Mit einer neuen Geschwindigkeit spannende Kundenerlebnisse gestalten

Für Unternehmen sind die Kundenzentriertheit, optimale Serviceleistungen und die Innovationsfähigkeit überlebenswichtig. Doch dies klingt einfacher als es ist. Wie soll man sich auf den Kunden konzentrieren und einen guten Service bieten, wenn dieser überall und doch nirgends erreichbar ist? Wie soll man eine Produktinnovation voranbringen, wenn sich die Vorlieben des Kunden und die Marktumgebung ständig ändern? Jennifer Bagehorn, Studiengangsleiterin des CAS Service Design & Innovation, gibt Auskunft zu diesen Fragen.

Ist es heute schwieriger oder einfacher geworden, Kundenerlebnisse zu gestalten? Welches sind hier die grössten Herausforderungen und wo ist es einfacher geworden?

Kundenerlebnisse zu gestalten ist spannender, aber auch komplexer geworden. Unsere Welt verändert sich mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit und mit ihr wandeln sich natürlich auch die Bedürfnisse der Kunden. Produkte werden im globalen und stetig wachsenden Wettbewerb immer austauschbarer. Es reicht nicht mehr aus, nur ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Eine stetige Optimierung der Serviceleistungen ist für das weitere Bestehen eines Unternehmens von zentraler Bedeutung geworden.

Als Schlüsselwort fällt hier die Service Dominant Logic, welche eine neue Denkweise im Marketing darstellt, die einen Paradigmenwechsel von einer Güter-dominierten Logik (GDL) zur Service-dominierten Logik (SDL) fordert. Ein Kundenerlebnis hat somit heute nicht mehr nur einen, sondern viele Kontaktpunkte mit dem Unternehmen, die in ihrer Gesamtheit das Kundenerlebnis immer wieder neu definieren. Dazu kommt eine weitere Komplexität: Ein Grossteil der Kontaktpunkte zwischen dem Nutzer und dem Service sind heutzutage digital. Seit der Krise hat sich das noch einmal radikal weiterentwickelt, die digitale Transformation wurde weiter vorangetrieben und es haben sich ganz neue Möglichkeiten in der Interaktion mit dem Kunden ergeben.

Allerdings stellt dieser Wandel auch neue Herausforderungen an Arbeitsprozesse in Unternehmen. Bekannte Strukturen, Denkweisen und Routinen werden hinterfragt und die technischen Fähigkeiten auf eine Probe gestellt. Service Design bietet hier einen strukturierten Weg. Die nutzerzentrierte Vorgehensweise und Methodik basiert auf dem Modell des Double Diamond (UK Design Council) und ermöglicht es Unternehmen, Schritt für Schritt Kundenerlebnisse zu gestalten, die sinnvoll, erfolgreich und erlebbar sind – in der digitalen sowie der analogen Welt.

Jennifer Bagehorn leitet den CAS Service Design & Innovation

Im Design Service ist ein elementarer Schritt, Personas und Customer Journeys zu skizzieren. Inwiefern haben sich Personas und Customer Journeys in den letzten 10 Jahren verändert?

Mit der Evolution der technologischen Möglichkeiten haben sich den letzten 10 Jahren natürlich auch Personas und Customer Journeys weiterentwickelt. Unternehmen sitzen auf wahnsinnigen Datensätzen zum Verhalten ihrer Kunden. Big Data und die sozialen Medien bieten ganz neue Einblicke in die emotionale und digitale Welt der Kunden, die wir vor 10 Jahren so noch nicht hatten.

Personas, insofern sie fundiert erarbeitet wurden, ermöglichen Unternehmen, die Bedürfnisse ihrer Kunden besser zu verstehen. Obwohl dies theoretisch vielversprechend klingt, ist das in der Praxis gar nicht so einfach. Um ihre Kunden wirklich zu kennen, müssen Unternehmen nicht nur verstehen, was die Kunden wollen, sondern auch genau wissen, wieso, wann, und wie oft sie etwas wollen. Um eine Antwort auf diese Fragen zu bekommen ist es wichtig mit einem Mix aus quantitativen und qualitativen Methoden zu arbeiten, denn dann können Personas viel präziser entwickelt werden und repräsentieren schliesslich reale und designrelevante Zielgruppen.

