«Ich finde, es funktioniert gut, will es aber trotzdem nicht beibehalten!»

Viele Angestellte arbeiten nach wie vor im Homeoffice. Doch auch Studierende sind gezwungen, ihr Campus-Leben gegen die Studierstube zuhause zu tauschen. Drei Psychologie-Studierende berichten über Zoom-Vorlesungen, Endlos-Zeit am Bildschirm und Nähe auf Distanz.

Interview: Kathrin Fink

Linda, Sebastian, Simona, wie studiert es sich von zuhause aus?

Linda: Ich stelle mir den Wecker früh auf halb sieben/sieben. Ich muss eine Struktur im Tag haben. Im Stundenplan ist auch klar vorgegeben, wann, was stattfindet: Gruppenarbeiten, Vorlesungen. Trotzdem fällt es mir schwer, mich komplett zu disziplinieren. Ausserdem arbeite ich nebenher noch, das macht es auch nicht einfach, sich immer an den Zeitplan zu halten.

Simona: Mir geht es ähnlich wie Linda. Ich probiere immer, um die gleiche Zeit aufzustehen, damit ich um acht Uhr mit der Arbeit fürs Studium beginnen kann. Aber ich empfinde dieses Semester schon als sehr streng. Ich habe einen hohen Mehraufwand. Die Abwechslung fehlt, man ist immer alleine zuhause, immer am gleichen Ort.

Sebastian: Bei mir ist es das totale Kontrastprogramm: Mir kommt dieses Semester bisher am wenigsten intensiv vor. Man hört aber auch oft, dass die ersten zwei Semester am strengsten seien. Eventuell habe ich deshalb das Gefühl, dass das Dritte nun etwas lockerer ist. Ich komme mit Vor- und Nachbereiten eigentlich sehr gut voran. Dadurch, dass man immer zuhause ist, ist es ein stetiger Fluss von Arbeiten und Studieren vor dem Bildschirm.

«Das Soziale fehlt sehr»

Fehlt euch die Zeit vor Ort?

Simona: Mir fehlt das Soziale sehr. Auf der einen Seite hat es Vorteile, dass viele Teile des Studiums von zuhause aus machbar sind. Aber ich arbeite zum Beispiel viel in Gruppen und da konnte man vorher mal schnell über Mittag etwas besprechen und jetzt muss ich vieles davon allein machen. Ausserdem wohne ich allein, da fehlt das Soziale doppelt.

Linda: Ich bin vom Weg her sehr entlastet. Ich komme aus Thun im Berner Oberland und brauche vier Stunden zum Toni-Areal hin und zurück – das mache ich normalerweise zweimal in der Woche. Sonst fällt es mir nicht so stark auf, weil ich auch mit meinem Partner zusammenwohne.

Wie macht man denn eine Gruppenarbeit virtuell?

Linda: Über Teams, Skype oder Zoom. Da treffen wir uns jeweils für vier Stunden an einem Morgen, sehen uns am Bildschirm und arbeiten nebenher. Manchmal bleiben wir nach dem gemeinsamen Arbeiten noch online und sprechen über Privates. Meine Mitstudierenden sind mittlerweile zu Freunden geworden, und die fehlen.

Wie muss ich mir eine Online-Vorlesung vorstellen?

Sebastian: Der Dozent setzt den Termin an, dann loggt man sich über Zoom ein und ist mehr oder weniger wie in einer normalen Vorlesung an der Schule. Doch auch mir fehlen die Mitstudierenden, der Kontakt mit den Menschen, mal ins «Mehrspur» (Bar im Toni-Areal) gehen und über etwas anderes diskutieren. Ansonsten sind die Online-Vorlesungen sehr stark vergleichbar mit Präsenzunterricht – ich finde es funktioniert gut, aber ich will es trotzdem nicht beibehalten!

Linda: Ich finde auch, die Dozierenden sind sehr gut organisiert, aber der Austausch in der Klasse ist begrenzt. Die normale Kommunikationsregel – es kann nur einer aufs Mal reden – fällt online viel mehr ins Gewicht. Die ganz grossen Diskussionen entstehen so einfach nicht.

«Auf Zoom muss man sich exponieren»

Sebastian: Ja genau, dieses Element fehlt. In einer Diskussion auf Zoom muss man sich exponieren, alle hören genau zu und da getraut man sich weniger etwas zu sagen.
Das Nonverbale fehlt natürlich auch. Man kann nicht schauen, wer verdreht jetzt gerade die Augen oder wem liegt wahrscheinlich noch eine Frage auf den Lippen. Das ist sonst so etwas Wichtiges, wenn man real in der Vorlesung sitzt.

Wisst ihr, wann ihr wieder «richtig» an die Schule zurückkehren könnt?

Alle: *Kopfschütteln*

Sebastian: Es wurde schon relativ früh kommuniziert, dass bis Ende Juli kein Präsenzunterricht stattfindet. Das finde ich auch gut, dass das so klar gesagt wurde. Aber: Be prepared for the second wave!

Linda: Also, wenn ich mir vorstelle, dass ich noch bis im Herbst in diesem Büro zuhause sitzen muss, muss ich mich langsam mit einer Renovation beschäftigen!

Linda Schiesser
5. Semester Bachelor
Teilzeit

Sebastian Mutti
3. Semester Bachelor
Teilzeit

Simona Wapp
2. Semester Master
Teilzeit


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