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Psychologie im Alltag nutzen

Ein Blog der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

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Leadership für eine bessere Welt

Posted on 19. September 2019 by Redaktion

Text: Sabine Hoffmann, IAP Institut für Angewandte Psychologie
Bilder:
Olivier Brandenberg

Sanha Nhor hatte einen Traum: In seiner Heimat Kambodscha wollte er jungen Menschen helfen, durch Bildung ein besseres Leben zu erlangen. Kambodscha ist noch immer geprägt von einer langen und belastenden Kriegsvergangenheit. Bis vor einigen Jahren gehörte es zu den ärmsten Ländern der Welt. Mit der neuen Verfassung im Jahr 1993 konnte das Land in Südostasien erhebliche Fortschritte im Kampf gegen Armut und Unterentwicklung erzielen. Inzwischen ist es eines der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Und dennoch fehlt es an grundlegender Infrastruktur und vor allem an guten Bildungsmöglichkeiten. Das kommt besonders vor dem Hintergrund der Demografie zum Tragen, denn Kambodschas Bevölkerung ist jung: Fast die Hälfte der Einwohner ist jünger als 20 Jahre. Um die Zukunft nach den politischen Wirren und dem Verlust ganzer Generationen neu zu gestalten, braucht das Land eine richtungsweisende Bildungsstruktur. Der Besuch der Volksschule ist zwar kostenfrei, die Unterrichtsqualität variiert jedoch stark. Viele Lehrkräfte bieten zusätzliche Nachhilfekurse an, allerdings häufig auch aus dem Grund, ihr eigenes Gehalt aufzubessern. Für Kinder aus ärmeren Familien bedeutet das eine klare Benachteiligung.

Kambodschanischer Junge mit Kinderbuch in einer Bibliothek

Dieser herausfordernden Situation versuchen soziale Organisationen wie Bookbridge zu begegnen. Bookbridge betreibt ein Programm, das engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer in ländlichen Teilen des „Globalen Südens“ unterstützt, Startups zu gründen. Das Ziel dabei ist, dass sich lokal aktive Menschen, sogenannte Community-Heros, um die Entwicklung und Ausbildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in ihrer Community kümmern und Bookbridge dabei die nötige organisatorische und personelle Unterstützung bietet. Sanha beschloss, aktiv für seinen Traum zu kämpfen und bewarb sich für dieses Programm. Mit seiner Aufnahme als Jungunternehmer war es ihm nun möglich, seinen Traum in Angriff zu nehmen.

Portrait von Sanha Nhor
Sanha Nhor, Community-Hero im Bookbridge-Programm

Zwei Teams – eine gemeinsame Vision
Einfach war es nicht, denn Sanhas ambitiöse Aufgabe bestand unter anderem darin, eine geeignete Infrastruktur zu finden, den Business Plan zu erarbeiten, eine Investoren-Firma zu überzeugen, mit den lokalen Behörden zu verhandeln, Marketingmassnahmen einzuleiten und vieles mehr. All das konnte er nur mit einem starken Team schaffen. Der CAS International Leader & Entrepreneur (CAS ILE), eine Kooperation zwischen dem IAP und Bookbridge, bot Sanha diese Chance. Eine heterogene Gruppe von Führungspersonen, Beratenden und Veränderungsbegleitern mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, Biografien und Motivationen in der Schweiz sowie ein Team in Kambodscha arbeiteten eng an der gemeinsamen Vision: „We empower people to fulfil their dream of a bright future!“ Keine leeren Wort, sondern eine Vision, die alle miteinander verband und Sanha immer wieder an seinen Traum glauben liess.

Beide Teams vor dem fertiggestellten Lernzentrum.
Vereinte Kräfte für Sanhas Vision: Team „Schweiz“ mit Team „Kambodscha“.

