Das Märchen von der bösen und guten Geschäftsleitung im Spital

Quelle:Adobestock.com

Von Dr. Florian Liberatore

Es war einmal eine Geschäftsleitung im Spital, die, wie es von einer Geschäftsleitung erwartet wurde, um die Gewinne zu steigern, überall nach Möglichkeiten suchte Kosten zu sparen, sei es beim Personal oder bei den Materialkosten. Ausserdem versuchte sie den Umsatz zu steigern, in dem sie die Gesundheitsfachpersonen dazu antrieb, mehr PatientInnen zu behandeln. Die Kosten sanken, der Gewinn stieg und alle Eigentümer des Spitals waren glücklich und zahlten der Geschäftsleitung einen Bonus aus. Doch die Monate gingen ins Land und die Kosteneinsparmassnahmen führten dazu, dass immer weniger Gesundheitsfachpersonen immer mehr arbeiten mussten, weniger Zeit für die PatientInnen hatten und es zu Fehlern und Komplikationen kam. Die PatientInnen wurden unzufrieden und immer mehr Gesundheitsfachpersonen verliessen das Spital, was die Situation nur verschärfte. Die Personalkosten und Materialkosten stiegen. Betten mussten gesperrt werden. Auch die zuweisenden Institutionen bekamen etwas von den Zuständen in dem Spital mit und fingen an, ihre PatientInnen einem anderen Spital zuzuweisen. Der Umsatz wurde weniger und weniger und zusammen mit den steigenden Kosten machte das Spital in den kommenden Jahren einen hohen Verlust. Die Geschäftsleitung war da schon über alle Berge und hatte bei einem anderen Spital mit dem Ruf als Top-Sanierer einen neuen Job bekommen.

Ein Hoffnungsschimmer für das Spital am Horizont

Da kam eine neue Geschäftsleitung zu dem gebeutelten Spital und sagte «Ich kann Euch nicht versprechen, dass ich dieses Jahr und auch nicht im nächsten Jahr dem Spital einen grossen Gewinn bescheren kann, dafür verspreche ich Euch, dass das Spital ein langes glückliches, und erfülltes wirtschaftliches Leben haben wird. Die Eigentümer:Innen des Spitals überlegten lange und gaben dann der neuen Geschäftsleitung eine Chance. Diese begann sofort alle Kostenreduktionsprogramme zu stoppen. Stattdessen schaffte sie den Gesundheitsfachpersonen gute Arbeitsbedingungen. Sie konnten sich voll auf die Behandlung der PatientInnen konzentrieren. Alle anderen Tätigkeiten wurden durch unterstützende Stellen übernommen. Da das Spital neu die Kapazitäten und Patientenströme des Spitals prognostizierte und plante, kam Ruhe in den Arbeitsalltag und die Schichten konnten wie geplant ablaufen.

Das Leben im Spital wird besser

Die Gesundheitsfachpersonen blieben dem Spital treu, gaben jeden Tag ihr Bestes für die PatientInnen. Die PatientInnen konnten schon nach wenigen Tagen das Spital verlassen, jeden Tag war ausreichend Personal auf den Stationen, die Betten nicht gesperrt, sondern gut gefüllt. Die Personalkosten sanken durch wenig Fluktuation und wenig Ausfälle. Die Gesundheitsfachpersonen fingen auch an, das Spital mit ihren Ideen jeden Tag ein bisschen besser zu machen. Es machte die Runde unter den Zuweisenden, dass in diesem Spital zufriedene PatientInnen und gute Behandlungs-Outcomes zu erwarten wären. Die Zuweisenden brachten ihre PatientInnen künftig in dieses Spital und vor dem Spital bildeten sich lange Schlangen. Der Umsatz stieg und das Spital machte nicht im ersten und nicht im zweiten Jahr, aber in allen folgenden Jahren einen angemessenen Gewinn. So lebten die Gesundheitsfachpersonen und die Geschäftsleitung im Spital glücklich bis zur Pensionierung und darüber hinaus vielleicht auch bis zum Lebensende, weil dieser Satz am Ende einfach zu einem Märchen dazu gehört.

Und die Moral der Geschichte? Gute Geschäftsleitungen sind am nachhaltigen Unternehmenserfolg interessiert. Das ist wichtiger, als kurzfristige Gewinne zu maximieren. Klingt wie ein Paradox, aber wer am Ende des Tages Geld sparen will, sollte heute in Qualität und gute Arbeitsbedingungen investieren.

Unterstützung gibt’s dabei vom Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie.   

Florian Liberatore ist Dozent, Projektleiter und stv. Leitung Team Management im Gesundheitswesen.


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