Hafen von Barcelona

Tapas, Playa und Sangría inmitten einer globalen Pandemie. Ein Auslandssemester im berühmt-berüchtigten Corona-Jahr 2020

Sarah Trummer hat sich durch die Corona-Pandemie nicht abschrecken lassen und ihr fünftes Semester im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation im Ausland verbracht. Als Praktikantin arbeitete sie in einem multinationalen Team in Barcelona für die internationale Hilfsorganisation Street Child Europe. Dort tauchte sie ein in die spanische Arbeitswelt und fand Freunde fürs Leben.

Autorin: Sarah Trummer, Studentin Bachelor Mehrsprachige Kommunikation (bisher: Angewandte Sprachen)

Zugegeben, der Titel klingt ein wenig provokant. Während sich auf der ganzen Welt ein hartnäckiges Virus ausbreitet und das öffentliche Leben grösstenteils lahmgelegt ist, sonne ich mich in Spanien am Strand, ein Glas Sangría in meiner linken Hand, Tapas in der rechten. So könnte man ihn zumindest auf den ersten Blick interpretieren. Tatsächlich erlaubten die sommerlichen Temperaturen an der Costa Brava es mir, im September noch im lauwarmen Meerwasser zu schwimmen, und auch in den Genuss einer echten Sangría bin ich während meines dreimonatigen Praktikums in Barcelona gekommen. Jedoch fand mein Aufenthalt grösstenteils im Büro von Street Child Europa, einer internationalen Hilfsorganisation statt. Dort erhielt ich Einblick in die Bereiche Kommunikation, Marketing und Fundraising. War ich nicht auf der Arbeit, verbrachte ich viel Zeit in meiner WG, die nur zirka fünf Gehminuten vom Büro entfernt im Viertel Raval lag.

Ein Auslandssemester im Pandemiejahr 2020

Portrait der Studentin Sarah Trummer Bachelor Angewandte Sprachen
Sarah Trummer, Studentin Bachelor Mehrsprachige Kommunikation

Dass ich 2020 mein Praktikum in Barcelona verbrachte, war eher ein Zufall. Denn, damit gerechnet hatte ich schon lange nicht mehr. Ich suchte aber trotzdem weiter und als ich die Ausschreibung der Praktikumsstelle in Barcelona bei einer NGO fand, übermannte mich die Abenteuerlust und ich sagte kurzerhand zu. Im schlimmsten Fall hätte ich die Stelle auch aus der Ferne online antreten können, was mir besonders attraktiv erschien. Angesichts der sich ständig ändernden Reisebedingungen und -einschränkungen hatte ich bis zum letzten Moment damit gerechnet, mein Vorhaben abblasen zu müssen. Deshalb machte ich mich erst Ende August und ohne viel Enthusiasmus daran, meine Unterkunft im Ausland zu suchen. Auf einer Internetseite fand ich zum Glück sofort ein Zimmer in einer WG, wartete mit der Zusage jedoch noch etwas, bis ich sicher war, dass ich reisen konnte.

Ein wenig mulmig war mir dann schon zu Mute, als ich am frühen Morgen des 2. September am Flughafen Basel eincheckte. Der sonst so überfüllte Wartebereich bei den Gates war menschenleer, was mich ja eigentlich nicht hätte überraschen sollen. Natürlich tummelten sich dort jetzt nicht viele Reiselustige, aufgrund der Reisewarnungen, der Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus oder einfach, weil sie der Situation trotz der europaweiten Grenzöffnungen im Juni nicht ganz trauten. Auch mich verunsicherte die fast ein wenig gespenstische Stimmung und ich fragte mich, ob es nicht doch vernünftiger gewesen wäre, nicht zu verreisen. Einfluss auf diese Bedenken hatten sicherlich auch kritische Stimmen von Freunden und Familienmitgliedern. Diese flogen an jenem Tag in meinem Kopf mit mir Richtung Iberische Halbinsel. Spanien stand zu dem Zeitpunkt zwar auf der Risikoliste des BAG. Doch von der Schweiz her konnte man glücklicherweise ohne weitere Probleme nach Spanien einreisen.

Leere Strassen in Barcelona

In Barcelona angekommen, wo mich meine zukünftige Mitbewohnerin sogar am Flughafen abholte, um mir mit dem schweren Gepäck zu helfen, entspannte ich mich allmählich. Dies, obwohl die Stassen im Vergleich zu Prä-Covid-Zeiten extrem leer waren, vor allem für Barcelona-Verhältnisse. Ausserdem trugen alle Menschen Gesichtsmasken, was damals in der Schweiz noch die Ausnahme war. Nebst der allgemeinen Maskenpflicht konnte ich mich aber frei bewegen, auch ausserhalb der Stadt. Die Einschränkungen änderten sich zwar gefühlt alle drei Tage, aber, wenn man sich gut informierte, dann war trotz der vielen Verbote und Gebote noch einiges möglich. Am ersten Wochenende zum Beispiel hatte ich schon die Möglichkeit, mit meiner WG, die im Übrigen ein Volltreffer war, eine Wanderung zu unternehmen: Gemeinsam besuchten wir die berühmte katalanische Wallfahrtsstätte «Monasterio de Montserrat», die eine gute Autostunde entfernt nordöstlich von Barcelona liegt.

