverse Agenturen und Einzelfirmen dran. Was würden Sie raten, wie sollten CMOs und die externen Dienstleister in dieser Zeit vorgehen?

In einer Krise sollte, im Privaten wie im Geschäft, nicht nur auf sich geschaut werden. Eine Krise bietet immer viele Gelegenheiten, langfristig wertvolle Beziehungen zu pflegen und zu zeigen, wer ich bin und für was ich stehe. Wenn ich alle Partner im Geschäft fallen lasse, wird das wie ein Bumerang später auf mich zurückkommen. Die Krise ist irgendwann vorbei und das Leben wird weiter gehen. Wir werden uns erinnern, wie Unternehmen und Geschäftspartner sich in der Krise uns gegenüber verhalten haben und umgekehrt. Wer die Möglichkeit hat, sollte Solidarität zeigen, es ist das beste Investment in die Zukunft.

Ein CMO ist auch unternehmensintern eine wichtige Figur. Durch die Krise wurde die Bedeutung der Digitalisierung schlagartig sichtbar. Nicht alle CMOs sind aber dafür gerüstet, auch persönlich. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn man hier aktuell seine Kompetenzen auffrischen muss?

CMOs müssen lernen, mit einer sich stetig erhöhenden Dynamik und einer gleichzeitig wachsenden Komplexität umzugehen. Das hat Auswirkungen auf Strategie, Kultur und Prozesse. Wir haben hierfür den Executive Master in Marketing Leadership entwickelt, speziell für Führungskräfte. Es geht nicht nur um ein kleines Auffrischen der Kompetenzen, sondern darum, wie CMOs das gesamte Unternehmen digital transformieren können, damit diese Transformation nicht an den Kundenbedürfnissen vorbei geht. Es geht darum zu verstehen, wie sich die Spielregeln verändern und wie ich meine Marketingkompetenzen aufstellen muss, um langfristig erfolgreich zu agieren. Die Krise hat die Relevanz dieses Lehrgangs massiv verschärft.

Die CMOs müssen gerade jetzt ihre Kompetenzen schärfen und die Kundenbedürfnisse im Blick haben (Bild: Pixabay)

In Bezug auf die Weiterbildung, wie sehen Sie aktuell die Lage? Streichen die Leute ihre geplanten Weiterbildungen oder setzen sie umso mehr auf eine Weiterentwicklung?

Einerseits hat «Life Long Learning» noch lange nicht seinen Zenit erreicht und andererseits verhält sich die persönliche Weiterbildungsnachfrage immer antizyklisch und die Nachfrage nach unternehmensinterner Weiterbildung immer zyklisch zur Konjunktur. Genau das sehen wir auch in der aktuellen Krise. Zahlreiche Unternehmen stornieren und verschieben Inhouse-Schulungen, welche wir für sie massschneidern. Hingegen wächst das Interesse an persönlichen Weiterbildungen stark, vielleicht auch gerade, weil wir alles auf digital umgestellt haben. Nur wenige müssen aus persönlichen Gründen ihre aktuelle Weiterbildung verschieben.

Zum Schluss, wie solle man sein Marketing nun aufstellen, damit man auch nach der Krise wieder auf die Erfolgsspur zurückkehren kann?

Nachdem das Unternehmen stabilisiert ist, sollte man die Zeit nutzen, um mit dem Marketing das ganze Unternehmen vorwärts zu bringen. Die Frage stellt sich: Wie sieht das Next Level Marketing für Ihr Unternehmen aus? Die aktuellen Kompetenzen müssen analysiert und ein sinnvoller, durchführbarer Entwicklungspfad aufgezeichnet werden. Jedes Unternehmen muss wissen, was für sie «Next Level Marketing» bedeutet und was sie dazu benötigen. Dann kann Marketing nicht nur den Lead in der Digitalen Transformation, sondern auch den Lead im Neuaufbau nach der Krise übernehmen.


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