Im nächsten Schritt kann dann die Persona dazu beitragen die Customer Journey zu verbessern, indem das Unternehmen mehr Einblick in die Verhaltenstrends des idealen Kunden bekommt. In der Customer Journey werden erlebte Ereignisse aus der Nutzerperspektive als Abfolge dargestellt und die Erfahrung mit dem Service oder Produkt beschrieben. Auch hier hat sich Einiges getan in den letzten 10 Jahren, und Customer Journeys haben sich zu einem Tool entwickelt, das es ermöglicht, den Kunden mit dem Leistungsanbieter konkret in Verbindung zu setzen. Ausgehend von der Perspektive des Nutzers, können die Struktur der Organisation sowie die wirtschaftlichen und technischen Anforderungen in der Journey berücksichtigt und visualisiert werden.

Innovationsbereitschaft ist wichtiger denn je. Welches sind die wichtigsten Voraussetzungen, die ein Unternehmen mitbringen muss, um auch wirklich Innovationen vorantreiben und vor allem umsetzen zu können?

Der Begriff «Innovation» wird derzeit geradezu inflationär verwendet. Praktisch alle Unternehmen streben an, innovativ zu werden – oder sie behaupten, es bereits zu sein. Doch das, was die Innovationbereitschaft in Unternehmen zu einem grossen Teil ausmacht, wird oftmals zu wenig Beachtung geschenkt. Kundenzentriertheit ist wichtig, aber Mitarbeiterzentriertheit ist essenziell. Denn die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens steht und fällt mit der Innovationsbereitschaft seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Eine innovationsförderliche Einstellung kann nicht einfach verordnet werden – ein solches Mindset muss im Alltag erlebbar und spürbar sein. Dazu muss auch das Menschenbild angesprochen werden, welches explizit oder implizit in einem Unternehmen vorherrscht. Eine Innovationskultur zu schaffen und zu nähren ist eine erfolgskritische Daueraufgabe.

Neben einer innovationsförderlichen Kultur werden auch Organisationsstrukturen benötigt, welche die Chance für erfolgreiche Innovationen systematisch erhöhen. Dazu gehören mittels Rollen und Aufgaben geklärte Zuständigkeiten. Organisationen sollten auf ein fruchtbares Nebeneinander von Tagesgeschäft auf der einen Seite und einem Freiraum für Innovationen auf der anderen Seite anstreben. Da Reibungen und Konflikte zwischen diesen beiden «Welten» nur eine Frage der Zeit sind, sollte man mit deren Eigenheiten vertraut sein und bei Spannungen angemessen reagieren können.

Die Kundenzentriertheit ist wichtig © Mohamed Hassan/Pixabay

Die konsequente Kundenorientierung heisst ja eben auch, die Zielgruppe bereits bei der Produktinnovation und Produktentwicklung miteinzubeziehen. Wird das heute noch zu wenig gemacht oder wie schätzen Sie die Situation ein?

Viele Unternehmen denken, sie kennen ihre Kunden. Oftmals haben sie aber nie mit einem echten Kunden gesprochen. Produkt- und Serviceinnovationen werden daher häufig aus der Organisation heraus geboren (Inside-out), ohne dass die Kunden in den Prozess mit einbezogen werden. Moderne Innovationen werden jedoch von einem Bedürfnis einer Nutzergruppe ausgehend und unter holistischer Betrachtung der äusseren sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Umstände und Trends getrieben (Outside-in).

Um konkurrenzfähig zu sein, müssen sich Unternehmen laufend an die sich wandelnden Umgebungen anpassen und dabei ihre Kunden begeistern. Ein früher und regelmässiger Einbezug von Kunden in den Innovationsprozess kann entscheidende Impulse bei der Entdeckung und Befriedigung von Kundenbedürfnissen liefern. Innovationen werden somit nicht nur für Kunden entwickelt, sondern mit den Kunden.

