Die Digitalisierung ist in aller Munde, doch noch immer haben rund 350 Millionen Kinder und Jugendliche keinen Zugang zur Elektrizität und damit auch zum Internet. Millionen von Menschen sind in der Bildung benachteiligt. wilearn 4 Life will das ändern. Mit solarbetriebenen Servern ermöglicht die NPO Zugang zu Lernmaterialien. wilearn 4 Life musste allerdings feststellen, dass Fundraising allein nicht zum Ziel führt. Eine starke Marke ist nötig, um die Vision der NPO glaubwürdig und langfristig an die Spender zu bringen.
Die Bachelorarbeit von Michelle Furrer (Studentin Bachelorstudiengang in International Management an der ZHAW) hat sich deshalb dem Brand Building für wilearn 4 Life angenommen. Wie sie den Markenaufbau erlebt haben und was sich seither verändert hat, darüber sprechen wir im Interview mit dem Gründer und Geschäftsführer von wilearn 4 Life, Roland Diethelm.
Herr Diethelm, wie ist es zur Zusammenarbeit zwischen Ihrer Organisation, wilearn 4 Life und mit Michelle Furrer gekommen?
Wir haben über unser Netzwerk einen guten Kontakt mit Rolf Rellstab gepflegt und letztes Jahr konnten drei von seinen Studenten bereits im Rahmen einer kleineren Semesterarbeit etwas für wilearn 4 Life erarbeiten. Die Idee einer umfassenden Bachelorarbeit stand dabei schon länger im Raum und Rolf hat uns hierbei gut unterstützt. Wir haben uns alle sehr gefreut, dass Michelle Furrer sich für eine Zusammenarbeit mit wilearn 4 Life entschieden hat.
Inwiefern haben Sie gemerkt, dass Fundraising allein nicht mehr wirkt und Ihre Organisation auch ein starkes Branding benötigt?
Wir sind in vielen Bereichen gut aufgestellt mit erfahrenen Leuten vor Ort im Feld und dem ehrenamtlich tätigen Vorstand in der Schweiz. Bisher haben wir uns vor allem auf Fundraising innerhalb unseres Netzwerkes, mit Förderstiftungen und in den Projektländern fokussiert. Das hat sich grundsätzlich bewährt und nun ist es an der Zeit einen Schritt weiter zu gehen. Hierzu gehört auch ein entsprechendes Branding mit klaren Statements wofür die Marke „wilearn 4 Life“ steht.
Wo zeigte sich, dass wilearn 4 Life als Marke wenig bekannt ist? Oder anders gefragt: Wo haben Sie gemerkt, dass der Nutzen Ihrer NPO bei den Spendern nicht ankommt?
Der Name „wilearn 4 Life“ ist Programm. Es geht um das lebenslange Lernen für alle Generationen, insbesondere für Menschen in fragilem Kontext ohne Zugang zu Internet und Bildungsangeboten, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Zum Beispiel in Flüchtlingslager oder abgelegenen Gebieten in Ländern Afrikas wie aktuell in Süd Sudan oder Kenia. Unser Produkt ist einerseits simpel und nahe bei den Menschen, aber technologisch auf hohem Niveau. Zudem haben wir unterschiedlich versierte Anspruchsgruppen. Wir müssen differenziert kommunizieren, je nachdem ob ich mit einer Förderstiftung spreche, die sich gut mit der Projektarbeit auskennt oder mit einer Privatperson in der Schweiz, die einfach unsere gute Sache unterstützen möchte. Beides ist wertvoll und wichtig.
Spender in der Schweiz leben in der Wirklichkeit des Informationszeitalters. Für sie ist Internet Information allgegenwärtig und immer zu einem guten Preis verfügbar. Die Vorstellung, dass man ein Leben ohne Internetinformation führen muss, ist für die jüngere Generation praktisch nicht mehr denkbar. Wer die Lebenswirklichkeit in unserem Projektgebieten nicht mitverfolgt, kann mit dem Gedanken der digitalen offline Bibliotheken nur wenig anfangen. Ein starker Brand ermöglicht der Organisation die Kommunikation und somit das Vertrauen auszubauen.
