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Wissen, was Kommunikation bewegt

Ein Blog der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

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Das IAM forscht in den Bereichen Kommunikation, Journalismus und Medienlinguistik.

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Wie Kommunikation die digitale Transformation ermöglicht

Posted on 26. November 2018 by Redaktion

Die digitale Transformation ist auf Kommunikation angewiesen und verändert diese zugleich massgeblich. So müssen Kommunikationsverantwortliche die eigene Abteilung auf eine sich laufend verändernde Umwelt einstellen, aber auch neue Aufgaben innerhalb der ganzen Organisation übernehmen und den Dialog über den Wandel mit den Stakeholdern führen. Die neue IAM-Studie zu Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation macht deutlich, welche Veränderungen anstehen und wo die Kommunikationsabteilungen heute stehen.

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Die digitale Transformation stellt die Unternehmenskommunikation vor enorme Herausforderungen. Auf der Ebene der Kommunikationsabteilung, also auf der Mikroebene, hat sie die digitale Transformation des Unternehmens zu ermöglichen. Auf der Ebene der Organisation, der Mesoebene, muss der Wandel des ganzen Unternehmens mitgestaltet und begleitet werden. Auf der Ebene des Austausches mit Markt und Gesellschaft, der Makroebene, ist gesellschaftliche Akzeptanz für die digitale Transformation des Unternehmens zu schaffen. Diese drei Rollen sind mit unterschiedlichen Aufgaben verbunden.

Abbildung: Framework «Rolle der Corporate Communications in der digitalen Transformation»

Die grafische Darstellung dieser drei Ebenen haben wir im Framework «Rolle der Corporate Communications in der digitalen Transformation» abgebildet. Das Framework ist ein zentrales Ergebnis unseres Forschungsprojekts «Kommunikation in der digitalen Transformation», das vom HarbourClub und vom IBM Research Lab unterstützt worden ist. Die Rollen zeigen auf, wohin sich die Kommunikation in den kommenden Jahren entwickeln sollte.

Darüber hinaus haben wir mittels Online-Befragung von CCOs aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung und mit zwei Fokusgruppen-Gesprächen erhoben, wo die Kommunikationsabteilungen in der Schweiz in diesem Prozess stehen. Diese aktuelle Kommunikationspraxis haben wir mit den zukünftigen Rollen und Aufgaben verglichen und daraus eine Agenda für CCOs formuliert, nach der sie die Unternehmenskommunikation zukünftig ausrichten und erfolgreich weiterentwickeln können.

Wie stark nehmen die Kommunikationsabteilungen ihre Rollen und Aufgaben in der digitalen Transformation bereits heute wahr? Wir stellen hier einige Ergebnisse kurz vor.

Mikroebene: Technologie als grösste Herausforderung  

Die Transformation der Kommunikationsabteilung betrifft die vier Dimensionen Strategie, Struktur, Kultur und Technologie. Die Online-Befragung zeigt, dass die Entwicklung in den ersten beiden Dimensionen am weitesten ist. So haben bereits zwei Drittel der Befragten in ihrem Kommunikationskonzept die Digitalisierung adressiert – oder werden das demnächst angehen. Rund ein Drittel der Unternehmen arbeitet mit einem Newsroom-Ansatz als Reaktion auf das Geschwindigkeits-Diktat der Digitalisierung. Aber auch agile Methoden wie Design Thinking oder Co-Creation scheinen sich in der Kommunikationspraxis zu etablieren.

Abbildung: Organisationsformen der Kommunikationsabteilungen. Online Befragung von CCOs, 2018.

Eine sehr grosse Herausforderung stellen hingegen die digitalen Technologien dar: Während Videos und Infografiken schon beinahe zum Standard gehören, werden Virtual- oder Augmented-Reality-Anwendungen noch kaum eingesetzt. Der grösste Handlungsbedarf zeigt sich im Bereich Automatisierung, die auf hoch entwickelten Datenanalysen beruht. Hier ist das Marketing bereits sehr viel weiter fortgeschritten als die Corporate Communications.

Mesoebene: Kommunikationsbefähigung der Mitarbeitenden adressiert

Der CCO und sein Team müssen die Geschäftsleitung und unter Umständen auch den Verwaltungsrat hinsichtlich der digitaler Transformation beratend begleiten. Dies wird in den meisten Unternehmen heute schon geleistet. Schwieriger hingegen ist die Aufgabe, die Mitarbeitenden des Unternehmens für den Umgang mit sozialen Medien anzuleiten oder sie als BotschafterInnen zu gewinnen. Besonders attraktiv scheinen hier Mitarbeitende zu sein, die sowohl Themenkompetenz als auch Kanalerfahrung haben. Diese werden zunehmend animiert, als BotschafterInnen oder Influencer nach innen und aussen zu wirken. Fast die Hälfte der befragten COOs bestätigt zudem, dass der interne Dialog über die digitale Transformation nicht nur online, sondern auch über Offline-Plattformen gepflegt wird.

Abbildung: Mitarbeitende als Botschafter. Online-Befragung von CCOs, 2018.

Makroebene: Issues Monitoring auf Digitalisierungsthemen ausrichten

Um bei Kunden und anderen Stakeholdern Akzeptanz für das Unternehmenshandeln zu schaffen, muss die Kommunikation Antworten auf deren Fragen geben. Über 60 Prozent der befragten CCOs haben die Digitalstrategie des Unternehmens – sofern diese eine haben – intern und extern kommuniziert. Wenn die Unternehmen die digitale Transformation thematisieren, dann kommunizieren sie vor allem über ihr Leistungsangebot oder über neue Organisationsformen. Interessant ist, dass die meisten Unternehmen ihr Issues Monitoring noch nicht systematisch auf Digitalisierungs-Themen ausgerichtet haben.

Abbildung: Thematische Schwerpunkte der Kommunikation über Digitalisierung. Online-Befragung CCOs, 2018.

Die Studie zeigt, dass sich Kommunikationsverantwortliche nicht mehr primär auf die Digitalisierung der Kommunikationskanäle fokussieren sollten, sondern sich auch mit den Möglichkeiten und Grenzen datenbasierter Kommunikation auseinandersetzen und neue Schnittstellen im Unternehmen wie beispielsweise zum Chief Digital Officer (CDO) pflegen müssen. Denn bereits 40 Prozent der befragten Unternehmen haben eine CDO-ähnliche Position geschaffen. Zudem sollten sich die CCOs die Kommunikation der Digitalisierung vermehrt zu ihrer Aufgabe machen. Nur so können sie auf allen drei Ebenen – Kommunikationsabteilung, Unternehmen und Gesellschaft – gestaltend mitwirken.

Die detaillierten Ergebnisse des Forschungsprojekts können im Working Paper «Kommunikation in der digitalen Transformation. Bestandsaufnahme und Entwicklungsbedarf des strategischen Kommunikationsmanagements von Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungen und Non-Profit-Organisationen in der Schweiz» nachgelesen werden.


Weiterbildung rund um Digitale Transformation und Kommunikation

Im neuen CAS «Digitale Transformation und Kommunikation» am IAM erwerben die Teilnehmenden Kompetenzen für die erfolgreiche Umsetzung der unterschiedlichen Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation. 

Nächste Durchführung: Ende August – Dezember 2019

Weitere Informationen und Anmeldung


Mehr zur digitalen Transformation:

  • Botschaften UND Daten: Kommunikation braucht Gleichgewicht
  • Was macht Mitarbeitende zu Influencern?
  • Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat
  • «KI bietet ganz neue Möglichkeiten»
  • Ein Megatrend – und (noch) keiner macht mit
  • Offen – schnell und dialogisch

 

Die Macht der Gemeinschaft

Posted on 26. Oktober 2018 by harz

Das Crowdfunding zur Finanzierung des Grundeinkommens im Projekt “Dorf testet Zukunft” läuft schon ein Weilchen, ist aber nicht besonders erfolgreich. Bis jetzt ist nur ein Bruchteil der 6 Millionen zusammengekommen, die es braucht, damit der Grundeinkommensversuch starten kann. Bei vielen kommen erste Zweifel auf, ob sich der Aufwand des Projektteams und der Gemeinde Rheinau überhaupt gelohnt hat. Ich finde: unbedingt. Und zwar unabhängig davon, wie viel Geld schlussendlich zusammenkommt.

