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Change-Management: Mitarbeitende wollen Teil der Lösung sein

Posted on 23. Februar 2021 by Redaktion

Warum ist es so schwierig, eine Veränderung im Unternehmen von A bis Z erfolgreich durchzuziehen? Weshalb sind Mitarbeitende vielfach «das Problem» und fühlen sich übergangen? Das ständig zunehmende Tempo erneuter Veränderungen macht einen professionellen Umgang mit der Transformation unbedingt notwendig.

Text: Claudia Beutter
Bild: Unsplash by Randy Fath

Im Change-Management gibt es Missverständnisse: Viele denken, es brauche einfach die richtigen Tools, um Veränderungen zu realisieren. Es werden auf dem Markt Instrumente angepriesen, die den erfolgreichen Change versprechen. Aber egal welches Tool oder welches Konzept verwendet wird: Es gilt, dieses auf die spezifische Situation eines Unternehmens abzustimmen, auf dessen Geschichte oder auf die gewachsene Unternehmenskultur. Mit einem Change werden unter anderem Ziele verfolgt, die ein Unternehmen weiterbringen. Auch darauf muss ein Veränderungsprozess ausgerichtet werden. Jeder Change ist also einzigartig, wie die Menschen, die ihn gestalten und die von den Veränderungen betroffen sind.

Das «Wozu» muss klar sein

Entscheidend ist für mich bei Change-Projekten, dass alle nachvollziehen können, wozu eine Veränderung dienen soll. Es soll für alle möglichst konkret geklärt werden, wozu Anpassungen erfolgen und welche Wirkung sie erzielen sollen.

Das «Was» muss geklärt werden, bevor erste Schritte eingeleitet werden.  Besteht der Plan, die Digitalisierung voranzutreiben oder wird eine agile Arbeitsweise angestrebt, muss klar sein, was das für die Belegschaft bedeutet. Einfach mal loslegen und unterwegs merken, wo etwas schiefläuft, kann in einem Kleinstunternehmen noch funktionieren. Generell ist es aber eine schlechte Strategie.
In strukturierten Organisationen gilt für den Change-Prozess: Mitarbeitende erwarten sichtbare Planung, Überblick und überlegtes Handeln. Sie verlieren sonst allenfalls das Vertrauen in die Führung und beginnen sich nach Neuem umzusehen oder ziehen sich zurück.

Wertschöpfender Nutzen – nicht psychologischer Trick

Mitarbeitende in angemessener Art und Weise früh einzubeziehen ist keine psychologisch gute Tat. Sie sind als kompetente Mitdenker/innen gefragt. Ihr Know-how gilt es im Transformationsprozess zu nutzen. Ich finde es seltsam, wie solches Involvement vielfach als «psychologische Massnahme» dargestellt wird. Es geht per se nicht um emotionales «Mitnehmen», sondern um das Wissen der Beteiligten, das die Qualität der Veränderungen erhöht. Ziehe ich beispielsweise Menschen mit ein, die aus dem Alltag wissen, was die Kunden/-innen brauchen, weil sie an der Kundenschnittstelle arbeiten, dann wird das Endprodukt praxisorientierter.

Oft höre ich von Change-Manager/innen auch, es gehe um die Ängste der Leute. Aus meiner Sicht geht es aber vielmehr um die spezifischen, gefragten Kompetenzen, um Wertschätzung, um Ernstgenommen-Werden, um Zugehörigkeitsgefühl und nicht zuletzt um Motivation. Diese kommt von der Lust, etwas einzubringen, mitzugestalten, beteiligt zu sein und sich auch in der Transformation wirksam zu erleben.

Kein fertig geschnürtes Paket

Die Verantwortlichen kommunizieren Change gerne erst dann, wenn sie eine fertige Lösung präsentieren können. Sie übergeben der Belegschaft sozusagen ein fertig geschnürtes Paket und erwarten, dass dies geschätzt wird. Geschenke bringen bekanntlich Freude, doch trifft das oft mehr für die Schenkenden zu als für die Beschenkten.

Besser wäre, die Mitarbeitenden auf dem Weg zum fertigen Paket mit einzubeziehen. Ihnen die Möglichkeit zu geben, das Paket «mitzupacken». Die Menschen, die in einer Firma arbeiten, möchten sich nicht als Hindernis begreifen, sondern Teil der Lösung sein.

Wendet sich ein Unternehmen mit einem konkreten Change-Projekt ans IAP Institut für Angewandte Psychologie unterstützen wir gezielt drei Klärungsprozesse:

  • Wozu will das Unternehmen (beispielsweise) agiler werden?
    Das Management klärt, was es sich vom Change konkret verspricht. Auch auf höchster Führungsebene bestehen oft unterschiedliche Vorstellungen über das Zielbild einer Veränderung. So sind sich möglicherweise alle im verwendeten Wort einig, allerdings mit unterschiedlichem Verständnis von der Sache selbst. In der Folge wird dann durch die Führungspersonen, das je individuelle Verständnis der Abteilung kommuniziert. Daraus entstehen rasch energieraubende Konflikte. Es ist entscheidend, dass das Top-Management zuerst ein gemeinsames Zielbild entwickelt.
  • Was bedeutet der Change in der Praxis:
    Was müssen Führung und Mitarbeitende neu oder anders tun, was loslassen, aufgeben, nicht tun?
    Bei Veränderungen hin zu mehr Agilität, ist rasch die Begeisterung da, Dinge neu und/oder anders zu machen. Doch ich erlebe immer wieder, dass viel weniger klar ist, was damit einhergeht, was alles mitgeändert werden muss, damit eine erwünschte Veränderung auch greift. Es stellt sich die Frage: Was muss alles angepasst werden, damit Agilität entstehen kann? Dazu gehören immer auch die Themen Führung, Werte, Leitlinien und Führungsinstrumente wie Zielsetzungsprozesse, bzw. Beurteilungs- und Lohnsysteme.

«Lernen ist Grundvoraussetzung für das Meistern von Neuem – und Fehlermachen ist ein Ausdruck davon.»

  • Change «gut» zu machen, heisst auch die Konfliktfähigkeit im Unternehmen zu stärken.
    Wer Veränderungen anstossen und umsetzen will, muss bereit sein, sich mit Kritik und anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Gerade das Verhalten des Top-Managements im Umgang mit Andersdenkenden ist immer wieder die Herausforderung. Zudem wird bei der «Agilisierung» eine paradoxe Situation deutlich: Es wird von oben bestimmt, dass nicht mehr von oben bestimmt werden soll. Gerade dann ist die Frage zentral, ob im (vorgegebenen) Change-Prozess kritische Einwände und eigenständiges Denken gefragt sind und wie sie ernst genommen werden.
    Eine weitere Vorbereitung für jeden beabsichtigten Change ist der Umgang mit Lernen (auch Fehlerkultur genannt) auf allen Stufen und in allen Bereichen des Unternehmens. Denn: Lernen ist Grundvoraussetzung für das Meistern von Neuem und das Fehlermachen ist ein Ausdruck davon.

Claudia Beutter ist Co-Studienleiterin des MAS Coaching, Supervision & Organisationsberatung und arbeitet als Beraterin, Supervisorin und Coach am IAP.

Podcast:

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Gemeinsam durch den Transformationsprozess
Die Führungsentwicklung der Zukunft. Ein Beispiel.

Online-Prüfungen: «Es könnte jemand beim Studierenden unter dem Tisch sitzen.»

Posted on 29. Januar 2021 by Redaktion

An der ZHAW mussten tausende von Prüfungen verschoben werden. Zuerst konnte die Hochschule wegen den verschärften Covid-Richtlinien die Präsenz-Prüfungen nicht mehr verantworten, anschliessend fehlte die Zeit auf online umzustellen. Das Psychologische Institut der ZHAW hat in dieser Hinsicht Glück: Erstens arbeiten die Prüfenden mit einer überschaubaren Anzahl Studierender, zweitens hat das Institut schon ziemlich viel Erfahrung mit den Pro’s und Contra’s von Online-Durchführungen.

Text: Kathrin Fink
Bild: Unsplash by Avel Chuklanov

«Das Psychologische Institut macht es nicht besser oder schlechter als andere Departemente an der ZHAW», sagt Studiengangleiterin Barbara Schmugge. «Wir schlagen uns wacker, so gut es eben geht.»

Barbara Schmugge erklärt den Umstand, dass am Psychologischen Institut keine Prüfungen verschoben werden mussten, ganz einfach damit, dass ein grosser Unterschied besteht, ob man 600 oder 9000 Prüfungen online organisieren muss. Ausserdem hat sich das Leitungsteam relativ frühzeitig(Ende November 2020 für die konsequente Durchführung im Online-Modus entschieden.

Ein weiterer Vorteil ist, dass am Psychologischen Institut schon seit drei Jahren Erfahrungen mit Online-Prüfungen gesammelt werden – oder genauer gesagt mit «Onsite»-Online-Prüfungen.

Ein spezieller Browser verhindert Chatten oder Abspringen auf Internetseiten

Vor der Corona-Krise war der normale Modus, dass die Studierenden in einem Raum an der ZHAW (Onsite = vor Ort) mit ihrem eigenen digitalen Gerät die Prüfung absolvierten.
Um das Betrugsrisiko zu senken, konnte auf die Test-Materialien und das Prüfungs-Programm «Moodle» nur mit einem speziellen Browser zugegriffen werden. Jegliches Chatten oder Abspringen auf Internetseiten war dadurch unmöglich. Ausserdem war eine Prüfungsaufsicht im Raum, die ein Auge auf die genauen Aktivitäten der Prüflinge warf. Auf diese zusätzlichen Sicherheiten musste während der Corona-Zeit verzichtet werden.

Wenn die Studierenden die Prüfung online von Zuhause aus ablegen, nützt weder der spezifische Browser etwas, noch ist irgendeine Form einer Überwachung möglich. «Meine schlimmste Vorstellung ist, dass während der Prüfung jemand beim Studierenden unter dem Tisch sitzt und hilft», erklärt Barbara Schmugge augenzwinkernd.

Auch wenn diese Risiken ein Stück weit real sind, haben die Verantwortlichen am Psychologischen Institut grosses Vertrauen in «ihre» Studierenden. Ingrid Gubser, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Teil der ZHAW-Arbeitsgruppe «Blended Learning», ist sich sicher: «Unsere Studierenden möchten etwas lernen. Wir begegnen ihnen deshalb auf Augenhöhe und nicht mit dem Zeigefinger.»


Viele Mitarbeitende mussten unbezahlte Überstunden leisten

Für die Verantwortlichen überwiegen die Vorteile von Online-Prüfungen dann auch klar: Die Organisator/innen müssen nicht Berge von Papier kopieren, umverteilen und am Schluss wieder zusammensuchen, das Korrigieren ist dank automatischer Auswertung markant einfacher und niemand muss mehr unleserliche Handschriften entziffern.

Den Umständen entsprechend ist das Psychologische Institut also seit Beginn der Pandemie gut durch die Prüfungs-Phasen gekommen und konnte viel digitales Wissen dazugewinnen. Für Barbara Schmugge ist dieser kleine Erfolg der departementübergreifenden Zusammenarbeit der Studiengangleitenden und dem Einsatz der Lehrpersonen zu verdanken: «So viele Dozierende und wissenschaftliche Mitarbeitende mussten im letzten Jahr unbezahlte Überstunden in Kauf nehmen und niemand hat die Arbeit verweigert. Für mich ist das der Erfolg, der grosse Einsatz aller Beteiligter.»

Blended Learning
Vermischung von alten und neuen Lernformen
Die Arbeitsgruppe Blended Learning ist das Gremium der Fachgruppe Blended Learning. Sie berät Departemente und Studiengänge beim didaktischen Einsatz von E-Learning-Plattformen und digitalen Tools.

Prof. Dr. Barbara Schmugge ist Studiengangleiterin des Bachelor und Master in Angewandter Psychologie und Dozentin am Psychologischen Institut der ZHAW.

Ingrid Regula Gubser ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und stv. Leiterin des Teams Organisationsentwicklung und -beratung am Psychologischen Institut der ZHAW. Sie ist Teil der Arbeitsgruppe «Blended Learning».

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Studienbeginn vor dem Bildschirm
«Ich finde, es funktioniert gut, will es aber trotzdem nicht beibehalten!»
Blog Online-Assessments

Virtuelle Assessments: Segen der Technik oder unpersönliches Abfragen?

Posted on 9. Dezember 2020 by Redaktion

Als die Massnahmen zur Eindämmung von Covid-19 immer restriktiver wurden, musste man sich auch im Bereich der Management-Diagnostik umstellen. So bekamen sogenannte Remote-Assessments eine ganz andere Bedeutung.

Text: Kathrin Fink
Bild: Pixabay


Assessments sind seit einigen Jahrzehnten fester Bestandteil der Personalselektion, vor allem auf Kaderebene. Durch Interviews, Intelligenz- und Persönlichkeitstests, Fallstudien und Rollenspiele möchten die Assessoren/-innen herausfinden, wie gut der Kandidat oder die Kandidatin auf das betreffende Job-Profil passt.

Viele Assessment-Methoden basieren auf einer intensiven Interaktion mit den Kandidaten. Real, vor Ort, eins zu eins. Seit Beginn der Covid-19-Pandemie ist allerdings genau das zum Problem geworden und die Assessoren/-innen waren gezwungen, vermehrt Online-Settings anzuwenden.

Komplette Online-Assessments sind zwar möglich, werden aber in der Praxis sehr spezifisch eingesetzt. «Vorabklärungen eigenen sich zum Beispiel gut, um sie online durchzuführen», sagt Maja Goedertier Spezialistin im Bereich Assessments am IAP Institut für Angewandte Psychologie. So wird der Kandidat aufgefordert, im Voraus Fragen per Online-Test zu beantworten, die Ergebnisse fliessen dann in das Präsenz-Assessment mit ein.

Was in der Corona-Zeit beliebter geworden ist, sind sogenannte Remote-Assessments. Also Verfahren die aus einem virtuellen und einem Präsenz-Teil bestehen. Auch das IAP wendet diese Methode an.
Um die Distanzregeln einzuhalten, sitzt etwa ein Assessor vor Ort beim Kandidaten und der zweite ist online über ein Video-Kommunikations-Tool zugeschaltet. So können beide mit dem Kandidaten interagieren und gewinnen, genau wie bei einem Assessment vor Ort, einen differenzierten Eindruck. Bei dieser Variante können auch Rollenspiele und Präsentationen durchgeführt werden.

Wie hoch ist die Akzeptanz von Online-Tools?

Die Forschung stellt allerdings fest, dass es gerade beim Remote-Modus sehr darauf ankommt, wie hoch die Akzeptanz des Online-Tools bei einem Kandidaten ist und wie versiert er oder sie damit umgeht. «Wenn jemand überhaupt nichts mit einem Onine-Kommunikations-Programm anfangen kann, beeinflusst das natürlich das Ergebnis des Assessments», erklärt Maja Goedertier. Eine Beobachtung ist, dass jüngere Kandidaten sich von solchen Verfahren weniger verunsichern lassen als ältere.

Dieser Einfluss ist auch klar einer der Nachteile von Online- oder Remote-Assessments. Weitere sind das Nicht-Funktionieren der Technik, Datenschutz-Fragen und eine ungewollte Verbreitung des Aufgabenmaterials.

Als Vorteile sind die zeitliche und örtliche Flexibilität zu nennen, das Image einer Unternehmung, die so ihr «Employer Branding» stärkt sowie die niedrigeren Kosten. Professionalisierung im «Employer Branding» und Fairness in der Personalauswahl beeinflussen sich gegenseitig positiv und erhöhen damit die Arbeitgeberattraktivität. Weitere Vorteile sind die Steigerung der Effizienz und die Einhaltung von Qualitätsstandards.

Allerdings ist allen Beteiligten klar, dass in Bezug auf Verhaltensbeobachtungen und allen Aufgabenstellungen, die mit menschlicher Interaktion zu tun haben, die Remote-Varianten den «echten», vor Ort Assessments nicht das Wasser reichen können.

Die Remote-Assessments bleiben mit Sicherheit immer eine Ausweich-Möglichkeit für Umstände, bei denen nicht alle Involvierten zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein können.

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Eignungsdiagnostik als Teil von Risk Management

Studienbeginn vor dem Bildschirm

Posted on 16. November 2020 by Redaktion

Nachdem sich die meisten Menschen an Homeoffice und digitales Lernen gewöhnt haben, hat nun eine Generation Studierende den ersten, komplett digitalen Start ins Studium erlebt. Eine Neu-Studentin berichtet vom speziellen Einstieg in die Welt der Psychologie.

Text: Anja Furrer
Bild: Pixabay

Der digitale Studienstart im September 2020 für den Vollzeit-Bachelor-Studiengang der Angewandten Psychologie hat uns Studierende auf verschiedene Weisen gefordert. Klar ist der Umgang mit der neuen Situation typabhängig, aber eigene Erfahrungen und der Austausch mit Mitstudierenden haben mir gezeigt, dass doch einige Aspekte von der Mehrheit gleich wahrgenommen werden.

