• Impressum
  • Über uns
Psychologie im Alltag nutzen

Ein Blog der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

-->

Der FC Thun lernt, Aufmerksamkeit aktiv zu steuern

Posted on 22. Februar 2018 by Redaktion

Das Smartphone ist unser ständiger Begleiter und die Grenzen zwischen online und offline verschwimmen immer mehr. Diese Entwicklung hat sicher Vorteile. Beispielsweise bieten die Sozialen Medien neue Möglichkeiten in der Kommunikation und erleichtern unser Leben. Die ständige Online-Präsenz ist aber auch heikel, denn sie hat  Auswirkungen auf unsere Konzentrationsfähigkeit und damit auf unsere Leistung. Gerade für junge Sportler kann das auf ihrem Weg zum Erfolg problematisch sein. Deshalb hat sich der FC Thun Berner Oberland vertieft mit den Sozialen Medien auseinandergesetzt und seine Sportlerinnen und Sportler sowie seine Mitarbeitenden in einer Schulung sensibilisiert.

Von Tanja von Rotz, Leiterin Marketing & Kommunikation, ZHAW Angewandte Psychologie

Hier ein neues Video ansehen, dort zwei neue WhatsApp-Nachrichten beantworten, da noch ein Foto auf Instagram posten, auf eine Mail antworten, zwei Likes prüfen, und noch schnell einen Kommentar beantworten. Soziale Medien setzen uns unheimlich viele Anreize, Zeit in ihnen zu verbringen. Egal womit wir gerade beschäftigt sind: Wenn eine Push-Benachrichtigung auf dem Smartphone erscheint, reagieren wir meistens reflexartig darauf. «Soziale Medien sind darauf ausgerichtet, unsere Aufmerksamkeit zu steuern», erklärt der Psychologe Dr. Jan Rauch. Er leitet am IAP Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW den Bereich Sportpsychologie. Für den FC Thun Berner Oberland führten wir gemeinsam eine Workshop-Reihe durch, die einerseits den Fussballern, Trainern, Juniorinnen und Junioren, andererseits den Mitarbeitenden des FC Thun die Auswirkungen der Sozialen Medien auf ihre Aufmerksamkeit und Leistung vor Augen führen sollte.

Jan Rauch referiert über Aufmerksamkeit

Jan Rauch erklärt den Einfluss von Multitasking auf die Aufmerksamkeit.

Multitasking macht dumm

Im Sport zählt nur der Augenblick. Wer mit den Gedanken noch bei einem Facebook-Kommentar ist, verpasst leicht die Chance zum Sieg. Speziell für junge Nachwuchssportler kann das zum Problem werden, denn sie sind besonders affin für Aktivitäten in den Sozialen Netzwerken. Deshalb war ein Schwerpunkt in unseren Schulungen das Thema Aufmerksamkeit und die Auswirkungen auf die Leistung im Fussball. Das menschliche Gehirn kann in der Regel nur eine Aufgabe nach der anderen effizient bearbeiten. Beim sogenannten Multitasking wechseln wir einfach sehr schnell zwischen den Aufgaben hin und her. Ein weiteres Problem: Mit der Zeit verlieren wir beim Multitasking die Fähigkeit, uns auf eine Sache zu konzentrieren. Um optimal leistungsfähig zu sein, ist es deshalb gerade auch im sportlichen Umfeld zentral, zu verstehen, wie Konzentration funktioniert und wie schnell sie gestört werden kann. Und auch, wie die aktive Steuerung der Aufmerksamkeit uns zusätzliche Energie kostet – im Unterschied zu automatisch ablaufenden Prozessen. Gut veranschaulichen konnten wir dies den Teilnehmenden mit dem «Stroop-Effekt»: Dabei zeigten wir den Fussballerinnen und Fussballern Wörter in verschiedenen Farben auf einer Projektionsfläche. Die Aufgabe bestand dann darin, die Farbe, in der die Worte geschrieben waren, zu benennen, nicht aber die Worte selbst zu lesen. Ein in grün geschriebenes «Grün» war einfach zu nennen. Aber bei einem blau geschriebenen «Grün» war die Reaktion verzögert. «Dies ist ein Farb-Wort-Interferenz-Effekt, der auftritt, wenn Wörter in unterschiedlichen Farben dargestellt werden und die Farbe des Wortes, jedoch nicht das Wort selbst genannt werden soll», erklärt Jan Rauch. Damit wollten wir den Teilnehmenden zeigen, dass automatisierte Handlungen wie das Lesen schnell und einfach passieren. Wenn wir diese aber unterdrücken und die Aufmerksamkeit bewusst auf etwas anderes lenken wollen, kostet dies Zeit und Energie. Wir zeigten den Teilnehmenden die Parallelen zu den Sozialen Medien auf. Denn diese bewusst zu nutzen, heisst auch, die Aufmerksamkeit bewusst zu steuern. So war denn auch das Leuchten in den Augen der jungen Nachwuchstalente im Moment dieses Erkennens eines meiner persönlichen Highlights im Workshop.

Tanja von Rotz vor aufmerksamen Zuhörern

Tanja von Rotz erläutert die Strategien der Social-Network-Betreiber.

Im Umgang mit Sozialen Medien sensibilisieren

Welches Geschäftsmodell steht hinter den Sozialen Medien? Wie beeinflussen Google & Co. unser Leben und welche Auswirkungen hat dies auf unsere Aufmerksamkeit und auf unsere Leistung bei der Arbeit? Sämtliche Mitarbeitende des FC Thun Berner Oberland wurden von uns zu diesen Themen geschult. Der Inhalt der jeweiligen Workshops wurde didaktisch auf die verschiedenen Altersstufen und Arbeitsbereiche angepasst. So hatte der Cheftrainer der U18 zum Beispiel einen ganz anderen Fokus im Alltag als der Präsident des FC Thun oder die Ticketing-Verantwortliche. Alle Teilnehmenden tauschten Erfahrungen aus und analysierten das eigene Nutzungsverhalten. Dieser übergreifende Austausch und Lerneffekt ist dem FC Thun Berner Oberland wichtig: «Wir legen Wert auf aktives soziales Engagement», meint Markus Lüthi, Präsident des FC Thun Berner Oberland. Das Ziel des Fussballclubs geht daher über den Sport hinaus und beinhaltet unter anderem regelmässige interne Schulungen, um die Sensibilität jedes Einzelnen für gesellschaftliche Themen zu schärfen. In der aktuellen Saison wurde der Fokus auf das Thema «Umgang mit Sozialen Medien» gelegt. «Es ist uns wichtig, nicht mit dem Mahnfinger Dinge zu verbieten, sondern beim Thema Soziale Medien zu sensibilisieren», erklärt Sportchef Andres Gerber. Der FC Thun Berner Oberland wolle ein besseres Verständnis fördern. Deshalb wurden sowohl die Vorteile von Sozialen Medien angesprochen, als auch Auswirkungen wie Ablenkung, Schlafstörungen, Datensicherheit oder Onlinesucht thematisiert. «Der Kurs war interessant“, so Andreas Gerber weiter, „weil er eine optimale Mischung aus Information, Reflexion und Übungen enthielt. Die Kombination mit Aspekten aus der Sportpsychologie war ideal für uns und zeigte eindrucksvoll die Auswirkungen des ständig Online-Seins auf. Auch ich habe noch Einiges gelernt in Bezug auf den Umgang mit Sozialen Medien. Vor allem wurde mir klar, wie einfach meine Aufmerksamkeit durch das Handy abgelenkt wird. Dank dem Kurs gehe ich nun noch bewusster damit um».

