Von Dr. Marcel Stadelmann
Bargeldlose Transaktionen haben in den letzten Jahren stark zugenommen, wie die Forschung im Rahmen des Swiss Payment Monitors zeigt. Die zunehmende Vielfalt an bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten stellt den Handel vor neue Herausforderungen. Das Institut für Marketing Management hat im August/September 2022 im Rahmen einer Händlerbefragung über 100 Unternehmen in der Schweiz zu verschiedenen Themen im Zusammenhang mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr befragt. Auftraggeber für diese Studie ist die treibauf AG. Das Unternehmen entwickelt Software-Lösungen, welche Handelsunternehmen die Einbindung und Verarbeitung ihrer elektronischen Zahlungen (EFT) erleichtern. Einige spannende Erkenntnisse werden in diesem Artikel angeteasert. Die ausführlichen Ergebnisse werden am 21. November am diesjährigen Swiss Payment Forum durch die ZHAW und treibauf erstmalig präsentiert.
TWINT online auf Platz zwei
Im stationären Handel akzeptieren alle teilnehmenden Unternehmen Bargeld. Mit 99 Prozent akzeptieren auch praktisch alle stationären Händler die Kreditkarte, erstaunlicherweise mehr als die Debitkarte, die nur von 97 Prozent der Unternehmen akzeptiert wird. Dafür wird mit der Debitkarte am meisten Umsatz generiert: Für 83 Prozent der Unternehmen macht die Debitkarte mehr als 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Twint wird im stationären Handel bereits von 77 Prozent der Unternehmen akzeptiert.
Im Online-Handel ist die Kreditkarte mit 93 Prozent das meistakzeptierte Zahlungsmittel, während auf Platz zwei bereits TWINT folgt, welches von 76 Prozent der befragten Unternehmen akzeptiert wird. Bezüglich des generierten Umsatzes hingegen ist für einige Online-Händler das Zahlen auf Rechnung das wichtigste Zahlungsmittel: Bei 41 Prozent der Händler, welche die Bestellung auf Rechnung anbieten, macht dieses Zahlungsmittel mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes aus. Insgesamt ist aber für die meisten Online-Händler die Kreditkarte das bedeutendste Zahlungsmittel gemessen am generierten Anteil des Gesamtumsatzes.
Worldline mit grosser Präsenz
Um alle gewünschten Zahlverfahren abdecken zu können, arbeiten viele Unternehmen mit mehreren Acquirern zusammen. Die Anzahl an Acquirern, die Ihre Dienstleistungen auf dem Schweizer Markt anbieten, ist überschaubar. Die grosse Mehrheit der befragten Unternehmen (>90%) hat eine bestehende Vertragsbeziehung mit Worldline (ehem. SIX Payment Services / Payone) (vgl. Abbildung 1). Zudem geben mehr als 80% der Händler an, diesem Anbieter die grösste Bedeutung zuzuschreiben, meist aufgrund des hohen Umsatz- oder Transaktionsvolumens, das über diesen Acquirer abgewickelt wird. Daneben gehören PostFinance, TWINT und Swisscard zu den grösseren Acquirern in der Schweiz. Sie spielen für die meisten Unternehmen jedoch eine untergeordnete Rolle.
Unter anderem wurde in der Studie die Zufriedenheit mit den Acquirern abgefragt. Im Durchschnitt sind die Händler mit allen Acquirern eher zufrieden, wobei Adyen insgesamt am besten und SumUp am schlechtesten abschneidet. Über alle Acquirer hinweg zeigt sich, dass Convenience und Zuverlässigkeit für viele Händler im Vordergrund stehen und sie besonders zufrieden mit dem Acquirer sind, wenn alles klappt und die Zahlungen einfach, schnell und sauber abgerechnet werden können. Als Unzufriedenheitsfaktoren werden oft der Kundendienst, Systemausfälle oder zu hohe Kosten erwähnt. Besonders spannend: Obwohl «SIX Payment Services» und «Payone» zum selben Unternehmen gehören und seit 2021 nur noch als Worldline auftreten, fällt die Bewertung der Zufriedenheit bei «SIX Payment Services» positiver aus als bei «Payone».
Fehlendes Bewusstsein bezüglich Gebührenmodellen
Interchange++ (d.h. die anfallenden Kosten für Interchange Fee, Scheme Fee und Acquirer Marge werden genau aufgeschlüsselt und zu einem Endpreis addiert) oder doch Fixed Rates (d.h. Gebühren als fixer Betrag pro Transaktion)? Rund 40% der Händler wissen nicht, welches Preismodell sie bei Ihrem Acquirer nutzen, wobei sich dieser Wert je nach Acquirer zwischen 30%und 75% bewegt. Auch ist der Mehrheit der Befragten nicht bekannt, welche Gebührenbestandteile von ihrem/ihren Acquirer(n) ausgewiesen werden. Ein ähnliches Bild des mangelnden Kostenbewusstseins zeigt sich auch bei der Frage, ob die Transaktionskosten im Online-Handel oder im stationären Handel höher sind. In der Tendenz zeigt sich aber, dass die Transaktionskosten bei den meisten Anbietern online höher sind.
Sicherheit und Datenschutz als wichtigste Faktoren
In der Befragung wurden die Händler gebeten, vier verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit bargeldlosen Zahlungssystemen nach deren Wichtigkeit zu rangieren. Wie Abbildung 2 zeigt, landeten die Faktoren «Sicherheit & Datenschutz» sowie «Niedrige Kosten» mit Abstand am häufigsten auf den ersten zwei Plätzen und haben somit die grösste Bedeutung. Zudem wurden die Befragten gebeten, bei zwölf möglichen Entwicklungen anzugeben, inwiefern sie diese für ihr Unternehmen als Herausforderung ansehen. Dabei zeigt sich, dass die gestiegene Abhängigkeit von Acquirern von der grössten Anzahl Händler als Herausforderung wahrgenommen wird. Auch die gestiegenen Kosten, die komplexen Systeme und die geringe Kostentransparenz werden von vielen Befragten als Herausforderungen taxiert. Auf der anderen Seite des Spektrums liegt die Geschwindigkeit des Bezahlens, welche kaum als unzureichend wahrgenommen wird. Ebenso sieht die Mehrheit der Befragten – insbesondere die KMU – mögliche Ausfälle des Systems nicht als Herausforderung, was vor allem angesichts der öffentlichen Diskussionen zu einer möglichen Energiekrise überraschend ist.
Spannend zu sehen wird es sein, wie die Unternehmen mit diesen Herausforderungen künftig umgehen. Um dies zu verfolgen, soll diese Studie künftig jährlich durchgeführt werden.