Seit Herbst 2020 wird der Bachelorstudiengang Sprachliche Integration angeboten. Im September ist bereits der zweite Jahrgang ins Studium gestartet. Ein wichtiges Merkmal dieser Ausbildung ist der grosse Praxisbezug ab dem ersten Semester. Wie die verschiedenen Einsätze in der Praxis aussehen, wie diese aufbauend bis zu einem ganzen Praxissemester funktionieren und mit welchen Partnern der Studiengang zusammenarbeitet, erzählt Duygu Dogru, Wissenschaftliche Assistentin und Praxiskoordinatorin im Bachelor Sprachliche Integration, im Interview.
aufgezeichnet von Stefanie Krüsi, Kommunikationsverantwortliche ILC Institut of Language Competence
Duygu Dogru, was können Studierende des Bachelorstudiengangs Sprachliche Integration erwarten, wenn ihnen «Praxisbezug ab dem ersten Semester» versprochen wird?
Es wird nicht nur über die Praxis gesprochen, sie wird von Anfang an erlebt! Die Studierenden haben in den insgesamt sechs Praxismodulen die Möglichkeit, Profis bei der Arbeit über die Schulter zu schauen, selbst einen Unterricht zu gestalten und eigene Projekte auf die Beine zu stellen. Die einzelnen Einsätze bauen aufeinander auf und führen die Studierenden schrittweise zu einer professionellen Haltung.
Wie sehen die verschiedenen Praxismodule pro Semester aus?
- Hospitation: Die Studierenden besuchen an mehreren Tagen Sprach- oder Kommunikationskurse der ZHAW und verfolgen das Unterrichtsgeschehen anhand von spezifischen Beobachtungsschwerpunkten.
- Unterrichtsassistenz: Bereits im zweiten Semester kommen die Studierenden des Bachelor Sprachliche Integration bei unseren Praxispartnern zum Einsatz. Der Schwerpunkt liegt weiterhin beim Sprachunterricht. Sie moderieren nun bereits eine Gruppenarbeit oder erstellen Unterrichtsmaterialien. Am letzten Assistenztag führen die Studierenden eine eigene Unterrichtssequenz durch.
- Unterrichtsprojekt: Die Studierenden lernen, DaZ-Unterricht (Deutsch als Zweitsprache) ganzheitlich zu planen, indem sie auf die Lernbedürfnissen der Teilnehmenden eingehen.
- Praktikums- und Auslandssemester: Im vierten Semester absolvieren die Studierenden einen mehrmonatigen Praktikumseinsatz in der Schweiz und/oder im Ausland oder halten sich für ein Semester an einer ausländischen Partnerhochschule auf.
- Integrationsprojekt: Hier verknüpfen die Studierenden in vertiefter Zusammenarbeit mit Praxispartnern ihre Fähigkeiten im Projektmanagement mit ihrem bisherigen Wissen zur Sprachlichen Integration. Spätestens jetzt rücken die beiden Profilschwerpunkte Sprachbildungsmanagement oder Sprachberatung und -coaching ins Zentrum.
- Abschlusspraktikum: Die in den Praxismodulen erworbenen Kompetenzen sollen schliesslich in einem ZHAW-internen Praktikum zusammenfliessen und evaluiert werden.
Wie läuft ein solcher Praxiseinsatz von A bis Z ab?
Für die Assistenzeinsätze stellen uns unsere Praxispartner Praxislehrpersonen zur Verfügung, die unsere Studierenden coachen. Mit Unterstützung der erfahrenen Lehrpersonen planen die Studierenden eine Unterrichtssequenz, die sie dann selbständig durchführen. In Feedbackgesprächen reflektieren sie ihren Einsatz.
Das Praktikumssemester können die Studierenden sehr frei gestalten. Wir empfehlen ihnen Arbeitsbereiche wie Sprachförderung, Erwachsenenbildung, soziale und berufliche Integration oder interkulturelle Kommunikation. Im Moment läuft die Praktikumssuche des ersten Jahrgangs intensiv. Es zeichnet sich bereits ab, dass die Studierenden an unterschiedlichsten Orten zum Einsatz kommen werden, wie zum Beispiel im Alphabetisierungsunterricht, im Management eines internationalen Sprachinstituts oder in der Forschung zu einem Schulprojekt.
Wie sieht das Partnernetzwerk des Bachelor Sprachliche Integration aus?
Wir haben aktuell 27 Partnerinstitutionen. Darunter finden sich private Sprachschulen, städtische Institutionen und Vereine/Nonprofitorganisationen verteilt über die gesamte Deutschschweiz.
Welche Erfahrungen habt ihr bisher mit den Studierenden in den Praxismodulen gemacht?
In der Unterrichtsassistenz arbeiten die Praxislehrpersonen und die Studierenden in einer kurzen, aber intensiven Phase eng zusammen. Dies ermöglicht beiden Seiten, gewohnte Muster zu hinterfragen und an den konstruktiven Feedbacks zu wachsen. In einem Unterrichtssetting ist nebst methodisch-didaktischen Entscheidungen auch das persönliche Auftreten zentral. Es setzt Mut und Offenheit voraus, sich dieser Situation zu stellen.
Wie sehen Praxiseinsätze im Ausland aus?
Bisher interessieren sich Studierende für die weltweiten Goethe-Institute oder sie werden als Teil ihres Studienaufenthalts im Sprachenzentrum einer ausländischen Universität unterrichten. Es sind bereits Praktika in Ländern wie Marokko, Griechenland, Deutschland und Kolumbien in Planung.
Inwiefern siehst du persönlich die Wichtigkeit und die Vorteile des starken Praxisbezuges ab dem ersten Semester im Studiengang Sprachliche Integration?
Neben dem Fachwissen und den didaktischen Kompetenzen, die im Studiengang vermittelt werden, trägt der Praxisbereich zu etwas Grundlegendem bei: Die Studierenden entwickeln eine persönliche Haltung zum Tätigkeitsfeld und besonders zu den Fremdsprachigen, mit denen sie es schlussendlich zu tun haben. Als Lehrperson kommt man nicht drum herum, sich mit den Menschen und ihrem Lebenskontext auseinanderzusetzen, wenn die Unterrichtsgestaltung und die Kommunikation im Kursraum gelingen soll. Es kann also nur von Vorteil sein, sich so früh wie möglich Gedanken über die Vielfalt der Zielgruppen zu machen und sich anzugewöhnen, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Der Praxisbereich im Studiengang schafft in den zahlreichen Mentoraten und Coachings Raum, sich über die eigene Positionierung als angehende Lehr- oder Fachperson in der Erwachsenenbildung bewusst zu werden.
Was wünschst du dir zukünftig für den Studiengang und das Partnernetzwerk?
Mir ist es ein besonderes Anliegen, neue «Orte des Lernens» über Bildungsinstitutionen hinaus ausfindig zu machen und beispielsweise Unternehmen in unser Netzwerk einzubauen.
Mehr zur Praxisausbildung Sprachliche Integration und zu den Praxispartnern gibt es hier.