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Wissen, was Kommunikation bewegt

Ein Blog der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

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Die Eisbrecherin

Posted on 27. September 2017 by harz

Sandra Nast hat 2016 den Master in Organisationskommunikation an der ZHAW abgeschlossen und unterrichtet heute minderjährige Asylsuchende in Bern. Warum ihr die interkulturelle Kommunikation am Herzen liegt und welche Erkenntnisse aus dem Studium ihr im Berufsalltag am meisten helfen – darüber sprach sie mit ihrem ehemaligen Kommilitonen Christopher Onuoha.

von Christopher Onuoha, Mitarbeiter Kommunikation und Eventmanagement am IAM

Sandra Nast weiss, wie es ist, wenn man sich fremd fühlt an einem neuen Ort. Als sie im Juni dieses Jahres in Addis Abeba ankam, sei ihr alles sehr neu und ungewohnt vorgekommen, erzählt sie – die Gerüche, die Geräusche und die Farben dieser afrikanischen Millionenstadt. Irritiert habe sie aber vor allem etwas anderes, nämlich die Blicke der Einheimischen, die sie als blonde Europäerin teilweise unverhohlen anstarrten. Anfangs sei ihr etwas unwohl gewesen, sagt sie, dann aber habe sie einen Schritt auf die Menschen zu gemacht und immer wieder jemanden mit einem herzlichen „Salam nu“ gegrüsst. Die Wirkung dieses „Grüezi“ auf Amharisch sei erstaunlich gewesen: Die anfängliche Skepsis in den Gesichtern der Kinder, Frauen und Männer sei mit einem Mal einem Lächeln gewichen. Ein Satz in der Muttersprache der Menschen hatte genügt, und das Eis war gebrochen.

Vielseitig engagiert
Die verbindende Wirkung von Kommunikation fasziniert Sandra Nast. Bei all ihren beruflichen Engagements, so sagt sie, gehe es letztlich darum, durch Kommunikation Missverständnisse und Barrieren zwischen unterschiedlichen Sprachen und Kulturen zu überwinden. Aktuell tut sie dies unter anderem als Lehrperson für unbegleitete minderjährige Asylsuchende. Sie unterrichtet die Jugendlichen, die ohne ihre Eltern in die Schweiz geflüchtet sind, nicht nur in Deutsch, sondern bringt ihnen auch die Schweizer Kultur näher.

„Sprache und Kultur sind ohnehin untrennbar miteinander verbunden und bedingen einander gegenseitig“

sagt sie. Einfach sei die Arbeit mit den Jugendlichen nicht, gerade weil viele von ihnen aufgrund des Fluchttraumas unter Konzentrationsstörungen leiden würden. Gleichzeitig sei die Arbeit unglaublich bereichernd. Diese Menschen zwischen 15 und 17 Jahren, so sagt sie, hätten auf ihrer Flucht und davor schon so viel erlebt und so viel zu erzählen, dass sie selbst von den Jugendlichen mindestens so viel lernen könne wie diese von ihr.

Es kann durchaus vorkommen, dass Sandra Nast morgens im Asylheim unterrichtet und nachmittags mit ranghohen DiplomatInnen an einem Tisch sitzt. Denn auch das gehört zu ihren beruflichen Engagements: Coachings zur Sprach- und Kulturvermittlung mit Expats und DiplomatInnen. Eigentlich gehe es dabei um nichts anderes als bei der Arbeit mit den Jugendlichen, sagt sie: nämlich ihren Gesprächspartnern die Schweizer Kultur näherzubringen, wozu auch die hoch- bzw. schweizerdeutsche Sprache gehöre. In den Coachings richte sie sich – genau wie beim Unterricht der minderjährigen Asylsuchenden – ganz an den Bedürfnissen ihres jeweiligen Gegenübers aus. So könne es in einer Sitzung um die Besprechung eines Buchs gehen, genauso aber um ein Rollenspiel oder eine hochpolitische Diskussion. Je nachdem, was bei ihrem Gegenüber gerade anstehe. Gerade wenn man mit so unterschiedlichen Gruppen zusammenarbeite, sei eine zielgruppengerechte Ansprache entscheidend, sagt Sandra Nast, man brauche ein Gespür dafür, was die andere Person versteht und was ihre Bedürfnisse sind. Dieser Aspekt sei ihr nicht nur auf Reisen und im Beruf, sondern vor allem auch während ihres Masterstudiums in Organisationskommunikation bewusst geworden, so Nast.

Sandra Nast (in der Mitte), Absolventin Masterstudiengang Angewandte Linguistik, Vertiefung Organisationskommunikation an der ZHAW

Eine Herzensangelegenheit
Ein Engagement, das Sandra Nast besonders am Herzen liegt, ist die Arbeit für „Sport – the Bridge“ eine gemeinnützige Organisation, die sich in Addis Abeba für Strassenkinder einsetzt und auch in der Schweiz wohltätige Projekte durchführt. Vor Kurzem reiste sie nach Äthiopien, um den Verein einen Monat lang vor Ort zu unterstützen. Hier führte sie Workshops in kreativem Unterrichten für die lokalen Mitarbeitenden durch und gab den Strassenkindern Bastel- und Malunterricht. Neben vielem anderem hätten sie vor allem das Engagement und die Kreativität der lokalen Mitarbeitenden beeindruckt, sagt Sandra Nast rückblickend, und erinnert sich: „auch ich hatte mir damals angewöhnt, jede leere WC-Rolle und jede PET-Flasche aufzuheben, weil ich wusste, dass man daraus noch etwas basteln kann.“ Ihre Begeisterung für das Projekt, das auf die gesellschaftliche Wiedereingliederung der Strassenkinder zielt, ist in jedem ihrer Sätze spürbar und es ist ihr ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass der Verein auf Spenden angewiesen ist und sich über jede Unterstützung freut.

Organisationskommunikation als interkulturelle Verständigung
Sandra Nasts Antwort auf die Frage, was ihr der Master in Organisationskommunikation für ihre vielseitigen beruflichen Tätigkeiten gebracht habe, lässt nicht lange auf sich warten. Besonders profitiert habe sie vom Rahmenstudium, sagt sie, wie etwa von der angewandten Linguistik oder dem Fach mehrsprachige Kontexte. Diese Fächer hätten ihr ein vertieftes Verständnis davon vermittelt, wie Sprache im Zusammenspiel mit Kultur funktioniert, und sie habe gerade im Hinblick auf ihre Muttersprache Deutsch ein solides theoretisches Fundament erhalten. Bei der Arbeit mit Menschen aus anderen Kulturkreisen sei es besonders wichtig, sich der eigenen Sprache und Kultur bewusst zu sein, sagt sie.

Ausserdem, sagt Sandra Nast, profitiere sie heute vom Storytelling-Ansatz, den sie im Masterstudium kennengelernt habe. Organisationen vermitteln ihre Anliegen oft in Form von Geschichten, da diese eingängiger sind und die Botschaften besser auf den Punkt bringen. Auch in Sandra Nasts Tätigkeiten geht es um Storytelling, ob sie nun mit den jugendlichen Asylsuchenden, mit den Strassenkindern in Äthiopien oder mit Expats arbeitet. Im Detail funktioniert es zwar etwas anders als in der Organisationskommunikation, aber das Prinzip ist dasselbe: Bei allen drei Gruppen vermittelt sie wichtige Einsichten mit Hilfe von Geschichten. Ein Beispiel dafür sei der Unterricht in Äthiopien gewesen, der stark auf Sportpädagogik sowie auf Geschichten basiert habe. Einmal habe es etwa ein Fussballspiel gegeben, bei dem ein Team aus neun und das andere Team aus sieben Strassenkindern bestanden habe. Nach dem Spiel habe man dann im Unterricht darüber diskutiert, warum das Spiel nicht fair gewesen sei, und habe die Situation auf den Alltag übertragen. Derartiges Storytelling, sagt sie, habe ihr in Äthiopien geholfen, den Draht zu den Kindern zu finden und die kulturellen Unterschiede zu überwinden.

Auch die Fähigkeit, konzeptionell und strategisch zu denken, habe sie sich im Wesentlichen während des Masterstudiums angeeignet, sagt Sandra Nast. Besonders wertvoll sei für sie zudem gewesen, dass das IAM die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass die Masterstudierenden ein Semester im Ausland absolvieren können. Sie selbst hat diese Möglichkeit für einen sechsmonatigen Aufenthalt in Buenos Aires genutzt. Im Gespräch mit Sandra Nast wird klar, dass sie sich nach Abschluss des Masterstudiums keineswegs von der Organisationskommunikation abgewendet hat. Vielmehr hat sie sich spezialisiert – und zwar auf die Organisationskommunikation als Mittel der interkulturellen Verständigung.

Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt
Wenn Sandra Nast mit einer Gruppe von jugendlichen Asylsuchenden das Ankunftszentrum verlässt und mit ihnen über die Trottoirs einer ländlichen Berner Gemeinde geht, kann es durchaus vorkommen, dass Passanten ihnen fragende Blicke zuwerfen. Sobald die Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan und Ostafrika die Vorbeigehenden aber mit einem waschechten „Grüessech“ grüssen, wie sie es von Sandra Nast gelernt haben, ist auch hier das Eis gebrochen. „Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt“ – davon ist Sandra Nast überzeugt. Und wie soll man sie je kennenlernen, wenn nicht über Kommunikation?


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Von der Radio-Praktikantin zur TV-Produzentin

Posted on 22. September 2017 by harz

Beim Radio hat Alexandra Kunz schon vor dem Studienantritt gearbeitet – als Praktikantin bei Radio Zürisee. Während des Studiums war sie dann freie Journalistin bei der Zürichsee Zeitung. Ihr Ziel war klar: Mit dem Bachelorabschluss in der Tasche als Radioreporterin durchstarten.

von Deborah Harzenmoser, Onlinekommunikation IAM

Um diesem Wunsch einen Schritt näher zu kommen, hat sie im Praxissemester im zweiten Studienjahr ein Praktikum als Reporterin bei RTL in München absolviert. Ein Glücksgriff, wie sich später herausstellte. Spätestens während dieser Zeit hat sich ihr Traumberuf gefestigt: Sie wollte unbedingt beim Radio bleiben und als Reporterin und News Ankor arbeiten. Die Stellen sind rar, das ist sie sich bewusst. Doch sie ist überzeugt, dass es irgendwie klappen wird. Sie scheint Glück zu haben: Gegen Ende des Studiums wird bei Radio 24 eine Stelle frei.

„Mach dir keine Hoffnungen.“, sagen Berufskolleginnen und Kommilitonen. Radio 24 sucht nach JournalistInnen mit gestandener Berufserfahrung, sie stellen keine Absolventen ein. Alexandra Kunz lässt sich davon nicht abschrecken. Sie schickt eine Blindbewerbung und hängt die Referenz vom Radio Zürisee an. Die Redaktion ist begeistert von ihrem guten Hochdeutsch, das sie aus München mitgebracht hat. Sie erhält die Stelle als Reporterin. Wie stolz sie war, gleich bei der Nummer 1 in Zürich einsteigen zu können! Sie lächelt strahlend bei der Erinnerung daran und schlägt locker die Beine übereinander.

„Die elektronischen Medien sind schnelllebig und dynamisch.“ Das fasziniert Alexandra Kunz an ihrem Beruf.

„Wenn etwas passiert, dann muss der Beitrag innert 30 Minuten auf Sendung gehen, nicht erst am nächsten Tag.“,

erklärt sie. Das Team, das Umfeld und das Medium gefallen ihr, sie ist gern Reporterin. Doch bald wird ihr klar, dass sie die Jobs hinter dem Mikrophon eigentlich spannender findet. Bewusst wurde ihr das während der Einsätze als Tagesleiterin bei Radio 24. In dieser Funktion ist man verantwortlich für die Planung der grossen Ereignisse, wie zum Beispiel dem „Sächsilüüte“ in Zürich. Man arbeitet im Hintergrund, hat die Fäden in der Hand, gestaltet das inhaltliche Konzept und schickt dann ReporterInnen los für die Berichterstattung. Als Tagesleiterin entschied Alexandra Kunz auch, welche O-Töne in die News kommen, wählte Zitate aus und segnete die Beiträge ab. Schnell war ihr klar, dass sie sich in diesem Bereich weiterentwickeln wollte. Nächster Berufswunsch: Produzentin beim Fernsehen.

„Viele Möglichkeiten dafür gibt es in der Schweiz nicht“, sagt Alexandra Kunz nüchtern. Der Markt ist bekanntlich klein. Aber wie bei der Jobsuche nach dem Studium lässt sie sich nicht beirren. Sie erzählt ihren Freundinnen und Berufskollegen von ihren Plänen und nur kurze Zeit später klingelt das Telefon. Eine Kollegin bietet ihr die Stelle als Video-Journalistin bei Tele Züri an. Alexandra Kunz lehnt dankend ab, bemerkt aber lachend, dass sie eine Stelle als Produzentin sofort antreten würde. Nur zwei Wochen später kommt ein Anruf der gleichen Kollegin: Es sei soeben eine Stelle als Produzentin frei geworden! Alexandra Kunz war zu diesem Zeitpunkt in den Ferien in Italien. Doch sie wusste, ihre Chance war gekommen: „Jetzt muss ich Gas geben“. Sie beginnt sofort zu tippen und schickt die Bewerbung noch am selben Tag raus. Sie erhält die Einladung zum Bewerbungsgespräch, der Funke springt und sie erhält den Job. Seit bald drei Jahren ist sie nun Produzentin der Sendung Talk Täglich, dem Astro Talk und dem Sommer Talk bei Tele Züri.

An ihrem Job mag sie besonders den Adrenalin-Kick bei kurzfristigen Änderungen aufgrund von Geschehnissen und die Aussenproduktionen. Talk Täglich tourt während fünf Wochen im Jahr durch die Schweiz und porträtiert Personen aus der Gesellschaft. Da komme neben der sorgfältigen inhaltlichen Planung auch sehr viel Organisation dazu. „Mich fasziniert, wie hoch der technische Aufwand für so eine 25-Minütige Sendung ist.“ Das Aussuchen der Drehorte, zum Beispiel. Oder die unglaubliche Anzahl Kabel-Meter, die für ein Aussenset verlegt werden müssen. Vom Stromanschluss über Kamerapositionen und dem Schlechtwetterprogramm bis hin zur inhaltlichen Konzeption der Produktionen – die komplette Organisation liegt bei Alexandra Kunz. Sie schätzt die Abwechslung zu den Büroaufgaben sehr und auch die Verbindung zum Reporterinnen-Dasein aus ihren Anfangszeiten. Aber vor allem, „weil ich dann mit einem Clipboard herum laufen kann“, schmunzelt sie.

Zu ihrem Job-Glück sagt sie: „Die elektronischen Medien sind in der Schweiz eine winzige Branche. Jeder kennt jeden. Das Netzwerk aus Studienzeiten habe ihr stark geholfen, in der Branche Fuss zu fassen. Darum rät sie den Studierenden am IAM:

„Arbeitet während des Studiums. Es ist sehr wichtig, sich ein Netzwerk aufzubauen.“

Abgesehen vom Netzwerk hat Alexandra Kunz auch wertvolle inhaltliche Aspekte aus ihrem Studium am IAM mitgenommen. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihr die Praxis-Werkstätten. „Da habe ich zum Beispiel gelernt, was der Unterschied zwischen Recherchefragen und Interviewfragen sind.“ Es ist ein Tipp, den sie heute an ihre Praktikanten weitergibt: Recherchefragen stellt man immer im Off.

Auch von den Stand-up-Werkstätten, die Bestandteil des Studiums am IAM sind, profitiert Alexandra Kunz noch heute. „Besonders in Erinnerung geblieben ist mir, dass die Kamera Haut mag und der Hals bei Shootings nie bedeckt sein sollte. Darum habe ich für das Foto heute auch die obersten zwei Knöpfe meiner Bluse geöffnet.“ gesteht sie lachend.

Das Studium habe sie aber auch gemacht, weil sie einen Hochschulabschluss in der Tasche haben wollte. Die Berufsfelder im Journalismus und in der Kommunikation hätten sich merklich professionalisiert und sie wollte sicherstellen, dass sie sich im Beruf weiterentwickeln und Karriere machen könne. „Das Studium war für den Berufseinstieg entscheidend. Danach zählt die Berufserfahrung fast mehr – zumindest im Journalismus“. Der Studienabschluss würde ihr beim Seitenwechsel in die Kommunikation sicher wieder in die Hände spielen. Ein Schritt, den sie nicht ausschliesst.

Wo sie sich selbst in zehn Jahren sieht, kann Alexandra Kunz nicht sagen. Wer weiss, was in Zukunft passiert? „Es gibt so viele Möglichkeiten.“ Vielleicht bleibe sie in der Produktion und arbeite mal für eine Produktionsfirma für Imagefilme oder Werbung. Sie kann sich aber auch vorstellen, dass sie plötzlich im Bundeshaus als Journalistin landet. Den CAS Politische Kommunikation am IAM hat sie in diesem Zusammenhang bereits absolviert. Konkret könne sie aber nichts sagen. Bisher hätte sich alles von selbst ergeben, sobald die Zeit reif war. Sie vertraut darauf, dass es auch in Zukunft so sein wird.

*Alexandra Kunz schloss das JO-Studium 2011 ab.


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Wer studiert Kulturpublizistik und warum?

Posted on 11. Juli 2017 by harz

Seit 2009 gibt es den Master Kulturpublizistik der Zürcher Hochschule der Künste als Kooperation mit dem IAM. Zu den AbsolventInnen des Master gehören rund zwei Dutzend AbsolventInnen des IAM Bachelor Kommunikation. Hier erzählen Elena Ibello und Michael Fässler, was sie heute tun und wie sie auf ihre Studienzeit zurückblicken.

Elena Ibello – Ein Thema wird Beruf

Seit dem Abschluss meines Masterstudiums vor drei Jahren arbeite ich als Kommunikationsbeauftragte für palliative zh+sh, der regionalen Sektion der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Care für die Kantone Zürich und Schaffhausen. Das Thema Sterben und Tod, das viele ja immer noch als Tabuthema sehen, beschäftigt mich aber schon viel länger. Dass ich schon im Studium nebenbei für diesen Verein gearbeitet habe, hat sicher damit zu tun. Ich bin dort durch Zufall hingekommen und wollte eigentlich gar nicht so lange bleiben. Nach dem Abschluss war dann aber relativ schnell klar, dass ich dort neue Aufgaben übernehmen und mehr arbeiten könnte. 
Während des Studiums habe ich, noch bevor ich meine Masterarbeit geschrieben habe, gemeinsam mit der Filmemacherin Rebecca Panian ein Buch über das Sterben veröffentlicht. Es heisst „Zu Ende denken“ und ist 2013 erschienen. Wir haben dafür ungefähr fünfzig Menschen angefragt – SchriftstellerInnen, SchauspielerInnen und andere Personen des öffentlichen Lebens, aber auch Ärztinnen, SeelsorgerInnen, BestatterInnen – und sie gebeten, einen persönlichen Text zum Thema Sterben und Tod zu schreiben. Fast alle haben sofort zugesagt. Manche haben noch am Telefon damit angefangen, mir ihre Geschichte zu erzählen!
Das Buchprojekt hat sich ganz organisch aus der gemeinsamen Arbeit an einem Drehbuch für einen Dokumentarfilm entwickelt. Rebecca, mit der ich befreundet bin, hat damals ihren Vater verloren. Ich hatte gerade mit meinem Nebenjob bei palliative zh+sh begonnen. Auch privat hat mich das Thema damals umgetrieben: Ein enger Freund von mir hat sich das Leben genommen. 

Elena Ibello (Foto: Irene Stiefel)

Mit fast allen AutorInnen des Buches haben wir auch filmische Interviews geführt, von denen wir einige in Ausschnitten im Dokumentarfilm zeigen. Wir haben gefragt: Was wäre Dir wichtig, wenn Du wüsstest, es geht nicht mehr lang? Wovor hast Du Angst? Und natürlich: Kommt danach noch was – und wenn ja, was? Überrascht hat mich, dass keine Antwort wie die andere war. Wir haben wirklich fünfzig verschiedene Theorien gehört. Und das innerhalb von drei Wochen. Das war zum Teil auch eine Überforderung für uns. Zugleich waren wir total beflügelt von den Gesprächen. Ich bin oft beschwingt nach Hause gegangen – auch, weil immer so viel Hoffnung da war. 
Ich habe durch diese Gespräche erkannt, wie wichtig das Reden und der Austausch über das Sterben und den Tod sind. Seither lässt mich das Thema nicht mehr los. In meiner Masterarbeit bin ich der Frage nachgegangen, welche Rolle das Schreiben über den Tod in der persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema spielt. In meiner qualitativen Untersuchung hat sich herausgestellt: Eine grosse! Nach dem Abschluss 2014 habe ich an einem zweiten Buch gearbeitet, das palliative zh+sh im letzten Herbst herausgegeben hat. „Reden über Sterben“ ist, wie der Titel schon verrät, ein Plädoyer dafür, mit Vertrauenspersonen über das Sterben zu sprechen. Verschiedene AutorInnen – darunter Fachpersonen – haben das Thema aus ihrem Blickwinkel und ihrer Praxis beleuchtet. 

„Obwohl ich mir ursprünglich vorgestellt habe, als Journalistin zu arbeiten, kann ich mit solchen Buchprojekten auch in der Organisationskommunikation die Fragen aufgreifen, die mir wichtig sind.“ – Elena Ibello

Ich schreibe auch nach wie vor viele Texte, vor allem für die Newsplattform von palliative zh+sh. Um dort Themen zu setzen, vertraue ich auf meine Wahrnehmung. Dass subjektive Beobachtungen wichtige Daten liefern, mit denen man arbeiten darf, war im Studium eine Art Schlüsselerkenntnis für mich. Mittlerweile habe ich schon öfter die Erfahrung gemacht, dass das, was die Leute in der Palliative Care beschäftigt, sich oft mit dem deckt, was auch mich selbst umtreibt. Wenn ich dann so ein Thema – wie etwa das Reden über Sterben – vorschlage, sagen plötzlich alle: Ja, genau! Vor dem Studium hätte ich mich das wahrscheinlich nicht getraut. Ich hätte nicht den Mut gehabt, zu sagen: Das beschäftigt mich – und deshalb will ich unbedingt etwas dazu machen!

