Future Thinking – Die Zukunft aktiv für die eigene Organisation mitgestalten

Unternehmen müssen sich fortlaufend und immer schneller mit neuen Technologien und sich ändernden Kundenpräferenzen auseinandersetzen. Im Strategieprozess müssen Unternehmen dabei nicht nur die aktuelle Situation richtig deuten, sondern auch Zukunftsszenarien antizipieren, in denen sie künftig agieren müssen Vor diesem Hintergrund hat das Institut für Marketing Management einen neuen Weiterbildungskurs lanciert, welcher es teilnehmenden Führungspersönlichkeiten ermöglicht, Techniken zu erlernen, um aktiv Handlungsoptionen für die Zukunft zu gestalten.

Christina Taylor, Future Thinking Leader mit 30 Jahren Erfahrung in strategischen Führungsrollen, und Judith Wimmer, Innovationscoach mit 15 Jahren Erfahrung im Innovationsmanagement, sind Dozierende im Weiterbildungskurs Future Thinking. Sie erklären im nachfolgenden Interview, wie sich Unternehmen strategisch auf die Zukunft vorbereiten können.

Was versteht man unter Future Thinking und wie wurde es entwickelt?

Bei «Future Thinking» (oder «Futures Thinking» – Plural) geht es um das strukturierte Nachdenken über die Zukunft und die Methoden und Ansätze, die dabei verwendet werden. Es beinhaltet Aspekte aus der Zukunftsforschung kombiniert mit Praktiken aus der Psychologie und Designansätzen. Der Prozess ist iterativ: Im Wechselspiel von «Entdecken/Erforschen» und «Entwickeln/Entscheiden» werden Artefakte der Zukunft und verschiedene mögliche Zukunftsszenarien entwickelt.  «Future Thinking» ist somit nicht ein Versuch, die Zukunft vorherzusagen, sondern vielmehr ein Mittel, um unerwartete Implikationen heutiger Probleme zu beleuchten, um so Einzelpersonen und Organisationen zu befähigen, aktiv wünschenswerte Zukünfte zu gestalten. Der Schwerpunkt liegt nicht darauf, was passieren wird, sondern darauf, was angesichts verschiedener beobachteter Faktoren passieren könnte. Oder in den Worten des Zukunftsforschers Dr. Sohail Inayatullah ausgedrückt: «With futures thinking, we use the future to change the present.»

Im Future Thinking wird ein iterativer Prozess angewendet (Bild zvg.)

Was hat die Pandemie mit Future Thinking zu tun? Warum brauchen wir Future Thinking gerade in der aktuellen Zeit mehr als je zuvor?

Die Pandemie war und ist eine Krisensituation. Interessant zu beobachten ist, dass es Menschen gibt, die angesichts der Unsicherheit und menschlichen Schicksale trotzdem positiv in die Zukunft sehen, während andere eher ängstlich auf die Situation reagieren. Im Future Thinking geht es darum, sich bewusst zu werden, dass die Zukunft nicht passiv geschehen wird, sondern dass wir sie aktiv mitgestalten können. Voraussetzungen für ein solches Vorgehen ist einerseits die Bereitschaft, Fakten und Ereignisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Disziplinen neutral zu betrachten. Anderseits bedarf es der Einstellung (Mindset), dass wir auch in schwierigen Situationen handlungsfähig sind. Elementar ist zudem das Vertrauen in sich selbst und das Team, kreative und adäquate Lösungen zu entwickeln- unabhängig davon, wie herausfordernd es zu sein scheint.

Die Betrachtung von Situationen aus unterschiedlichen Blickwinkeln ist ein weiteres zentrales Element des Vorgehens: Was bedeutet ein bestimmtes Signal aus technologischer, soziologischer, wirtschaftlicher oder ökologischer Sicht? Welche Disziplin würde welche Schlüsse ziehen? Dabei werden Auswirkungen oder Möglichkeiten entwickelt, die widersprüchlich sein können oder andere Schwerpunkte bzw. Prioritäten setzen.

Wir brechen also bewusst mit Schwarz-Weiss-Denken und der Annahme, dass entweder alles gut oder schlecht wird. Stattdessen explorieren wir mehrere mögliche, wünschenswerte, nicht wünschenswerte und utopische Zukunftsszenarien. Durch diese offene Denkweise wird die Zukunft proaktiv gestaltet.