Kampf um finanzielle Mittel
Sanhas Ziel war der Aufbau eines Lernzentrums in der Kleinstadt Steung Sen für Kinder, Frauen, Jugendliche und Erwachsene. Ein Kindergarten, sowie Englisch- und IT-Kurse für Jugendliche und Erwachsene standen in einem ersten Umsetzungsschritt im Vordergrund. Kurse für Frauen zur stärkeren Positionierung in der Gesellschaft sowie in anderen Gebieten wie Buchhaltung, Marketing, Verkauf sollten folgen. Auf diese Weise sollte die Bevölkerung befähigt werden, ihre Zukunft zu gestalten. Eine Vision wie diese lässt sich nur mit entsprechenden finanziellen Mitteln verwirklichen. Bookbridge vermittelte den Kontakt zu einer Investorin, die durch einen Pitch gewonnen werden musste.

Sanha und eine Teamkollegin im Gespräch mit Recherchematerial in Händen.

Die Teams arbeiteten hart, um einen soliden Business Plan auf die Beine zu stellen. Für den Community-Hero Sanha war das eine sehr emotionale Zeit, auch weil bei ihm familiäre Veränderungen und der Tod eines geliebten Familienmitglieds hinzu kamen. Durch diese schwere Zeit trugen ihn seine beiden Teams. Sie unterstützten ihn als wären sie selbst Unternehmerinnen und Unternehmer – ganz im Sinne des Entrepreneurship. Die Mühen und die vielen Schweissperlen – und nicht nur wegen des warmen und schwülen Wetters – haben sich gelohnt: Am entscheidenden Tag des Investor-Pitchs überzeugte Sanha durch seine professionelle Performance und den Einbezug von Wünschen und Träumen der kambodschanischen Kinder. Die Investorin war überzeugt und genehmigte sogar ein höheres Darlehen als vorgesehen. Die Tränen des Glücks flossen auch beim Schweizer Team. Nun konnte die konkrete Umsetzung, die „hands-on“-Erfahrung, starten.

Willkommen in der VUCA-Welt
Einige Tage vor Eröffnung des Lernzentrums reiste das Schweizer Team nach Steung Sen. Alle waren mit positiver Energie geladen. Doch kurz vor Abflug erreichte das Team die Nachricht, dass die geplante Mietimmobilie für das Lernzentrum nicht mehr zur Verfügung stand und auf ein weitaus grösseres und entsprechend teureres Objekt ausgewichen werden musste. Was tun? Wie reagieren? Das Team musste schnell handeln. Ein klassischer Mehrheitsentscheid stimmte der neuen Immobilie zu, was nicht bei allen Teammitgliedern für Freudensprünge sorgte. Kaum angekommen in Steung Sen folgte eine weitere Hiobsbotschaft: Der Eröffnungstag sollte um einen Tag vorverschoben werden. Flexibilität war erforderlich und ein agiles Vorgehen sicherte einen guten Überblick über die notwendigen Arbeiten und Ressourcen.

Planen und anpacken. Ein Teammitglied auf der Leiter, zwei Kollegen stabilisieren die Leiter.

Es blieben nur wenige Tage, an denen viele Arbeiten erledigt werden mussten. Nun hiess es: Ärmel hochkrempeln und einen Spielplatz bauen, die Bibliothek einräumen, Müll sammeln am regionalen „Cleaning-Day“, Werbung fürs Lernzentrum betreiben und Flyer verteilen. Gemeinsam machten sie das schier Unmögliche möglich.

Cleaning Day: Strassen und Plätze werden von Müll gereinigt.

Happy Opening
Im Frühling 2019 wurde das Lernzentrum in einer offiziellen Feier von den Behördenvertretern der Region eröffnet. Der Eröffnungstag brachte viele strahlende Kinderaugen. In einem feierlichen Akt wurde die soziale Einrichtung traditionell durch Mönche gesegnet – für Sanha und sein Team sowie für die ebenfalls erschöpften, aber überglücklichen Kursteilnehmenden ein unvergesslicher Moment und eine „once in a life time“-Erfahrung. Sie hatten nicht nur die Grundlagen von Führung, agiler Zusammenarbeit und internationaler Projektverantwortung gelernt, sondern zudem ein soziales Werk erschaffen, dass sich selbst weitertragen und Kambodschas Zukunft ein Stück besser machen kann. Durch das Erreichte rückte das Team näher zusammen. Die kulturellen Rituale und die Teamdynamik schafften eine tiefe Verbindung untereinander. Nach diesem Highlight der Eröffnung fiel das Loslassen und der Abschied aus Kambodscha schwer. Durch die Erfüllung von Sanhas Traum haben die CAS-Teilnehmenden viel auch für sich persönlich und ihr berufliches Umfeld gewonnen: Zusammenhalt, Verantwortung, Vertrauen in ihre eigenen Stärken und die der anderen sowie Hoffnung, die alle Grenzen überwindet.

