“Life Designing” – Wie man den inneren Kompass nutzen kann

Wegweiser

 

Als Laufbahnberater am IAP erlebe ich immer wieder Personen, die sich schwer tun mit Entscheidungen oder die nicht genau wissen, in welche Richtung sie sich entwickeln möchten. Dies, obwohl sie sich schon viele Gedanken über ihre berufliche Zukunft gemacht haben und dabei teilweise auch sehr strukturiert vorgegangen sind. Oft stellt die Schnelllebigkeit der Arbeitswelt und der durch die neuen Technologien getriebene rasante Wandel eine grosse Herausforderung für diese Personen dar.

von Marc Schreiber, Dozent & Berater, ZHAW IAP Institut für Angewandte Psychologie

Wie ein Spaziergang durch die Grossstadt
Life Designing ist ein Konzept einer internationalen Gruppe, aus welchem verschiedene konkrete Beratungsansätze hervorgegangen sind. Hauptziel ist es, die berufliche Identität einer Person (weiter) zu entwickeln. Die moderne Arbeitswelt bietet keine Stabilität mehr, und traditionelle gradlinige Laufbahnen werden auch von vielen Menschen gar nicht mehr angestrebt. Kontinuität entsteht vielmehr von innen als von aussen, indem zentrale Werte, Interessen und Lebensthemen identifiziert und verfolgt werden. Identitätsentwicklung kann verstanden werden als Spaziergang durch eine Grossstadt (oder wer lieber möchte auch als eine Bergwanderung). Wege und Möglichkeiten sind zwar vorgegeben und man kann sich auch einen Plan zurechtlegen. Auf dem Weg sieht man aber viele unvorhergesehene spannende Dinge (z.B. spezielle Geschäfte, Cafés, Plätze) und erlebt herausfordernde Situationen (Baustellen, Strassenkreuzungen, geschlossene oder nicht mehr bestehende Restaurants). Während die Einen ihren Weg in der Grossstadt akribisch planen und auf der Karte einzeichnen, legen die anderen eine bestimmte Richtung zu ihrem Ziel fest, stellen den inneren Kompass ein und laufen los.

Den inneren Kompass einstellen
Als Berater kann ich Personen in ihrer Identitätsentwicklung unterstützen, indem ich ihnen helfe, die relevanten Werte, Interessen und Lebensthemen zu identifizieren und in ihren beruflichen Kontext einzubetten – quasi, den inneren Kompass einzustellen. Der innere Kompass gibt die Richtung vor und liefert eine wichtige Grundlage für zukünftige Laufbahnentscheidungen – analog zur Himmelsrichtung auf einer Strassen- oder Landkarte, die eine Orientierung gibt und als Entscheidungsgrundlage dient.

Bilder und Geschichten nutzen
Als hilfreich haben sich Methoden erwiesen, die sich auf Geschichten oder Bilder beziehen. Anhand von Geschichten und Bildern aus dem unmittelbaren Lebenskontext der Klientinnen und Klienten werden in der Beratung Werte, Interessen und Lebensthemen identifiziert. Anhand des Lieblingsbuches oder –filmes können beispielsweise zentrale Lebensthemen identifiziert werden und die Hauptcharaktere im Film/Buch können einen konkreten Hinweis geben, wie man das Thema erfolgreich in den eigenen Lebensentwurf einbetten kann. In einer Beratung konnte so beispielsweise einmal aus dem Lieblingsfilm „Club der toten Dichter“ das zentrale Thema „andere zu etwas bewegen können“ identifiziert werden. Der Hauptcharakter im Film machte das gemäss meinem Klienten über die Literatur, mit sozialer Nähe und Hartnäckigkeit. Im Beratungsprozess kam mein Klient für sich persönlich zum Schluss, dass es für seine berufliche Weiterentwicklung ebenfalls eine zentrale Komponente war, andere zu etwas bewegen zu können. Er wollte das nun konkreter mithilfe von Literatur, sozialer Nähe und Hartnäckigkeit umsetzen. Aus einer Geschichte, die den Klienten persönlich berührte, konnten auf diese Weise konkrete Anhaltspunkte für seine berufliche Weiterentwicklung gewonnen werden.



Marc SchreiberÜber den Autor
Marc Schreiber ist Berater & Dozent am IAP Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW. Er leitet den Bereich Berufs- Studien- & Laufbahnberatung.


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