Ein Punkt, in welchem wir uns einig sind, ist, dass die soziale Interaktion mit den Dozierenden und Mitstudierenden stark durch die Digitalisierung des Unterrichts beeinträchtigt wird. Für Neustudierende ist diese Situation speziell fordernd, da die Kennenlernphase so gut wie nur online oder gelegentlich in der Freizeit stattfindet. Letzteres fordert aber eine gewisse Selbstinitiative der Studierenden. Die Hochschule bietet uns Neustudierenden zudem die Möglichkeit, dass wir uns im Toni-Areal für die Online-Vorlesungen treffen können, um vor allem in den Pausen vom Austausch untereinander profitieren zu können.

Die Situation ist neu, die Umgebung gleich

Ein Studienbeginn ist immer auch der Beginn eines neuen Lebensabschnittes. Wie bei einem Job- oder Wohnortwechsel findet der Alltag plötzlich an unbekannten Orten statt. Durch die Online-Vorlesungen treffen wir gleichwohl auf eine Vielzahl von fremden Situationen, können aber unsere gewohnte Umgebung mehr oder weniger beibehalten. Dadurch kommt die sonst relativ einschneidende Veränderung langsamer.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Spareffekt, sei dies die gesparte Fahrzeit oder auch die finanziellen Einsparungen. Einige der Neustudierenden haben sich in Folge der Corona-Massnahmen dazu entschieden, mit dem Umzug nach Zürich oder Umgebung noch abzuwarten und entsprechend fallen die Mietkosten deutlich tiefer aus.

«Der Umgang mit Online-Vorlesungen ist sehr typabhängig .»

Auch wenn wir eine gewisse Struktur vorgegeben bekommen, haben wir in einigen Fächern einen hohen Grad an Flexibilität durch vertonte Vorlesungen, welche keine Live-Präsenz erfordern. Ich glaube, dadurch, dass Dozierende ihre Vorlesungen unterschiedlich gestalten, hatten wir nebst wenigen organisatorischen Startschwierigkeiten, eine Vielfalt, welche wir sehr schätzen dürfen. Wie bereits erwähnt, ist der Umgang mit Online-Vorlesungen sehr typabhängig, hier hilft die unterschiedliche Unterrichts-Gestaltung die Bedürfnisse der Studierenden so gut wie möglich abzudecken.

Ein Blick in die Zukunft zeigt aufgrund der aktuell steigenden Corona-Fälle leider, dass vermutlich auch das nächste Semester online stattfinden wird. Klar ist, dass durch die «totale Digitalisierung» des Unterrichts auf jeden Fall einige Defizite entstehen, vor allem in einem solch praxisorientieren Studium. Nichtsdestotrotz, versuchen wir Studierende positiv zu bleiben und hoffen, dass wir bald (wieder) im Toni-Areal von einem regen Austausch untereinander profitieren dürfen.

Anja Furrer (24) ist seit September 2020 Studentin der Angewandten Psychologie an der ZHAW. Zuvor arbeitete sie rund sieben Jahre im Bereich Treuhand und absolvierte während dieser Zeit berufsbegleitend ein Studium der Betriebswirtschaft.

IAP-Studie: Wie führe ich mich selbst?

Posted on 28. Oktober 2020 by Redaktion

Diverse Studien und Erfahrungen aus der Praxis berichten über positive Auswirkungen von Selbstführung. Doch wie wird Selbstführung bei der Arbeit und insbesondere im selbstorganisierten Arbeitskontext erlebt und gelebt? Welche Kompetenzen braucht es dafür? Wie kann die Organisation Selbstführung unterstützen? Bisherige Studien aus der IAP Studienreihe «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0» geben Hinweise darauf, dass die Anforderungen an Selbstführung im digitalen und agilen Wandel zunehmen. Die 4. IAP Studie untersuchte nun Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten. 32 Fach- und Führungspersonen wurden dafür zwischen Januar und März dieses Jahres interviewt. Die Befragten sind alle in Organisationen tätig, die bereits Erfahrung in der Umsetzung von selbstorganisiertem Arbeiten haben. Die Ergebnisse verdeutlichen ein breites Verständnis von Selbstführung.

Text: Ellen Gundrum, Anna-Lena Majkovic und Delia Frigg
Illustration: Marius Dihr

Was ist Selbstführung?
Die Arbeitswelt wird flexibler, die Hierarchien flacher und Mitarbeitende müssen Wege finden, um mit dem kontinuierlichen Wandel adäquat umzugehen. Unternehmen sind gefordert, auf diese Herausforderungen zu reagieren und ihre Mitarbeitenden mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten. Vermehrte Selbstführung ist eine Folge und ein Mittel gleichermassen, um diese Herausforderungen gut meistern zu können.

Selbstführung umfasst dabei nicht nur das Management von Zeitressourcen und Aufgaben-Priorisierung, sondern integriert auch Aspekte wie Energiemanagement, Stressmanagement, Selbstmotivation und Selbstentwicklung (Graf, 2019). Die angewandte Arbeits- und Organisationspsychologieforschung betont: Selbstführung hat positive Auswirkungen auf die Arbeitsleistung (z. B. Panagopoulus & Ogilvie, 2015), Kreativität und Innovation (z.B. DiLiello & Houghton, 2006). Auch verdeutlichen bisherige Forschungsergebnisse, dass Selbstführung mit weiteren positiven Faktoren, wie zum Beispiel effektiveren Bewältigungsstrategien, Optimismus, besserer Gesundheit oder weniger Stress im Arbeitsleben, einhergeht (Dolbier et al. 2001).

«Wir reflektieren regelmässig, ob wir noch richtig unterwegs sind und passen allenfalls die Abmachungen an. Die dafür investierte Zeit ist äusserst wertvoll und sollte nicht unterschätzt werden.»

Michèle Berdat, Teilnehmerin der Studie

Welche Chancen und Vorteile hat Selbstführung?
Die Befragten schätzen den erweiterten Gestaltungsraum und die Einflussmöglichkeiten durch eigene Entscheidungen. Dadurch wird die Selbstwirksamkeit gestärkt und das Gefühl der Sinnhaftigkeit erhöht. Motivation und Engagement nehmen zu. «Indem ich mich selbst führe, gestalte ich eigene Freiräume und erlebe mich wirksam», beschreibt die Interviewpartnerin Pamela Aeschlimann ihre persönlichen Vorteile und Chancen.

Welche Herausforderungen erschweren Selbstführung?
Die kontinuierliche Selbstreflexion wird als grösste Herausforderung empfunden. Durch eine verstärkte Motivation der Teilnehmenden und gesteigertes Engagement fällt es einigen schwer, sich von Aufgaben und unternehmerischen Anforderungen abzugrenzen und Verantwortungen auch mal abzulehnen. Selbstführung erfordert viel Ausdauer und Disziplin, wodurch Frust und Scheitern erlebt werden kann. Der eigene und unternehmerische Anspruch, Aufgaben selbstverantwortlich zu bewältigen, fördert Eigeninitiative und den Qualitätsanspruch an das eigene Arbeitsergebnis.  Dies kann zu Überforderung oder Selbstüberschätzung führen.

Welche Kompetenzen sind erforderlich?
Grob lassen sich die benannten Kompetenzen in die Cluster intrapersonelle Fähigkeiten, interpersonelle Fähigkeiten, Fachkompetenzen/Wissen und Selbstsicherheit einteilen. Bei den intrapersonellen Fähigkeiten werden die Reflexion persönlicher Stärken und Schwächen sowie eine gute Selbsteinschätzung hervorgehoben. Empathie, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit sind wichtige Kompetenzen im interpersonellen Bereich. Im Bereich Fachkompetenzen/Wissen steht im Vordergrund, komplexe Themeninhalte erfassen und strukturieren zu können, Offenheit und Lernfähigkeit, sowie das Verständnis für die Organisation. Selbstinitiative/Selbstverantwortung sowie Mut/Selbstsicherheit und die Bereitschaft die Komfortzone zu verlassen werden in der Kategorie Selbstsicherheit häufig genannt.

«Die Organisation muss Selbstführung ermöglichen, fördern und wollen. Die Haltung muss von oben nach unten gelebt werden. Fehlschläge dürfen nicht bestraft werden, Mitarbeitende sollen daraus lernen.»

Javier Bargas, Teilnehmer der Studie

Erfolgsfaktoren selbstgeführter Teams
Wie gelingt es, dass selbstorganisierte Teams effektiv und effizient zusammenarbeiten? Eine klare Mehrheit nennt die Bereitschaft für Selbstverantwortung als relevanten Erfolgsfaktor. Hier steht im Vordergrund, sich neuen Vorgehensweisen und Arbeitsmodellen neugierig zu öffnen und kontinuierlich zu lernen. Erfolgsrelevant ist gemäss den Teilnehmenden ausserdem, Ziele klar und detailliert zu definieren, genauso wie Rollen und Verantwortlichkeiten zu klären und transparent zu machen. Ein guter Teamzusammenhalt, Vertrauen auf Teamebene und eine gelebte Fehlerkultur sind essenziell, damit Teams ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Für den Prozess der Teamentwicklung ist es wichtig, gemeinsam als Team eine Fehlerkultur zu etablieren, damit die Zusammenarbeit erfolgreich sein kann.