Eröffnungsfeier in Steung Sen.
Mönche segnen das Lernzentrum.
Feierliche Segnung des Lernzentrums.
Behördenvertreter durchschneidet das zum Eingang des Lernzentrums.
Behördenvertreter und Community-Hero Sanha eröffnen das Lernzentrum.

Der CAS International Leader & Entrepreneur
Mehrwert für Teilnehmende und Unternehmen
Das praktisch orientierte Weiterbildungsprogramm des CAS International Leader & Entrepreneur bietet vielfältige Lernerfahrungen im Bereich Social Entrepreneurship, agile Führung und Inter-Cultural Leadership. Bei der Umsetzung der lokalen Projekte nutzen die Teilnehmenden Methoden der agilen Projektführung und vertieften Kompetenzen in betriebswirtschaftlichen Inhalten, interkulturelle Führung, Management, Finance und Unternehmertum in der konkreten Anwendung. Die Teilnehmenden sammeln ausserhalb der eigenen Komfortzone Erfahrungen, um flexibel auf Veränderungen reagieren und mit Unsicherheiten und Druck hilfreich umgehen zu können. Davon profitieren auch die Unternehmen, in denen diese Kompetenzen gelebt werden.

Die nächste Lernreise startet im Oktober 2020 und geht erneut nach Südostasien: Seien Sie mit dabei! Informationen unter www.zhaw.ch/iap/cas-ile oder über die Studienleiterin Stefanie Neumann, stefanie.neumann@zhaw.ch

Über die Autorin:
Sabine Hoffmann absolvierte anlässlich ihres Psychologie-Studiums ein 6-monatiges Praktikum am IAP Institut für Angewandte Psychologie im Zentrum für Leadership, Coaching & Change Management. Sie begleitete dabei unter anderem das CAS ILE an den drei Abschlusstagen und durfte die Teilnehmenden persönlich kennenlernen und Gespräche zu den jeweiligen Erfahrungen während dieser praktischen Weiterbildung führen. Vor dem Studium arbeitete Sabine Hoffmann u.a. im Sportmarketing und in einer Kommunikationsagentur, welche sie zuletzt operativ leitete. Mit diesen wertvollen Praxiserfahrungen und nach einem MAS in Coaching entschied sie sich für das Psychologie-Studium an der ZHAW.

Portrait von Sabine Hoffmann

Ruanda zwischen Vergebung und Verheissung

Posted on 22. Februar 2019 by Redaktion

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Psychologisches Wissen für Führungskräfte

Posted on 26. Januar 2019 by Redaktion

Das neue Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte ist in seiner 5. überarbeiteten Auflage erschienen. Neben den klassischen Führungsthemen, wurden die Kapitel um zahlreiche komplexe Führungssituationen erweitert, welche die VUCA-Welt mit sich bringt. Auch der Umgang mit psychischen Störungen am Arbeitsplatz wurde in dieser Neuauflage thematisiert. Read More →

Gemeinsam durch den Transformationsprozess

Posted on 5. Juli 2018 by Redaktion

Wie kann man das riesige Wissen, das in jeder Organisation vorhanden ist, nutzen, um neue Lösungen zu erarbeiten? Und wie bringt man Hunderte Mitarbeitende dazu, in kurzer Zeit eine neue Kultur zu leben? Claudia Beutter und Ralph Höfliger beraten Unternehmen in genau diesen Fragen. Speziell in Transformationsprozessen setzen sie Grossgruppen-Methoden ein. Im Interview erzählen sie, wie man sich die Arbeit mit Grossgruppen vorstellen muss und welche Kraft Mitarbeitende entwickeln können, wenn man sie in die Veränderung miteinbezieht. Read More →

Persönlich: Jean-Christophe Duméril

Posted on 19. Juni 2018 by Redaktion

Jean-Christophe, du hast dich ursprünglich zum Ingenieur ausbilden lassen. Was hat dich dazu bewogen, dich aus einem eher technologischen Arbeitsbereich in ein psychologisches Arbeitsfeld zu entwickeln?