Elena Ibello schloss den BA Journalismus und Organisationskommunikation des IAM 2010 und den Master Kulturpublizistik der ZHdK 2014 ab. Das Gespräch führte und protokollierte Eva Mackensen im Mai 2017.

*Titelbild: Elena Ibello (Foto: Barbara Munz)


Michael Fässler – Ausstellungen als Form von Publizistik

Morgen endet meine dritte Arbeitswoche im Alpinen Museum in Bern. Im Stapferhaus Lenzburg, meiner vorherigen und bisher wichtigsten Station in meinem Berufsleben, war ich Kommunikationsverantwortlicher und betreute die Publikationen; im Alpinen Museum steht in meiner E-Mail-Signatur „Projektentwicklung“. Hier wie dort ist für mich die Möglichkeit, mich stark an der Konzept- und Strategiearbeit zu beteiligen, sehr wichtig. Dadurch, dass sich unsere Ausstellungen als „Themenmagazin im Raum“ verstehen lassen, und dass das Museum den Anspruch hat, öffentliche Diskurse anzustossen und zu prägen, kann ich meine publizistische Ader ausleben.
In meinem derzeit wichtigsten Projekt geht es unter anderem darum, die Sammlungsbestände, die zu Beginn der Amtszeit von Beat Hächler, dem Direktor des Museums, erstmal in den Keller gezügelt wurden um gegenwartsbezogenen Themenausstellungen Platz zu machen, in einem neuen Raum und in einer neuen Form wieder sichtbar zu machen. Dazu gehört die Aufgabe, die reichhaltige, teils aber auch lückenhafte Sammlung als solche noch einmal zu befragen: Was sagen uns die Objekte, und weshalb ist es wichtig, sie zu sammeln? Das Projekt heisst „Fundbüro für Erinnerungen“ und versteht sich, ein Stück weit im Sinne eines Schaulagers, als Scharnier zwischen dem Publikum und der Sammlung. Ab 2018 wird das Thema die Skikultur in der Schweiz sein. Hierbei interessieren uns beispielsweise die unterschiedlichen Erfahrungen verschiedener Generationen und die darin gespiegelten gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen. 

Michael Fässler

Das „Fundbüro“ und die Sammlung soll auch im Netz präsent sein, auch hier im Sinne eines Ortes der Interaktion mit dem Publikum. Wir wollen das Wissen der Menschen in Form von Erzählungen und Geschichten sammeln. Wie es der Titel „Fundbüro für Erinnerungen“ schon vermittelt, ist der Einbezug spezifischer Zielgruppen, wie beispielsweise Leute aus dem Schweizer Alpen Club, sehr wichtig. In meiner Arbeit kommen somit sehr viele Dimensionen dessen, was ich schon gemacht habe, – namentlich: Konzeption, Erzählen, Strategieentwicklung, Interaktion mit dem Publikum – zusammen. Was mir besonders Spass macht, ist, dass die Arbeit nicht primär aus einem Erledigen von Mikrotasks bei gleichzeitigem Zusammenhalten verschiedenster paralleler Abläufe besteht, wie es bei der Kommunikationsarbeit oft der Fall war, sondern dass ich manchmal zwei Tage lang ununterbrochen an einem Konzept brüte. Ich lasse mich auf ein anderes Tempo ein und muss lernen, länger und tiefer über Dinge nachzudenken. In einem Buch, das ich gerade lese, wird das diskutiert: „Deep Work“ als Kompetenz, an einem Thema vertiefend dranzubleiben, ist in unserer Wissensgesellschaft zunehmend gefragt, aber die gleiche Wissensgesellschaft neigt immer mehr zur Zerstreuung.

Ein weiteres für mich sehr wichtiges Charakteristikum der Arbeit im Alpinen Museum ist der Umstand, dass man sich nicht in einem hermetischen Circuit der Kunstproduktion und des Kunstdiskurses bewegt, sondern dass mit jeder Ausstellung und jedem Thema wieder eine neue Welt aufgeht und unterschiedlichste gesellschaftliche Akteure involviert werden. Dass wir etwa über Sinn und Unsinn des Erinnerns und Bewahrens nachdenken, und dass wir dabei im Dialog mit sehr vielen Stimmen und Bedürfnissen stehen, macht die Arbeit herausfordernder, aber auch spannender.

„Ich wollte einmal Journalist werden. Jetzt mache ich gewissermassen Journalismus mit anderen Mitteln.“ – Michael Fässler

Die Formate, die Medien, der Rhythmus sind anders. Aber am Schluss geht es darum, über unsere Zeit nachzudenken und darüber ein für die Öffentlichkeit interessantes Gespräch zu führen. Im Depot des Alpinen Museums gibt es die ersten Skis und die Ausrüstungen der frühen Schweizer Himalaja-Expeditionen. Aber was uns wirklich interessiert, wenn wir Geschichte und Geschichten erzählen, ist das Verhältnis der Menschen zu den Bergen in der Gegenwart.

Michael Fässler schloss den BA Journalismus und Organisationskommunikation des IAM 2010 und den Master Kulturpublizistik der ZHdK 2015 ab. Das Gespräch führte und protokollierte Ruedi Widmer im Juni 2017


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  • Vom IAM bis über die Wolken – Adrian Schindler
  • Vom Kindheitstraum zum Traumjob – Rafaela Roth
  • Vom IAM ans Zurich Film Festival – Rebecca Panian

Vom IAM bis über die Wolken

Posted on 2. Dezember 2016 by harz
von Deborah Harzenmoser, Kommunikation IAM

Adrian Schindler weiss was er will. Seine Zielorientiertheit, die Offenheit für Opportunitäten und der nötige Weitblick haben ihn nach dem Studium  über mehrere Zwischenstationen zu seinem Traumjob gebracht: Seit zwei Jahren ist er Mediensprecher bei der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega, seit September leitet er das fünfköpfige Team „Information und Medien“. Die Erfüllung eines Bubentraums, wie er heute sagt.

Als „Macher“ fühlte sich Adrian Schindler an der anwendungsorientierten Fachhochschule sehr gut aufgehoben. Gegen Ende des Studiums überlegte er sich, welche Branchen für ihn aufgrund seiner Interessen und Hobbys bei der bevorstehenden Stellensuche in Frage kommen: Musik, Extremsport und Aviatik standen auf der Liste. Zusätzlich evaluierte er mögliche Arbeitgeber. Rasch stand die Rega zuoberst auf dem Wunschzettel – unter anderem wegen der sinnvollen Aufgabe der gemeinnützigen Stiftung, der offensichtlich professionell aufgestellten Kommunikationsabteilung und “meinem Bubentraum, Pilot zu werden, wie Globi bei der Rettungsflugwacht”, meint er heute schmunzelnd. Mit einer Blindbewerbung hat er sein Dossier bereits 2011 im HR der Rega “deponiert”, wohlwissend, dass die Fluktuation sehr gering ist und er mit wenig Arbeitserfahrung kaum eine Chance haben würde. Doch sein Ziel war gesetzt.

Werdegang mit Zwischenstationen
Ursprünglich wollte Adrian Schindler Pilot werden. Er absolvierte mit 17 Jahren den ersten Teil der Militärpilotenausbildung, die Fliegerische Vorschulung, und sammelte erste Flugstunden mit Sportflugzeugen. Eine plötzliche Verschlechterung der Sehleistung sowie die Erkenntnis, im Cockpit wohl nicht glücklich zu werden, setzten dem ursprünglichen Plan ein Ende. Gegen Ende der Gymi-Zeit entdeckte er sein Interesse für visuelle Gestaltung und besuchte nach der Matura erst einmal den gestalterischen Vorkurs an der ZHdK. Schnell merkte er, dass ihm neben dem visuellen vor allem das sprachliche Gestalten lag. Texte, Wortspiele sowie ein Gespür für die richtige Tonalität waren seine grossen Stärken und Deutsch schon seit jeher sein stärkstes Fach. Weil seine Schwester damals gerade Journalismus und Organisationskommunikation in Winterthur studierte und er durch sie mit den Inhalten des Studiums in Berührung kam, war der Weg ans IAM vorgezeichnet.