Von Prof. Dr. Aleksandra Gnach, IAM-Professorin für Medienlinguistik mit Schwerpunkt Social Media

Das Projekt ist verrückt, utopisch und nicht aussagekräftig sagen die einen. Andere – dazu gehört ein Grossteil der Rheinauerinnen – finden es zukunftsweisend und umsetzbar. Einig sind sich alle in einem Punkt: das Projekt ist aussergewöhnlich. Finde ich nicht. Für mich ist es vor allem eins: so schweizerisch wie ein Projekt nur sein kann.

Unser interdisziplinäres Forschungsteam begleitet die Vorbereitungen zum Projekt seit dem Anfang. Wir waren dabei, als es in Rheinau angekündigt wurde und nahmen auch an der legendären Gemeindeversammlung vom 31. August teil, wo das Projektteam unter grossem Medienecho seine Vision der Bevölkerung erklärt hat. Wir haben mitgejubelt, als die Mehrheit der RheinauerInnen sich zum Mitmachen entschieden hat und jetzt fiebern wir mit beim Crowdfunding.

Abstrakten Konzepten Leben einhauchen

Das Projekt “Dorf testet Zukunft” zeigt sehr anschaulich, wie sich das politische System der der Schweiz auf unsere Realität auswirkt, was Föderalismus möglich macht und wie viel Kraft und Potenzial in Gemeinschaften liegt. Es ist faszinierend zu sehen, wie ein Gemeinderat entspannt und ganz natürlich Revolutionäres wagt, zu beobachten, wie die Diskussionen in der Gemeinde verlaufen, online und offline – an der Gemeindeversammlung, in der Gartenbeiz und im Whatsapp-Chat. Sichtbar wird, wie sich Meinungen bilden und wandeln, wie ein abstraktes Konzept wie das Grundeinkommen beim Reden und Schreiben darüber Gestalt annimmt. Und wie die konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema durch Medienberichterstattung und Social Media weit über die Gemeindegrenzen hinaus in den öffentlichen Diskurs überschwappt.

Community Communication beeinflusst unsere Realität

Genau das finde ich spannend aus Perspektive der Medienlinguistik. In meiner Forschung untersuche ich das Zusammenspiel von digitaler Kommunikation, öffentlichen Diskursen und sozialer Realität. Ganz besonders interessiert mich, wie sich die Kommunikation von Gemeinschaften auf die Wahrnehmung und die Gestaltung unserer Welt auswirkt und wie Gemeinschaften bestimmten Phänomenen – wie dem Bedingungslosen Grundeinkommen – Bedeutungen zuweisen im Zusammenspiel von offline und online Kommunikation. Das ist deshalb relevant, weil unser Massenmediensystem durch die Social-Media-Kommunikation ergänzt und mit ihr verknüpft wird. Die öffentliche Meinung wird stärker denn je geprägt von Meinungen, die Diskussionen von Gemeinschaften entstehen. In klassischen Gemeinschaften, wie ein Dorf, oder in virtuellen, wie das weltumspannende Netzwerk der Grundeinkommens-BefürworterInnen.

Es bleibt spannend

Die Fragen der Rheinauer und Rheinauerinnen und der Anmeldeprozess für die Teilnahme veranschaulichen, wie viele Berührungspunkte das Projekt mit bestehenden Systemen hat. Sind Alimente ein Einkommen? Ist es fair, dass die Ehefrau eines gutverdienenden Mannes Anspruch auf 2’500 CHF hat? Sollen Asylsuchende, die in Rheinau angemeldet sind, auch Anspruch auf ein Grundeinkommen haben? Falls ja, müssen sie dann die normalerweise subventionierten Deutschkurse selber bezahlen? Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen, die vielen Gespräche und Diskussionen im Dorf verändern die Einwohner, jede/n einzelne/n von ihnen und auch die Gemeinschaft als Ganzes. Rheinau wird nie mehr sein wie vorher. Allein deshalb hat sich der Aufwand gelohnt. Und das Tüpfelchen auf dem i ist die Tatsache, dass man schon aufgrund der bisherigen Diskurse gesellschaftlichen Wandel mit Daten illustrieren kann. Abzuwarten bleibt, ob die Macht der Gemeinschaft auch beim Crowdfunding spielen wird. Wir sind gespannt.