Während des Studiums dachte ich, ich würde nun mein Leben lang als Vollblut-Ingenieur arbeiten. Doch ich habe sehr schnell realisiert, dass Menschen für den Erfolg eines Vorhabens oder eines Projektes mindestens so wichtig sind, wie die Technik. Salopp gesagt: Man kann mit Technik vieles, ja fast alles machen. Aber der Punkt, an dem Projekte glücken oder scheitern, ist fast immer der Faktor «Mensch». Read More →

Als Leader und Entrepreneur unterwegs in Sri Lanka – Teil 3

Posted on 27. April 2018 by Redaktion

Im CAS International Leader & Entrepreneur lernen die Teilnehmenden, wie sie ihre Unternehmens- und Führungskompetenzen stärken und gleichzeitig ein soziales Unternehmen in Asien auf die Beine stellen können. Wie das funktioniert, und welche Hürden sie dabei überwinden müssen, erzählt die Dozentin Stefanie Neumann in diesem mehrteiligen CAS-Journal. Read More →

Die Intuition für Entwicklungsprozesse nutzen

Posted on 3. April 2018 by Redaktion

Veränderung meistern mit der Kraft der eigenen Intuition? Die Verbindung von Otto Scharmers «Theorie U» und dem «Social Presencing Theater» (SPT) von Arawana Hayashi bietet einen direkten Weg für Veränderungsprozesse aus dem Inneren heraus. Eingesetzt wird diese Technik oft für Entwicklungsprozesse in Unternehmen – und in unserem Workshop in San Francisco. Read More →

Als Leader und Entrepreneur unterwegs in Sri Lanka – Teil 2

Posted on 1. März 2018 by Redaktion

Im CAS International Leader & Entrepreneur lernen die Teilnehmenden, wie sie ihre Unternehmens- und Führungskompetenzen stärken und gleichzeitig ein soziales Unternehmen in Asien auf die Beine stellen können. Wie das funktioniert und welche Hürden sie dabei überwinden müssen, erzählt die Dozentin Stefanie Neumann in diesem mehrteiligen CAS-Journal.

Von Stefanie Neumann, Dozentin und Beraterin am IAP Institut für Angewandte Psychologie

Teil 2: Februar 2018 – Vom Business Plan zum Investor Pitch

Der letzte Januartag. Die Sonne scheint frühlingshaft in den Seminarraum, ganz ähnlich wie im Oktober 2017, als ich mich das erste Mal persönlich mit der Gruppe getroffen hatte. Jetzt ist es Februar. Drei Monate sind vergangen, seit die Lernreise mit dem Ziel, eine Sozialunternehmung in Sri Lankas zu gründen, begonnen hat. Drei Monate, in denen enorm viel passiert ist, und in denen wir uns als Team nähergekommen sind – trotz räumlicher Distanz und Zeitverschiebung.  Read More →

Zen-Meditation und Führung

Posted on 17. Januar 2018 by Redaktion

Manchmal erleben wir uns im Einklang mit uns selbst und der Welt. In anderen Momenten erleben wir genau das Gegenteil. Wir haben vielleicht auch bereits erkannt, dass uns Stille guttut. Auch die Idee der Meditation erscheint durchaus nachvollziehbar. Aber was hat das Ganze mit Führung zu tun? Im folgenden Beitrag wird die Bedeutung der Meditation in den Bereichen Führung in Veränderungsprozessen und Umgang mit Konflikten beleuchtet.

Von Thomas Klink, Dozent und Berater am IAP Institut für Angewandte Psychologie

Die Frage, wie ich die Meditation in meinen Führungsalltag integrieren kann, beschäftigt mich seit zirka 15 Jahren. Die Meditationspraxis half mir immer wieder, wichtige Fragestellungen mit Abstand und im Kontakt mit meinen Werten zu beantworten. Selbstverständlich habe ich dabei auch Fehler gemacht, und ich würde manche Führungssituation heute anders anpacken. Allerdings geht es bei der Meditation nicht darum, mit einem Dauerlächeln schwebend durch die Korridore zu gleiten, sondern um das Menschsein mit allen Ecken und Kanten. Mit der Zen-Meditation steht uns ein Instrument zur Verfügung, in der Dynamik des Alltags innezuhalten und aus der Stille unseren Lösungsraum zu erweitern. Dass wir im Trubel des Alltags hin und wieder die Ideallinie verlassen und uns selbst in Widersprüchen verlaufen, hindert uns nicht daran, bestehende Muster und Automatismen zu hinterfragen und diese aus der Perspektive der Stille und des Mitgefühls zu betrachten. Deshalb möchte ich hier zwei relevante Führungsthemen vorstellen, bei denen Meditation ihre Wirkung entfalten kann: Die Führung in Veränderungsprozessen und den Umgang mit Konflikten. Zudem stelle ich mit freundlicher Genehmigung der Zen-Meisterin Anna Gamma eine mögliche einfache Umsetzung der Meditationspraxis vor.

Führung in Veränderungsprozessen

Veränderungsprozesse sind im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung nicht mehr Ausnahmesituationen, sondern werden immer häufiger zu einem Dauerzustand. Oft erlebe ich, dass neue Veränderungsvorhaben angestossen werden, bevor die aktuelle Veränderung abgeschlossen ist. Im Austausch mit Führungskräften wird mir immer deutlicher, dass der bewusste Wechsel zwischen Beschleunigung und Entschleunigung eine Führungskompetenz darstellt, die in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird. 

CAS-Teilnehmende während der Sitzmeditation

Meditations-Workshop für Führungskräfte

Den Blick für das Wesentliche schärfen

Die ständig ändernden Rahmenbedingungen verlangen von Führungskräften ein erhöhtes Mass an Anpassungsleistung und Agilität. Während Zeiten des Wandels kommt zum Tagesgeschäft das Zukunftsgeschäft hinzu und viele Führungspersonen verspüren dadurch einen enormen Druck. Dazu kommen die Erwartungen der eigenen Vorgesetzten und die Bedürfnisse der zu führenden Mitarbeitenden. Dies verlangt Reflexion und den ehrlichen Kontakt zu verschiedensten Anspruchsgruppen. Auch wenn Führungskräfte eine Sicherheit in ihrem Handeln ausstrahlen sollten, ist das Hinterfragen der eigenen Prämissen dennoch permanent notwendig. Die eigene Art des Arbeitens steht dabei auf dem Prüfstand und wichtige persönliche Werte kommen zunehmend unter Druck. Die Zen-Meditation ermöglicht es, sich zu zentrieren und den Blick für das Wesentliche zu schärfen. Irritationen und Detailfragen werden durch die Konzentration auf den Atem bewusst losgelassen. Dadurch öffnet man sich für das grosse Bild und für die eigenen Werte.

Loslassen lernen

Eine besondere Herausforderung ist das Loslassen. Führungskräfte und Mitarbeitende stehen in Veränderungsprozessen immer wieder vor der Situation, jemanden oder etwas loszulassen, zum Beispiel ein Team, eine Funktion oder einzelne Mitarbeitende. Dies kann Trauer, Angst, Unsicherheit und Widerstand auslösen. Genau in diesen Situationen des unwiderruflichen Wandels ermöglicht uns das Loslassen eine erneute Zuwendung zur Zukunft. In der Meditation üben wir immer wieder dieses Loslassen und öffnen uns dadurch für den aktuellen Moment. So bleiben wir beweglich für die Zukunft.

Anna Gamma und die Schüler in der Sitzmeditation

Zen-Mediation mit Zen-Meisterin Anna Gamma

Kraft in der Stille finden

Die digitalisierte Arbeitswelt wartet mit einer Flut von Informationen auf. Führungspersonen müssen immer am Puls der Geschehnisse sein. Sie sollten immer erreichbar, immer auf dem neusten Stand und natürlich innovativ sein. Doch woher kommt die dafür nötige Rekreation? Die Zen-Meditation schafft inmitten dieser Spannungsfelder eine Vertiefung und Reflexionsmöglichkeit, die für eine erfolgreiche Veränderung entscheidend sein können. Das Innehalten hilft uns, die Stille zu finden und uns selbst erneut aus- und aufzurichten. Die Ausrichtung nach der eigenen Sinnhaftigkeit kann in einem Netz verschiedenster Erwartungen schnell verloren gehen. In Zeiten des permanenten Wandels benötigen Fach- und Führungskräfte immer stärker einen Gegenpol zur Betriebsamkeit. Der Zugang zur inneren Stille ist eine wertvolle Quelle, seine Mitte auch im Sturm der Ereignisse nicht zu verlieren.

Umgang mit Konflikten

In Konfliktsituationen werden vorgefallene Ereignisse häufig mit persönlichen Bildern und Gefühlen angereichert. Aus dieser (unserer) Perspektive interpretieren wir das Verhalten anderer, was wiederum die Wahrscheinlichkeit für eigenes, destruktives Handeln erhöht. Die Konfliktparteien befinden sich dann schnell in einer dynamischen Abwärtsspirale. Zen-Meditation unterstützt dabei, Distanz zu eigenen einengenden Emotionen zu gewinnen und so Konfliktsituationen nicht unbewusst zu verschärfen. Besonders wenn die Fronten bereits verhärtet sind, kann Abstand und ein frischer Blick auf die Dinge hilfreich sein: Was ist tatsächlich vorgefallen? Welchen Anteil verantworte ich selbst und welche eskalierenden Gedanken und Gefühle addiere ich zur Situation hinzu? Der feste Griff eines Konfliktes lockert sich durch das Loslassen von verhärtenden Gedanken und Gefühlen, und wir gewinnen wertvolle Freiheitsgrade zurück. Der Feind entsteht meist im Kopf, und es ist von Vorteil, wenn wir uns dessen vor einer Begegnung mit der Streitpartei bewusst sind.

Verständnis und Humor als «Entspannungsmittel»

Nun geht es in der Zen-Meditation aber nicht darum, völlig cool und abgeklärt zu sein. Emotionen sind natürlich, menschlich und deshalb wertvoll. Sie ermöglichen es unserem Gegenüber, die Wichtigkeit der Situation besser einzuschätzen. Daher geht es vielmehr um das Aufweichen destruktiver und eskalierender Gedanken und Emotionen, um so eine konstruktive Begegnung zu ermöglichen. In der Stille können wir unseren Geist sänftigen und für die entsprechende Person Verständnis entwickeln. Bereits das Aufbringen von Verständnis für sich selbst trägt zur Entspannung von blockierten Situationen bei. Entwicklung und Gelassenheit beginnen häufig mit der Akzeptanz der eigenen Schwächen. Die Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit und des eigenen Verhaltens stellen eine notwendige Voraussetzung für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten und die Versöhnung mit anderen Menschen dar. Wer seine Schwächen kennt, kann zudem lernen, mit diesen spielerischer umzugehen. Wenn dann wieder etwas Humor möglich wird, lösen sich manche Spannungen auf wundervolle Weise auf.

Umsetzung einer Meditationspraxis

Ich empfinde es immer wieder als herausfordernd, sich einfach hinzusetzen, nichts zu tun, und sich nur auf den Atem zu konzentrieren. Kaum sitze ich auf meinem Kissen, gewillt, die Stille aufzusuchen, begrüsst mich ein Wasserfall an Gedanken und Planungsabsichten. Die Stille unterscheidet sich diametral von gesellschaftlichen Riten der Betriebsamkeit und der Ablenkung. Deshalb stellt jedes Loslassen von Gedanken und Emotionen, sei es nur für wenige Atemzüge, ein Moment der inneren Meisterschaft dar. Eine Überforderung durch den eigenen «Gedanken-Wasserfall» ist zu Beginn ganz normal. Wahrscheinlich sind diese Gedanken sowieso da. In der Stille fällt uns das Durcheinander einfach stärker auf. Doch wie das Denken muss auch das «Nichtdenken» geübt werden. Wie geht dies nun mit der Zen-Meditation? Es gibt verschiedene Arten und Zeitformate der formalen Meditation. Auf einem Spektrum von mehrjährigen Retreats bis hin zu fünfminütigen Sitzmeditationen pro Tag gilt es, die persönliche „Dosis“ zu finden. Für alle, die es einfach einmal versuchen wollen, hier eine Kurzanleitung zur Sitzmeditation nach der Zen-Meisterin Dr. Anna Gamma:

Zen-Meisterin Anna Gamma

Zen-Meisterin Anna Gamma

Kurzanleitung zum Meditieren im Sitzen (Zazen)
Setzen Sie sich auf ein Kissen, einen Schemel oder einen Stuhl, am besten an einem ruhigen Ort. Achten Sie darauf, dass Sie im Becken gut aufgerichtet sind. Die Schultern sind locker. Die Hände ruhen schalenförmig im Schoss, die Linke in der Rechten, die Daumenspitzen berühren sich sanft. Die Augen bleiben in der Zen-Meditation offen. Der Blick ist leicht gesenkt. Richten Sie nun Ihre Aufmerksamkeit auf den Atem. Nehmen Sie wahr, wie er einströmt und ausströmt. Die aufsteigenden Gedanken, Bilder und Gefühle lassen Sie beim Ausatmen los. Werden Sie eins mit Ihrem Atem. Dann kommen Sie an in der einzigen Zeit, die Ihnen zur Verfügung steht: die Gegenwart.


CAS Leadership Excellence
Im CAS Leadership Excellence setzen sich die Teilnehmenden mit komplexen Fragestellungen der Führung auseinander und beleuchten systemische Zusammenhänge ihrer Organisation. Es werden Stärken und Herausforderungen der Diversität besprochen und die Teilnehmenden gewinnen mehr Sicherheit im Umgang mit interkulturellen Fragestellungen. Teil des CAS Leadership Excellence ist ein eintägiger Workshop zu „Zen in der Führung“ mit Zen-Meisterin Anna Gamma. Der nächste CAS startet am 17. Mai 2018.

 


Über den Autor
Thomas Klink studierte Ingenieurwesen und Psychologie mit Vertiefung in Arbeits- und Organisationspsychologie. Seine Dissertation schrieb er auf dem Gebiet der Stressforschung. Er arbeitete in der internationalen Fertigungsoptimierung in Japan und den USA sowie im Produktmarketing und verfügt über langjährige Führungserfahrung im Bereich Human Resources. Heute ist Thomas Klink am IAP Institut für Angewandte Psychologie tätig, wo er als Dozent und Berater für Leadership, Coaching & Change Management sein Wissen an Weiterbildungsteilnehmende und Unternehmen weitergibt. Im CAS Leadership Excellence führt er zusammen mit der Zen-Meisterin Anna Gamma Führungskräfte in die Zen-Meditation ein.


 

Als Leader und Entrepreneur unterwegs in Sri Lanka

Posted on 30. November 2017 by Redaktion

Im CAS International Leader & Entrepreneur lernen die Teilnehmenden, wie sie ihre Unternehmens- und Führungskompetenzen stärken und gleichzeitig ein soziales Unternehmen in Asien auf die Beine stellen können. Wie das funktioniert, und welche Hürden sie dabei überwinden müssen, erzählt die Dozentin Stefanie Neumann in diesem mehrteiligen CAS-Journal.

Von Stefanie Neumann, Dozentin und Beraterin am IAP Institut für Angewandte Psychologie

Teil 1: Oktober 2017 – Erster Schritt der Lernreise

Die spätherbstliche Sonne scheint im Oktober noch einmal mit ganzer Kraft durch das Fenster des Seminarraums im Hotel Boldern bei Zürich. Die fast sommerliche Wärme erinnert mich an die Ferienzeit – nur die gleiche Gelassenheit will sich nicht einstellen. Ich begebe mich an diesen Tagen mit zwölf anderen Personen auf eine Entdeckungsreise. Es handelt sich um eine Weiterbildung, jedoch nicht im herkömmlichen Sinne. Wir sind hier, um in den nächsten sechs Monaten gemeinsam mit einem Team in Sri Lanka eine Sozialunternehmung in Batticaloa im Osten Sri Lankas aufzubauen. „This is the real thing, isn’t it?“ fragt mich die Teilnehmerin aus Hong Kong leise. Ich nicke nur vorsichtig. Read More →

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