Langfristig werden dann jene Organisationen erfolgreich sein, die inkrementelle und radikale Innovationen anstreben und diese immer wieder auf ihre Relevanz für ihre Nutzerinnen und Nutzer testen. Dies kann sämtliche Phasen der Innovation umfassen: Das Verständnis von Kundenwelten wie auch die Gewinnung, Konkretisierung und Auswahl von Ideen. Auch die Validierung von Ideen, das heisst, die empirische Prüfung, ob ein entwickelter Lösungsansatz das gewünschte Kundenerlebnis hervorruft, gehört nach dem Open Innovation Ansatz zur Kundeneinbindung.

Welche Fähigkeiten müssen denn heutige Mitarbeitende in den Bereichen Service Design und Innovationsmanagement mitbringen oder anders gefragt: was erwarten Unternehmen hier?

Die spezifischen Tools und Methoden aus dem Service Design und Innovationsmanagement zu kennen und zu beherrschen ist natürlich wichtig. Allerdings gibt es heutzutage viele gute Onlinequellen, um sich entsprechende Tools anzueignen. Wichtig ist zu verstehen, dass das Tool nur ein Mittel zum Zweck ist. Was heutige Mitarbeiter im Service Design und Innovationsmanagement mitbringen müssen, ist vor allem ein Kunden- und Service-zentriertes Mindset.

Sie müssen verstehen, dass eine Innovation, beziehungsweise ein neuer Service, nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie aus Sicht der Technik (Machbarkeit), Wirtschaft (Realisierbarkeit) und vor allem des Menschen (Wünschbarkeit) vielversprechend ist. Im Vergleich zu den Tools kann man sich dieses Mindset nicht einfach im Internet herunterladen. Es muss aktiv erlernt, erlebt, praktiziert, und reflektiert werden.

Genau deswegen starten wir mit dem praktischen Modul «Service Design» in den CAS, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand einer echten Challenge den gesamten Service Design Prozess durchlaufen. In Gruppenarbeiten können sie sich über ihre Erfahrung direkt austauschen und ihre Ansätze diskutieren. In unseren wöchentlichen Expertencoachings werden dann konkrete Herausforderungen und Erfolge besprochen und der Bezug zum eigenen Unternehmen hergestellt. So verfeinert sich das Mindset und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden durch das eigene Erleben des Prozesses zum Experten im Service Design und Innovationsmanagement.

Zum Schluss noch eine Frage Frau Bagehorn, begründen Sie doch bitte in ein paar wenigen Sätzen, weshalb man diesen CAS besuchen soll?

Die Corona-Krise hat die Welt wie wir sie kennen, radikal durchgerüttelt und neu sortiert. Diese neuen Zeiten rufen ganz klar nach neuen innovativen Ansätzen! Mit unserem neu überarbeiteten und in der Schweiz einzigartigen CAS Service Design & Innovation ist man ganz vorne dabei und ebnet den Weg in eine neue Kunden- und Arbeitswelt. Teilnehmer lernen, wie sie Nutzerfokus, Agilität und Innovation in ihrem Unternehmen vorantreiben, und entwickeln ein modernes Mindset und Verständnis, dass jedes Produkt in einem komplexen Service Ecosystem verankert ist.

Zudem startet der CAS dieses Jahr komplett digital und ist dabei alles andere als unpersönlich: In wöchentlichen Coachings gehen wir auf die individuellen und unternehmensspezifischen Bedürfnisse unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer genau ein, behandeln für sie relevante Cases, und ermöglichen ihnen, dass sie ihre Weiterbildung flexibel und ortsunabhängig mit Hilfe von E-Teaching und E-Learning-Einheiten gestalten können. Aus bisherigen Feedbacks von Weiterbildungsteilnehmenden aus dem Frühlingssemester verstehen wir, dass sie in unseren Lehrgängen viel vom Einsatz der digitalen Tools für ihre praktische Arbeit profitieren konnten.

Wir freuen uns in die Zukunft zu starten mit diesem brandaktuellen CAS, für den wir ein sensationelles und hochkarätiges Team an inspirierenden und hochkompetenten Experten aus Forschung und Wirtschaft gewinnen konnten!

Mehr Informationen zum CAS Service Design & Innovation:

https://www.zhaw.ch/de/sml/weiterbildung/detail/kurs/cas-service-design-innovation/


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