Grafik der unterschiedlichen Netzwerke und ihrer Beliebtheit

Die beliebtesten Soziale Netzwerke der Junioren des FC Thun sind Youtube, WhatsApp, Instagram und Snapchat.

 


Über die Autorin
Tanja von Rotz studierte Kommunikationswissenschaften und Sozialpsychologie an der Universität Zürich und absolvierte danach einen MAS ZFH in Communication Management & Leadership. Heute leitet sie die Abteilung Marketing & Kommunikation des Departements Angewandte Psychologie der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.


 

This entry was posted in Allgemein, Digitaler Wandel am IAP, Digitales Lernen, Führungsentwicklung, Psychologie im Alltag, Sportpsychologie and tagged Aufmerksamkeit, beruflicher Erfolg, Facebook, IAP, IAP Institut für Angewandte Psychologie, Instagram, Jugendliche, Kurse für Jugendliche, LinkedIn, Onlinesucht, Snapchat, Social Media, Weiterbildung, WhatsApp, Youtube. Bookmark the permalink

Click here to cancel reply.

Add Your Comment

Your email will not be published.

  • Folgen Sie uns

    • RSS Feed
    • Facebook
    • LinkedIn
    • YouTube
  • Kategorien

    • Allgemein
    • Assessment – Sicherheit – Verkehr
    • Berufs-, Studien- & Laufbahnberatung
    • Der Mensch in der flexiblen Arbeitswelt
    • Digitaler Wandel am IAP
    • Digitales Lernen
    • Fachtagungen & Events
    • Führungsentwicklung
    • Interkulturelle Kompetenzen
    • Mini-Blog-Serie
    • Persönlich: …
    • Psychologie im Alltag
    • Psychotherapie
    • Sportpsychologie
    • Zürich Marathon: Mentales Training to go
  • Neueste Beiträge

    • Change-Management: Mitarbeitende wollen Teil der Lösung sein
    • Online-Prüfungen: «Es könnte jemand beim Studierenden unter dem Tisch sitzen.»
    • Virtuelle Assessments: Segen der Technik oder unpersönliches Abfragen?
    • Studienbeginn vor dem Bildschirm
    • IAP-Studie: Wie führe ich mich selbst?
  • Neueste Kommentare

    • Psycho bei Change-Management: Mitarbeitende wollen Teil der Lösung sein
    • Matthias Brack bei Ruanda zwischen Vergebung und Verheissung
    • Michael Nyffenegger bei Surfen auf dem Brett der Ungewissheit
    • Markus Baumann bei Surfen auf dem Brett der Ungewissheit
    • Elisa Streuli bei Surfen auf dem Brett der Ungewissheit
  • Archive

    • Februar 2021
    • Januar 2021
    • Dezember 2020
    • November 2020
    • Oktober 2020
    • September 2020
    • Juli 2020
    • Juni 2020
    • Mai 2020
    • April 2020
    • März 2020
    • Januar 2020
    • Dezember 2019
    • Oktober 2019
    • September 2019
    • Juni 2019
    • Mai 2019
    • April 2019
    • Februar 2019
    • Januar 2019
    • Dezember 2018
    • Oktober 2018
    • September 2018
    • Juli 2018
    • Juni 2018
    • April 2018
    • März 2018
    • Februar 2018
    • Januar 2018
    • Dezember 2017
    • November 2017
    • Oktober 2017
    • September 2017
    • August 2017
    • Juli 2017
    • Juni 2017
    • Mai 2017
    • April 2017
    • März 2017
    • Februar 2017
    • Januar 2017
    • Dezember 2016
    • November 2016
    • Oktober 2016
    • September 2016
    • August 2016
    • Juli 2016
    • Juni 2016
    • Mai 2016
    • April 2016
    • März 2016
    • Februar 2016
    • Januar 2016
    • Dezember 2015
    • November 2015
    • Oktober 2015
  • Meta

    • Anmelden
  • RSS:
  • RSS
    ZHAW