Weiterbilden am IAP – heute und morgen

Die Frage, wie Lernen in einigen Jahren aussehen und welche Konsequenzen die digitale Transformation für uns alle haben wird, beschäftigt zurzeit viele Forschende, Arbeitgebende, Arbeitnehmende – und natürlich auch Lernende und Lehrende. Ein kurzer Abriss, wie Lernen und Weiterbilden am IAP in fünf Jahren aussieht.

Von Christoph Negri, Leiter IAP Institut für Angewandte Psychologie

Checken wir im Hotel schon bald überall bei einem Roboter ein? Fahren wir mit führerlosen Trams durch Zürich? Sitzen wir mit unserem Laptop oder Tablet zu Hause gemütlich auf dem Sofa oder auf einer sonnigen Bank am Waldrand, schauen uns Youtube-Filme zur Wissensvermittlung an und kontaktieren bei Unsicherheiten unsere Weiterbildungskollegen/-innen über einen Chat-Kanal? Diese und viele weitere Fragen zu den Auswirkungen der rasanten Entwicklungen durch die Digitalisierung beschäftigen auch uns am IAP intensiv. Wir stellen uns die Frage, wie denn sinnvolles, nutzbringendes, wirkungsvolles und digital-analog-verknüpftes Lernen im Zeitalter des immer und überall vorhandenen Wissens aussehen kann. In den folgenden kurzen Abschnitten beschreibe ich mein ganz persönliches Bild zum Thema Lernen und Weiterbilden am IAP heute und in den nächsten fünf Jahren.

Attraktive Lernumgebung

Wir treffen uns bereits heute in einer lernunterstützenden, offenen Lernumgebung mit flexiblen Stühlen und Tischen, die schnell und unkompliziert zu verschiedenen Lernsettings umgestellt werden können, je nach Bedarf und Lernsituation. Es soll ruhig, individuell und auch in Kleingruppen im selben Raum gearbeitet werden können. Gleichzeitig soll es möglich sein, zwischendurch immer wieder mit der Gesamtgruppe in Verbindung zu treten, um neu auftretende Fragen zusammen zu besprechen, zu klären und mit kurzen Fachinputs zu ergänzen. Lernen vor Ort ist mehr als Wissensvermittlung. Lernen vor Ort fördert die Auseinandersetzung, die Vernetzung, wirft neue Fragen auf und beinhaltet kreative und kommunikative Begegnung miteinander.

In fünf Jahren: Lernen setzt sich auch in der Zukunft aus den vier Urformen Arbeit, Gespräch, Feier und Spiel zusammen. Um diesen Faktoren Rechnung tragen zu können, brauchen wir inspirierende Lernräume, die möglichst viele Bedürfnisse der unterschiedlichen Lerntypen und Lernsituationen aufnehmen können. Es soll Lust machen, unkompliziert sein und auch die Möglichkeit eröffnen, einfach hinzukommen um zu lernen, zu arbeiten, zu diskutieren und Kaffee oder Tee zu trinken. Wir schaffen sowohl physisch wie auch mental attraktive und inspirierende Lernräume und sprechen in Zukunft wohl eher von „Lerncafés“.

Betroffenheit schaffen

Lernen geschieht dann, wenn es für uns Relevanz hat, wenn Neugierde entsteht, wenn wir Freude daran haben, wenn wir ausprobieren und experimentieren können, wenn wir uns austauschen und Verknüpfungen mit unserem Wissen und unseren Erfahrungen herstellen können. Unsere Aufgabe als Lernprozessunterstützende ist es, Begegnungen und Lernsituationen zu gestalten, die berühren und so die nötige Betroffenheit schaffen können, um den Lernprozess zu inspirieren.

In Zukunft: Diese alte schon von den Reformpädagogen beschriebene lernpsychologische Weisheit gewinnt im Zeitalter der Individualisierung, Digitalisierung, Globalisierung und all der anderen Trends weiterhin an Bedeutung. Wir sind gefordert, unsere lernorientierte Didaktik weiterhin zu leben und zusätzlich auszubauen. Wissen kann überall, zu jeder Zeit und individuell erworben werden. Die Verarbeitung und Verknüpfung ist jedoch nur im Austausch und in der Diskussion möglich. Damit können die Weiterbildungsteilnehmenden direkt bei ihren Fragen und Anliegen abgeholt werden und ihr Lernprozess wird vertiefend unterstützt. Lernen ist in diesem Sinn mehr als nur die Aneignung von Wissen.

Lernen auf Augenhöhe und miteinander

Wir bilden zusammen Lerngemeinschaften, die gemeinsam neues Wissen mit bisherigem Wissen, Erfahrungen sowie Arbeits- und Lebenswelten der einzelnen Teilnehmenden verknüpfen und weiterentwickeln. Wir als Lern- und Lehrverantwortliche sind in der Rolle der Ermöglicher von Lernsituationen und unterstützen Lernprozesse. Wo es nötig und gefragt ist, bringen wir aktiv unsere fachliche Expertise und persönliche Expertenmeinung ein. Wir haben den Überblick über den aktuellen Wissenstand zum Thema und orientieren uns an den beiden didaktischen Strömungen Konstruktivismus und Konnektivismus. Wir leben unsere Rolle entsprechend als Lernprozessbegleiter/innen und verhalten uns partnerschaftlich. Wir machen Lernangebote, integrieren den Kontext der Teilnehmenden (z.B. ihre Organisationen), fördern den Austausch und die Diskussion mit Hilfe digitaler und analoger Möglichkeiten und leben den Grundsatz „Lernen auf Augenhöhe“. Dies gilt bei uns am IAP heute schon und wird in fünf Jahren mit grosser Wahrscheinlichkeit noch viel mehr an Bedeutung gewinnen.

Wissen strukturieren und in konkrete Anwendungssituationen übertragen

Die Digitalisierung der Gesellschaft ermöglicht es uns bereits heute jederzeit, überall und sofort aktuelles Wissen zu praktisch allen Themen und Fragen zu erhalten. Wir googlen oder suchen uns auf Youtube den entsprechenden Film, um beispielsweise Saxophon spielen zu lernen. Damit verbunden ist jedoch häufig die Frage, wie wir aus der Menge an Informationen das Wesentliche und Relevante herausfiltern und auch für unsere Fragestellungen nutzbar machen können.

In Zukunft: Eine wichtige Aufgabe wird es sein, Wissen gut und nutzbar zu strukturieren und mit den konkreten Arbeits- und Lebenssituationen der Teilnehmenden zu verknüpfen. Auf diese Weise kann die Transferwirkung des Gelernten optimiert werden. Die digitalen Lernmöglichkeiten bieten dazu hilfreiche Erleichterungen. Chat-Funktionen, Video-Konferenzen, einfache, mit dem Handy selbst produzierte, kurze Filme und viele weitere Formen ermöglichen eine kontinuierliche Unterstützung des Transfers in den Arbeits- und Lebensalltag.

Formelles und informelles Lernen verknüpfen

Lernen findet zu 70-80 Prozent nicht organisiert und unstrukturiert statt. Wir fragen z.B. eine Arbeitskollegin, wie sie ein Problem löst und lernen in dem Moment Neues dazu. Oder wir arbeiten in Projekten oder Arbeitsgruppen mit und lernen dadurch laufend neue Methoden und Inhalte kennen. Wir lernen also viel und laufend, direkt „on the job“ in unseren Tätigkeiten, während der Arbeit und der Freizeit, und wir lernen übergreifend und verknüpft. Formales Lernen muss daher gut und eng mit dem Arbeitsumfeld der Weiterbildungsteilnehmenden verknüpft werden. Projektarbeiten mit konkreten Fragestellungen und Projekte aus dem Arbeitsumfeld der Teilnehmenden oder reelle Praxisfälle bieten dazu eine gute Ausgangslage.

Bei uns am IAP verfolgen wir diese Art des praxis- und anwendungsorientierten Lernens mit vielen positiven Erfahrungen schon seit vielen Jahren. Auch da können die Möglichkeiten der sozialen Medien und des digitalen Lernens hilfreich unterstützend genutzt werden. In Zukunft wird also auch die Verknüpfung von informellem und formalem Lernen noch intensiver gefördert werden. Wir wollen eine Lernkultur ermöglichen, die übergreifendem Lernen Platz einräumt. Dazu gehört neben einer guten Vernetzung auch die Gestaltung der Rahmenbedingungen, so dass die Teilnehmenden die Möglichkeit haben, sich vor Ort  in den Pausen, über Mittag, während Kleingruppenarbeiten usw. auszutauschen und kennen zu lernen. Lernen heisst nämlich auch Beziehungen pflegen.

Lern-Communities bilden

Lernen geschieht also in unterschiedlichen Lernsettings, mit unterschiedlichen Menschen und immer auf Augenhöhe. Dazu benötigen wir verschiedene Lerngemeinschaften wie zum Beispiel Lerntandems, Lern- und Projektgruppen, die Kursgruppe, die Fachgemeinschaft, gebildet aus verschiedenen Studiengängen, und die gesamte Fach-Community, in der auch die entsprechenden Expertinnen und Experten vertreten sind. Zur Bildung und Förderung dieser Fach- und Lerngemeinschaften können wir in Zukunft sowohl analoge Möglichkeiten (Lerngruppen, Erfa-Gruppen, Supervisions- und Intervisionsgruppen, usw.) wie auch digitale Formen (WhatsApp-Gruppen, Slack, LinkedIn, Facebook, Videokonferenzen, usw.)  nutzen und mit ihrer Unterstützung die verschiedenen Lern- und Fach-Communities als Lerngefässe einbeziehen.

Zukunftsgerichtet und papierlos

Das IAP hat für die Erfüllung dieser Zukunftsvorstellung viele Stärken, die wir schon mitbringen und auch pflegen. Wir leben jetzt schon viele Elemente des beschriebenen Lernverständnisses. Wir können es jedoch in Zukunft noch intensiver leben, fördern und ausbauen und in den kommenden Jahren eine für alle Ziel- und Altersgruppen ansprechende und lernförderliche Umgebung gestalten. Wir nutzen digitale Möglichkeiten und bauen diese im Lernalltag immer weiter aus. Wir setzen auch digitale Lernmethoden ein, um die Auseinandersetzung des Einzelnen mit sich selbst und der Lerngruppe zu unterstützen. Auch der Transfer in die Arbeitspraxis ist bereits ein wichtiger Kern unserer Lernprogramme. Lernzeit kann damit optimal, effizient und anwendungsorientiert gestaltet werden. 

Heute wie auch in der Zukunft lernen wir papierlos, nahe an den Arbeits- und Lebenswelten der Teilnehmenden. Wir fördern die Kommunikation und die Vernetzung innerhalb der Kursgruppen sowie der Fach-Community. Wir nutzen dazu die sozialen und digitalen Medien und entwickeln uns als Weiterbildungsinstitution weiter. Wir bilden zusammen eine Lerngemeinschaft, und wir lernen auf Augenhöhe. Am IAP unterstützen wir die Lernprozesse der einzelnen Menschen, moderieren die Lern- und Gruppenprozesse, fördern die Vernetzung und bringen unser Fachwissen ein. So helfen wir, psychologisches Wissen nutz- und verstehbar zu machen und stellen ansprechende Lernräume auch für digitale Nomaden zur Verfügung.


Über den Autor:
Christoph Negri leitet das IAP Institut für Angewandte Psychologie. Er arbeitet als Dozent, hält Beratungsmandate für verschiedene Profit- und Non-Profit-Organisationen inne und berät diverse Schweizer Spitzensportlerinnen und Spitzensportler. Christoph Negri ist Mitglied der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (SASP) und des Schweizerischen Berufsverbandes für Angewandte Psychologie (SBAP).


«Der Digitale Wandel am IAP»
Das IAP beschäftigt sich intensiv mit den Auswirkungen der zunehmenden Digitalisierung auf das Lernen, Kommunizieren und Arbeiten. Die Ergebnisse sollen in die Entwicklung der Weiterbildungen und Dienstleistungen einfliessen. In der Rubrik «Der Digitale Wandel am IAP» berichten Mitarbeitende regelmässig über ihre persönlichen Erfahrungen und Ansichten.

 


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