Obwohl für Adrian Schindler von Anfang an klar war, dass er den Schwerpunkt Kommunikation wählen würde, ist er für die Dualität des Studiums dankbar:

„Das journalistische Wissen ist sehr hilfreich für meinen Berufsalltag. In der Organisationskommunikation kommen journalistische Arbeitsweisen regelmässig zur Anwendung und wenn man die Bedürfnisse der anderen Seite kennt, macht das den Job als Mediensprecher bedeutend einfacher“.

Hilfreich fand er auch den Fokus auf die Sprachfächer: „Die intensive Beschäftigung mit der deutschen Grammatik während des Studiums zahlt sich heute in der täglichen Arbeit aus“, sagt der zweifache Vater. Neben dem sprachlichen Wissen habe er auch wesentliche fachliche Inhalte aus dem Studium mitnehmen können. Besonders betont er die Werkstätten, die sich durch alle drei Jahre des Bachelorstudiums ziehen und wo das theoretische Wissen aus den Vorlesungen in praktischen Übungen trainiert werde. „Wir haben zum Beispiel bei einer kompetitiven Übung für die SWISS ein Kommunikationskonzept erarbeitet. Meine Gruppe hat mit ihren Ideen den damaligen Leiter Kommunikation überzeugt und den Pitch gewonnen. Das hat mir enormen Spass gemacht – nicht nur, weil der Preis Flugtickets waren“, erinnert er sich lachend.

Diese Erfahrung sei auch der Grund, warum er im Praxissemester bei einer Agentur ein Praktikum absolviert habe. Das kreative Arbeiten, die Vielfältigkeit der Aufgaben und das hohe Arbeitstempo seien wichtige Faktoren für seine Arbeitszufriedenheit. Nach dem Praktikum hat er eine Anstellung als Junior Consultant erhalten und ist dort nach dem Studium fest eingestiegen. „Die Zeit bei der Agentur war wie eine Lehre. Ich lernte viele unterschiedliche Menschen und Perspektiven kennen und begegnete immer wieder neuen Herausforderungen. Im kleinen Team kam ich mit vielen Disziplinen direkt in Kontakt, zum Beispiel mit klassischer PR-Arbeit, Eventorganisation und Branding.“ Doch nach zwei Jahren hätten ihm die Weiterentwicklungsmöglichkeiten gefehlt. Er aktivierte sein Netzwerk und erhielt bald darauf ein Angebot seines zweiten Praktikumsgebers aus Studienzeiten – der UBS.

„Das Praxissemester am IAM ist eine hervorragende Möglichkeit, um Fuss in der Branche zu fassen und sich ein Netzwerk aufzubauen“,

 begründet Adrian Schindler die Tatsache, dass aus seinen beiden Praktika schliesslich eine Festanstellung wurde.

Die nächste Station führte ihn also in die Kommunikationsabteilung der UBS, wo ihn vor allem die Internationalität des Unternehmens gereizt hat. Als ihn seine damalige Chefin nach ihrem Weggang von der UBS für die Stelle als  Business Developer im Team Corporate Communications bei Canon anfragte, nahm er das Angebot an. Bei Canon findet sowohl B2B- als auch B2C-Kommunikation statt und vieles lag brach, was viel Raum für eigene Ideen und Experimente liess. Die Funktion als Allrounder barg für Adrian Schindler dann aber auch die Gefahr der Verzettelung. Viel lieber wollte er sich auf einen Teilbereich der Kommunikation konzentrieren und darin ein absoluter Profi werden.

„Nur wer voll hinter einer Firma stehen kann, macht als Kommunikator auch einen guten Job“
Als dann 2014 die Stelle als Mediensprecher bei der Rega ausgeschrieben wurde, war sein Moment gekommen. Und er bekam die Stelle! Heute spricht er begeistert über den Innovationsgeist der Rega, die rasche Adaption an technologische Fortschritte und die Exaktheit, die in sämtlichen Arbeitsprozessen im Unternehmen sichtbar ist. Für ihn ist klar: Nur wer voll hinter einer Firma stehen kann, macht als Kommunikator auch einen guten Job. Seine Arbeit umfasst die Leitung des Rega-Mediendienstes sowie alle Disziplinen der internen und externen Kommunikation, von Facebook über die Website bis hin zum Geschäftsbericht und dem Rega-Magazin mit einer Auflage von 1.8 Millionen Exemplaren, für das er auch Artikel verfasst. „Die tägliche Arbeit mit den Journalisten ist herausfordernd und spannend – nicht zuletzt auch, weil das öffentliche Interesse an der Rega gross ist und oft komplizierte Sachverhalte einfach erklärt und übersetzt werden müssen.“ Vor Kurzem hat Adrian Schindler am IAM den CAS Krisenkommunikation abgeschlossen. Die Kommunikation in heiklen Situationen sei bei der Rega besonders wichtig und vom “Hinstehen-Müssen” im Übungsumfeld konnte er für seinen Job profitieren. „In der Simulation der Krise lernt man sich noch besser kennen und kann die Reaktion in schwierigen Situationen im geschützten Rahmen reflektieren.“

Ankommen und sich weiterentwickeln
Heute ist Adrian Schindler angekommen, er liebt seinen Job und freut sich auf künftige Herausforderungen. Gerade hat er als Projektmitverantwortlicher die Arbeiten zur fünfteiligen SRF-DOK-Serie „Rega 1414 – Hilfe naht“ abgeschlossen, schon denkt er an die neuen Ambulanzjets, die 2018 und die neuen Helikopter, die 2021 geliefert werden. Rückblickend resümiert er: “Ich habe sicherlich nicht den geradlinigsten Werdegang, aber ich bin überzeugt, dass ich jede Station brauchte, um hierher zu kommen. Denn mit der richtigen Einstellung kann man überall etwas lernen – und das bringt einen weiter.” Oder eben: “Hoch hinaus” – zum Traumjob bei der Rega.


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Vom Kindheitstraum zum Traumjob

Posted on 9. Mai 2016 by harz

Rafaela Roth hat nicht nur den dritten Platz als Newcomerin des Jahres 2015 belegt, sondern für ihre Geschichte über “Luana“ auch den Medienpreis AG/SO in der Kategorie Online gewonnen. Uns erzählte die IAM-Absolventin, warum ihr gerade diese Geschichte besonders am Herzen lag und was sie anderen JungjournalistInnen rät.

von Deborah Harzenmoser, Kommunikation- und Eventmanagerin am IAM

Die engagierte 28-Jährige kommt fast nicht von ihrem Bildschirm weg, tippt rasch noch die letzten Sätze für ihren aktuellsten Artikel, bevor sie mich mit einem strahlenden Lächeln begrüsst. Rafaela Roths Leidenschaft für ihren Beruf ist sofort spürbar. Trotz des hektischen Geschehens in der Redaktion nimmt sich die talentierte Jungjournalistin die Zeit, sich mit mir bei einem Kaffee an der warmen Frühlingssonne über ihren Werdegang zu unterhalten.

