Die generative künstliche Intelligenz wird in der Arbeitswelt bereits sehr oft eingesetzt: bei der Arbeit mit Texten oder um Ideen zu finden und für die Recherche. Für die User:innen überwiegen dabei die positiven Effekte. Nachholbedarf gibt es jedoch bei der Regulierung und Offenlegung. Das sind einige der Ergebnisse der neusten Studie des IAP Institut für Angewandte Psychologie, welche dem Einsatz von generativer KI in der Arbeitswelt nachgegangen ist.
Bild: IAP
Im Herbst 2024 hat das IAP Institut für Angewandte Psychologie 426 Fach- und Führungspersonen in der Schweiz* befragt, welche generative künstliche Intelligenz (GenKI) bereits für Arbeitszwecke verwenden: Wie nutzen, erleben und beurteilen sie diese – und welche Veränderungen zeichnen sich dadurch ab? Ein Viertel der Befragten nutzt diese Tools bereits täglich, die übrigen mehrmals wöchentlich oder monatlich – und nur 14 Prozent noch weniger. Erwartungsgemäss arbeiten jüngere Generationen noch mehr mit diesen Hilfsmitteln als ältere. Bei den Geschlechtern gibt es keine Unterschiede in der Nutzung.
Texte generieren und recherchieren
ChatGPT, Copilot, Gemini oder Claude werden vor allem verwendet, um Texte zu generieren, zu überarbeiten oder zu übersetzen, und es werden Ideen oder Informationen gesucht. Die Befragten zeigten sich hier auch zufrieden mit den Ergebnissen von GenKI – im Gegensatz etwa zur KI-Generierung von Bildern. Gemäss den Befragten sind aber mehrere Prompts nötig, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erhalten. Meist werden die KI-Texte auf Qualität und Faktengenauigkeit geprüft und auch überarbeitet.

Abbildung 1 – Nutzungsverhalten
Trotz der bereits häufigen Nutzung ist diese organisatorisch noch wenig verankert: Nur die Hälfte der Befragten gab an, dass es Regeln zur Verwendung von GenKI gibt. «In Kombination mit dem Befund, dass viele Befragte auch kostenfreie, öffentlich zugängliche Tools nutzen, ist dies doch ein potenzielles Datensicherheitsrisiko für Organisationen», so Co-Studienautorin Ellen Gundrum. Zudem – und auch hier besteht ein Verbesserungsbedarf – legen nur wenige die Nutzung von KI bei ihren Arbeitsergebnissen auch offen und machen sie so transparent.

Abbildung 2 – Umgang mit Ergebnissen
Weniger Stress bei höherem Arbeitstempo
Die Hälfte der Befragten gab an, dass sich die Qualität der Arbeit durch den KI-Einsatz verbessert hat. Etwa die Hälfte sagte von sich selbst auch, dass sie nun besser recherchieren und auch kritischer denken könne und sich die schriftliche Kommunikationsfähigkeit gesteigert habe.
Die positiven Effekte überwiegen auch bei der Arbeitseinstellung. So zeigten sich 39 Prozent motivierter, und 30 Prozent fühlten sich weniger gestresst. Vor allem für jüngere Generationen war die Textarbeit mit GenKI eine wichtige Komponente der Stressreduktion: Personen bis 30 Jahre bejahten dies mit 61 Prozent – gegenüber 28 Prozent bei der Altersklasse von 40 bis 49 Jahren.
Allerdings sagten etwas über ein Viertel der User:innen, welche GenKI mehrmals täglich nutzen, dass sie Kolleg:innen weniger um Rat fragen und sich weniger austauschen – dies im Gegensatz zu Personen, die GenKI nicht so oft nutzen. Das deutet darauf hin, dass eine intensivere Nutzung des Tools den informellen Austausch im Team tendenziell reduziert. «Das ist eine potenziell problematische Entwicklung», so Co-Studienautorin Julia Kornfeind. Denn dieser Effekt könne sich verstärken, wenn sich das Arbeitstool noch breiter durchgesetzt habe: «Mit langfristig negativen Auswirkungen auf die Zusammenarbeit, den Wissenstransfer und die Teamdynamik», so Kornfeind.

