Von DiGAs bis Design Thinking: Auf Studienreise im deutschen Gesundheitswesen in Berlin

Eigene Aufnahme

Von Sina Berger

Was können wir von einem der grössten Gesundheitssysteme Europas lernen? Wie meistern deutsche Spitäler, Start-ups und etablierte Unternehmen die Herausforderungen der Digitalisierung? Diese Fragen standen im Zentrum unserer Studienreise nach Berlin im Rahmen des MSc in Business Administration mit dem Schwerpunkt Health Economics and Healthcare Management. Vom 2. bis 6. September 2024 hatten unsere Masterstudierenden die Gelegenheit, tief in das deutsche Gesundheitswesen einzutauchen. Neben inspirierenden Vorträgen und spannenden Diskussionen bekamen wir Einblicke hinter die Kulissen von Leistungserbringern und Unternehmen. Das Ziel: ein umfassendes Verständnis des deutschen Gesundheitssystems – mit besonderem Fokus auf die digitale Transformation

Ein Auftakt in die Welt der Gesundheitspolitik und Digital Health

Einmal vor die Kulissen der Gesundheitspolitik blicken: Unsere Reise startete mit einem Besuch im Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Eine bessere Einführung in das deutsche Gesundheitssystem hätten wir uns kaum wünschen können. Die Studierenden standen dort, wo sonst der Gesundheitsminister seine Pressekonferenzen hält, und erfuhren aus erster Hand, wie politische Entscheidungen die Strukturen und Abläufe im Gesundheitswesen beeinflussen.

Wo Digital Health lebendig wird: Am Nachmittag ging es weiter zum Flying Health Incubator, einem der führenden Hubs für Digital Health in Deutschland. Hier bekamen wir einen tiefen Einblick in die Welt der digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) und die Start-up-Szene Berlins. Die Bedeutung der DiGAs für die Zukunft der Patientenversorgung und die Rolle von Start-ups bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems wurden in einem spannenden Vortrag greifbar.

Der erste Tag zeigte uns eindrucksvoll, dass das Zusammenspiel von Politik und Innovation im Gesundheitswesen entscheidend ist. Die Digitalisierung wird nicht nur als technologische Neuerung, sondern auch als notwendige Transformation verstanden, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung, die Effizienz und die Qualität verbessern soll.

Praxisnahe Einblicke in ein digitales Tool und emotionale Begegnungen

Vom Start-up zum Marktführer: Am zweiten Tag tauchten wir in die Welt des digitalen Entlassmanagements ein. Das Unternehmen Recare Solutions zeigte uns, wie seine Plattform Spitäler, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen vernetzt, um den Übergang von der stationären Behandlung zur Nachsorge so reibungslos wie möglich zu gestalten. Anfragen von Spitälern können innerhalb von nur 42 Minuten bearbeitet und Pflegeplätze mit wenigen Klicks, ganz ohne zeitraubende Telefonate, bestätigt werden. Dies verdeutlicht den enormen Nutzen digitaler Lösungen, die Prozesse effizienter gestalten und somit eine bessere Patientenversorgung ermöglichen.

Mit DiGAs auf Erfolgskurs: Im Pfizer Healthcare Hub standen Workshops zur erfolgreichen Markteinführung von DiGAs auf dem Programm. Die Studierenden erarbeiteten in Gruppen, wie eine DiGA erfolgreich auf den Markt gebracht und deren Erfolg gemessen werden kann. Dabei wurde klar, dass es nicht nur auf die Entwicklung innovativer Produkte ankommt, sondern auch auf klare Strategien zur Marktpositionierung und die Messbarkeit von Erfolgen.

Quer durch Berlin mit anderen Augen: Eine der emotionalsten Erfahrungen während der Reise war die Stadtführung mit querstadtein e.V., bei dem uns eine ehemalige Obdachlose durch Berlin führte. Ihre Geschichte vermittelte uns eine andere Perspektive auf die Stadt und ihre sozialen Herausforderungen. Statt touristischer Sehenswürdigkeiten erfuhren wir, was es bedeutet, in einer der grössten Städte Europas ohne festen Wohnsitz zu leben.