Monasterio de Montserrat
Das Monasterio de Montserrat

Unser kunterbunter «Hühnerhaufen» im Auslandpraktikum

Das kunterbunte Office-Team von Street Child in Barcelona setzte sich aus zwei Vorgesetzten und sechs Praktikantinnen zusammen, die aus allen Ecken Europas stammten. Meine Mitstreiterinnen – eine Holländerin, eine Französin, eine Spanierin, eine Italienerin und eine Deutsche –, waren wie ich nach Barcelona gekommen, um dem monotonen Corona-Alltag ein wenig zu entfliehen. Wir freundeten uns schnell an, da wir einerseits keine andere Wahl hatten und uns andererseits glücklicherweise auch sehr gut verstanden. Dadurch, dass nicht viel los war, gab es auch nicht viele Möglichkeiten ausserhalb der WG’s oder der Arbeit neue Leute kennenzulernen. So kam es, dass wir uns oft an denselben Tagen freinahmen, um etwas gemeinsam zu unternehmen.

Regelmässig veranstalteten wir auch «Tapas-Abende», wie wir es nannten, an denen wir uns gegenseitig in unsere Wohnungen einluden und jede eine Köstlichkeit aus ihrem Heimatland mitbrachte. Bei einem Glas Wein oder Sangría unterhielten wir uns stundenlang über Gott und die Welt. Natürlich gab es auch Unstimmigkeiten in diesem «Hühnerhaufen», wie uns unsere deutsche Kollegin manchmal  liebevoll scherzhaft nannte. Im Großen und Ganzen haben sich innerhalb unserer zusammengewürfelten Gruppe aber schöne Freundschaften entwickelt.

Ein Teil meiner Mitstreiterinnen und ich, als wir eines Abends den Sonnenuntergang von oben bestaunen wollten.
Ein Teil meiner Mitstreiterinnen und ich, als wir eines Abends den Sonnenuntergang von oben bestaunen wollten.

Mein Auslandssemester war ein Privileg

Während meiner Zeit in Spanien kam es in Barcelona wegen der sich ständig ändernden Corona-Massnahmen ein paar Mal zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei. Einmal waren wir zufällig in der Nähe des Gewalt-Epizentrums: Die Polizei setzte Schlagstöcke ein, die Protestierenden legten Feuer. Für jemanden wie mich – eine Schweizerin aus einem kleinen Bergdorf, wo sich Fuchs und Hase noch gute Nacht sagen – war das schon ein wenig beängstigend. Natürlich haben wir das Ereignis in diesem Moment völlig überbewertet und es mit «kriegsähnlichen» Zuständen verglichen. Am nächsten Morgen waren die Strassen wieder geräumt, sauber geputzt und nur ein paar angekohlte Abfalleimer erinnerten noch an die Geschehnisse der letzten Nacht. Mir wurde danach aber bewusst, in was für einer privilegierten Lage ich mich angesichts der aktuellen weltweiten  Situation befand. Ich konnte im Pandemiejahr im schönen Spanien eine wertvolle Auslandserfahrung machen und hätte jederzeit wieder in die sichere Schweiz zurückfliegen können, während so viele Menschen durch Corona täglich bedroht um ihre Existenz bangen mussten.

Rückblickend darf ich auf eine sehr erlebnisreiche, vielseitige und spannende Zeit zurückblicken, für die ich sehr dankbar bin. Ich durfte neue Menschen kennenlernen, Freundschaften schliessen, wertvollen Einblick in die spanische Arbeitswelt und Kultur gewinnen und viele schöne Momente erleben. Auch wenn ich mir mein Auslandspraktikum anders ausgemalt hatte, als die Welt noch nichts von Corona wusste… Die Zeit in Barcelona hat mich gelehrt, dass man flexibel sein muss und auch in unsicheren Zeiten viele positive Erfahrungen machen kann.

Im Praktikumsemester schreiben Studierende des Bachelor Mehrsprachige Kommunikation einen Blogbeitrag. Die Beiträge werden von einer Jury prämiert. Dies ist einer von sechs ausgezeichneten Blogbeiträgen aus dem Herbstsemester 2020.


Informationshinweis zum Bachelor Mehrsprachige Kommunikation an der ZHAW

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Mehrsprachige Kommunikation studieren – feat. Hazel Brugger

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Im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation (bisher: Angewandte Sprachen) bildet das IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen Sprachinteressierte zu Sprach- und Kommunikationsprofis aus, die sich souverän zwischen Sprachen, Kulturen und Domänen bewegen. Das Studium mit den Vertiefungen Mündliche Kommunikation & Sprachmittlung, Multimodale Kommunikation & Translation sowie Fachkommunikation & Informationsdesign qualifiziert Studierende für die Arbeit sowohl in der Language Industry als auch in nationalen oder internationalen in Organisationen und Unternehmen, in denen professionelle Mehrsprachigkeit gefragt ist.

Berufliche Perspektiven mit dem Bachelor Mehrsprachige Kommunikation:

  • Projekt-Manager:in
  • Content-Manager:in
  • Copywriter:in
  • Sprachmittler:in
  • Technische:r Redakteur:in
  • UX-Writer:in

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