Rebecca Panian zeigte am diesjährigen Zurich Film Festival ihren Dokumentarfilm „Zu Ende Leben“ und gewann den Audience Award. Wie aus der IAM-Absolventin eine erfolgreiche Drehbuchautorin und Regisseurin wurde und warum dieser Film entstanden ist.
von Deborah Harzenmoser, Kommunikation- und Eventmanagerin am IAM
Die quirlige 35-Jährige mit den langen schwarzen Haaren kommt ein paar Minuten zu spät zu unserem Treffen, wofür sie sich mit einem herzlichen Lachen entschuldigt. Rebecca Panian rennt zur Zeit von Termin zu Termin, da sie bereits wieder Mitten in den Vorbereitungen für ihren nächsten Film steckt: Den Abschlussfilm ihres ZHdK-Masterstudiums in Spielfilmregie. Zwischen den Proben mit den SchauspielerInnen, Drehbuchdiskussionen und Finanzierungsfragen findet sie ein paar Minuten Zeit für einen Rückblick auf ihren Werdegang.
Leben in Kurzgeschichten
Während der Lehre zur Schriftenmalerin merkte Rebecca Panian rasch, dass ihre Berufswahl sie auf Dauer nicht glücklich machen würde. „Du machst deine Arbeit zwar gut, aber das ist nicht dein Beruf“, sagte auch ihr Lehrmeister, als er ihr das Diplom nach vier Jahren Ausbildung überreichte. Da war es endgültig klar. Sie wechselte das Metier komplett und wurde aufgrund ihrer Reiselust Flight Attendant für Swissair. Das Leben aus dem Koffer, die Unabhängigkeit und die vielen Kurzaufenthalte, die ihr dieser Job bescherte, beschreibt sie als „Leben in Kurzgeschichten – immer wieder neue, aufregende Orte, spannende Charaktere, grössere oder kleinere Dramen“. Ihre Augen leuchten dabei und sie schwingt die langen Haare mit einem leisen Lachen hinter die Schultern.
Mit dem Grounding der Swissair im Jahr 2001 nimmt die unbeschwerte Zeit über den Wolken jedoch ein jähes Ende. Rebecca verliert ihren Job und auch ein bisschen den Boden unter den Füssen. Wieder am Punkt Null angelangt, nimmt sie eine Stelle als Grafikerin in Baden an und bewirbt sich für den Studiengang Journalismus und Organisationskommunikation (JO) am IAM. Als sie eine Absage erhält, bricht eine Welt zusammen, zumal sie sich zu dem Zeitpunkt gerade von ihrem Freund getrennt und den Job gekündigt hatte. Ohne Job, Studienplatz und Beziehung fährt sie Hals über Kopf nach Köln, besucht einen Kurs an der TV-Summer School von RTL und erhält die Möglichkeit, als TV-Redakteurin bei Big Brother zu arbeiten – ohne jegliche Vorkenntnis im redaktionellen Bereich: „Das war eine tolle Zeit. Ich verdanke „Big Brother Köln“ unglaublich viel, vor allem das Entdecken der Leidenschaft für das bewegte Bild und das Geschichten erzählen.“
Köln tut ihr gut. Sie baut sich ein Leben auf, wälzt Wochenende für Wochenende Bücher über Drehbuchtheorie, schreibt in der Freizeit eigene Drehbücher und dreht mit Freunden ihren ersten Kurzfilm „Kleine Ewigkeit“. Es könnte nicht besser laufen doch dann kommt die Schreckensnachricht aus der Heimat: Ihr Vater sei unheilbar krank. Das stellt Rebecca Panian vor die bisher schwierigste Entscheidung ihres Lebens. Soll sie bleiben, in Köln, in ihrem neuen Leben, auf das sie stolz ist? Oder soll sie nach Hause fahren, wo sie ausser ihrer Familie nichts erwartet? Die Entscheidung fällt ihr nicht leicht, aber eigentlich ist der Fall von Anfang an klar: Sie kommt zurück in die Schweiz und bewirbt sich auf den Rat ihrer Mutter hin erneut am IAM für das JO-Studium.
Diesmal klappt es und Rebecca startet im Herbst 2007 in ihr erstes Semester. Sie geniesst es, sich endlich aufs Schreiben fokussieren zu können, Theorie-Input mit Praxiswissen zu verbinden – dem eigenen und dem im Studium vermittelten. Auch das Filmen kommt nicht zu kurz: Zusammen mit dem IAM-Dozenten Hans Schütz dreht sie den Dokumentarfilm CLAVESUONA – Reise zum Klang. 2010 schliesst sie das Studium erfolgreich ab und arbeitet danach als Freelancerin für das Schweizer Radio und Fernsehen. Ein Jahr später entschliesst sie sich entgegen einiger Stimmen, für zwei Monate nach New York City zu gehen, um dort einen Filmmaking-Course an der „New York Film Academy“ zu absolvieren. Sie hat Blut geleckt und weiss jetzt mit Sicherheit: Filmemachen ist ihr Ding. Zurück in der Schweiz startet sie den Masterstudiengang in Spielfilmregie an der Zürcher Hochschule der Künste und arbeitet nebenbei an ihrem Film „Zu Ende Leben“.
Zu Ende Leben
Rebeccas Vater ist in der Zwischenzeit verstorben. Die langjährige Krankheitsgeschichte hat die Familie sehr zusammengeschweisst. Rebecca Panian nimmt vor allem positive Aspekte mit aus dieser schweren Zeit. Sie habe starke Dankbarkeit und Demut dem Leben gegenüber entwickelt. „Die Auseinandersetzung mit dem Tod macht das Leben tausendmal intensiver. Dadurch, dass wir den Tod ausklammern, verhindern wir, wonach wir uns eigentlich sehnen: ein intensives, bewusstes Leben – im Hier und Jetzt“, sinniert sie. Und das ist auch die Botschaft, die sie mit ihrem Dokumentarfilm „Zu Ende Leben“ den Menschen mitgeben möchte. Der Film begleitet Tom, einen Mann mit einem unheilbaren Hirntumor, auf einem Stück seines Weges. Dabei beleuchtet er äusserst feinfühlig die Themen Tod, Krankheit und Endlichkeit. Vor allem aber auch die Frage, was Leben bedeutet. Das wird zwar emotional, aber niemals kitschig. Die Geschichte lebt von der eindrücklichen Bildwelt, dem aussergewöhnlichen Protagonisten und seiner Familie, welche die Zuschauer unerwartet nah an der ungeschminkten Realität teilhaben lässt.
Zurich Film Festival Audience Award 2014
Der Dokumentarfilm wurde am Zurich Film Festival 2014 mit dem Audience Award ausgezeichnet. Gegen 37 konkurrierende Filme konnte sich “Zu Ende Leben” durchsetzen. Rebecca Panian kann es noch gar nicht fassen: “Ein Traum wird wahr – vielen Dank!”.
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