Konferenzdolmetschen in der Müllverbrennung: Hintergrundwissen einmal anders

Hätten Sie gewusst, dass Zürich seinen Müll bereits 1907 verbrannt hat? Ein breites Allgemeinwissen ist für das Konferenzdolmetschen unabdingbar. Was das bedeutet, lernen Studieninteressierte bereits im Dolmetsch-Propädeutikum – auch wenn es stinkt. Ein Erfahrungsbericht aus einem Besuch in der Kehrrichtverwertungsanlage Winterthur.

von Lorenz Mohler, Konferenzdolmetscher und Dozent für Konferenzdolmetschen im Master Angewandte Linguistik

Als Abschluss des Kurses Hintergrundwissen im Dolmetsch-Propädeutikum besuchten die angehenden Studierenden des Masters Konferenzdolmetschen Ende Dezember die Kehrrichtverwertungsanlage (KVA) – pardon, das Kehrrichtheizkraftwerk – in Winterthur. Im Jahr zuvor war die Brauerei Doppelleu/Boxer besichtigt worden. Ziel dieser Besuche ist einerseits die Erweiterung des Allgemeinwissens, das für den Beruf des Konferenzdolmetschens möglichst breit sein muss. Andererseits bietet er für die angehenden Dolmetscherinnen reales Anschauungsmaterial. Denn sie könnten später im Berufsleben durchaus in die Lage kommen, eine Führung durch ein technisches Werk dolmetschen zu müssen.

Die Führung bietet den angehenden Konferenzdolmetscherinnen Allgemeinwissen und Anschauung.

Wissen und Fachterminologie

Der Besuch in der KVA begann mit einer lehrreichen Einführung in die Geschichte des Abfallwesens. Bereits 1907 wurde in Zürich die erste KVA in der Schweiz errichtet und hatte damit eine Vorreiterrolle. Mittlerweile sind es 29 im ganzen Land (bei ca. 8 Mio. Einwohnern) – im Vergleich dazu 13 in den USA (ca. 350 Mio.) und 1 in Brasilien (ca. 200 Mio). Nach der Präsentation verschiedener Gegenstände, die nicht in die Kehrrichtverbrennung gehören (Batterien, Chemikalien, Sauerstoff-/Gasflaschen, Hanteln, Steine von 1,5 t Gewicht… und Aluminium!) lotste uns unser Tourguide kompetent durch die verschiedenen Stationen der KVA: von der Anlieferzone über den Abfallsilo (dessen Inhalt mit dem Greifkran stets gut durchmischt werden will), über die Brennkammer in die Rauchgaswäsche. Die Erklärungen waren gespickt mit Fachterminologie, auf die sich KonferenzdolmetscherInnen im Ernstfall zu Hause vorbereiten müssen (z.B. Wärmetauscher, Quecksilber-Abscheider, Schlammbunker und Schneckenförderer).

Beeindruckende Dimensionen

Beeindruckend war auch die schiere Grösse des Werks, in dem jährlich 180 000 Tonnen Abfall verarbeitet werden: Alle 5 Minuten werden 4 t Müll in die Brennkammer eingeworfen, wobei 1 t Müll dem Brennwert von 300 Litern Heizöl entspricht. Auch der Umfang der Rauchgaswäsche erstaunt: Die nachgeschaltete Anlage holt – gesetzlich verordnet – über 30 kg schädliche Stoffe (einschliesslich Dioxine und Furane) aus dem Rauch der Verbrennung; damit wir alle unbeschwert atmen können. Die KVA Winterthur produziert ca. 20% des jährlichen Strombedarfs von Winterthur. So sorgt sie durch das stets wachsende Fernwärmenetz für eine deutliche Senkung der CO2-Emissionen der Stadt.

Ein alter Greifkran der KVA Winterthur hat die Teilnehmerinnen des Dolmetsch-Propädeutikums 2019 fest im Griff.

Auch im Dolmetsch-Propädeutikum 2020 ist wieder eine ähnliche Veranstaltung geplant. Voraussichtlich führt der Besuch dann in die Gas- oder Wasserversorgung – damit unsere Studierenden wissen, was später im Beruf auf sie zukommt.


Mehr zum Thema


Im Master Konferenzdolmetschen, einer Vertiefung des Masters Angewandte Linguistik, bildet das IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen Studierende für eine Karriere im Konferenzdolmetschen aus. Im Master erwerben die Studierenden Techniken und Strategien des Simultan- und Konsekutivdolmetschens für den Beruf als professionelleR KonferenzdolmetscherIn.

Hervorragende Sprachkenntnisse in der Mutter- sowie mindestens zwei Fremdsprachen bringen sie bereits mit. Mit dem Dolmetsch-Propädeutikum bereiten Sie sich gezielt auf Aufnahmeprüfung und Studium vor.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert