Zum Trainieren gibt’s Smarties

Medikamente schlucken kann bei Jung und Alt Ängste auslösen. Pflegeexpertin Astrid Koch* von der ZHAW hat am Ostschweizer Kinderspital ein Tablettenschlucktraining speziell für Kinder implementiert.

VON MICHAELA MÄDER

«Immer, wenn ich eine Tablette in den Mund genommen habe, hat es zugemacht und ich konnte sie einfach nicht schlucken», erzählt die zwölfjährige Celina im Film «Tablettenschlucktraining am Ostschweizer Kinderspital». Die Angst, sich zu verschlucken oder gar zu ersticken, kann das Tabletteneinnehmen für Kinder, aber auch für Erwachsene zu einer Tortur machen.

Das Schlüsselerlebnis

Für Astrid Koch, Pflegeexpertin MScN und Dozentin an der ZHAW, war nach einem Schlüsselerlebnis im Spitalalltag klar, dass sie sich diesem Thema annehmen möchte. «Ich habe jahrelang auf der Intensivstation gearbeitet und Medikamente hauptsächlich über venöse Zugänge verabreicht. Nach meinem Wechsel auf eine Bettenstation im Ostschweizer Kinderspital musste ich Medikamente oral verabreichen.» Doch leichter gesagt als getan. Sie habe realisiert, dass ein Grossteil der Kinder nicht in der Lage war, Tabletten zu schlucken. «In gewissen Situation hat dies
gravierende Auswirkungen, was zu enormem Stress beim medizinischen Fachpersonal, aber auch bei den Eltern und den Kindern führen kann.

«Für mich war klar, dass ich etwas dagegen unternehmen möchte, um vor allem die Kinder, aber auch die weiteren beteiligten Personen zu unterstützen», so Astrid Koch. In ihrer Bachelor- als auch Masterarbeit hat sie sich vertieft mit verschiedenen Aspekten dieses Themas auseinandergesetzt und am Ostschweizer Kinderspital ein Training implementiert, das aus Schluckübungen besteht und auf dem Child-Life-Konzept aufbaut. «Bei Letzterem geht es darum, eine an den Entwicklungsstand angepasste Sprache einzusetzen, um den Kindern verständlich Wissen
zu vermitteln», führt Astrid Koch aus.

Üben, üben, üben

Für das Tablettenschlucktraining bedeutet das beispielsweise, den Kindern mit Bildern, Memorys oder durch die Veranschaulichung mit einer Socke und einem Pingpongball die Funktionalität der Speiseröhre aufzuzeigen. Auf diese Weise wird spielerisch erklärt, wie der Schluckmechanismus funktioniert und dass Tabletten nicht in der Speiseröhre stecken bleiben können. Dies kann zu einem Abbau von Ängsten führen. Danach heisst es: üben, üben, üben. Und zwar nicht gleich mit Tabletten, sondern mit Tic-Tacs und Smarties. «Durch solche Übungen führen wir die Kinder Schritt für Schritt an das Schlucken der echten Medikamente heran.»

Ein wichtiger Faktor beim Tablettenschlucktraining ist für Astrid Koch die Motivation. Durch viel Lob, Bestärkung und den Fokus auf das Positive werden die grössten Erfolge erzielt. «Idealerweise wird die Zahnputz oder Luus-Tante in der Schule auch bald durch eine Tableten-Schluck-Tante ergänzt. Denn durch eine solche Präventionsarbeit können Ängste und Traumata schon früh abgefangen werden.» //

Vitamin G S.38

*Astrid Koch ist Pflegeexpertin MscN und leitet den Master of Advanced Studies in Pädiatrischer Pflege an der ZHAW. Sie bietet Tablettenschlucktrainings für Kinder und Jugendliche an – individuell auf ihre Bedürfnisse und Herausforderungen zugeschnitten.

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