Visionär im Future Thinking (Bild zvg.)

Für welche Art von strategischen Entscheidungen eignet sich Future Thinking?

Die meisten Unternehmen bewegen sich heute in einem höchst dynamischen und komplexen Umfeld. Auf Basis der vorhandenen Informationen können keine sicheren Handlungsoptionen erarbeitet werden und die Auswirkungen von Entscheidungen sind nicht vorhersehbar. Um langfristig zu bestehen, müssen Unternehmen in Strategieprozessen dennoch in der Lage sein, die erfolgreichsten Handlungsoptionen zu identifizieren. Future Thinking eignet sich etwa für die Entwicklung oder Validierung der Unternehmensausrichtung, die Priorisierung bestehender und neuer Aktivitäten sowie das Gestalten von strukturellen oder ablauforganisatorischen Rahmenbedingungen.

Zudem dient Future Thinking als Kick-Start oder Re-Boot eines Teams, hilft Führungs- und Entscheidungskompetenzen zu stärken und fördert die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden. In Krisensituationen kann es als bewusste Stimulation und Provokation genutzt werden, um aus der Starre ins positive Gestalten zu kommen. Konkret angewandt nutzen wir Future Thinking vom Moderieren von Zukunftsworkshops bis hin zur Führung von mehrjährigen Vorhaben.

Auf welchen Führungsstufen sollte man mit Future Thinking-Techniken arbeiten?

Auf allen Ebenen im Unternehmen, die strategische Entscheidungen treffen: Führungskräfte haben die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für die proaktive Gestaltung der Zukunft zu setzen. Daher sollten Future Thinking-Techniken Teil des selbstverständlichen Tool-Sets des höheren Kaders werden. Abteilungen, die sehr pro-aktiv Zukunftsthemen entwickeln, nutzen Future Thinking für die Entwicklung zukunftsrelevanter Visionen und Handlungsoptionen. Auf individueller Ebene ermöglicht Future Thinking auf unvorhergesehene Ereignisse kreativ und positiv zu reagieren.

Future Thinking Methoden (Bild zvg.)

Was haben Future Thinker anderen Führungskräften voraus?

Gelassenheit bei gleichzeitiger Klarheit, Zielstrebigkeit und Tatkraft, ohne das Ziel im Voraus genau kennen zu müssen. Sie sind effektiver und fokussierter, kommen ohne Hektik vorzeitig ans Ziel. Der Sensemaking Business Canvas ist ein Werkzeug, welches wir im Future Thinking-Kurs anwenden. Der Canvas hilft, sich Orientierung zu verschaffen und eine Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten, die eine «faktenbasierte» Diskussion ermöglicht. Future Thinker knüpfen damit immer wieder an gemeinsam getroffene Vereinbarungen an und fördern ein mutiges Schritt-für-Schritt-Vorangehen. Future Thinking-Führungskräfte stehen für Verbindlichkeit, Nachvollziehbarkeit und vorwärtsgerichtetes Gestalten von Handlungsspielräumen.

Worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen Strategic Foresight, Design Thinking und Future Thinking?

Strategic Foresight ist ein Teilaspekt des Future Thinkings. Mittels Strategic Foresight sammeln wir Informationen über das zukünftige operative Umfeld. Das können z.B. Trends, Treiber und Artefakte sein. Sie dienen uns als Basis für die Entwicklung mögliche Zukunftsszenarien. Personen, die mit Design Thinking vertraut sind, werden im Future Thinking den iterativen Prozess und das explorative Mindset wiedererkennen. Sowohl Design Thinking- als auch Future Thinking-Prozesse durchlaufen divergierenden und konvergierende Phasen. Das Ziel ist jedoch ein völlig anderes: Gilt es mittels Design Thinking konkrete Lösungen für ein Problem zu entwickeln, so fokussiert Future Thinking auf das Öffnen von Handlungsoptionen und das Entscheiden, welcher dieser Handlungsoptionen am vielversprechendsten sind.

Der Weiterbildungskurs Future Thinking startet am 12. und 13. Januar 2022. Weitere Informationen sind hier zu finden.


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