Erst der Bachelor in Mehrsprachiger Kommunikation, dann der Master in Multilingual Communication Management (früher: Fachübersetzen). Die zwei Studiengänge haben sie optimal aufs Berufsleben vorbereitet, denn die erlernten Fähigkeiten sind auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Seraina Hartmann ist Sprachtechnologin und professionelle Übersetzerin. In ihrem Job zählen besonders die hervorragende Beherrschung mehrerer Sprachen und CAT-Tools sowie, dass sie sich mit inklusiven Kommunikationsstrategien auskennt. Im Online-Workshop zur Karrieregestaltung berichtete sie aus ihrem Arbeitsalltag.
Autorin: Romina Schaub-Torsello
Nach der gymnasialen Maturität und einem Zwischenjahr mit Spitalpraktika entschied sich Seraina Hartmann für ein Studium am IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen der ZHAW. Sie studierte im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation Multimodale Kommunikation & Translation und absolvierte danach den Master Language and Communication mit Vertiefung Multilingual Communication Management (früher: Master Angewandte Linguistik mit Vertiefung Fachübersetzen), den sie im Jahr 2019 ebenfalls erfolgreich abschloss. In beiden Studiengängen belegte sie Kurse in Deutsch, Italienisch, Englisch und Russisch – Sprachen, die sie in ihrer Selbständigkeit direkt nach dem Studium und bis heute bei ihrer Arbeit als Sprachtechnologin, Übersetzerin und Lektorin grösstenteils noch anwendet.
Sprachen, CAT-Tools und inklusive Kommunikationsstrategien
Im Masterstudium hat Seraina Hartmann vieles gelernt, das sie optimal auf die Arbeit als Übersetzerin vorbereitet hat. «Was den Master zum Beispiel auszeichnet, ist die Arbeit mit verschiedenen CAT-Tools (Computer aided translation tools; Anm. der Redaktion). Will man in der Übersetzungsbranche gewinnbringend arbeiten, ist es wichtig, dass man nicht nur ein CAT-Tool beherrscht, sondern am besten gleich mehrere. Vor allem ist es dann ein Muss, wenn man sich selbständig macht und sich von anderen Berufskolleg:innen abheben möchte.» Auch beschäftige man sich im Master Multilingual Communication Management sehr fundiert mit den aktuellen Entwicklungen und Themen im Berufsfeld. Einerseits sind dies Themen, die in der Sprachindustrie hochaktuell sind und für Unternehmen im Sinne einer inklusiven Kommunikationsstrategie immer wichtiger werden, zum Beispiel genderneutrale Sprache oder Respeaking, Audiodeskription und leichte Sprache – letztere sind Methoden, mit denen Kommunikation für Menschen mit einem Handicap zugänglich, also barrierefrei gemacht wird. Andererseits orientiert sich der Unterricht an den aktuellen Entwicklungen in der Sprachtechnologie. So lernen die Studierenden beispielsweise den richtigen Umgang mit maschineller Übersetzung. Aus diesen Themen ergeben sich auch neue Berufsprofile – beispielsweise in der Sprachtechnologie –, in denen Master-Absolvent:innen in Multilingual Communication Management tätig werden können.
Ausserdem konnte Seraina im Master ihre Fremdsprachenkompetenz noch weiter ausbauen, an der sie bereits im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation gefeilt hatte. Wie wichtig dies für die Arbeit als Sprachtechnologin und Übersetzerin ist, ist ihr erst nachher so richtig klar geworden. Denn: «Tiefgreifende Sprachkenntnisse sind zentral, um nicht nur im sprachlichen, sondern auch im technischen Bereich Zusammenhänge erkennen und Vorgänge begründen zu können. Sprache und Technik gehen hier Hand in Hand.»
Kunde ist König: Als selbstständige Übersetzerin muss man maximal flexibel sein
Direkt nach dem Studium arbeitete Seraina Hartmann Teilzeit als Korrektorin für SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) und versuchte daneben, ihre Selbständigkeit aufzubauen. Sie beliess es dann aber beim Versuch, da sie schon bald eine Festanstellung als Übersetzerin ergattern konnte. Trotzdem hat sie in der Zeit als selbständige Übersetzerin wichtige Erkenntnisse gewonnen: «Mit Deutscher Muttersprache ist es eher schwierig, sich in der Schweiz zu etablieren, da Übersetzungen im Ausland viel weniger kosten. Hierzulande hat man die besten Chancen, wenn man Englisch, Italienisch oder Französisch als Muttersprache hat.» Die erforderliche maximale Flexibilität und die «eher einseitige Kompromissbereitschaft», wie sie es nennt, könnten Freelance-Übersetzer:innen ausserdem das Leben schwermachen. «Man muss im Hinblick auf die Arbeitszeit einfach überaus flexibel sein», Feierabend und Wochenende seien teilweise ein Fremdwort für Auftraggeber:innen. Je nach Lebensmodell kann man sich bestimmt damit arrangieren, ihr Wunschmodell ist es nicht. «Das Prinzip der Kunde ist König wird beim selbstständigen Übersetzen besonders gross geschrieben.»