Journalistin – ein Kindheitstraum
Rafaela Roth wollte schon immer Journalistin werden. Seit sie denken kann. Mit ihren Schwestern und ihrer Cousine hat sie im Kinderzimmer Zeitungen gestaltet und als fiktive Radio-Reporterin Geschichten erzählt. Dass aus ihr tatsächlich eine Journalistin werden würde, hat nie jemand bezweifelt. Bis ein Gespräch mit dem Berufsberater am Gymnasium alles auf den Kopf stellt. Dieser reagiert auf ihren Berufswunsch konsterniert: In eine schwächelnde Branche ohne Jobaussichten einsteigen? Auf gar keinen Fall. Die Ringier-Schule habe soeben einen Aufnahmestopp verkündet. Er empfiehlt ihr eindringlich, sich etwas anderes zu überlegen.

Rafaela Roth ist ratlos. Wenn nicht Journalistin werden, was dann? Kurzentschlossen, meldet sie sich für ein Germanistik-Studium an der Uni Bern an. „Wenigstens etwas mit Sprache“, denkt sie. Doch weder mit dem Uni-Betrieb noch mit dem Fach wird sie richtig warm. Obwohl sie die Prüfungen besteht, ist für Rafaela Roth klar, dass das Germanistik-Studium nicht das richtige für sie sein kann.

Findet, sie hat einen Traumjob: Rafaela Roth (Fotocredits: IAM)

Bezeichnet ihren Beruf als Traumjob: Rafaela Roth (Fotocredits: IAM)

„Das ist es! Da muss ich hin!“
Sie nimmt bei einer Bank eine befristete Stelle an, scannt Dokumente, vergütet Konten und telefoniert mit Kunden. Bis sie eines Tages durch Zufall vom Studium am IAM erfährt. Sofort meldet sie sich für den nächsten Informationsanlass an und reist nach Winterthur. Sie ist aufgeregt. Könnte es das sein, wonach sie sucht? Mit jedem Satz, der Kurse, Vorlesungen und Studienstruktur erklärt, wird für sie klarer: Das ist es! Hier muss ich hin! Ich werde doch Journalistin! Noch im selben Jahr beginnt sie das Studium in Journalismus und Organisationskommunikation und zieht im Türmlihaus Winterthur ein.

Das Studium war ein Volltreffer. Nicht zuletzt weil sie auf ihre Texte Feedback von echten JournalistInnen erhalten habe. Das sei ein absolutes Highlight gewesen. Etwas, was ihr an der Uni gefehlt habe. Nach ihrer Ausbildung am IAM nennt sie sich selbst eine „eierlegene Wollmilchsau“ und das sei auch gut so. Das Studium habe sie bestens auf den heutigen Berufsalltag vorbereitet:

„Ich habe am IAM alles mitbekommen: Video, Fotos, Textsorten, das medienkonvergente Denken. Ich habe keine Hemmungen, alle Kanäle zu bedienen. Das ist ein grosser Vorteil.“

Nach dem Bachelor hängt sie nahtlos den Kooperationsmaster des IAM mit der ZhdK in Kulturpublizistik an. Auf die Frage, warum sie direkt weiterstudierte, zuckt sie mit den Achseln. Ihr Studium sei für sie nach dem Bachelor nicht abgeschlossen gewesen. „Und um bei gewissen Zeitungen schreiben zu können, braucht man einen Master.“ Sie lächelt verschmitzt und zündet sich eine Zigarette an.

„Ich will ein Praktikum bei dir“
Obwohl sie seit dem ersten Studienjahr nebenbei als freie Journalistin arbeitet, hat sie drei Monate nach dem Masterabschluss keinen festen Job. Bis sie am 10-jährigen Jubiläum von Columni Hansi Voigt über sein neues Projekt sprechen hört, das Online-Portal Watson. Auch jetzt weiss sie sofort: Das ist es! Genau da will ich hin! Sie nimmt ihren ganzen Mut zusammen, geht auf ihn zu und erklärt: „Ich will ein Praktikum bei dir.“ Und tatsächlich. Nach dem schriftlichen Bewerbungsverfahren erhält sie den ersehnten Praktikumsplatz.

Seit ihrem ersten Arbeitstag bei Watson weiss sie, dass sie da ist, wo sie immer hin wollte. Sie arbeitet mit vollem Einsatz. Tag und Nacht. Sucht Geschichten, schreibt Artikel, lernt dazu, jeden Tag. „Am Anfang muss man Einsatz zeigen. Obwohl das Studium sehr praxisbezogen ist, war der Berufseinstieg schon eine Herausforderung.“ Das Tempo sei nicht zu vergleichen. Vorgehen nach Lehrbuch? Dafür bleibe schlicht keine Zeit. „Man muss viel mehr nach Gefühl arbeiten – etwas, das man im Studium nicht lernen kann.“ Ihr Einsatz lohnt sich. Bald wird aus dem Praktikum eine feste Anstellung und ihr Ressortleiter reicht ihre Reportage über Luana ins Rennen für den Medienpreis Aargau/Solothurn ein.

„Luana ist eine Inspiration“
Das Schicksal und vor allem der herausragende Mut von Luana haben Rafaela zutiefst beindruckt. Für solche Geschichten ist sie Journalistin geworden! Um Schwachen eine Stimme zu geben und um über Missstände zu informieren. Schon beim ersten Treffen mit Luana weiss Rafaela Roth, dass die Geschichte berühren wird. Sie hofft, dass Luana’s unglaublicher Mut anderen Albanerinnen in ähnlichen Situationen Hoffnung gibt. Und auch anderen Frauen, unabhängig von Nationalität und Lebensumständen:

„Luana ist eine Inspiration für alle, die sich nicht trauen, ihr Lebensglück selber in die Hand zu nehmen. Was diese junge Frau geleistet hat, das ist wahre Emanzipation.“

Rafaela Roth erzählt Luanas Geschichte schnörkellos – umso eindringlicher erleben die LeserInnen das erschütternde Schicksal der jungen Kosovarin mit. Lukas Mäder, Produzent von Radio SRF und Juror in der Kategorie Online, begründete den Jury-Entscheid mit dem passenden Zitat des englischen Essayisten Matthew Arnold: „Journalismus ist Literatur in Eile“. Diese Reportage sei „fast schon ein literarischer Text“, dem man die Eile, sollte er in einer solchen verfasst worden sein, auf keiner Zeile anmerke.

Verleihung des Medienpreises AG/SO 2015

Geschichten erzählen, die nah an den Menschen sind, die berühren und inspirieren, das will Rafaela Roth nach der Preisverleihung weiterhin tun. Sie bläst den Zigarettenrauch in die Frühlingsluft und fügt hinzu, dass die JungjournalistInnen sich nicht von schlechten News aus der Branche beirren lassen sollen: „Folgt eurem Traum, es lohnt sich!“

Mehr zum Thema:

  • Luana – wie sie ihren Vergewaltiger im Kosovo heiraten und in die Schweiz holen musste
  • Watson über die Verleihung des Medienpreises AG/SO
  • Watson über den 3. Platz von Rafaela Roth als Newcomerin beim „Schweizer Journalist“
  • Mehr über Rafaela Roth
  • Wer studiert Kulturpublizistik und warum?

 

Wer studiert Kulturpublizistik und warum?

Posted on 21. Oktober 2015 by harz
von Redaktion, IAM

Am Mittwoch, den 18. November, findet an der ZHdK Zürcher Hochschule der Künste eine Infoveranstaltung zur Mastervertiefung Kulturpublizistik statt, einer Kooperation mit dem IAM. Die Gelegenheit also, hinter die Kulissen zu schauen und  Fragen zu stellen. Hier erzählen schon mal Fabienne Schmuki und Stephanie Rebonati, zwei Absolventinnen des IAM Bachelor Kommunikation und des ZHdK Master Kulturpublizistik, was sie heute tun und wie sie auf ihre Studienzeit zurückblicken.


Die Qualität von Popmusik

Fabienne Schmuki

Fabienne Schmuki

Popmusik hat einen niederschwelligen Zugang. Jeder und jede kann Musik machen, wodurch sich eine extreme Spannweite musikalischen Schaffens ergibt. Woran lässt sich Qualität also messen? Diese Frage beschäftigt mich – sei es bei der Beurteilung oder bei der Vermarktung von Musik.

Als Kommissionsmitglied des Zürcher Popkredits nehme ich viermal jährlich an einer mindestens zweitägigen Sitzung teil. Im Vorfeld hören sich alle fünf Kommissionsmitglieder die durchschnittlich über 50 Gesuche aus den Bereichen Jazz und Pop an und beurteilen deren Qualität. Dabei geht es beispielsweise um Innovation, Ambitionen und den Gesamtauftritt der Musikschaffenden. Die Fachkommission kommt dann zusammen, diskutiert und entscheidet, welche Bands oder KünstlerInnen in welcher Beitragshöhe unterstützt werden. Diese Diskussionen erfahre ich als unglaubliche Bereicherung.

Vieles, was ich dabei einbringe, habe ich im Arbeitsalltag beim Musikvertrieb und der Musikagentur Irascible Music gelernt. In einer Co-Geschäftsführung leiten wir unser zehnköpfiges Team gemeinsam, wobei mein Geschäftspartner für den gesamten Vertrieb zuständig ist und ich mich um die gesamte Promotion, das A&R, die Künstler- und Labelbetreuung kümmere. Wir erbringen Dienstleistungen für Bands der unabhängigen Schweizer Musikszene, wozu natürlich viel Musikhören und -beurteilen, aber auch Büroarbeit, Networking, Lobbying und der Dialog mit diversen Kulturinstitutionen gehören.

Am meisten schlägt mein Herz für die Arbeit mit den Musikschaffenden: Bands entdecken, kennenlernen, betreuen, beraten, vernetzen und natürlich Konzerte anhören – das sind für mich die Schokoladenseiten des Jobs. Beispielsweise haben wir im 2014 mit dem Electro-Pop Duo Wolfman eine sehr intensive Zeit verbracht. Die Band gab nach ihrem ersten Album Unified über 50 Konzerte; Sie bespielten grosse Bühnen in der Schweiz und in Deutschland, was für eine Schweizer Newcomer-Band beachtlich ist. Nun arbeitet Wolfman am zweiten Album. Solche Schritte mit einer zuerst noch unbekannten Band zu machen, ist mindestens so interessant wie der Umstand, dass Irascible Music an den Erfolgen von Grössen wie Sophie Hunger beteiligt ist.

Als ich mein Bachelor-Studium in Journalismus und Organisationskommunikation an der ZHAW abschloss, wollte ich unbedingt Journalistin werden. Nie hätte ich gedacht, dass mich ein Leben in der PR erfüllen würde. Ich betätige mich auch seit meinem Abschluss im Master Kulturpublizistik weiterhin als Publizistin, schreibe aber nur noch selten als Freischaffende für die NZZ oder die „Surprise„. Irascible Music füllt mich mehr als aus, und die Entwicklungen im Popmusik-Kontext bleiben spannend. Manchmal wünsche ich mir ein eigenes Medium – zum Beispiel einen Radiosender oder einen Blog – mit welchem wir guten Sound verbreiten könnten. Aber das ist zurzeit noch Zukunftsmusik.

Fabienne Schmuki, Jahrgang 1983, ist Absolventin Bachelor in Journalismus & Organisationskommunikation (ZHAW) und des Master Kulturpublizistik (ZHDK), Co-Geschäftsführung des Schweizer Independent Musikvertriebs Irascible und Kommissionsmitglied des Zürcher Popkredits. Sie schreibt als Freelancerin für diverse Print- und Onlinemedien.


Im Kosmos der Bücher

Stephanie Rebonati

Stephanie Rebonati; Foto: Filipa Peixeiro

Gestern feierten wir in der Edition Patrick Frey die Vernissage von «Falsche Fährten», dem neuen Buch von Künstler und ZHdK-Dozent Peter Radelfinger. Peter sammelt Texte und Bilder, die er in Zeitungen, Zeitschriften und im Netz findet. Es sind Gedichte, es sind Diagramme. Es können aber auch mathematische Formeln sein, Anzeigen für Herren-Pyjamas, auch viele Aufnahmen von Schimpansen und Gorillas. Dieses Künstlerbuch ist ein Monolith, ein 500-Seiten-Konvolut, der uns die Welt erklärt – die Welt aus der Sicht eines obsessiv sammelnden Künstlers. Von November bis April habe ich dieses Buch als Lektorin begleitet, was gleichermassen herausfordernd wie spannend war. Nun halten wir das druckfrische Buch in unseren Händen und diskutieren bereits über das nächste gemeinsame Projekt.

Erstmals in den Kosmos der Bücher eingetaucht bin ich während meines Praktikums beim selben Verlag. Später verbrachte ich einige Monate in New York, wo ich die Edition Patrick Frey an der „NY Art Book Fair“ vertreten durfte und als freischaffende Journalistin Texte für Tages-Anzeiger, SonntagsZeitung, Basellandschaftliche Zeitung und NZZ am Sonntag geschrieben habe. Von meinem Studium in Journalismus und von meiner Tätigkeit als freischaffende Schreiberin profitiere ich, wenn ich heute Vorschau-Texte für den Katalog des Kunstbuchverlags verfasse. Diese schreibe ich im Rezensionsstil, weil ich mich auch bei der Verlagsarbeit in der Rolle der Journalistin sehe – und weil Redakteurinnen und Redakteure, die hier unter anderem mein Publikum sind, werberische PR-Texte links liegen lassen.

Als freischaffende Journalistin schreibe ich vorwiegend über junge Frauen in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Erst kürzlich habe ich für den Tages-Anzeiger ein Portrait über die Zürcher Regisseurin Rahel Grunder verfasst, die einen Dokumentarfilm über das traurige Schicksal von Emilie Kempin-Spyri, der ersten Anwältin der Schweiz, gedreht hat. Solche Frauengeschichten faszinieren mich einfach! Es klingt makaber, aber über Männer schreibe ich oftmals nur, wenn es sich um tote Künstler wie Ettore Sottsass oder Robert Mapplethorpe handelt.

Im letzten Halbjahr entstand „U-30“ des Schweizer Architektur und Designmagazins „Hochparterre“, das Heft erschien im Oktober. Das Team bestand aus einem Architekten, einer Textildesignerin, einem Grafiker und mir als Journalistin und Produzentin.

Aufgrund meines flexiblen Lebensentwurfes kann ich mich für solche einmaligen Projekte bewerben und sie passen zu meinem Interesse an Kultur und Gesellschaft. Alle Sachen, die ich mache sind inhaltlich verwoben, sie treiben mich an und bringen mich weiter. Mit meinem Label „Oh Johnny Zurigo“ lanciere ich demnächst neben neuem Schmuck meine erste Kissenkollektion.