In der Bachelorarbeit wird erwähnt, dass Ihre Organisation eher Spender ab 25 Jahren anspricht, da jüngere noch zu wenig Geld und andere Prioritäten haben. Welche Spender möchten Sie konkret adressieren? Gibt es nicht auch die Möglichkeit, mit einem kleinen Betrag etwas für Ihr Anliegen zu tun?
Unbedingt, jeder Betrag ist willkommen und hilft. Und das Geld kommt am richtigen Ort an. Das ist auch ein grosser Vorteil unseres Schweizer Vereins, dass wir fast keine Overhead-Kosten haben, weil wir eine sehr schlanke Organisation sind. Unser Geschäftsführer ist zugleicht Entwickler und technischer Berater, sowie Projektleiter und als Instruktor im Projekt präsent. Der Vorstand und Mitglieder des Vereins arbeiten ehrenamtlich. Hier können sich auch Freiwillige engagieren, die als Multimedia Talent oder beim Texten einen Beitrag leisten möchten. Wir freuen uns auf tatkräftige Unterstützung jeglicher Art. Grössere Projektbeiträge sind effizienter in der Umsetzung zum Projekt und ermöglichen uns den administrativen Aufwand mit wenigen Ressourcen zu betreiben. Mit 200 Fr können wir ein Tablet finanzieren, welches für mindestens 6 Schüler pro Jahr eingesetzt wird. Mit 4000 Franken können bis zu 20 Lehrer an einem 5-tägigen digitalen Workshop teilnehmen. Mit 15‘000 Fr können wir die multimediale wiFi Bibliothek inklusive Tablets und Projektor einrichten und betreiben.
Wie haben Sie und Ihr Team den Markenaufbau erlebt? Wo gab es Hürden? Wo mussten Sie sich öffnen für neue Ideen und Wege?
Wir haben die Zusammenarbeit als sehr konstruktiv erlebt. Die persönlichen Treffen wurden jedoch durch Covid19 stark eingeschränkt, so dass Michelle unsere Werkstatt nicht besuchen konnte, wo die Koffer für die digitale Bibliothek noch in Handarbeit zusammengestellt werden. Neue Wege mussten wir auch bei der Umsetzung der empfohlenen Massnahmen finden, da die Ressourcen knapp sind. Dieser Prozess ist noch am Laufen.
Sie wollten sich ja insbesondere für eine Fundraising-Initiative jetzt im Sommer optimal vorbereiten. Können Sie bereits erste Erfolge verbuchen? Merken Sie die Veränderungen, die Sie gemacht haben, auch auf Spenderseite?
Der Lockdown hat auch uns in der ursprünglichen Planung zurückgeworfen, so dass wir noch bei Weitem nicht alles umgesetzt haben, was wir geplant haben. Für ein Fazit ist es deshalb noch zu früh, aber wir fokussieren uns nun auf den Herbst. Dann wird insbesondere bei Geberstiftungen über die Förderbudgets vom nächsten Jahr entschieden.
Es wurde schon viel darüber diskutiert, dass die jetzige Krise einen Digitalisierungsschub bei Unternehmen, aber auch bei nicht profit-orientieren Organisationen auslösen wird. Ebenfalls hat man vermutet, dass NPOs vor allem jetzt mit Solidarität bei den Spendern punkten und auf Ihre Themen aufmerksam machen können. Wie haben Sie bisher die Krise erlebt?
Wir sind schon seit der Gründung unseres Vereins sehr digital unterwegs. Das liegt wohl in der Natur unserer Vision: Wir bringen digitale Lernfähigkeiten überall hin, wo sie dringend benötigt werden, um den Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Wir sprechen dabei von Empowerment, also die Befähigung der Menschen, dass sie das Lernen als persönliche Entwicklung entdecken. Hierfür sind die Möglichkeiten im Bereich der digitalen Bildung essenziell. Dass dieses Thema nun durch die Corona-Krise auch in der Schweiz und weltweit an Bedeutung gewonnen hat, kann wiLearn 4 Life Rückenwind verleihen. Die Aufmerksamkeit der digitalen Möglichkeiten im Bereich Bildung ist stärker ins Bewusstsein gerückt.