Geschichte und die Zukunft des Gesundheitswesens

Strategische Unternehmensentwicklung: Am dritten Tag führte uns unsere Reise in die Charité – Universitätsmedizin Berlin, eine der renommiertesten Universitätskliniken Europas. Wir erhielten einen spannenden Einblick in die strategischen Zukunftspläne der Charité. Mit einem klaren Fokus auf Innovation und nachhaltige Gesundheitsversorgung bereitet sich die Klinik darauf vor, den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte zu begegnen. Für die Studierenden war es eine wertvolle Gelegenheit, die strategischen Überlegungen einer so grossen Institution aus erster Hand zu erfahren.

Geschichte trifft Gegenwart: Nach dem strategischen Blick in die Zukunft besuchten wir das Medizinhistorische Museum der Charité. Hier konnten wir in die Geschichte der Medizin eintauchen und hautnah erleben, wie sich die Medizin im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Die Exponate erinnerten uns daran, dass heutige Innovationen auf den Erfahrungen und Entdeckungen der Vergangenheit aufbauen. Der Besuch regte zum Nachdenken an: Wie wird das, was wir heute als modern und zukunftsweisend betrachten, in der Zukunft gesehen werden?

Ideen für das Gesundheitswesen der Zukunft: Am Nachmittag entwickelten die Studierenden eigene Innovationsideen für das Gesundheitswesen der Zukunft. In kreativen Sessions entstanden Businessideen, die mit Hilfe des Lean Model Canvas strukturiert und abschliessend im Pitch präsentiert wurden. Die kritischen Fragen des Publikums, das aus ihren Mitstudierenden bestand, boten eine realistische Übung eines Start-up Pitches.

Den Abschluss in Innovation und Patientenversorgung hautnah erleben

Kreativität trifft Gesundheitswesen: Das Ende unserer Studienreise führte uns in das Helios Klinikum Emil von Behring. Hier erhielten wir eine Einführung in das Helios Innovation Lab und eine Vorstellung der Design Thinking Methode. Diese praxisorientierte Innovationsmethode, die oft in der Produktentwicklung und im Start-up-Bereich verwendet wird, bot den Studierenden eine neue Herangehensweise an die Problemlösung im Gesundheitswesen. In interaktiven Sessions mit Legosteinen durften die Studierenden ihre kreativen Lösungen visualisieren und im Rapid Prototyping umsetzen. Es wurde schnell klar: Unkonventionelle Ansätze sind nicht nur in der Tech-Branche, sondern auch im Gesundheitswesen gefragt.

Eigene Aufnahme

Zwischen Notfallstation und Künstlicher Intelligenz (KI): Nach der kreativen Session hatten wir die Möglichkeit, den Klinikbetrieb hautnah zu erleben. Bei geführten Rundgängen durch die Notfallstation, eine Bettenstation und die Intensivpflege erhielten wir Einblicke in die täglichen Abläufe und die Herausforderungen, mit denen das medizinische Personal konfrontiert ist. Besonders beeindruckend war der Einsatz von KI im Medizincontrolling. Wir erfuhren, wie diese KI-Anwendung den Prozess des Kodieren von medizinischen Fällen optimiert, Kosten senkt und gleichzeitig das Personal entlastet.

Fazit: Lernen, Erleben und Vernetzen – Eine Reise, die bleibt

Die Studienreise nach Berlin hat uns erneut gezeigt, wie vielseitig und herausfordernd das Gesundheitswesen ist. Unsere Studierenden haben wertvolle Einblicke in die unterschiedlichsten Facetten der Branche gewonnen. Von der politischen Bühne über innovative Start-ups bis hin zu etablierten Kliniken – die Reise hat uns gelehrt, dass die Zukunft des Gesundheitswesens ständige Anpassung und Innovation erfordert.

Die Mischung aus Vorträgen, Besuchen, praktischen Aufgaben und Freizeitprogrammpunkten hat nicht nur unsere interkulturelle Kompetenz gefördert, sondern auch gezeigt, wie wichtig es ist «über den Tellerrand hinaus» zu blicken. Besonders schön war zu sehen, wie die Reise die Gruppe zusammengeschweisst hat. Der intensive Austausch und das gemeinsame Erleben haben dazu beigetragen, dass sich die Studierenden besser kennengelernt und neue Freundschaften geschlossen haben.

Eine Reise, die in Erinnerung bleibt!

Sina Berger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Management im Gesundheitswesen am WIG.


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