Mehr zum Thema:

  • Von der Sehnsucht nach Gemeinschaft
  • Virtual Communities are like Unicorns
  • Community Communication im Radio
  • “Vertrauen ist die neue Währung”

Mehr von dieser Autorin: Aleksandra Gnach

Social Media Studie Schweiz 2018

Posted on 24. Oktober 2018 by harz

Vor 16 Jahren waren Online-Tools für Journalistinnen und Journalisten noch einigermassen neu, sie veränderten aber die Art, wie sie recherchierten und kommunizierten, bereits substanziell. Dies hatte immer auch Auswirkungen auf die Kommunikatorinnen und Kommunikatoren in Unternehmen und anderen Organisationen. Wie wecke ich die Aufmerksamkeit von Medienschaffenden? Wie kommuniziere ich mit ihnen? Diese Fragen stellten sich damals, und sie stellen sich, mit ganz anderen Voraussetzungen, auch heute noch.

von Prof. Dr. Guido Keel, Leiter IAM

Damals führte das IAM mit der PR-Agentur Bernet PR, wie sie damals noch hiess, zum ersten Mal eine Befragung durch, um festzustellen, wie Journalistinnen und Journalisten das Internet nutzten und einschätzten. Und das tun wir seither in regelmässigen Abständen immer wieder. Vor 11 Jahren befragten wir zum ersten Mal gezielt Unternehmen, Verwaltungen, Verbände und NGOs. Dank diesen Befragungen haben wir inzwischen Daten, welche die Verbreitung von Online-Tools und Social Media in der Schweiz – vor allem in der Deutschschweiz – dokumentieren.

Social Media damals…

«In der Deutschschweiz besitzen rund zwei Drittel aller Journalistinnen und Journalisten eine E-Mail-Adresse.» Das war eine Erkenntnis aus dem Jahr 2002. Was heute selbstverständlich scheint, war damals neu und alles andere als flächendeckend im Einsatz. Zuerst waren es E-Mail-Adressen, dann die Berücksichtigung von Blogs für die Recherche, später der Einsatz von Social Media für die strategische Kommunikation, die Integration in die Kommunikation und schliesslich die strategische Planung von Social Media als Kommunikationsplattform.

…heute…

Letzte Woche erschien die aktuelle Studie des IAM und Bernet Relations, die den Einsatz von Social Media in Organisationen beschreibt. Auf unsere Fragen antworten Kommunikations-Profis der grössten Schweizer Unternehmen, Non-Profit-Organisationen, KMU, Behörden und Verwaltungen.

Die wichtigsten Resultate, wie sie die Kollegen von Bernet Relations zusammengefasst haben:

