Warum Sprachen lernen? Früher mal lag mir nichts ferner als das. Jetzt aber, nach einem Bachelor in Mehrsprachiger Kommunikation und einem Jahr Praxis, hänge ich gleich noch einen Master in Angewandter Linguistik, Vertiefung Organisationskommunikation, an. Ich will ein Kommunikator werden, der Welten verbindet.
Autor: Mike Peter, Student im Master Angewandte Linguistik, Vertiefung Organisationskommunikation
«Was kann man noch an einer Sprache herumstudieren, die man schon perfekt beherrscht?» hat mich mein Vater vor Studienstart meines Bachelors «Mehrsprachige Kommunikation» (bisher: «Angewandte Sprachen») gefragt. Nun, in Wahrheit beherrschte ich meine Fremdsprachen nicht perfekt. Wenn ich Französisch sprach, klang dies in seinem monolingualen Ohr einfach so. Vielleicht bin ich auch sehr streng mit mir selbst, wenn es um die Kenntnis der Sprachen geht. Aber genau wegen dieser Unvollkommenheit wollte ich tiefer in die Sprachen eintauchen. Ich wollte mehr erfahren, die Kultur besser verstehen, meinen Wortschatz erweitern. Nach längerer Recherche stiess ich auf die ZHAW, habe die Informationsveranstaltung besucht, legte die Eignungsprüfung ab. Oh, bestanden! Dann ging das Studium im Herbst 2017 los und was soll ich sagen… ich wurde nicht enttäuscht.
Zunächst wird man regelrecht überrumpelt
Der Studienbeginn an der ZHAW war offen gesagt eine Knacknuss. Wir studierten nicht nur die Fremdsprachen, sondern auch meine Muttersprache, Deutsch. Relativ schnell wurden wir regelrecht bombardiert mit der deutschen Grammatik und deren Fachbegriffen: Deontisch, Epistemisch, Thema/Rhema, Finaler Nebensatz, Akkusativobjekt… welch ein Graus, wenn man es so hört! Irgendwann aber begann ich zu merken, dass das Fachwissen zur Sprache mir half, meine eigene Muttersprache besser zu verstehen und es unterstützte mich, wenn ich mal in der Erklärungsposition war. Ich muss vor Deutsch-Lernenden nun seltener den Satz ausgraben «Ich kann dir nicht erklären wieso, aber es ist einfach so.» Und seien wir ehrlich: Wenn man sich auch nur ein bisschen mit dem Stoff auseinandersetzt, versteht man ihn relativ schnell. Es tat mir deshalb weh, zu hören, dass aufgrund dieses straffen Anfangs einzelne Kolleg:innen das Studium aufgegeben hatten.
Wozu soll ich Französisch büffeln?
Nun aber eben zu den Fremdsprachen. Als Kind und Teenager hatte ich dafür kaum Faszination übrig. Französisch war in der fünften Klasse ein Hassfach und ich konnte es kaum erwarten, es später im Berufsleben nie wieder zu brauchen. Und Englisch? Naja, ist ja nicht einmal eine Amtssprache der Schweiz. Diese Einstellung überlebte aber den Reality-Check nicht. Englisch ist im internationalen Umfeld seit langem enorm wichtig. Und Französisch? Einerseits lebte ich damals praktisch auf dem Röstigraben. Die Wichtigkeit, eben auch auf Französisch wortgewandt zu sein, kann man eigentlich nicht leugnen. Andererseits hatte mein Effort, mir eine zweite Landessprache anzueignen, den netten Nebeneffekt, dass ich mich nach und nach in einen französischsprachigen Freundeskreis integrieren konnte. Das gab mir die nötige Motivation. Bei ihnen wollte ich gut ankommen und als Deutschschweizer ehrlicherweise auch ein bisschen bluffen, wie gut ich es eben doch schon konnte. Komplimente flogen mir dann regelmässig zu, und so kristallisierte sich mein Sprachtalent mehr und mehr heraus.
Ich merkte bald, dass mir das Sprachenlernen gar nicht so schwer fiel, und zudem konnte ich meinen Horizont erweitern, mit neuen Leuten ins Gespräch kommen, andere Musik entdecken, neue Länder bereisen, fremde Mentalitäten besser verstehen. So bekam ich Lust, Spanisch ebenfalls noch zu lernen.
Mit dem Studium an der ZHAW habe ich mich in die Sprachen vertiefen können. Auch in meinen Fremdsprachen kamen Grammatik und etwas unliebsames trockenes Büffeln nicht zu kurz. Übersetzungen wurden gnadenlos analysiert, evaluiert, auch kritisiert. Aber wir lernten durch die Lehrenden aus den Sprachregionen auch die Kulturen kennen und lieben, die in einer Sprache zum Ausdruck kommen.
Es lohnt sich eben doch
Im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation wird das fünfte Semester im Ausland aktiv gefördert. Als Reisebegeisterter zweifelte ich nicht lange und verbrachte ein Semester an der Universität Bordeaux. Ein fantastisches Erlebnis – und nicht nur, weil es noch kurz vor Corona stattfand. Bis dahin konnte ich auch meine Spanischkenntnisse merklich steigern und unterhielt mich mittlerweile mit meinen französisch-, englisch- und spanischsprachigen Mitstudierenden in ihrer Muttersprache. Diese Challenge gefällt mir und das Hin-und-her-Jonglieren der Sprachen in meinem Kopf bereitet mir noch immer Freude. Auch die fröhlichen Gesichter meiner Gesprächspartner waren die Mühe wert. Die Tür zu neuen Welten und zu neuen Kulturen stand plötzlich weit offen. Man stelle sich vor, wo ich heute stände, wenn sich meine Einstellung aus der Primarschule durchgesetzt hätte…
Ein Jahr Praxis, dann Master
Der Bachelor an der ZHAW ist mir in nahezu allen Belangen positiv in Erinnerung geblieben. Auch das coronabedingte Distance Learning hat mir nichts ausgemacht. So entschied ich mich nach einem Jahr Arbeitserfahrung für den Master in Organisationskommunikation. Dabei ist es mein Ziel, meine kommunikativen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und damit im späteren Berufsleben einen Unterschied ausmachen zu können.
Kommunikation ist in unserem Alltag über die Jahre viel wichtiger geworden und die Erwartungen an die Kommunikation in einer Organisation liegen hoch. Der weltweite Austausch, über Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg, wird für viele auch kleinere Unternehmen immer wichtiger. An dieser Schnittstelle möchte ich ansetzen und eine Organisation mit ihren Anspruchsgruppen möglichst tatkräftig unterstützen.
Fazit
Heute lebe ich im französischsprachigen Teil der Schweiz. Englisch benutze ich weiterhin im Studium und mit meinen internationalen Bekanntschaften. Spanisch halte ich aufrecht, indem ich Filme schaue oder Bücher lese. In diesem Sinn begleiten mich meine Sprachen noch immer jeden Tag.
Ich wünsche mir, dass ich auch im Berufsleben mehrsprachig und multikulturell unterwegs sein darf. Denn wenn ich eines gelernt habe: Die Tür zur Welt geht mit Sprachen auf. Und was man auf dem Weg dahin erleben darf, ist fantastisch. Ich wünsche solche Erfahrungen jedem und jeder Sprachbegeisterten.
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