Was heisst digital kompetent sein?

Dr. Elena Hubschmid-Vierheilig

Beim Swiss Leadership Forum am 29. November im Dolder Grand ging es um das Thema «Expect the Unexpected», also darum, wie wir uns als Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf das Unerwartete in Zusammenhang mit der industriellen Revolution 4.0 (aka Digitalisierung) vorbereiten und für den schnellen Wandel fit machen können. Digitales Führen, digitales Arbeiten, digitales Lernen etc. Das Wort ist heute in den Medien und an verschiedenen Veranstaltungen omnipräsent.

In der letzten Ausgabe des Handelsblatts spricht der EU-Kommissar für Haushalt und Personal, Günther Oettinger, von Digitalen Kompetenzen: «Digitale Kompetenzen sind essenziell. Wir müssen unseren Arbeitskräften die entsprechenden Qualifikationen vermitteln, um mit dem Tempo des technologischen Fortschritts mitzuhalten». Arbeitskräfte sind diesbezüglich in vielseitiger Hinsicht gefordert: Entwicklung von digitalen Konzepten, filtern, analysieren, interpretieren und nutzbar machen von „Big Data“, Risiken kennen und angemessen managen, in einer sich ständig verändernden Umwelt neue Formen von Kundenbeziehungen eingehen, und nicht zuletzt auch versiert verschiedene Programmiersprachen beherrschen. Was alles umfasst nun der Begriff der «digitalen Kompetenz?»

Die EU legt beispielsweise eine enge Definition der Digitalen Kompetenz fest, die sich lediglich auf die bestimmten Fachkompetenzen im IT Bereich beschränkt (mehr dazu hier).

Die vorhandene Literatur zum Thema bringt uns jedoch in der Definition weiter und erlaubt die Erweiterung des Begriffs auf die anderen Kompetenzblöcke. 

Digitale Kompetenz lässt sich wie folgt aufschlüsseln:

Informatikkompetenz: Eine breite Palette von Kommunikationstechnologien nutzen, elektronische Inhalte entwickeln oder modifizieren (Programmieren) können. Die damit zusammenhängenden Sicherheitsrisiken einschätzen sowie geeignete Massnahmen ergreifen können, um Risiken zu verhindern oder zu begrenzen.

Kritisches Denken: Informationen filtern, einordnen und kritisch hinterfragen können. Deren Bedeutung bzw. tieferer Sinn verstehen und diese für eine kritische Entscheidungsfindung anwenden können.

Abstraktionsfähigkeit: Komplexe Sachverhalte und grosse Datenmengen in abstrakte Konzepte übersetzen sowie Modelle bilden und auswerten können.

Transdisziplinarität / Lernfähigkeit: Konzepte über mehrere Disziplinen hinweg verstehen können und bereit sein, weit über die Jahre der formalen Bildung hinaus zu lernen.

Kreatives und adaptives Denken: Aufgaben und Arbeitsprozesse für gewünschte Ergebnisse entwickeln und durch selbstständige Denkleistung Lösungen finden können, die über das hinausgehen, was herkömmlich oder regelbestimmt ist.

Soziale Intelligenz: Sich mit anderen auf direkte und vertiefte Weise verständigen können, Stimmungen und Reaktionen erfassen sowie Bedürfnisse anderer erkennen können.

Umgang mit kultureller Heterogenität: Sich in unterschiedlichen sozialen und kulturellen Situationen bewegen – auch in einem virtuellen Umfeld – und die Sichtweisen und Denkmuster anderer akzeptieren können.

Mehr dazu: Hartmann und Hundertpfund, 2015 & Davies, Fidler and Gorbis, 2011.

Es wird klar ersichtlich, dass «digital kompetent sein“ in der Arbeitwelt 4.0 viel mehr bedeutet als programmieren oder eine Code schreiben können. Die emotionale wie auch interkulturelle Intelligenz spielt dabei eine nicht weniger bedeutsame Rolle. Genau das, was uns von den Maschinen unterschiedet und zu Menschen macht, wird ein bedeutender Teil der digitalen Kompetenz der Zukunft ausmachen.


2 Kommentare

  • Digitalisierung kann aber auch nur funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen und vor allem auch alle Bereiche dabei berücksichtigt werden. Ganz wichtig ist meiner Meinung nach der HR Bereich. Der gerät beim Thema Digitalisierung häufig in den Hintergrund. Hier muss vor allem die Führung alle Stricke in die Hand nehmen und koordinieren. Ansonsten gibt es Chaos. (https://www.hrblue.com/hr-leadership-und-digitalisierung/)

  • Ein interessaner Beitrag zur digitalen Kompetenz der m.E. die wesentlichen Punkte nennt. Hinzufügen könnte man: Der aktive Einbezug von Mitarbeitern und das ehrliche Signalisieren von Interesse an deren Meinungen, sind besonders in der Digitalisierung entscheidend. Wer gefragt wird, wer mitreden kann, wer Veränderungen mitgestaltet, fühlt sich ernst genommen, trägt die Veränderungen der Digitalisierung in der Arbeitswelt 4.0 auch mit, akzeptiert sie wesentlich stärker und – von besonderer Wichtigkeit – ist dann auch viel eher bereit, Verantwortung für einen erfolgreichen Veränderungsprozess zu übernehmen. Mitgestaltungsmöglichkeiten gibt es auch in der Digitalisierung: Einflussnahme auf Zeitpläne, Ideen zu Workshop-Themen, Mitbestimmung von Change Agents, Mitgestaltung von Arbeitszeit-Flexibilisierungen, Wahl möglicher Work-Life-Balance-Massnahmen als Folge der Digitalisierung sind einige Beispiele.


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