Bis heute ist es für mich unvorstellbar einen Beruf erlernen und diesen dann zu 100% ausüben zu müssen. Die 60%- Anstellung bei Edition Patrick Frey, die Projekte und Aufträge als freischaffende Journalistin und mein Schmuck- und Textil-Label „Oh Johnny Zurigo“ – das alles ergibt für mich ein stimmiges Ganzes. Mein Leitmotiv: „Whatever works!“

Stephanie Rebonati hat an der ZHAW den Bachelor in Journalismus & Organisationskommunikation gemacht und 2013 den Master Kulturpublizistik abgeschlossen. Sie arbeitet beim Kunstbuchverlag Edition Patrick Frey, schreibt als freischaffende Journalistin für diverse Zeitungen und führt das Schmuck- und Texillabel „Oh Johnny Zurigo“.

Vom IAM ans Zurich Film Festival

Posted on 29. September 2014 by harz

Rebecca Panian zeigte am diesjährigen Zurich Film Festival ihren Dokumentarfilm „Zu Ende Leben“ und gewann den Audience Award. Wie aus der IAM-Absolventin eine erfolgreiche Drehbuchautorin und Regisseurin wurde und warum dieser Film entstanden ist.

von Deborah Harzenmoser, Kommunikation- und Eventmanagerin am IAM

Die quirlige 35-Jährige mit den langen schwarzen Haaren kommt ein paar Minuten zu spät zu unserem Treffen, wofür sie sich mit einem herzlichen Lachen entschuldigt. Rebecca Panian rennt zur Zeit von Termin zu Termin, da sie bereits wieder Mitten in den Vorbereitungen für ihren nächsten Film steckt: Den Abschlussfilm ihres ZHdK-Masterstudiums in Spielfilmregie. Zwischen den Proben mit den SchauspielerInnen, Drehbuchdiskussionen und Finanzierungsfragen findet sie ein paar Minuten Zeit für einen Rückblick auf ihren Werdegang.

Leben in Kurzgeschichten
Während der Lehre zur Schriftenmalerin merkte Rebecca Panian rasch, dass ihre Berufswahl sie auf Dauer nicht glücklich machen würde. „Du machst deine Arbeit zwar gut, aber das ist nicht dein Beruf“, sagte auch ihr Lehrmeister, als er ihr das Diplom nach vier Jahren Ausbildung überreichte. Da war es endgültig klar. Sie wechselte das Metier komplett und wurde aufgrund ihrer Reiselust Flight Attendant für Swissair. Das Leben aus dem Koffer, die Unabhängigkeit und die vielen Kurzaufenthalte, die ihr dieser Job bescherte, beschreibt sie als „Leben in Kurzgeschichten – immer wieder neue, aufregende Orte, spannende Charaktere, grössere oder kleinere Dramen“. Ihre Augen leuchten dabei und sie schwingt die langen Haare mit einem leisen Lachen hinter die Schultern.

Mit dem Grounding der Swissair im Jahr 2001 nimmt die unbeschwerte Zeit über den Wolken jedoch ein jähes Ende. Rebecca verliert ihren Job und auch ein bisschen den Boden unter den Füssen. Wieder am Punkt Null angelangt, nimmt sie eine Stelle als Grafikerin in Baden an und bewirbt sich für den Studiengang Journalismus und Organisationskommunikation (JO) am IAM. Als sie eine Absage erhält, bricht eine Welt zusammen, zumal sie sich zu dem Zeitpunkt gerade von ihrem Freund getrennt und den Job gekündigt hatte. Ohne Job, Studienplatz und Beziehung fährt sie Hals über Kopf nach Köln, besucht einen Kurs an der TV-Summer School von RTL und erhält die Möglichkeit, als TV-Redakteurin bei Big Brother zu arbeiten – ohne jegliche Vorkenntnis im redaktionellen Bereich: „Das war eine tolle Zeit. Ich verdanke „Big Brother Köln“ unglaublich viel, vor allem das Entdecken der Leidenschaft für das bewegte Bild und das Geschichten erzählen.“

Köln tut ihr gut. Sie baut sich ein Leben auf, wälzt Wochenende für Wochenende Bücher über Drehbuchtheorie, schreibt in der Freizeit eigene Drehbücher und dreht mit Freunden ihren ersten Kurzfilm „Kleine Ewigkeit“. Es könnte nicht besser laufen doch dann kommt die Schreckensnachricht aus der Heimat: Ihr Vater sei unheilbar krank. Das stellt Rebecca Panian vor die bisher schwierigste Entscheidung ihres Lebens. Soll sie bleiben, in Köln, in ihrem neuen Leben, auf das sie stolz ist? Oder soll sie nach Hause fahren, wo sie ausser ihrer Familie nichts erwartet? Die Entscheidung fällt ihr nicht leicht, aber eigentlich ist der Fall von Anfang an klar: Sie kommt zurück in die Schweiz und bewirbt sich auf den Rat ihrer Mutter hin erneut am IAM für das JO-Studium.

Diesmal klappt es und Rebecca startet im Herbst 2007 in ihr erstes Semester. Sie geniesst es, sich endlich aufs Schreiben fokussieren zu können, Theorie-Input mit Praxiswissen zu verbinden – dem eigenen und dem im Studium vermittelten. Auch das Filmen kommt nicht zu kurz: Zusammen mit dem IAM-Dozenten Hans Schütz dreht sie den Dokumentarfilm CLAVESUONA – Reise zum Klang. 2010 schliesst sie das Studium erfolgreich ab und arbeitet danach als Freelancerin für das Schweizer Radio und Fernsehen. Ein Jahr später entschliesst sie sich entgegen einiger Stimmen, für zwei Monate nach New York City zu gehen, um dort einen Filmmaking-Course an der „New York Film Academy“ zu absolvieren. Sie hat Blut geleckt und weiss jetzt mit Sicherheit: Filmemachen ist ihr Ding. Zurück in der Schweiz startet sie den Masterstudiengang in Spielfilmregie an der Zürcher Hochschule der Künste und arbeitet nebenbei an ihrem Film „Zu Ende Leben“.

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Zu Ende Leben
Rebeccas Vater ist in der Zwischenzeit verstorben. Die langjährige Krankheitsgeschichte hat die Familie sehr zusammengeschweisst. Rebecca Panian nimmt vor allem positive Aspekte mit aus dieser schweren Zeit. Sie habe starke Dankbarkeit und Demut dem Leben gegenüber entwickelt. „Die Auseinandersetzung mit dem Tod macht das Leben tausendmal intensiver. Dadurch, dass wir den Tod ausklammern, verhindern wir, wonach wir uns eigentlich sehnen: ein intensives, bewusstes Leben – im Hier und Jetzt“, sinniert sie. Und das ist auch die Botschaft, die sie mit ihrem Dokumentarfilm „Zu Ende Leben“ den Menschen mitgeben möchte. Der Film begleitet Tom, einen Mann mit einem unheilbaren Hirntumor, auf einem Stück seines Weges. Dabei beleuchtet er äusserst feinfühlig die Themen Tod, Krankheit und Endlichkeit. Vor allem aber auch die Frage, was Leben bedeutet. Das wird zwar emotional, aber niemals kitschig. Die Geschichte lebt von der eindrücklichen Bildwelt, dem aussergewöhnlichen Protagonisten und seiner Familie, welche die Zuschauer unerwartet nah an der ungeschminkten Realität teilhaben lässt.

Zurich Film Festival Audience Award 2014
Der Dokumentarfilm wurde am Zurich Film Festival 2014 mit dem Audience Award ausgezeichnet. Gegen 37 konkurrierende Filme konnte sich „Zu Ende Leben“ durchsetzen. Rebecca Panian kann es noch gar nicht fassen: „Ein Traum wird wahr – vielen Dank!“.

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Mehr zum Thema
Der Trailer von „Zu Ende Leben“
Tickets für die Vorstellungen am Zurich Film Festival
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