Christina Ratmoko leitet seit 10 Monaten die Vertiefung Organisationskommunikation im Master Angewandte Linguistik. Obwohl ihr die Pandemie den Start nicht leichtgemacht hat, strotzt sie vor Tatendrang.
Autorin: Rahel Lüönd
Es gibt nur wenige Menschen, mit denen man eine Stunde im Lift steckenbleiben möchte. Christina Ratmoko zählt dazu. Innert Minuten streifen wir ein halbes Dutzend Themen von Frauenrechten und Gender Diversity über die Pandemie bis hin zu Nachhaltigkeit und Greenwashing. Die 47-jährige Zürcherin hat eine pointierte Meinung und argumentiert fundiert, hört aber auch zu und fragt nach. Es gibt viel zu diskutieren.
Christina Ratmoko lebt vom Tempo und von den Menschen um sie herum. Sie will wirken, entwickeln, vorwärtskommen. Geleitet von Interesse und Freude hat sie auf diese Weise ganz unterschiedliche berufliche Stationen passiert: Keystone, 10vor10, die Schweizer Botschaft in Washington, AXA. Parallel dazu tauchte sie immer tiefer in die akademische Welt ein: Sie studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Zürich, war Doktorandin am Historischen Seminar der Universität Zürich, Kollegiatin am interdisziplinären Genderstudies-Graduiertenkolleg und machte anschliessend einen Abstecher ans Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte nach Berlin. Zurück in Zürich schloss sie ihre Promotion zur Geschichte der Geschlechtshormonforschung ab.
Doktorarbeit und Fernsehmachen
In diesen Jahren sass sie jeweils morgens konzentriert an ihrer Dissertation, während nachmittags der tägliche Wahnsinn einer Sendungsproduktion begann. Zehn Jahre lang übte sie verschiedene Funktionen bei 10vor10 aus. Sie lernte dabei schnell zu agieren und reagieren, und auch in hektischen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. «Ich hätte beides für sich allein nicht geschafft», sagt sie rückblickend, «ich brauchte die Kombination aus Analyse und Action.» Fernsehmachen, das sei Teamwork in Reinkultur. Man müsse sich auf jede und jeden verlassen können.
«Ich brauchte die Kombination aus Analyse und Action.»
Christina Ratmoko
Ihr Herz schlägt aber genauso für die Wissenschaft, die sie nach fast 15 Jahren an der Uni Zürich für die AXA verlassen hat. Als sie ihre Dissertation abgeschlossen hatte und eine Weile beim Fernsehen weitergearbeitet hatte, musste sie eine Entscheidung treffen. Sollte sie beim SRF bleiben? Oder ihre wissenschaftliche Karriere vorantreiben? Christina Ratmoko entschied sich für eine dritte Option: Sie ging in die Organisationskommunikation, in der ihr Doktortitel zwar von geringer Bedeutung war, in der sie aber einen Strauss an Möglichkeiten sah.
Zwischen den Polen
Diese Polarisierung ist typisch für das Leben von Christina Ratmoko. Sie ist nicht nur Akademikerin und Praktikerin, sondern auch Schweizerin und Indonesierin; Organisatorin und Dozentin; Analytikerin und Sprecherin. Und als Mutter zweier Söhne immer im Spagat zwischen Familie und Beruf.
Im April 2021 führte sie der Weg via Institut für Angewandte Medienwissenschaft (IAM), das sie als Gastdozentin bereits kannte, zurück zur Forschung und Lehre. Für die Powerfrau fühlte sich dieser Schritt an wie ein Kreis, der sich schliesst: «Ich stand mit meiner Laufbahn immer ein bisschen schräg in der Landschaft, entweder die akademische oder die praktische Erfahrung passte meist nicht ganz ins Gesamtbild. Jetzt ist das anders: An der ZHAW ist diese Vielfalt sehr wertvoll.» Als Leiterin der Vertiefungsrichtung Organisationskommunikation (OK) im Master Angewandte Linguistik bringt sie die gewünschte Internationalität mit, hat ein grosses Netzwerk, um spannende Expertinnen und Experten aus der Praxis vors Rednerpult zu holen – und weiss, wie man Theorie und Praxis miteinander verknüpft.
Master weiterentwickelt
Im Vollzeitstudium über drei Semester (auch in Teilzeit möglich) lernen die Studierenden durch die systematische Verknüpfung von wissenschaftlichen Methoden und praktischem Know-how, wie strategisches Kommunikationsmanagement funktioniert. Sie entwickeln beispielsweise Leadership Skills und befassen sich mit kommunikativen Herausforderungen in unterschiedlichen Bereichen, kulturellen Umfeldern und Kanälen. Der Master bereitet die Absolventinnen und Absolventen auf eine verantwortungsvolle Funktion in einem internationalen Umfeld vor. Man merkt sofort: Christina Ratmoko brennt für «ihr Produkt».
«Für einen erfolgreichen Change in einer Organisation ist professionelle Kommunikation unabdingbar.»
Christina Ratmoko
2022 startet der Studiengang mit einem angepassten Curriculum, das ihre Vorgängerin in die Wege geleitet hat. Corporate Responsibility und Social Media erhalten dabei beispielsweise mehr Gewicht. Die neue Leiterin der Vertiefungsrichtung OK begrüsst diese Entwicklung, und denkt bereits einen Schritt weiter: Kommunikation im Rahmen von Veränderungsprozessen fände sie ebenfalls sinnvoll, um die Studierenden für die Arbeitswelt von morgen zu wappnen. «Für einen erfolgreichen Change in einer Organisation ist professionelle Kommunikation unabdingbar.» Wie wichtig Veränderung in der Wirtschaft ist, hat uns nicht zuletzt die Pandemie vor Augen geführt.
Kommunikation in der Krise
Somit zählt die Kommunikationsbranche gewissermassen zu den Gewinnerinnen in der Krise, wenn es diese denn überhaupt gibt. Sie geniesst einen Zulauf an Anerkennung und Wertschätzung.
Für Christina Ratmoko war der Start im Umfeld von Homeoffice und virtuellen Vorlesungen zwar schwierig. Der Befreiungsschlag kam mit dem Präsenzunterricht im Herbstsemester. Die Feinheiten, die in persönlichen Kontakten automatisch mitschwingen, sind ihr enorm wichtig. Plötzlich entwuchsen den Bildausschnitten aus den Videomeetings ganze Menschen. Aber auch ihre Leidenschaft für Wissenschaft und Kommunikation fügt sich zusammen. Christina Ratmoko kann die bisher gemachten Erfahrungen voll und ganz in die Mastervertiefung einbringen, um daraus Neues entstehen zu lassen. Für sich und für andere.
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