Sag niemals nie: Seraina verbindet bei ihrer Arbeit Sprache und Technik
Vor dem Master konnte sich Seraina Hartmann überhaupt nicht vorstellen, in einem technischen Bereich zu arbeiten. IT, Codes und Makros sagten ihr wenig. Das änderte sich aber mit den technischen Vorlesungen im Master Multilingual Communication Management schnell. Heute ist sie als Sprachtechnologin und Übersetzerin in Vollzeit genau in diesem Bereich tätig und das mit grosser Überzeugung. «Maschinelle Übersetzung wird – wenn sie es nicht bereits ist – ein integraler Bestandteil des zukünftigen Berufsalltags der Übersetzer:innen.»
Die Arbeit von Seraina Hartmann besteht unter anderem darin, maschinellen Übersetzungsoutput zu evaluieren. Dabei sammeln sie und ihr Team fehlerhaften Output, der nachfolgend in verschiedene Kategorien unterteilt wird. In einem nächsten Schritt evaluiert Seraina Hartmann, ob sich bei den Fehlern bestimmte Muster abzeichnen. Im regelmässigen Austausch mit dem Entwicklungsteam des eingesetzten neuronalen Übersetzungssystems werden die Fehler analysiert und im besten Fall Massnahmen eingeleitet, sodass diese künftig nicht mehr auftreten. «In diesem ganzen Prozess ist es wichtig, alle Teammitglieder über die Fortschritte zu informieren und sie zu sensibilisieren, weshalb bestimmte Fehler auftreten können, um so die Akzeptanz für die eingesetzten Technologien zu stärken.»
Ein transparenter Wissenstransfer und einfache Erklärungen zu komplexen Sachverhalten und Funktionsweisen seien massgebend an einer positiven Resonanz beteiligt. «Die Sprachtechnologie ist ein sehr technischer, aber interessanter Bereich und die Arbeit in den interdisziplinären Teams macht viel Spass. Es motiviert mich, jeden Tag einen Beitrag an eine möglichst ressourcenschonende Arbeitsweise unserer Übersetzer:innen zu leisten und dabei mein Verständnis für technische Zusammenhänge auszubauen. Dieser Facettenreichtum der sich überschneidenden Fachgebiete fasziniert mich.»
Beeindrucken und dranbleiben: Tipps für den Berufseinstieg
«Wenn man sich in der Sprachindustrie irgendwo bewirbt, dann muss das Bewerbungsdossier wirklich makellos sein.» Ihr Tipp: «Lasst euer Dossier nach Möglichkeit zweimal gegenlesen. Nehmt euch die Zeit, damit ihr einen einwandfreien ersten Eindruck hinterlassen könnt.» Für wichtig hält Seraina Hartmann auch eine ausgeklügelte Online-Präsenz. «Wenn man zum Beispiel auf LinkedIn aktiv Inhalte generiert oder auch nur teilt, werden die richtigen Leute auf euch aufmerksam.» Dabei empfiehlt sie, grundsätzlich alle Kontaktanfragen anzunehmen, da es in diesem Kontext um Geschäftliches und nicht um Privates geht.
Zum Bewerbungsprozess gehört ihrer Meinung nach auch Mut und Durchhaltevermögen. Sie selbst hat viele Bewerbungen geschrieben und leider auch einige Absagen erhalten. Sie hat sich dabei auch auf Stellen beworben, bei denen sie selbst irgendwann gemerkt hat, dass das Unternehmen ja gar nicht zu ihr gepasst hätte. «Man muss dann einfach auch den Mut haben, Nein zu sagen, und darauf vertrauen, dass ein anderes, besseres Angebot kommt. Mit dem Bachelor Mehrsprachige Kommunikation und dem Master Multilingual Communication Management ist man sehr gut ausgebildet! Die vielen erlernten Fähigkeiten bringen früher oder später bestimmt den gewünschten Erfolg bei der Jobsuche. Bleibt einfach dran!»
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