Abbildung 3 – Effekte des KI-Einsatzes
Eine Mehrheit stellte auch ein höheres Arbeitstempo fest, besonders ausgeprägt bei den Personen, die mehrmals täglich mit den Tools arbeiten. «Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass GenKI Arbeitsprozesse effizienter gestaltet, ohne dabei bisher wesentliche negative Effekte auf die Arbeitsweise zu haben», so Gundrum.
Gefragt nach ihrer beruflichen Zukunft, haben über 80 Prozent der Teilnehmenden – Männer noch mehr als Frauen – die generative KI als Chance aufgefasst, und eine Mehrheit erwartet durch KI auch grosse Veränderungen im Arbeitsalltag. «Diese positive Einschätzung von Einfluss und Chance für die eigene berufliche Entwicklung war doch überraschend», sagt Gundrum.
Empfehlungen für die Arbeitspraxis
Aus Sicht der Expert:innen der Studie ergeben sich mehrere kritische Punkte und Handlungsfelder für Organisationen.
- Durch den Einsatz von GenKI erhöht sich das Arbeitstempo und die Arbeit verdichtet sich noch mehr: die Effizienzgewinne könnten die Arbeitsbelastung für Mitarbeitende erhöhen.
- Bei zunehmender Verbreitung und intensiverer Nutzung von ChatGPT & Co. könnte die Zusammenarbeit im Team leiden: Wissenstransfer und kritischer Austausch könnten zurückgehen. Es sollte gezielt darauf geachtet werden, dass der Austausch im Team nicht zum Grossteil durch Interaktionen mit KI ersetzt wird.
- Kompetenzen wie Qualitätsbewertung, effektives Prompting oder das Verständnis der Funktionsweise von GenKI sollten vom Unternehmen mit entsprechenden Lernangeboten gefördert werden.
- Kostenfreie Tools haben Schwachstellen bezüglich Datensicherheit: Es müssten interne GenKI-Tools implementiert werden, um diese mit sensiblen Daten sicher nutzen zu können.
- Richtlinien für die Nutzung von KI müssen klar und verbindlich sein und verständlich kommuniziert werden.
- Richtlinien sollten auch zur Deklaration und Kennzeichnung von KI-generierten Erzeugnissen bestehen.
* Die Studie «Generative KI bei der Arbeit» des IAP Institut für Angewandte Psychologie ist die achte Studie der Reihe «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0». In einer quantitativen Online-Umfrage wurden von September bis November 2024 426 Fach- und Führungspersonen in der Schweiz befragt, welche generative künstliche Intelligenz bei der Arbeit verwenden. Ein Drittel arbeitet in kleineren und mittleren Unternehmen, zwei Drittel in Grossunternehmen. 60 Prozent der Befragten sind weiblich, 40 Prozent männlich. Gut ein Fünftel der Teilnehmenden sind im Bereich Bildung und Erziehung tätig, knapp ein Fünftel im Gesundheits- und Sozialwesen. Zwischen 10 und 12 Prozent der Befragten arbeiten bei Behörden, Verbänden, bei Beratungsunternehmen oder in der Informations- und Kommunikationstechnik. Die übrigen Branchen wie zum Beispiel Handel, Verkehr, Gewerbe, Industrie oder Gastronomie sind marginal vertreten.
Bei Fragen steht das Autor:innen-Team der Studie zur Verfügung.
Weiterführende Informationen:
- Studienbericht
- Factsheet
- IAP-Studie 2024
- Vergangene Ergebnisberichte der IAP-Studienreihe Arbeitswelt 4.0
Zum Thema passende Weiterbildungsangebote:
WBK Coaching mit KI und VR
CAS Psychologie für Future Work