Von Winterthur in die Weltmetropole London. Die britische Kultstadt zieht an – so auch Julian Stäuble, Student im Bachelor Angewandte Sprachen. Als Praktikant bei der Kern AG mitten in Central London lernte er nicht nur vielschichtige Aufgaben für einen Sprachdienstleister umzusetzen, sondern tauchte – umgeben von British banter – in eine komplett neue Kultur ein. Ein Beitrag über ein vielseitiges Praktikum und kulturelle Unterschiede am Arbeitsplatz.
von Julian Stäuble, Student Bachelor Angewandte Sprachen
Die Regale im Büro waren überfüllt mit Aktenkisten und Wörterbüchern aus dem letzten Jahrhundert. An der Wand hingen vergilbte Werbeplakate für den internationalen Sprachdienstriesen und in der Luft stets der Geruch von frischem Toast. Hier sass ich nun täglich von neun bis fünf, an einem der zu einem grossen Block zusammengeschobenen Schreibtische. Durch mein Postfach war ich einerseits über das Geschehen um die lokalen Aufträge informiert, andererseits aber auch mit den ProjektmanagerInnen der deutschen Filialen verbunden. Anfragen für die Unterstützung bei Lektorat, kleineren Übersetzungen, Alignments von Translation Memories und dergleichen wurden in einem Verteiler an die PraktikantInnen in allen Filialen gesendet.
Meine Aufgaben als Praktikant
Entsprechend vielfältig waren meine Aufgaben während des Praktikums: Ich habe übersetzte Texte aus unzähligen Themenbereichen in allen möglichen Sprachen auf Vollständigkeit überprüft oder in den mir geläufigen Sprachen lektoriert. Von Kochrezepten, über Geburtsurkunden bis hin zu Gerichtsurteilen oder zur Bedienungsanleitung einer Penispumpe war alles dabei. Ich habe Untertitel für ein Video über eine Bierbrauerei erstellt, für einen Kurs in Wimpernverlängerungen einen Russisch-Dolmetscher organisiert, deutsche Probeübersetzungen von BewerberInnen bewertet, PrivatkundInnen vor Ort vom ersten Anruf bis zur mit Siegel zertifizierten und versandbereiten Übersetzung gemanagt und dabei SDL Trados, Across Language Server und andere branchenspezifische Software bestens kennengelernt. Und wenn ich dann in den Bildschirm vertieft durch die Segmente scrollte, während die eine Kollegin zum vierten Mal frühstückte, hat eine andere immer mal wieder das konzentrierte Schweigen gebrochen und beispielsweise verkündet: «So, I was wrapping Christmas presents the other day and decided to never buy glittery wrapping paper again, because now there is glitter everywhere and the sellotape wouldn’t even properly stick to the uneven surface.»
London wie die Locals erleben
Nicht nur mit meiner abwechslungsreichen Praktikumsstelle und meinen drei liebenswerten und kompetenten Kolleginnen hatte ich grosses Glück, sondern auch privat: Das in einer Facebook-Gruppe so amüsant inserierte Zimmer wurde schnell meine gemütliche Oase für den milden Winter in der gar nicht mal so regnerischen Metropole London. Der Verfasser des amüsanten Inserats war zudem nicht nur ein angenehmer Mitbewohner, sondern wurde ein guter Freund, der bei jeder Gelegenheit sein schier unendliches Wissen über seine Heimatstadt mit mir teilte.
So lernte ich schnell, in welchem Lokal man das beste Full English Breakfast mit einer guten Portion Banter in lautem Cockney-Akzent serviert bekommt, dass man für Samosa Chaat in die Drummond Street und für günstiges Kino nach Peckham fährt, in welcher Bar man mit Drag Queens weitertanzen geht, wenn der Anti-Boris-Johnson-Rave zu Ende ist oder wie man am geschicktesten in einer überfüllten Tube stehend einhändig im Evening Standard blättert. So fühlte ich mich bald schon dermassen wohl und integriert, dass London mit Sicherheit auch in Zukunft eine feste Station in meinem Leben bleiben wird.
Dieser Blogbeitrag ist einer von fünf Beiträgen die aus dem Herbstsemester 2019 des Studiengangs Angewandte Sprachen prämiert wurde.
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Im Bachelor Angewandte Sprachen bildet das IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen Sprachinteressierte zu Sprach- und Kommunikationsprofis aus, die sich souverän zwischen Sprachen, Kulturen und Domänen bewegen. Das Studium mit den Vertiefungen Mehrsprachige Kommunikation, Multimodale Kommunikation und Fachkommunikation und Informationsdesign (bisher: Technikkommunikation) qualifiziert für eine Tätigkeit im mehrsprachigen Projekt-, Event- oder Informationsmanagement, in verschiedenartigen Übersetzungskontexten oder in der Technischen Dokumentation.