Förderliche und hemmende organisatorische Rahmenbedingungen
Die Interviewteilnehmenden benennen transparenten Wissens- und Informationsaustausch sowie unterstützende Frameworks, Tools und Systeme als förderliche Rahmbedingungen. Dies kann technologische Systeme beinalten, aber auch Weiterbildungsangebote und/oder interne und externe Unterstützungspersonen. Eine Vision zu haben und zu wissen, welche Ausrichtung die Organisation verfolgt, betonen viele Interviewpartner/innen als sehr wichtig. Vorgesetzte und wesentliche Stakeholder können durch ihre Vorbildfunktion Selbstführung fördern. Gemäss der Erfahrung der Interviewteilnehmenden sollte Selbstführung ein zentraler Bestandteil der Unternehmenskultur sein. Eine gelebte Fehlerkultur und damit einhergehendes Vertrauen stellen weitere Pfeiler einer lernförderlichen Unternehmenskultur dar. Unter hemmenden organisatorischen Faktoren fällt insbesondere die sanktionierende Organisationskultur. Genannt werden dabei Micromanagement und eine Angstkultur, welche Erfolge belohnt und Misserfolge bestraft. Als hinderlich wird auch empfunden, wenn die Handlungs- und Gestaltungsspielräume und damit die Entscheidungsbefugnis zu klein sind oder wenn Vorgesetzte/die Geschäftsleitung die Mitarbeitenden übersteuern. Nicht zuletzt kann auch wirtschaftlicher Druck hemmend wirken.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Anforderungen an Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten hoch sind. Gleichermassen gilt, dass vermehrte Selbstführung eine grosse positive Wirkung bei Mitarbeitenden, in Teams und in Organisationen entfalten kann.

Dr. Anna-Lena Majkovic ist wissenschaftliche Mitarbeiterin IAP Leitung.
In Co-Leitung verantwortet Sie die IAP-Studienreihe «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0», dazu gehört auch die Studie «Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten».

Ellen Gundrum ist Stabsstellenleiterin Strategische Marktbearbeitung und Koordination Dienstleistung am IAP.
In Co-Leitung verantwortet sie die IAP-Studienreihe «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0», dazu gehört auch die Studie «Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten».

Delia Frigg ist Praktikantin am IAP. Sie unterstützt das Team der Studienreihe «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0» und hat bei der Auswertung und Präsentation der Studie «Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten» mitgearbeitet.

Mehr zum Thema:

IAP-Studie: «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0»

Literaturnachweis

DiLiello, T. C., & Houghton, J. D. (2006). Maximizing organizational leadership capacity for the future: Toward a model of self-leadership, innovation, and creativity. Journal of Managerial Psychology, 21(4), 319–337. doi:10.1108/02683940610663114

Dolbier, C. L., Soderstrom, M., & Steinhardt, M. A. (2001). The relationship between self-leadership and enhanced psychological, health, and work outcomes. The Journal of Psychology, 135(5), 469–485. doi:10.1080/00223980109603713

Graf, A. (2019). Selbstmanagementkompetenz in Organisationen stärken Leistung, Wohlbefinden und Balance als Herausforderung. Wiesbaden: Springer Gabler

Majkovic, A.-L., Gundrum, E., Weiss, S., Külling, C., Lutterbach S., Frigg, D. (2020). IAP Studie 2020. Trendstudie zum Verständnis, Relevanz und Anwendung einer wirksamen Selbstführung in selbstorganisierten Arbeitskontexten. Zürich: IAP Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Panagopoulos, N. G. & Ogilvie, J. (2015). Can salespeople lead themselves? Thought self-leadership strategies and their influence on sales performance. Industrial Marketing Management, 47(2015), 190–203. doi:10.1016/j.indmarman.2015.02.043

«Was brauche ich, damit es mir beim Arbeiten gut geht?»

Posted on 5. Oktober 2020 by Redaktion

Gesundheit fördern, Krankheiten vorbeugen und Mitarbeitende in herausfordernden Zeiten unterstützen – das sind die Aufgabengebiete von Beatrice Mühlberg. In unserer Rubrik «Persönlich» stellen wir Menschen und ihre Tätigkeiten an unserem Departement vor.

Interview: Gabriela Steinmann

Beatrice, du bist seit dem 1. August 2019 als «Verantwortliche für das betriebliche Gesundheitsmanagement und Diversity» am Departement Angewandte Psychologie der ZHAW tätig. Was gefällt dir an dieser Tätigkeit besonders?
Was ich am meisten schätze, ist, dass ich mit den Mitarbeitenden nun vermehrt zu tun habe und dass ich mir auch ausgiebiger Gedanken machen kann, was es braucht, damit wir gesund arbeiten können und damit es uns grundsätzlich gut geht.

Man könnte sagen, dass diese Stelle letztes Jahr an dich herangetragen wurde, als du in der Administration tätig warst. Was war ausschlaggebend, dass du dich für diese neue Herausforderung entschieden hast?
Für mich wurde es zunehmend interessant, mich selbst mit dem Thema Gesundheit am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen. Ich fragte mich: «Was brauche ich, damit es mir beim Arbeiten gut geht?» Durch diese gedankliche Auseinandersetzung bin ich dann auf die Ausbildung zur Resilienztrainerin gestossen, die ich letztes Jahr begonnen und diesen Frühling mit dem «CAS Resilienztraining» abgeschlossen habe. Die Faszination für das Thema der persönlichen Stärken und Ressourcen wurde dann durch diese Ausbildung auch noch zusätzlich vertieft.

Wie kannst du nun das aus der Ausbildung erworbene Wissen in deine Arbeit einfliessen lassen?
Es gibt diverse Ansätze, die man nutzen kann. Resilienz ist ein wichtiges Thema in der Prävention und das ist auch in meiner Funktion das, was in erster Linie zählt. Es geht darum zu schauen, was die Mitarbeitenden überhaupt brauchen, um gesund zu bleiben und nicht erst zu reagieren, wenn sie schon krank sind. Selbstverständlich ist auch das Letztere ein wichtiger Bestandteil. Aber ich glaube schon, dass man vor allem in der Prävention einiges einfliessen lassen kann. Ausserdem bin ich überzeugt, dass uns ein gutes soziales Umfeld dabei hilft, gesund zu bleiben. Die soziale Isolation während dem Lockdown hat vielen Leuten bewusstgemacht, wie wichtig soziale Beziehungen für sie sind.

Was sind im Moment deine Hauptaufgaben im betrieblichen Gesundheitsmanagement?
Dieses Jahr steht unter dem Motto «gesund arbeiten». Das ist zwar grundsätzlich immer wichtig, speziell ist zurzeit aber, dass man gerade auch die Führungspersonen für dieses Thema sensibilisieren möchte. Während dem Lockdown haben wir bis zu den Sommerferien täglich eine virtuelle Bewegungs- und Begegnungspause angeboten. Dies wurde von den Mitarbeitenden sehr geschätzt. Nun prüfen wir gerade, ob und in welcher Form wir diese Pausen weiter anbieten können. Diese Kurzpausen sollen einerseits der körperlichen und geistigen Auflockerung dienen, andererseits aber auch das Miteinander über den Austausch pflegen.

Du warst früher einmal Gemeinderätin und «Vizeamman» in deiner Wohngemeinde. Was kannst du aus dieser damaligen Tätigkeit in deinen jetzigen Job einbringen?
Ich würde sagen, sicher einmal Durchsetzungskraft. Denn die Prozesse auf politischer Ebene sind sehr komplex und teilweise auch ziemlich träge. Man braucht daher immer wieder viel Überzeugungskraft, um etwas durchzusetzen. In der Gemeinde war ich zuständig für das Ressort «Soziales und Gesundheit». Dort ging es unter anderem darum, herauszufinden, was eine gesunde Bevölkerung braucht und wie der Erhalt der Gesundheit sichergestellt werden kann. Aus dieser Erfahrung kann ich sicher viel an Erfahrungswerten miteinbringen.

«Ich wollte herausfinden, warum ich diesen ausgeprägten Optimismus habe – und ich habe eine Antwort gefunden.»

Du hast eine ausgesprochen positive Lebenseinstellung. Woher kommt diese?
Diese Frage wurde mir bereits als Kind immer wieder gestellt, doch ich konnte sie nie beantworten. Das positive Lebensgefühl wollte ich schon immer allen in meinem Umfeld vermitteln. Dies hat mich unter anderem dazu bewogen, eine Ausbildung als Resilienztrainierin zu machen. Ich wollte herausfinden, warum ich diesen ausgeprägten Optimismus habe. Ich fragte mich, ob das einfach Glück sei, weil ich vielleicht am richtigen Tag geboren wurde oder woran es sonst liegen könnte. Im vergangenen Ausbildungsjahr habe ich dann tatsächlich eine Antwort darauf gefunden. Ich stellte nämlich fest, dass es unter anderem sehr wichtig ist, die verschiedenen inneren Ressourcen zu kennen und ich hatte schon immer ein sehr gutes Gespür dafür, was mir guttut und was ich brauche, um gesund zu sein sowie auch dafür, wo und wie ich wieder Energie tanken kann, wenn es mir mal nicht so gut geht.

Du hattest Anfang 20 eine ziemlich prägende Erfahrung gemacht, die dir schlagartig bewusstmachte, wie kostbar ein gesunder Körper ist. Möchtest du darüber etwas sagen?
Ja, das war für mich damals ein sehr herausforderndes Jahr. In dieser Zeit starb meine Mutter sehr jung und ich hatte im gleichen Jahr einen Gleitschirmunfall. Ich stürzte aus einer Höhe von 20 Metern ab. Das hatte zur Folge, dass ich über ein Jahr nicht mehr arbeiten konnte, mehrere Operationen und einen Aufenthalt in der Reha hatte. Das war für mich ein sehr prägendes Ereignis. Dort habe ich gelernt hinzuschauen, was ich brauche und Lösungen zu finden, um da herauszukommen und zu lernen, damit umzugehen. Ich habe seither chronische Schmerzen und kann aus diesem Grund nicht mehr hundertprozentig arbeiten. Auch hier musste ich wieder meinen eigenen Weg finden damit zu leben. Genau da sehe ich nun auch eine interessante Parallele zu meinem jetzigen Aufgabengebiet: Zu schauen, wie ich diejenigen Mitarbeitenden unterstützen kann, die ebenfalls aus einem krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsunterbruch an den Arbeitsplatz zurückkehren. Ich finde es sehr wichtig, dass dieser Bereich der Reintegration gut aufgegleist wird und da glaube ich, aufgrund meiner eigenen Erfahrung, viel mitgeben zu können.

Das Wandern ist eine ihrer liebsten Freizeitaktivitäten: In den Sommerferien ist Beatrice drei Wochen lang auf der «Via Gottardo» von Koblenz nach Chiasso gewandert.

Womit beschäftigst du dich in deiner Freizeit gerne und regelmässig, um Energie zu tanken und zu regenerieren?
Für mich ist es sehr wichtig, dass ich einerseits draussen bin in der Natur, dass ich Sport mache. Dazu gehe ich sehr gerne in die Berge, aber auch in den Wald auf den Vitaparcours. Andererseits sind mir meine Familie, meine Freundinnen und Freunde sehr wichtig und daher pflege und geniesse ich mein soziales Umfeld auch sehr.

Was ist dein Lebensmotto, wenn du eins hast?
Hm, ja, das ist eine gute Frage. Mein Wahlspruch war schon immer: «Glück kann man selbst machen.» Es ist meine innerste Überzeugung, dass wir für unsere Lebensqualität und für unser Glück selbst verantwortlich sind und das ist etwas, was ich gerne auch weitervermitteln möchte.

Das ist auch genau das Themengebiet der Resilienz, auf das du dich jetzt mit der Ausbildung spezialisiert hast. Hast du zum Schluss noch einen besonderen Gesundheitstipp?
Mein Tipp ist, regelmässige Aktivität und Bewegung und dabei immer das zu tun, was Freude macht und bei dem das Bauchgefühl stimmt. Dabei auch zu spüren, was einem gerade guttut, sei es Joggen oder auch nur einen Spaziergang draussen in der Natur zu machen. Ich glaube, gerade die Natur gibt uns sehr viel Energie zurück.


Beatrice Mühlberg ist verantwortlich für das betriebliche Gesundheitsmanagement und Diversity am Departement Angewandte Psychologie.
Sie ist ausgebildete Resilienztrainerin.

Mehr zum Thema Resilienz im Blogbeitrag von Beatrice Mühlberg: https://blog.zhaw.ch/iap/2020/04/28/wo-steckt-denn-nun-unsere-resilienz/

Die Führungsentwicklung der Zukunft. Ein Beispiel.

Posted on 9. September 2020 by Redaktion

Wie können sich Führungspersonen in einer unsicheren Welt auf eine unsichere Zukunft vorbereiten? Und wie kann ein Unternehmen sie dabei unterstützen? Uwe Neumann zeigt auf, wie man sich als Führungskraft auf die neue Situation mit ihren neuen Rollen vorbereiten kann.

Text: Uwe Neumann
Foto: Pixabay

Gleich vorweg: DIE Führungsentwicklung der Zukunft gibt es nicht.

Es kommt immer darauf an, in welcher Situation sich eine Organisation befindet, welche Strategien sie verfolgt, welche Organisationsprinzipien und welche Führungsbilder existieren und existieren sollen und natürlich welche Führungskompetenzen bereits vorhanden sind. Es gilt, diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen bei der Gestaltung der Führungsentwicklung zu berücksichtigen. Eine Ausrichtung auf aktuelle Trends wie «Digital Leadership», «soziokratische Führungsansätze» o.ä. ist nur zu empfehlen, wenn dies auch zu den Bedingungen der Organisation passt und die Ziele der Organisation dadurch massgeblich unterstützt werden.

Wenn unser Team ein Kundenprojekt in Angriff nimmt, betrachten wir als erstes die operativen und strategischen Anforderungen an die Organisation und definieren Geschäftsanforderungen. Dann wird auf Basis einer GAP-Analyse (identifiziert Lücken in den Zielvorgaben) ein multiperspektivisches, modulares Design entwickelt, das strategische, strukturelle und kulturelle Aspekte berücksichtigt. In einem agilen Prozessdesign erfolgt schliesslich die Umsetzung und ständige Weiterentwicklung.

Die Rolle der Systemarchitekten

Nachfolgend beschreibe ich eine Führungsentwicklung für erfahrene Mitarbeitende eines Grossunternehmens mit mindestens 5 Jahren Führungserfahrung auf Senior Level. Alle Teilnehmenden haben bereits eine längere Führungsausbildung durchlaufen.

Die Kundenorganisation kann aktuell noch verglichen werden mit einem gut funktionierenden Räderwerk, mit klaren Prozessen und Strukturen. Aufgrund der sich wandelnden Anforderungen der Umwelt und einer Liberalisierung der Märkte ist das Unternehmen jedoch gezwungen, sich dynamischer aufzustellen, um am Markt schnell handeln zu können. Die Organisation als Ganzes muss sich verändern, um auch morgen noch erfolgreich zu sein. Um dies zu erreichen, wurde eine Gruppe von Führungspersonen ausgewählt, die auf ihre Rolle als Systemgestalter, als Systemarchitekten vorbereitet werden sollte.

Gemeinsam mit dem Management und dem HR wurden die Ziele und die einzelnen Bausteine der Qualifizierung definiert. So entstand nicht nur ein multidimensionales Konzept, sondern auch ein gemeinsames Commitment für die Umsetzung und den Entwicklungsprozess.

«Die Community soll sich als Keimzelle eines neuen Führungsverständnisses etablieren.»

Die Teilnehmenden sollten auf der einen Seite befähigt werden, ihre Rolle als Systemarchitekten in einer VUCA-Welt (volatil, unsicher, komplex und widersprüchlich) auszugestalten und zum anderen sollte eine «Community of Leadership Practice» aufgebaut werden, die sich noch lange nach der Qualifizierung gegenseitig unterstützt und als Keimzelle eines neuen Führungsverständnisses etabliert.

Auf der individuellen Ebene wurden Entwicklungsziele zwischen den Teilnehmenden und dem jeweiligen Vorgesetzten vereinbart. Gemeinsam mit einem Coach und einem People-Development-Team, das aus jeweils drei Teilnehmenden des Führungsentwicklungsprogramms bestand, wurde an der Umsetzung der Entwicklungsziele gearbeitet. In regelmässigen Abständen erfolgten Monitoringgespräche mit den Vorgesetzten.

Das Motto «Vom Kennen zum Können»

Auf kollektiver Ebene kamen zwei Elemente zum Einsatz, zum einen Präsenzmodule und zum anderen die Bearbeitung eines unternehmensweiten Projektes. Die Präsenzmodule dienten als Impulsgeber und Rahmen für die Projektbearbeitung. So wurde keine graue Theorie vermittelt, sondern Wissen, das gleich in die Anwendung kam. Kombiniert mit Reflexionsschleifen, neudeutsch Retrospektiven, gelang so der Kompetenzaufbau, ganz nach dem Motto «vom Kennen zum Können». Wir nennen das Real-Case-Learning.

  • Die Werkzeuge der Systemarchitekten
    Im ersten Modul setzten sich die Teilnehmenden mit den strategischen Herausforderungen auf der Unternehmensebene auseinander und beschäftigten sich eingehend damit, wie das System (die Organisation) zu gestalten ist, damit es langfristig Kundennutzen generiert und Mitarbeitende bereit sind ihr Bestes zu geben. In einem kollektiven Entscheidungsprozess wurden Projektideen entwickelt, diskutiert und letztlich verdichtet auf ein Projekt, das die Organisation als Ganzes in ihrer Weiterentwicklung unterstützt. Für dieses Projekt musste als erstes das obersten Management, als wichtigste Stakeholder gewonnen werden.
  • Die Zürcher Teampyramide als Basis für Produktivität und Innovationskraft
    Im zweiten Präsenzmodul reflektierten die Teilnehmenden die Führungsprozesse, sowohl auf sachlogischer als auch auf psychologischer Ebene anhand der Zürcher Teampyramide. Die speziellen Dynamiken von Teams und die Bedeutung des Stakeholdermanagements konnten gemeinsam entdeckt werden. Das Real-Case-Projekt diente als Spiegelfläche für diese Phänomene. Man konnte am eigenen Leib spüren, wie gut die einzelnen Elemente der Zürcher Teampyramide realisiert werden, wie wichtig Reflexionsschleifen sind und wie sie gestaltet werden können, um einen hohen Nutzen zu generieren.
  • Die Auseinandersetzung mit Self Leadership
    Die beiden letzten Präsenzmodule setzten sich mit Self Leadership auseinander. Also damit, wie man sich in dynamischen, komplexen und widersprüchlichen Zeiten orientieren kann, wie man gut aufgestellt ist und was man machen kann, wenn alles ins Wanken gerät. Wir waren und sind überzeugt, dass dieses Thema für diese Zielgruppe das wichtigste ist und haben entsprechend Zeit dafür investiert. Zugleich waren wir uns bewusst, dass man die Gruppe hierfür erst einmal gewinnen, dass man einen Raum von psychologischer Sicherheit aufbauen muss, um sich mit dem Thema Self Leadership ausreichend intensiv auseinandersetzen zu können.

Alle Themen der Präsenzmodule wurden durch entsprechende Wissensbausteine (Videos, Podcastkurse, Literatur etc.) im Vorfeld durch die Teilnehmenden bearbeitet. So war es möglich, die Präsenzzeit für die Verarbeitung und den Transfer zu nutzen. Die konkrete Umsetzung im eigenen Arbeitsbereich griffen die People Development-Teams auf, grössere Umsetzungsherausforderungen wurden in Leadership Circeln zusammen mit einem Facilitator bearbeitet.

Parallel zu diesem Prozess bauten wir eine Community of Leadership Practice  (aus der Praxis in der Softwareentwicklung abgeleitet) und eine Kollaborationsplattform auf. Hier konnten Fragen an die Gruppe gepostet, das kollektive Wissen angezapft oder interessante Beiträge zur Verfügung gestellt werden – genauso, wie man es auch von privaten Chatgruppen kennt.

Fehler als Lernerfahrung

In der Zwischenzeit haben wir diese Art Fortbildung bereits mehrere Male durchgeführt. Immer wieder passen wir sie an und diskutieren, in wieweit die Gruppe bestimmte «Fehler» im Real-Case-Projekt als Lernerfahrungen machen soll und wann wir als Verantwortliche dieses Programms intervenieren. Uns ist zunehmend bewusst geworden, dass wir als «Modell» für die neue Rolle der Führung dienen. Wir machen daher unser Handeln und unsere Überlegungen sehr transparent.

Diese Erfahrungen haben uns ermutigt, dieses Angebot nicht nur spezifisch für Unternehmenskunden anzubieten, sondern auch als Weiterbildung in einem CAS. Im CAS Agile Führung (flex) entwickeln die Teilnehmenden die erforderlichen Führungskompetenzen, um sich sicher in der VUCA-Welt zu bewegen.

Zum Autor
Seit 2012 ist Uwe Neumann am IAP Institut für Angewandte Psychologie als Dozent und Berater im Bereich Leadership, Coaching & Change Management tätig und leitet zudem die Führungsentwicklung.

Arbeiten aus der Ferne

Posted on 14. Juli 2020 by Redaktion

«Remote Work» ist ein Begriff, den viele Menschen wahrscheinlich zum ersten Mal hören. Obwohl seine Bedeutung nicht neu ist, hat er seit Corona massiven Auftrieb erhalten.

Text: Kathrin Fink
Bild: Shutterstock

Seit der Industrialisierung vor gut einem Jahrhundert ist es normal geworden, dass Menschen einen «Arbeitsort» haben – und der ist meistens nicht da, wo sie wohnen. Das Phänomen von langen Arbeitswegen, Schnellzügen und pendelnden, dauergestressten Grossstädtern war einige Jahrzehnte später perfekt.

Dieser Lebensstil könnte jedoch bald schon der Vergangenheit angehören, falls sich die Kultur mit dem neudeutschen Begriff «Remote Work» durchsetzen wird. Das Wort «remote» kennen Viele von der heimischen Fernbedienung, übersetzt heisst es «entfernt». Was Anfang der 60er-Jahre eine pure technische Neuerung war, um nicht aus dem gemütlichen Fernsehsessel aufstehen zu müssen, fasst heute eine ganze Arbeitskultur zusammen.

Ursprünglich aus Amerika, hat sich der Begriff seit Corona mehr und mehr in Europa verbreitet. Ein deutsches Äquivalent dafür wäre die «Tele-Heimarbeit». Geläufigere Begriffe, die schon länger durch nationale und internationale Unternehmen geistern, sind «Smart Work» oder «Flexible Work».

Ein komplett neues Verständnis von Arbeit

Dabei gilt zu unterscheiden, ob mit «Remote Work» einfach das Homeoffice mit mehr oder weniger den gleichen Regeln eines normalen Arbeitsplatzes gemeint ist oder ein komplett neues Verständnis von Arbeit.

Unternehmen konzentrieren sich oft auf die Umstellung der Infrastruktur oder Anpassungen von Versicherungsleistungen. So im Stil von: «Wer bezahlt bei einem Unfall im Homeoffice?», sagt Psychologin Birgit Werkmann-Karcher. Aber «Remote Work» beinhaltet insgesamt sehr viel mehr als arbeitsrechtliche oder organisatorische Fragen.

Eine ganze Generation von gut ausgebildeten, jungen Globetrottern möchte nicht mehr in altgedienten Strukturen mit Zeiterfassung, festem Arbeitsplatz und einem «Top-down»-Chef arbeiten. Sie wollen mit ihrer Zeit, sowie den Arbeits-Strukturen frei umgehen können. Viele Unternehmen können es sich schlicht nicht leisten diese Zielgruppe zu ignorieren.

Es braucht Grundsatzentscheidungen der Führung

In einer Zeit also wo Jede und Jeder mindestens einen Laptop, zwei Handys, drei Tablets und viele drahtlose Kopfhörer besitzt, ist die Herausforderung sicher nicht die technische Ausstattung, sondern viel mehr die Haltung der Führung eines Unternehmens. «Die Frage einer neuen Präsenz- und Arbeitskultur, wird von der Chefetage beantwortet werden», ist sich Birgit Werkmann-Karcher sicher. Man sollte grundsätzliche Entscheidungen treffen: «Brauchen wir wirklich drei Sitzungen vor Ort jede Woche oder würde eine reichen?», «Vertrauen wir unseren Mitarbeitenden, auch wenn wir nicht ständig wissen, wo sie sind?», «Welche Tätigkeiten eigenen sich überhaupt, um sie remote gut auszuführen?».

Wenn man nicht klar kommuniziert und für eine neue Kultur einsteht, ist die Gefahr eines «Rückfalls» in alte Gewohnheiten gross. Innovative Unternehmen könnten durch die Corona-Krise aber Auftrieb für ein neues Zeitalter der Arbeit bekommen. Wer diese Chance nutzt, wird sich zeigen.

Das IAP hat speziell für die aktuelle Zeit der neuen Normalität verschiedene Angebote zusammengestellt.
Neben Remote (Team)Work unterstützen wir in folgenden Themenbereichen:

  • Personalauswahl / Assessments
  • Distanzberatung / Laufbahn
  • Beratung für Organisationen
  • Digital Learning
  • Agile Leadership / Führung in Zeiten von VUCA
  • Self Leadership / Selbstmanagement
  • Teampsychologie

Alte Hasen lernen von Trendsettern – und umgekehrt

Posted on 30. Juni 2020 by Redaktion

Das «Praktikum Arbeitswelt 4.0» der Neustarter-Stiftung verbindet alte und neue Arbeitswelten, öffnet Türen und unterstützt gegenseitiges Lernen. Neustarter-Chefin Bernadette Höller im Interview.

Die Arbeitsplatz-«Fitness» von Menschen 49+ wird zunehmend eine Herausforderung in der digitalisierten, agilen Welt. Eine Initiative, die diesem Trend entgegenwirken möchte, ist die Neustarter-Stiftung. In Zusammenarbeit mit dem IAP Institut für Angewandte Psychologie entwickelte und testete sie 2019 und 2020 das «Praktikum Arbeitswelt 4.0». Das Angebot richtet sich an ältere Arbeitnehmende, oder Menschen, die schon sehr lange im gleichen Unternehmen sind.

Startups und alteingesessene Firmen mit einer speziellen Organisationsstruktur, wie der Taschenhersteller «FREITAG», nehmen die Praktikanten/-innen für einen Monat auf und ermöglichen ihnen Einblicke in ihre Kultur und Arbeitsweise.

Als Hochschulpartner untersucht das IAP die Wirksamkeit dieser Praktika und interviewt die Teilnehmenden vor und nach jedem Einsatz. Um einen genaueren Einblick in die konkrete Arbeit zu erhalten, hatte IAP Leiter Christoph Negri die Idee, eine eigene Mitarbeiterin ins Praktikum zu schicken. Stephanie Claus, Stabsstellenleiterin Administration (die eigentlich noch viel zu jung ist 😉), stellte sich gerne zur Verfügung und war während ihrem Einsatz bei «WeSpace», einem Co-Working-Space, an der Bahnhofstrasse in Zürich beschäftigt. Eine ihrer Aufgaben war das Schreiben von Blogs.

Im Rahmen dieser Tätigkeit hat sie die Geschäftsführerin von Neustarter, Bernadette Höller, interviewt.

Liebe Bernadette, du bist Gerontologin, Startup-Gründerin und Geschäftsführerin der Neustarter-Stiftung. Wie kam es zum Programm «Praktikum Arbeitswelt 4.0»?
Bei der Neustarter-Stiftung interessiert uns vor allem, welche Chance der demografische Wandel im Zusammenspiel mit der Digitalisierung birgt und was passieren muss, dass es eben wirklich eine Chance ist. Es ist klar, dass es heute viel weniger um statisches Wissen, Fleiss und lebenslange Loyalität zum Arbeitgeber geht, als um den positiven Umgang mit Veränderung, was wiederum viel Leidenschaft und Kreativität verlangt – sei es, um die Herausforderungen im Team zu meistern, oder die Gestaltung der eigenen beruflichen Laufbahn in die Hand zu nehmen.

Gleichzeitig haben wir bei unseren Interviews in Grossunternehmen und KMUs festgestellt, dass viele Leute, die teilweise über Jahrzehnte bei ein und demselben Arbeitgeber sind, nicht so richtig sehen, wie sie ihrer Lust nach Veränderung nachgehen könnten. Viele würden sehr gerne ihre Kompetenzen in einem ganz neuen Umfeld testen und merken auch, dass es ohne neue Erlebnisse nicht so einfach werden wird, den Kulturwandel im Unternehmen aus sich selbst heraus zu gestalten. Auf der anderen Seite nehmen wir den Wunsch von Unternehmen wahr, Mitarbeitenden eben genau diese neuen Erlebnisse ermöglichen zu können. Teams werden agiler, der Innovationsdruck steigt in vielen Branchen, was althergebrachte Karriere- und Hierarchievorstellungen immer weniger nützlich macht. Den letzten Kick, um auf die Idee zu kommen, Erwerbstätigen aus etablierten Unternehmen Praktika in Start-ups zu ermöglichen, erhielt ich über die Bekanntschaft mit Olmar. Er ist einfach ein saucooler Typ und erzählte mir, dass seine Verwandlung vom klassischen Manager zum agilen Teamplayer durch ein Praktikum unter Digital Natives im Impact Hub in Fahrt kam. Also, warum so eine Zeit im Start-up-Umfeld nicht viel mehr Menschen ermöglichen? Zum einen als individuelles Erlebnis mit Lerneffekt und eben, um Ideen für den Kulturwandel ins Unternehmen zurückzutragen.

«Wir wollen, dass alle Generationen sich gebraucht fühlen.»

Die Neustarter-Stiftung gibt es seit 1999 und sie beschäftigt sich schon immer mit Alters- und Generationenfragen. Du bist 2016 hinzugekommen und hast Neustarter massgeblich aufgebaut, was gab es bisher für Highlights?
Ein Highlight in dem Sinne gab es nicht, sondern mehr das gute Gefühl zu merken, wie iteratives Vorgehen tatsächlich funktioniert, wenn man ein Zielbild hat. Unser Zielbild kann man in zwei Sätzen so beschreiben: Wir wollen, dass alle Generationen sich gebraucht fühlen und Lust und Kompetenzen haben, um gemeinsam die Arbeitswelt der Zukunft zu gestalten. Deshalb fördern wir lebenslanges Lernen, kreative Karrieren und Neustarts innerhalb und ausserhalb von Unternehmen. Ausserdem glauben wir, dass neue Organisationsformen mit flachen Hierarchien und mehr Mitsprache und Augenhöhe aller, dafür mit weniger Kontrolle und Bürokratie, vieles vereinfachen und innovationsförderlich sind.

Das alles bietet ein Riesenspektrum an Handlungsfeldern in Unternehmen – wir sprechen von «Generationenfreundlichem Talentmanagement». Wäre doch toll, wenn uns irgendwann weder ein starres Pensionierungsalter noch Grenzen in den Köpfen an der Umsetzung von Projekten, sprich am Arbeiten, hindern würden – egal, welches Geburtsdatum in unserem Pass steht. Das Praktikum Arbeitswelt 4.0 zielt eben genau darauf ab, klassische, an das Alter geknüpfte Lernwege aufzubrechen. In dieser digitalisierten Welt, die enorme Veränderungen und damit Anforderungen mit sich bringt, bleiben wir doch ohnehin unser Leben lang Lernende.

«Den Gedanken im Kopf und den Worten im Team freien Lauf lassen.»

Welche Kompetenzen, neben der Bereitschaft immer weiter zu lernen, sind denn in der neuen Arbeitswelt gefragt?
Es gibt da viele Überlegungen dazu, die meist auf ähnliche Schlüsse hinauslaufen – die 21st Century Skills von der OECD beschreiben eine Abkehr von den klassischen Kompetenzen, wie z. B. Intelligenz, Fleiss und Sorgfalt und werben stattdessen für:

  • Kommunikationsfähigkeit
    Dazu gehören auch soziale Fähigkeiten und Konfliktkompetenz sowie die Fähigkeit, gute Geschichten erzählen zu können. Wir erhalten jeden Tag so viele Informationen über zahllose Kanäle. Um überzeugend zu sein, muss eine Geschichte Hand und Fuss und am besten eine Pointe haben.
  • Kreativität
    Also neue Dinge ausprobieren und den Gedanken im Kopf und den Worten im Team freien Lauf lassen. Dazu braucht es vor allem Selbstdisziplin, sich den Arbeitsalltag so einzurichten, dass dafür Zeit und Kraft bleibt.
  • Kritisches Denken
    Hier steckt auch ein Generationenthema drin: Vor 25 Jahren wurde in Unternehmen eher Dienst nach Vorschrift proklamiert.
    Ausserdem erzählen viele Menschen: «Kritisches Denken? Ja, habe ich lange Zeit versucht, aber das kostet zu viel Energie im Vergleich dazu, was sich dann auch wirklich verändert.» Die Unternehmen sind also gefordert, auf kritische Gedanken förderlich zu reagieren und zuzuhören.
  • Kollaboration
    Klar – raus aus den Silos und netzwerken, netzwerken, netzwerken, um für das anstehende Projekt die richtigen Kollaborateure beieinander zu haben. Vertreterinnen der radikalen Kollaboration gehen davon aus, dass sich die Herausforderungen in dieser Welt nicht mehr alleine lösen lassen. Aber auch im Kleinen gilt es, die Kraft des Miteinanders zu nutzen.

Ich persönlich würde ausserdem ergänzen:

  • Medien- und Digitalkompetenz
    Einschätzen zu können: was sind vertrauenswürdige Quellen, wie sieht eine seriöse URL aus und ein glaubwürdiger Artikel? Was ist ein vernünftiges Foto, wie läuft das mit Urheberrechten ab etc.? Und dann eben nicht nur Suchen und Konsumieren, sondern selber Inhalte produzieren – sei es auf dem eigenen Blog oder in den sozialen Netzwerken.
  • Verantwortung
    Probleme selbst in die Hand nehmen und nicht anderen die Verantwortung zusprechen. Auch nicht sich selbst bemitleiden, oder was man sonst noch so alles tut, anstatt Verantwortung zu übernehmen. Ich empfehle, dazu das Buch von Christopher Avery «The Responsibility Process» zu lesen.

Was kann Ältere daran hindern, einfach mal was Neues auszuprobieren?
Es ist die Frage, was mit «was Neues» gemeint ist. Ist es etwas Neues machen oder lernen, wie z. B. Schlagzeugspielen. Sprechen wir von Veränderungen innerhalb eines Unternehmens, dann muss man ganz klar sagen, dass hier noch häufig althergebrachte Karrierevorstellungen vorherrschen, die, nachdem ein gewisser Status erreicht ist, eigentlich keine grösseren Veränderungen vorsehen. Das «am Ball bleiben» ist noch selbstverständlich und das «in neuen Konstellationen funktionieren» auch, aber eben, das war’s. Ich glaube, dass sehr viel Potenzial darin läge, in Unternehmen Plattformen für Träume und eben Veränderung zu schaffen und dann auch Taten folgen zu lassen. Man glaubt nicht, zu was Erwerbstätige fähig wären, wenn ihnen die Arbeit wieder mehr Spass machen würde.

Der Schritt aus dem Unternehmen heraus, z.B. in eine Selbständigkeit, ist nochmals etwas ganz anderes und braucht – sofern das Ganze freiwillig ist und nicht aufgrund einer Umstrukturierung im Unternehmen – ein riesen Vertrauen in die eigene Idee und Kraft. Das Gute ist:  Es kann funktionieren, wenn man 1. ein finanzielles Polster hat und gut rechnet (mit der Selbständigkeit kann man in den ersten Jahren meistens nicht direkt 8000 Franken im Monat verdienen) und 2. lean und iterativ vorgeht. Dazu empfehle ich das Buch «Lean Startup» von Eric Reis sowie Weiterbildungen in agilen Methoden, vor allem Design Thinking.

«Die digitalisierte Arbeitswelt kann gefährlich sein.»

Wie motivierst du dich, selber am Ball zu bleiben?
Ich habe das Glück, dass mich das Thema «Generationen und Talentmanagement in der Arbeitswelt der Zukunft» so gepackt hat und ich so viele Ansatzpunkte sehe, dass die einzige Gefahr darin besteht, dass ich es nicht mehr schaffe zu priorisieren und 20 Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Und das kann demotivieren. Deswegen ist für mich das Allerwichtigste genügend Pausen und Schlaf zu haben. Wenn ich nicht genug schlafe, dann habe ich keine Fähigkeit mehr zu priorisieren.

Die digitalisierte Arbeitswelt kann gefährlich sein, wenn den ganzen Tag von links und rechts Dinge kommen. Mir hilft da noch eine ganz einfache Praktik aus dem Kanban: das WIP-Limit (work in progress limit), das bei mir auf 5 gesetzt ist. Ich habe also nie mehr als 5 Tickets geleichzeitig im Doing und vermeide zu verrücktes Multitasking. Mails beantworte ich manchmal auch ein paar Tage nicht, ohne mich dann stundenlang dafür zu rechtfertigen. Habe aber auch noch nie erlebt, dass sich jemand beschwert hat.

Bernadette Höller ist Geschäftsführerin der Neustarter-Stiftung.

Stephanie Claus ist Stabsstellenleiterin Administration am IAP.

Literatur
-«The Responsibility Process» von Christopher Avery
-«Lean Startup» von Eric Reis

Der Hang zum Negativen steckt in uns allen

Posted on 29. Mai 2020 by Redaktion

Wir befinden uns momentan in einer Krise, das ist richtig. Aber wussten Sie, dass wir uns eigentlich immer in diesem Modus befinden? Der «Negativity Bias» umgibt uns immer und überall.

Text: Sarah Sclafani und Kathrin Fink
Bild: Shutterstock

Zehn neue Corona-Tote oder ein Jugendlicher, der der Oma den Einkauf abnimmt – was bleibt Ihnen wohl eher im Kopf.

Viele von Ihnen werden denken, dass es einfach Leute gibt, die immer nur das Negative sehen. Sogenannte Miese-Peter, auf Englisch «Negativ Nancys». Tatsache ist aber, dass der Hang zum Negativen in uns allen steckt und zwar schon seit der Urzeit. Evolutionär bedingt haben wir noch immer einen «Negativity Bias» (dt. Negativ-Tendenz) (vgl. Skowronski & Carlston). Das bedeutet, dass wir besonders in unsicheren Zeiten dazu tendieren, negative Informationen vorrangig wahrzunehmen.

Gemäss dem amerikanischen Autor und Professor Roy Baumeister mussten wir in den frühen Phasen der Menschheitsgeschichte mit ständigen negativen Konsequenzen rechnen:

«Was ist das für ein seltsames Geräusch ausserhalb der Höhle?»
«Wer könnte mir hinter dem nächsten Baum auflauern?»
«Sterbe ich, wenn ich diese unbekannte Wurzel esse?»

Es ist nicht ganz so schlimm, wie wir denken

Der Mensch war in extremem Masse mit einer unsicheren Umgebung konfrontiert und da war es die beste Strategie, sich für das Schlimmste zu wappnen.

Was heisst dieses Wissen also für unsere aktuelle Zeit?

Nun, es rückt erst einmal den Negativ-Fokus in unser Bewusstsein. Auch wenn die Welt sich tatsächlich in einem Ausnahmezustand befindet, ist es wahrscheinlich nicht ganz so schlimm, wie wir annehmen. Gerade bei neuen Informationen geschieht dieser Negativ-Fokus blitzschnell. Daher sollten wir in Bezug auf unseren Nachrichten-Konsum vorsichtig sein.

In den letzten Wochen gab es in jeder Talkshow, jeder Kindersendung und in jedem News-Beitrag nur noch ein Thema – Corona. Daher sind folgende Tipps besonders wichtig:

  1. Entscheiden Sie sich bewusst, ob und wie lange Sie Nachrichten konsumieren möchten. Wird zu viel Zeit mit negativen Informationen verbracht, kommt das Gefühl auf, es gäbe nichts Erfreuliches mehr. So werden auch bereits vorhandene Ängste geschürt.
  2. Wer sich auf Social Media bewegt, verliert sich in einer Flut von Informationen.
    Man kommt von einem Beitrag automatisch zum nächsten und realisiert oft nicht, wie lange man schon vor dem Bildschirm sitzt. Stellen Sie sich deshalb einen Timer. Es wird Ihnen leichter fallen, sich wieder anderen Tätigkeiten zuzuwenden. Seien Sie sich ausserdem bewusst, dass Sie sich auf Social Media in einer Filterblase bewegen (vgl. Eli Pariser). Algorithmen filtern Inhalte danach, was Sie sich in der Vergangenheit angesehen haben. So werden Ihnen übereinstimmende Inhalte angezeigt und gegenteilige Sichtweisen vorenthalten. Dies erschwert es, sich ein umfassendes Bild zu einem Thema zu machen.

Die 4:1-Regel

Um einigermassen im Gleichgewicht zu leben, empfiehlt Roy Baumeister in seinem Buch «The Power of Bad» die 4:1-Regel. Für jede negative Nachricht sollte man sich 4 positive Ereignisse ins Gedächtnis rufen.

Da wir alle den «Negativity Bias» mit uns herumtragen, fühlt sich jede negative Information viel stärker an als eine positive. Mit dem Verhältnis 4:1 kann man diese Tendenz gut ausgleichen.

Sarah Sclafani ist Psychologin und arbeitet als wissenschaftliche Assistentin am Psychologischen Institut der ZHAW.

Kathrin Fink ist Redaktorin & Social-Media-Managerin am Departement Angewandte Psychologie der ZHAW.

Literatur
-Roy F. Baumeister, John Tierney (2019), The Power of Bad, Penguin LCC US.
-Skowronski, J. J., & Carlston, D. E. (1989). Negativity and extremity biases in impression formation: A review of explanations. Psychological Bulletin, 105(1), 131–142.
-Eli Pariser (2011) The Filter Bubble: What the Internet Is Hiding from You. Penguin Press, New York.

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