Für einen Einblick in die politische Kommunikation reisten wir Studierenden Mitte März nach Bern. Dabei wirbelte die Coronavirus-Pandemie unser Kursprogramm gehörig durcheinander.
Von Omar Zeroual, Student Bachelor Kommunikation, 6. Semester, am IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft
Die Praxiswerkstatt «Tatort Bundeshaus» gibt uns Bachelorstudierenden im sechsten Semester einen Einblick in die politische Kommunikation. Im Rahmen dieser Werkstatt reisten wir am 12. und 13. März 2020 nach Bern. Den eigentlichen Tatort, das Bundeshaus, durften wir aber nicht betreten. Denn wegen der Coronavirus-Pandemie wurden alle Besucherführungen unter der Bundeshauskuppel abgesagt. Damit fielen der Sessionsbesuch in der Landeshauptstadt als Höhepunkt der Praxiswerkstatt wie auch der Blick ins Medienzentrum weg. Und dies sollten nicht die einzigen Programmänderungen bleiben.
Aber glücklicherweise findet auch ausserhalb des Bundeshauses genügend politische Kommunikation statt. So etwa auf dem Generalsekretariat der FDP Schweiz. Dort haben wir mit dem Kampagnenleiter und dem Kommunikationsverantwortlichen der FDP gesprochen. Eigentlich hätten wir anschliessend drei neue Parlamentarier zu einer Podiumsdiskussion treffen sollen.
Doch weil diese in dringende Besprechungen rund um das Coronavirus involviert waren, konnte das Podium leider nicht wie geplant stattfinden. Doch die Alternative war auch nicht schlecht: Der Thurgauer Nationalrat, Kurt Egger, nahm sich Zeit für ein Interview mit uns und liess sich vom Raum voller angehender JournalistInnen und KommunikatorInnen nicht beirren. Wir konnten ihm alle Fragen stellen und er gab Auskunft über den Politfahrplan seiner Partei. Danach besuchten uns auch noch die drei Generalsekretäre der grossen Schweizer Parteien SVP, FDP und SP. Aber sie waren nicht für eine kontroverse Diskussion zu haben, sondern erzählten uns von der fast symbiotischen Zusammenarbeit untereinander.
Ein letztes Bier vor der Krise
Den zweiten Kurstag liessen wir Kommunikationsstudierenden bei einem geselligen Feierabendbier in der Berner Altstadt ausklingen. Trotz der vielseitigen Eindrücke des Tages war das neue Coronavirus bei uns Gesprächsthema Nummer eins. Nach der Meldung einer ersten Infektion an der ZHAW werweissten wir über den weiteren Verlauf des Semesters. Etwas später genossen wir aber trotzdem den Ausgang in Bern, nicht ahnend, dass es der letzte für lange Zeit sein würde. Es wurde unser letztes Bier vor der Krise.
Am nächsten Morgen trafen wir uns erneut in Bern. Es fanden weitere Gespräche mit Profis aus der Politik statt, etwa mit Politberater Noé Blancpain oder der Public-Affairs-Spezialistin Vera Bernhard von den SBB. Für mich war es neben der ganzen Kameraarbeit für meine Videoreportage schwierig, aufmerksam zu bleiben. Vielleicht lag es auch am Schlafdefizit, ganz sicher waren es aber auch die schärferen Massnahmen gegen die Corona-Pandemie, die sich abzeichneten und mich gedanklich beschäftigten. Ich spürte, dass etwas Ausserordentliches bevorstand. Auch die Mitstudierenden warteten gespannt auf den Beginn der Bundesrats-Medienkonferenz, die wir live mitverfolgen wollten. Eigentlich war sie an jenem 13. März 2020 auf den frühen Nachmittag angekündigt gewesen, wurde jedoch immer weiter zeitlich nach hinten verschoben, was unsere Spannung nur noch grösser werden liess. Eigentlich hätten wir auch den Bundesratssprecher André Simonazzi noch zu einem Gespräch getroffen, doch dieses entfiel ebenfalls, weil er dem Bundesrat in diesem Moment zur Seite stehen musste und deshalb keine Zeit für uns hatte.
Schlussendlich entschied unsere Kursleiterin aufgrund der aussergewöhnlichen Lage, den Kurstag früher als geplant zu beenden. So fuhren wir zurück nach Winterthur und sahen uns die historische Medienkonferenz des Bundesrates schliesslich auf dem Heimweg im Zug an. Schmerzlich mussten wir feststellen, dass wir uns an jenem Freitag, dem 13. März 2020, wohl das letzte Mal für das ganze restliche Frühlingssemester gegenübersassen. Danach stellte die ZHAW den Präsenzunterricht bis auf Weiteres wegen des Coronavirus ein und stellte auf kontaktloses, digitales Lernen von zu Hause aus um.