Mit Storytelling gegen fehlende Aufmerksamkeit

Von Dr. Adis Merdzanovic

Moderne Kommunikation ist ein ständiger Kampf um die Aufmerksamkeit der Kunden. Doch statt die schwindenden Aufmerksamkeitsspannen zu beklagen, sollten Unternehmen verstehen, welche Inhalte heute dennoch hohe Aufmerksamkeit geniessen: Gut erzählten Geschichten – oder eben Storytelling.

Wie schafft man es, die Aufmerksamkeit der Kundschaft zu erhalten? Diese Frage bewegt die moderne Marketingkommunikation wie keine zweite. In Zeiten allgegenwärtiger Ablenkungen fällt es Unternehmen zunehmend schwerer, das kommunikative Grundrauschen zu durchdringen und Kunden mit ihren Kommunikationsbotschaften anzusprechen. Die 2013 von Microsoft Kanada in einer Studie festgestellte, menschliche Aufmerksamkeitsspanne von acht Sekunden ist zwar umstritten, doch klar ist, dass der Kampf um Aufmerksamkeit im Zeitalter digitaler Kommunikation härter geworden ist.

Doch Aufmerksamkeit zu erreichen, ist durchaus noch möglich – es kommt einfach auf die Art und Weise der Botschaftsvermittlung an. Nicht umsonst liegen Podcasts, die nicht selten eine Stunde oder länger sind, aktuell hoch im Kurs. So hören 44% der 15-34-Jährigen mindestens gelegentlich einen Podcast, wie eine Umfrage der WEMF ergab. Und auch Serien mit langgezogenen Plots erfreuen sich nach wie vor grosser Beliebtheit; 44% der Deutsch- und Westschweizer streamen regelmässig Filme, Serien oder Videos – und auf den vordersten Plätzen in den Youtube-Charts landen nicht selten Videos mit einer Länge zwischen einer halben und einer Stunde.

Storytelling ist ein zentrales Element in der Unternehmenskommunikation (Bild: Unsplash)

Geschichten bleiben in Erinnerung

Wie sind diese Unterschiede zwischen der eigentlich eher kurzen Aufmerksamkeitsspanne und den beliebten, langen Formaten zu erklären? Ein wichtiger Bestandteil der Erklärung liegt in der Botschaftsvermittlung, nämlich im Storytelling. Das Erzählen von Geschichten stellt die Ur-Form der menschlichen Kommunikation dar. Von Höhlenmalereien über Zusammenkünfte am Lagerfeuer bis hin zu modernen Sagen wie Star Wars oder Game of Thrones standen immer Geschichten im Zentrum sozialer Austauschprozesse. Im Rahmen der Unternehmenskommunikation kommt das Storytelling zum Einsatz, um beim Empfänger Reaktionen zu erzeugen und so in Erinnerung zu bleiben.

Im Rahmen des Storytellings werden Informationen auf unterhaltsame, spannende und vielfach auch emotionale Art und Weise vermittelt. Packende Geschichten berühren die Leser, lösen Emotionen aus oder rufen Erinnerungen wach und bleiben so vermehrt im Gedächtnis. So fand eine Studie der Universität Stanford heraus, dass Stories 22 Mal besser in Erinnerung bleiben als blosse Ansammlungen von Fakten. Schliesslich sind Geschichten teilbar; sie werden weitererzählt und diskutiert. Mit guten Geschichten bleibt man im Gespräch und diese können viral gehen.

Dramaturgie und Mehrwert

Geschichten sind eine Art der Informationsvermittlung und damit grundsätzlich von jedem Unternehmen als Instrument der Kommunikation brauchbar. Es geht darum, wie Fakten vermittelt werden. Besonders gut können sie eingesetzt werden, wenn es um den Gründermythos des Unternehmens oder um die Lancierung von neuen Produkten geht. Als Joe, Nathan und Brian die Idee ihres neuen Unternehmens Airbnb vorstellten, taten sie dies in Form einer einfachen Geschichte: Sie hatten gemeinsam ein Apartment, dessen Miete angehoben wurde, sodass sie sich dieses nicht mehr leisten konnten. Also entschlossen sie sich, ein Zimmer mit Luftmatratze zu vermieten. Die Idee für Airbnb war geboren.

Gute Geschichten leben von Protagonisten, die eine Reise erleben. Sie sind mit Problemen konfrontiert, haben Konflikte auszutragen und finden schlussendlich eine positive Lösung. Die Problemstellungen können jene des Unternehmens oder jene der Zielgruppe sein, müssen aber für die avisierte Zielgruppe einen besonderen Mehrwert bieten. Dieser kann informativ oder unterhaltend sein, aber auch gewisse Handlungen unterstützen (z.B. «Wie baue ich mir ein Hochbeet?») oder eine Call-to-Action-Komponente haben (z.B. «Unterstützen Sie dieses Projekt!»). Entscheidend ist, dass dieser Mehrwert über die Geschichte der Protagonisten vermittelt wird und so eine einen Wiedererkennungswert für die Zielgruppe hat. Sie muss sich in den Geschichten wiederfinden, ja vielleicht sogar mit den Protagonisten identifizieren und sich so gemeinsam auf die Reise begeben. Dann ist auch die Aufmerksamkeit für die Geschichte sicher.


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