  • Engagement:Fast 90% der Schweizer Organisationen sind aktiv, viele davon schon routiniert und mehrere Jahre – nur noch wenig sind erst neu dabei.
  • Strategie:Organisationen sind immer strategischer unterwegs, ein Teil (39%) aber erst für Unternehmens-Bereiche und bei Projekten –  bei der Sicht auf das Gesamtunternehmen (51%) gibt es noch Potenzial.
  • Ziele:Organisationen streben vor allem Sichtbarkeit, Reichweite und Nähe an. Kommerzielle Unternehmen setzen Social Media eher breit ein und pflegen individuelle Kontakte weniger. Politische Organisationen, Verwaltungen streben den direkten Kontakt zu Kunden, Bürgern und Journalisten an.
  • Kanäle:YouTube ist die neue Nummer eins – noch vor Facebook. Am stärksten gewachsen sind Chat-Dienste (wie Whatsapp) und Live-Streamings.
  • Bezahlte Präsenz:Immer mehr bezahlen Organisationen für ihre Social-Media-Präsenz. Die Frequenz ist hoch, 17% nutzen SocialAds täglich, 23% wöchentlich. Darunter auch NPO, Behörden, politische Organisationen.
  • Ressourcen:Gab es in den letzten Studien noch kaum eigene Mittel für Social Media, so sind heute bei den meisten Unternehmen Budgets vorhanden (76%) oder demnächst geplant (5%). 
  • Influencer:Mehr als die Hälfte (52%) arbeitet mit Influencern – internen oder externen Meinungsmachern. Verwaltungen und politische Organisationen eher mit internen, Unternehmen mit internen und externen.
  • Zukunft:Die Befragten sehen eine wachsende Bedeutung für das Personalmarketing und die Ausdehnung der Social-Media-Strategie über alle Abteilungen und Bereiche.

… und morgen

Und die Zukunft der Studie? Wir bleiben dran. Die Entwicklung von Social Media in der öffentlichen Kommunikation ist noch lange nicht abgeschlossen, und es bleibt sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis relevant zu sehen, welche Rolle Social Media in der strategischen und öffentlichen Kommunikation spielen.

Die aktuelle Studie kann hier heruntergeladen werden: Bernet ZHAW Social Media Studie Schweiz

*Bild: bernetblog.ch

Botschaften UND Daten: Kommunikation braucht Gleichgewicht

Posted on 3. Oktober 2018 by harz

Die digitale Transformation fordert Kommunikationsverantwortliche heraus. Sie müssen ein neues Gleichgewicht finden im Dreieck von Technologie, Organisation und Gesellschaft. Die neue IAM-Studie zu Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation schlägt eine Agenda vor, wie der Paradigmenwechsel anzugehen ist.

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Die Bezugsgrössen der Unternehmenskommunikation verändern sich derzeit mit hohem Tempo. Kommunikationsverantwortliche stehen vor der Herausforderung, ein neues Gleichgewicht im Spannungsfeld von technologischer Entwicklung, digitalem Wandel der Gesellschaft und digitaler Transformation der Organisation zu finden. Dabei geht es nicht nur darum, auf die Veränderungen zu reagieren, sondern diese proaktiv mitzugestalten.

Die meisten Kommunikationsverantwortlichen konzentrieren sich bereits seit einiger Zeit darauf, die Kommunikationsprozesse bezüglich Schnelligkeit und Wirksamkeit zu optimieren, etwa durch die Einführung von Newsroom-Strukturen und integrierten Planungstools. Zudem treiben sie die Digitalisierung der Kommunikationskanäle weiter voran. Damit tragen sie dem neuen Informations- und Kommunikationsverhalten innerhalb und ausserhalb der Organisation Rechnung. Dies hilft zwar, effizienter und zielgruppengerechter zu kommunizieren, ist aber noch keine Antwort auf die grundsätzlichen Fragen, die in Bezug auf die Digitalisierung von Organisation und Gesellschaft gestellt werden. Etwa die Frage, wieviel und welche Technologien es generell und im Bereich Kommunikation im Speziellen braucht, um Ansprüche und Bedürfnisse von Markt und Gesellschaft zukünftig zu befriedigen. Welchen Beitrag Unternehmenskommunikation zur Bewältigung der organisationalen Herausforderungen leisten kann und, damit verbunden, mit welchem Selbstverständnis die Schnittstellenfunktion innerhalb des Unternehmens und seinem Ökosystem und zwischen Unternehmen und Gesellschaft wahrgenommen werden soll.

Abbildung: Bezugsgrössen der Unternehmenskommunikation

Fest steht: Kommunikation steht vor einem Paradigmenwechsel. Dies zeigen auch die Ergebnisse unseres soeben abgeschlossenen Forschungsprojekts Kommunikation in der digitalen Transformation, das wir in Zusammenarbeit mit dem HarbourClub und IBM Research durchgeführt haben. Das Projekt zielte darauf ab, die im Zuge der technologischen Entwicklungen und der digitalen Umgestaltung von Organisationen zu erwartenden Veränderungen der Corporate Communications und deren Handlungsbedarf zu erfassen. Dazu wurde ein Framework entwickelt, das die Rolle und die damit verbundenen neuen Aufgaben der Kommunikation definiert. Dieses Framework wurde mittels Experteninterviews validiert. In einer Online-Befragung von Kommunikationsverantwortlichen (CCOs) in der Deutschschweiz wurden der aktuelle Stand der Umsetzung dieser Aufgaben in der Praxis erhoben und ausgewählte Ergebnisse in zwei Fokusgruppengesprächen mit CCOs diskutiert.

Agenda für Kommunikationsverantwortliche

Unsere Forschungsergebnisse machen deutlich, dass sich Kommunikationsverantwortliche nicht mehr nur auf die Digitalisierung der Kommunikationskanäle fokussieren können, sondern sich auch mit den Möglichkeiten und Grenzen datenbasierter Kommunikation auseinandersetzen müssen. Hinzu kommt, dass sie sich die Kommunikation der Digitalisierung vermehrt zur Aufgabe machen müssen. Wie Kommunikationsverantwortliche die Unternehmenskommunikation zukünftig ausrichten und erfolgreich weiterentwickeln können, haben wir in einer Agenda festgehalten, die den CCOs als Kompass dienen soll. Fünf zentrale Punkte daraus stellen wir hier vor:

  1. Der CCO bleibt «Head der Botschaften», muss neu aber auch zum «Head der Daten» werden. Damit wird technologisches Verständnis zur neuen Schlüsselkompetenz. Der CCO bleibt auch in der digitalen Transformation zuständig für das strategische Storytelling, für das multimediale Ausspielen der Unternehmensbotschaften. Diese Aufgaben lassen sich in Zukunft aber nur noch durch den Einsatz von digitalen Technologien erfolgreich bewältigen, etwa durch datengetriebene Analysen von Stakeholder-Verhalten oder automatisierte Textproduktion und -distribution. Dies verlangt nach einem veränderten Kompetenzprofil des CCO.
  2. Automatisierung und durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützte Applikationen müssen sinnvoll in Analyse, Messaging und Design integriert werden. Die Digitalisierung ist in vielen Kommunikationsabteilungen weit fortgeschritten. Die digitalen Kanäle sind zu Leitmedien geworden, Printmedien werden nur noch komplementär eingesetzt. KI verspricht nun einen weiteren Quantensprung. Von der Analyse über die Strategieentwicklung, vom Storytelling bis zur Wirkungskontrolle werden in Zukunft kognitive Assistenten die Arbeit der Kommunikationsverantwortlichen und -mitarbeitenden unterstützen.
  3. Issues Monitoring und Management muss verstärkt auf Themen rund um die Digitalisierung ausgerichtet werden. Die Kommunikation stellt die Outside-In-Perspektive konsequent sicher. Der gesellschaftliche Diskurs dreht sich zunehmend um Themen, die im weitesten Sinn mit der Digitalisierung zusammenhängen. Diese reichen vom Roboter als Arbeitsplatz-Vernichter über Datensicherheit und -missbrauch bis zum veränderten Verhalten von Medien-Produzenten und -Rezipienten. Ein systematischer Issues-Management-Prozess bindet solche Themen ein, auch wenn sie erst auf den zweiten Blick Relevanz für das Unternehmen entfalten. Die Outside-In-Perspektive kann über ein ausgebautes Community Management befördert werden.
  4. Die Kommunikationsbefähigung der Mitarbeitenden im digitalen Zeitalter muss zu einem der wichtigsten Aufgabenfelder der Unternehmenskommunikation werden. Die CCOs sehen es als wichtigste Herausforderung der kommenden Jahre an, die Kommunikationsfähigkeit aller Mitarbeitenden ihres Unternehmens zu stärken. Diese Aufgabe liegt im Schnittfeld von Kommunikation, HR und IT, wobei die Kommunikation im eigenen Interesse eine Führungsrolle anstreben sollte. Mitarbeitende mit Themen- und Kanalkompetenz sind die attraktivsten, weil authentischsten Botschafter für das Unternehmen.
  5. Die Kommunikationsfunktion in der Organisation müssen weiter integriert und neue Schnittstellen proaktiv gepflegt werden. Unternehmenskommunikation, Marketingkommunikation und HR-Kommunikation rücken noch näher zusammen. Im Corporate Newsroom sollten sie zwingend zusammenstehen. Der CCO muss dabei seine neue Position finden. Als Mitgestalter und Moderator der digitalen Transformation kann er eine treibende Kraft werden. Dazu aber muss er die Verbindungen zu den technologischen Kompetenzen im Unternehmen intensivieren. Der Chief Digital Officer wird zum Brennpunkt der Digitalisierung, bei ihm laufen viele Fäden im Unternehmen zusammen. Eine starke Brücke zum CDO zu bauen ist für den Kommunikationsverantwortlichen Pflicht.

Wenn Kommunikationsverantwortliche diese Punkte im Blick haben, sind sie nicht nur in der Lage, ihre Organisation weiterhin in der Kommunikationsarena zu positionieren und zu legitimieren, sondern können auch die strategische Ausrichtung des Unternehmens und den damit verbundenen Transformationsprozess aktiv mitgestalten und zugleich die Qualität von Stakeholder-Interaktion und -Beziehung stärken.

Die vollständige Agenda kann im Working Paper «Kommunikation in der digitalen Transformation. Bestandsaufnahme und Entwicklungsbedarf des strategischen Kommunikationsmanagements von Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungen und Non-Profit-Organisationen in der Schweiz» nachgelesen werden.


Weiterbildung rund um Digitale Transformation und Kommunikation

Im neuen CAS «Digitale Transformation und Kommunikation» am IAM erwerben die Teilnehmenden Kompetenzen für die erfolgreiche Umsetzung der unterschiedlichen Rollen und Aufgaben der Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation. 

Nächste Durchführung: Ende August – Dezember 2019

Weitere Informationen und Anmeldung


Mehr zur digitalen Transformation:

  • Mäuschen oder Manager
  • Was macht Mitarbeitende zu Influencern?
  • Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat
  • «KI bietet ganz neue Möglichkeiten»
  • Ein Megatrend – und (noch) keiner macht mit
  • Offen – schnell und dialogisch

Litigation-PR: Interdisziplinäre Zusammenarbeit schafft Mehrwert

Posted on 21. August 2018 by Redaktion

Schon mal von Litigation-PR gehört? Falls nicht, ist es kein Grund zur Beunruhigung. Litigation-PR ist in der Schweizer Kommunikationsszene längst noch nicht allen ein Begriff. Dies wird sich in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich ändern. Die hierzulande relativ junge Kommunikationsdisziplin befasst sich mit Öffentlichkeitsarbeit und strategischer Kommunikation in Zusammenhang mit Rechtsverfahren.

von Prof. Dr. Aleksandra Gnach, Professorin für Medienlinguistik und Dozentin am IAM

Während Rechtskommunikation in den USA gang und gäbe ist, wird sie bei uns noch sehr vorsichtig und relativ unsystematisch praktiziert. Dabei wurde auch in der Schweiz schon mehrmals deutlich, dass die öffentliche Meinung die Verhandlungen im Gerichtssaal oder die Reputation der Beteiligten nachhaltig beeinflussen kann. Eines der wohl klassischsten Beispiele ist der Swissair-Prozess. In diesem Fall waren die Vorwürfe, wonach die Bank die Hauptschuld am Grounding trage, von den Medien und der Öffentlichkeit als Fakt wahrgenommen worden, obwohl sie sich im Nachhinein als weitgehend ungerechtfertigt entpuppten. Aktueller ist der «Fall Carlos», bei dem die Medienberichterstattung tiefgreifende Konsequenzen für einige Verfahrensbeteiligte hatte.

