Mann filmt Reportage. Journalismus heute.

Zwischen Interviews und Codes – Ein Einblick in das Forschungsprojekt «Journalistic Role Performance»

Bei einem Forschungsprojekt hautnah dabei sein, das wollten Dilan Maden und Irina Eftimie. Das dritte Semester des Bachelorstudiengangs Kommunikation an der ZHAW bot ihnen die Möglichkeit dazu. Bei ihrer Mitarbeit am Forschungsprojekt “Journalistic Role Performance” suchten sie Antworten auf die Frage, wie JournalistInnen ihre professionelle Rolle im Journalismus wahrnehmen.

Von Dilan Maden und Irina Eftimie, Studentinnen des Bachelor Kommunikation, 3. Semester, am IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft

Ein kurzer Blick auf die Uhr. Neben dem Laptop liegt ein Notizblock bereit, auf dem Bildschirm ist das Zoom-Fenster bereits geöffnet. “Ah, jetzt hat es endlich geklappt!”, sagt Christof Vuille, stellvertretender Chefredaktor bei nau.ch.  Mit ihm führen wir das erste Interview im Rahmen des Projekts “Journalistic Role Performance” durch. Denn wir, Dilan Maden und Irina Eftimie, haben uns im Herbstsemester 2020 für das Modul ProjektPlus angemeldet. Eine Option, die es zum ersten Mal so im Bachelorstudiengang Kommunikation gibt.

Mehrere Stunden Interviews, dutzende Seiten Transkripte, etwa 50 Telefonate und eine Mailflut

Das ProjektPlus bietet mehr Gestaltungsfreiraum als die herkömmlichen Seminare, die immer in die Semesterstruktur mit zwei Stunden pro Woche eingebettet sind, was beim ProjektPlus nicht der Fall ist. Dadurch ermöglicht es den Studierenden, konkrete Arbeitssituationen kennenzulernen. In unserem Fall haben wir uns für die Mitarbeit an einem internationalen Forschungsprojekt, das in der Schweiz von Guido Keel, Vinzenz Wyss und Filip Dingerkus durchgeführt wird, entschieden. Ziel des Projekts: Die Untersuchung des professionellen Rollenverständnisses von Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz, Deutschland und Österreich.

Ein Teil des Forschungsprojekts besteht aus einer Online-Umfrage, an der sich im Schweizer Teilprojekt ausgewählte Medienhäuser aus allen Landesteilen beteiligten. Aus den Umfrageergebnissen können allgemeine Erkenntnisse gezogen werden. Zudem wird eine Inhaltsanalyse der Berichterstattung dieser Medien durchgeführt, um die eigene Rollenwahrnehmung der JournalistInnen mit den sichtbaren Rollenmustern innerhalb ihrer Beiträge zu vergleichen. Um diese Facette des Projekts kennenzulernen, haben wir an einer Kodierschulung für die Inhaltsanalyse von Medientexten teilgenommen. Dadurch haben wir gelernt, wie die journalistischen Rollen in den Medienprodukten untersucht werden. Um einheitlich überprüfbare Resultate zu erlangen, wird dabei nach einem Codebuch gearbeitet. Darin werden die journalistischen Rollen der InterventionistInnen, Watchdogs, staatsloyalen VermittlerInnen, Service-AnbieterInnen, InfotainerInnen und StaatsbürgerInnen mit bestimmten Kriterien operationalisiert und mit Codes versehen. Die verschiedenen Themen, die ein Medienbeitrag behandelt, werden ebenfalls anhand von Codes analysiert. Dieses Vorgehen ermöglicht es, unterschiedliche Beitragsformen von Medien vergleichen zu können.

Dilan Maden und Irina Eftimie vor einem Interview via Zoom.

Ein Frage- und Antwortspiel

Nachdem für die quantitative Studie die Basis gelegt war, haben wir uns einer ergänzenden Aufgabe angenommen: Wir haben uns während des Semesters vor allem auf qualitative Aspekte der Studie konzentriert. Dafür haben wir aus den zehn Medienunternehmen, die im Rahmen des Projekts untersucht werden, vier Personen aus der Chefetage ausgewählt, um mit ihnen Interviews durchzuführen. Daraus haben wir uns vertiefte Erkenntnisse erhofft, quasi als Zusatz zur quantitativen Befragung.

So unterschiedlich wie die Medienhäuser waren, so unterschiedlich waren auch die Antworten der InterviewpartnerInnen. Auf die Frage, welche Aufgabe JournalistInnen heute erfüllen sollten, folgte ein Spektrum an Aussagen, die wir so nicht erwartet hätten. Während sich die meisten RedaktorInnen in ihren Antworten relativ kurz und spontan hielten, griffen andere sogar auf bereits vorbereitete Präsentationen zurück, um ihre Ansichten zu erklären. Dabei schwor ein Chefredaktor auf ein neues amerikanisches Modell. Während der ersten halben Stunde fühlten wir uns wie bei einem Verkaufsgespräch, als uns das Modell “Nude Pepsi” erklärt wurde. Was dieses Modell genau bedeutet und welche Ergebnisse wir sonst noch erhalten haben, wird Thema des nächsten Blogbeitrags sein.

Einblick in ein Forschungsprojekt

Wir haben das ProjektPlus als Gelegenheit gesehen, Einblick in die praxisnahe Forschung zu erlangen. Zudem hatten wir die Möglichkeit, bereits im dritten Semester mit dieser Arbeit zu beginnen, und diese über zwei Semester fortzuführen. Wir sind froh, dass wir diesen Schritt gewagt haben — auch wenn der Zeitdruck im letzten Semester zum Teil sehr hoch war. Das ProjektPlus ist die perfekte Gelegenheit, um in einem gut betreuten Umfeld in ein Forschungsfeld einzutauchen und erste Erfahrungen zu sammeln, die auch später nützlich sein werden.

Während wir diesen Blogbeitrag schreiben, denken wir bereits über unsere nächste Aufgabe nach. In diesem Semester geht es nämlich darum, die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse hier auf dem Blog zu verarbeiten. Wie sich Schweizer JournalistInnen selbst sehen und welche Rollen sie heute erfüllen, erfahrt ihr in unserem nächsten Beitrag.


Bachelor-Kommunikation-Studiengang-ZHAW

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