Ad Fraud – Status Quo von Online Werbebetrug und dessen Bekämpfung

Von Valerio Stallone

Über Werbebetrug und dessen Aufkommen streiten sich die Gemüter – ob es sich um eine echte Gefahr oder um reine Panikmache handelt wird heiss diskutiert. Marktteilnehmer des Werbe-Ökosystems sind sich uneinig über das effektive Ausmass von Werbebetrug und deshalb wird die Notwendigkeit von Werbebetrugsbekämpfungswerkzeugen (= engl. Ad Fraud Detection Tools) in Frage gestellt.

Ob diese Ad Fraud Detection Tools tatsächlich Werbebetrug messen und in welchem Umfang ist nicht jedem Marktteilnehmer klar. Es stellt sich dementsprechend die platonische Frage «Quis custodiet ipsos custodes?» (= dt. «Wer bewacht die Wächter?»). Im Rahmen eines Innovationsschecks durfte die Fachstelle Digital Marketing, dem Auftrag des Schweizer Werbeauftraggeberverbands (SWA) nachkommen und die Machbarkeit einer Plattform zur Analyse von Werbebetrugsbekämpfungswerkzeugen (= engl. Ad Fraud Detection Tools Platform) untersuchen. In Kooperation mit dem Information Security Team der School of Engineering wurden Handlungsempfehlungen für die Umsetzung einer solchen Plattform verfasst.

Werbebetrug wird heiss diskutiert © Pixabay

Gemäss der Werbemarktstudie 2017 sind digitale Kommunikation und Onlinewerbung die am stärksten wachsenden Investitionsbereiche von Unternehmen in der Schweiz. Dies wird bedingt durch die bemerkbare Verschiebung in der Kommunikation von Print hin zu Online. Für das Jahr 2017 summieren sich die Nettoausgaben auf 2.1 Milliarden CHF für Online-Werbung.

Das Digital Advertising Ecosystem gemäss Stallone & Klaas (2019). Aus dem Innovationsscheck heraus konnten die beiden Autoren der Machbarkeitsanalyse eine wissenschaftliche Veröffentlichung verfassen, welche die Darstellung ebendieses Ökosystems in der akademischen Welt untersucht.

Die Qualität des Werbeumfelds wird von verschiedenen Variablen definiert. In der Literatur lassen sich drei Hauptbegriffe finden: Brand Safety, Viewability und Ad Fraud. Diese drei Themen sind eng ineinander verzahnt: Brand Safety (dt. = Markensicherheit) wird als die Wahrung der Reputation des Werbenden verstanden, wenn online geworben wird. Bekämpft wird dabei die Platzierung von Anzeigen innerhalb aus Sicht des Werbenden unpassender Umfelder. Viewability (dt. = Sichtbarkeit) beschreibt die Anzeige eines Werbemittels, oder zumindest des grössten Teils davon, auf dem Bildschirm des Nutzers. Bekämpft werden dabei die schlechte Sichtbarkeit und damit die fehlerhafte Abrechnung von Impressionen. Der Fokus bei der Machbarkeitsanalyse lag ausschliesslich auf Ad Fraud (dt. = Werbebetrug).

Kommt es zu einer Diskrepanz von verkauften und tatsächlich gesehenen Werbe-Impressionen, bezahlen werbetreibende Unternehmen für Werbeauslieferungen, die nicht an den beabsichtigten Endnutzer gelangen. Daraus resultiert ein wirtschaftlicher Schaden, da der gewünschte Werbeeffekt nicht erzielt wird und ein Teil des Mediabudgets an Betrüger fliesst.

Werbebetrugs-Arten identifizieren

In der Literatur lassen sich verschiedene Werbebetrugs-Arten sowie Kategorisierungsmethoden finden. Übliche Kategorisierungen werden anhand der Werbebetrugs-Auslöser (z.B. Bot-Traffic, Malware, URL-Hacking) des Betrugs sowie anhand der betroffenen Metriken (Impressionen, Klicks & Action/Lead) vorgenommen. In der Untersuchung des Autoren-Teams der Machbarkeitsanalyse wurde hingegen auf die Schritte des Conceptual Flows des digital Werbeökosystems eingegangen.

Der Digital Advertising Conceptual Flow gemäss Stallone & Klaas (2019).

Das Autoren-Team war somit in der Lage, die betroffenen Schritte des Conceptual zu identifizieren und die einzelnen Werbebetrugsarten zuzuordnen:

  • Schritt i) Web Requests: Es handelt sich dabei um diejenigen Betrugsarten, die entweder mit Bots oder humanen Ressourcen betrügerische Impressionen verursachen.

  • Schritt ii) HTML & Ad Frame delivery: Es handelt sich dabei um diejenigen Betrugsarten, die betrügerische, versteckte Ad Frames platzieren, die teilweise gar nicht sichtbar sind.

  • Schritt iii) Ad request & User data delivery: Dabei handelt es sich um diejenigen Betrugsarten, die die Daten des Users besser dargestellt werden, als sie es eigentlich sind – mal um dessen Attraktivität für die CPM-Gebote zu erhöhen, mal um dessen Kaufbereitschaft auszunutzen.

  • Schritt vi) Auction data delivery: Dabei handelt es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in die Auktionsdatenübertragung.
  • Schritt xvi) Clicks: Es handelt sich dabei um diejenigen Betrugsarten, die entweder mit Bots oder humanen Ressourcen betrügerische Klicks verursachen.

Handlungsempfehlungen abgeben

Der Aufbau einer Ad Fraud Detection Tools Platform zum isolierten aber realitätsnahen Testen von Werbebetrugsbekämpfungswerkzeugen ist sehr komplex und aufwendig. Sogar Google musste bei ihrem Projekt Kompromisse eingehen und Limitationen hinnehmen.

Die Untersuchungen des Autoren-Teams haben zur Erkenntnis geführt, dass der Aufbau einer Ad Fraud Detection Tools Platform auch in einer simpleren Variante und somit ohne Anspruch auf Vollständigkeit sinnvoll und aussagekräftig sein kann, z.B. um zu testen, welche Werbebetrugsbekämpfungswerkzeugen welche Typen von Betrug erkennen können oder um gewisse Grenzfälle zu testen. In diesem Fall muss abgewogen werden, ob sich der Aufwand im Vergleich zur erzielbaren Aussage lohnt. Der wohl vielversprechendste Weg, um gute Empfehlungen zu den einzelnen Werbebetrugsbekämpfungswerkzeugen abgeben zu können und gleichzeitig den Aufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten, wäre dementsprechend eine Kombination verschiedener Analyse-Strategien (Kombination aus Real-Time Ad Fraud Detection Tools Platform und aus der Analyse historischer Daten).

Haben Sie Fragen zum Thema? Dann können Sie uns direkt kontaktieren:

Valerio Stallone

valerio.stallone@zhaw.ch

+41 (0) 58 934 41 31


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert