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Die Kennzeichnung KI-generierter Inhalte rückt ins Zentrum der Marketingdiskussion. Mit dem rasanten Aufstieg generativer künstlicher Intelligenz (GenAI) stellt sich für Unternehmen die Frage: Wie transparent müssen sie sein, wenn Inhalte automatisiert erstellt wurden und wie reagieren Konsument:innen darauf?
Zwei Methoden – ein zentrales Ergebnis: Transparenz zählt
Die Studie kombiniert ein Feldexperiment mit über 945’000 Empfänger:innen eines AXA-Newsletters mit einer Online-Befragung von 1’333 Personen. Ziel war es, herauszufinden, ob die Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten (AI-Labeling) das Vertrauen der Konsument:innen stärkt und ob sich dadurch ihr Verhalten verändert.
Was wurde untersucht?
- Feldexperiment im Newsletter der AXA Schweiz mit 945’240 Empfänger:innen (Deutschschweiz), drei Varianten: ohne Label (Kontrollgruppe), visuelles Label «Made with AI» (ai-label.org) und Textlabel «Made with AI». Die Labels wurden bewusst minimal-invasiv unten rechts im Bild platziert (siehe Abbildung).
- Messgrösse: Click-Through-Rate (CTR) über 14 Tage (12.–26. November 2024).
- Ergebnis: Gesamte CTR 0,37 %; zwischen den Varianten keine signifikanten Unterschiede (Kontrollgruppe 0,38 %, visuelles Label 0,39 %, Textlabel 0,35 %).
Wie stehen Menschen zu KI-Inhalten?
Parallel zum Experiment wurden 1’333 Personen befragt (AXA Panel & LinkedIn). Das Bild ist differenziert – mit einer deutlichen Tendenz zur Skepsis:
- Vertrauen nach Medium: Text schneidet auf der Skala von 1 (sehr geringes Vertrauen) bis 5 (sehr grosses Vertrauen) am besten ab (M=2.39), Bilder (M=2.15) und Videos (M=2.10) werden skeptischer gesehen.
- Soziodemografie: Ältere Generationen (Babyboomer & Silent) und Frauen zeigen signifikant kritischere Haltungen gegenüber KI.
- Top-Bedenken aus 1’956 Kommentaren: fehlende Authentizität, Manipulationspotenzial, Fehleranfälligkeit, emotionale Distanziertheit und mangelnde Transparenz zu Herkunft/Algorithmen.
Welche Labels funktionieren?
- Visuelle Siegel schlagen reinen Text. Labels von ai-label.org (siehe Abbildung) bzw. ailabels.org werden als signifikant transparenter bewertet als der schlichte Text «Made with AI». Zwischen den beiden visuellen Varianten selbst zeigen sich keine Unterschiede.
- „Human-made“ ist gefragt. 61 % wünschen sich zusätzlich eine Kennzeichnung für nicht-KI-Inhalte (z. B. «Made by humans»). Die Präferenz ist bei älteren Zielgruppen ausgeprägter – aber über alle Altersklassen vorhanden.
Was bedeutet das für die Praxis?
- Label sichtbar statt symbolisch. Ein winziges Icon am Bildrand ändert Verhalten kaum. Erhöhen Sie Salienz: Grösse, Kontrast, Platzierung nahe am Call-to-Action – und konsistent über Kanäle hinweg.
- Visuelle Standards nutzen. Arbeiten Sie mit leicht erkennbaren Siegeln (z. B. ai-label/ailabels). Nutzer:innen verstehen ikonische Hinweise schneller als Text.
- „Human-made“ ergänzen. Wo Inhalte bewusst von Menschen erstellt sind, kann ein positives Human-Label Vertrauen und Marken-Authentizität stärken – besonders in Bild/Video-Formaten.
- Zielgruppen differenzieren. Für ältere Segmente Transparenz und Authentizität betonen; für jüngere stärker Nutzen, Innovation und Datenschutz adressieren.
- Regulatorik proaktiv integrieren. Entwicklungen wie EU AI Act und C2PA-Content Credentials frühzeitig berücksichtigen, um Compliance, Nachvollziehbarkeit und Markenvertrauen zu sichern.
Warum das Newsletter-Experiment (noch) wenig bewegt
Die Null-Effekte im Feldversuch sind kein Widerspruch zum Transparenz-Bedürfnis:
- Minimal-Intervention: Die Kennzeichnung war sehr unauffällig (klein, unten rechts). Viele Empfänger:innen dürften es nicht wahrgenommen haben.
- Vertrauensvorschuss im Kanal: Newsletter-Abonnent:innen haben oft höhere Grundvertrauenswerte – damit sind kurzfristige Verhaltenseffekte schwerer auszulösen.
Fazit: Transparenz lohnt sich – aber sie braucht Design und Konsistenz
Die Studie zeigt ein klares Muster: Sichtbare, visuelle Kennzeichnung erhöht wahrgenommene Transparenz, „Human-made“-Hinweise sind gefragt, und Zielgruppen unterscheiden sich in ihren Erwartungen. Wer KI-Content skalieren will, sollte Labeling als Markenbaustein verankern – konsistent, verständlich und kanalübergreifend – und es mit Qualitätssicherung (Faktencheck, Fehlerminimierung) kombinieren. So wächst Vertrauen, ohne die kreative und operative Schlagkraft von GenAI auszubremsen.
Die MAS-Arbeit von Katrin Ilg (AXA Schweiz) wurde mit dem Preis der besten Masterarbeit des Instituts für Marketing Management ausgezeichnet. Im Rahmen ihres MAS hat sie unter anderem den CAS Marketing Automation & Artificial Intelligence sowie den CAS AI for Marketing Leaders absolviert. Basierend auf der Arbeit konnte Katrin Ilg mit Co-Autor Dr. Marcel Stadelmann im Marketing Review St. Gallen (4/2025) ein Fachbeitrag veröffentlichen, auf dessen Inhalt dieser Blogbeitrag aufbaut.
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