Soziale Medien verändern die Rechtskommunikation

Haben sich vermeintliche Fakten erst einmal in den Köpfen des Publikums festgesetzt, sind sie schwer zu revidieren. Besonders dann, wenn sie bereits vorhandenen Stereotypen und Vorurteilen entsprechen oder wenn Diskussionen von Emotionen statt von sachlichen Argumenten dominiert werden. Gerade auf Social-Media-Plattformen ist dies oft der Fall. Die limitierte Zeichenzahl, die hohe Dynamik der Interaktion, einprägsame Bilder und die Beteiligung sehr unterschiedlicher Akteure wirken sich auch auf die Rechtskommunikation aus. Die selektive und zurückhaltende Informationstaktik, wie sie bis anhin meist in Zusammenhang mit Rechtsverfahren gepflegt wurde, muss folglich zumindest teilweise überdacht werden.

Neue Kompetenzen sind gefragt

Soziale Medien haben das Potenzial, die öffentliche Meinung überdurchschnittlich zu beeinflussen. Wer strategische Rechtskommunikation betreiben will, muss deshalb die neuen Kommunikationskanäle und deren Dynamiken kennen. Schon heute äussern sich Journalistinnen, Richter oder Betroffene über Twitter zu laufenden Gerichtsverfahren, teilweise sogar direkt aus dem Gerichtssaal. Der Litigation-PR fällt, neben dem Einsatz der klassischen Instrumente der Corporate Communication, die Aufgabe zu, einzelne Äusserungen zu kontextualisieren, Opinion Leader in Diskurse einzubinden und die Meinungsbildung relevanter Communities zu steuern. Zum Einsatz kommen dabei unter anderem Hashtags, Bilder und Infografiken auf diversen Social-Media-Plattformen mit unterschiedlichen Potenzialen und Beschränkungen.

Podium an der Litigation-PR Tagung 2018. Bildquelle: ZHAW School of Management and Law, 2018.

Zusammenarbeit mit Kommunikationsprofis schafft Mehrwert

Anwaltskanzleien, die von Anfang an strategische Öffentlichkeitsarbeit in ihre Klientenberatung einbeziehen, schaffen einen klaren Mehrwert. Für ihre Mandanten, nicht zuletzt aber auch für die eigene Kanzlei. Aber: Litigation-PR fängt nicht erst mit dem Rechtsfall an. Denn gerade Community-Communication basiert auf langfristiger Beziehungspflege und Vertrauen, da ist ausgeprägte Kommunikationskompetenz und ein Sensorium für unterschiedliche Kommunikationskulturen gefragt. Komplexe juristische Sachverhalte müssen für unterschiedliche Publika gezielt aufbereitet und verständlich gemacht werden, damit Missverständnisse vermieden werden können und Interaktionen auf Augenhöhe möglich sind. Hochschulen haben den Wert interdisziplinärer Zusammenarbeit längst erkannt. Die Rechtskommunikationspraxis wird wohl nicht lange auf sich warten lassen.

An der alljährlichen Litigation-PR Tagung der School of Management and Law der ZHAW tauschen sich Teilnehmende aus Politik, Wirtschaft, Recht und Medien über Entwicklungen in der Rechtskommunikation aus. Wie die diesjährige Durchführung zeigte, stösst die Tagung zunehmend auch bei Kommunikationsprofis auf Interesse.


CAS Community Communication – Communities bilden, moderieren und verstehen

Prof. Dr. Aleksandra Gnach ist, zusammen mit Prof. Dr. Vinzenz Wyss, Programmverantwortliche des Zertifikatslehrgangs CAS Community Communication am IAM. Die nächste Durchführung beginnt am 11. Januar und endet am 18. April 2019.


Mehr zum Thema

  • Lohnt sich Community Communication für Organisationen?
  • «In der Sharing Economy ist Vertrauen der zentrale Wert» In: ZHAW-Impact Nr. 38, September 2017, ab Seite 24
  • Community Communication im Radio
  • Virtual Communities are like Unicorns
  • Vertrauen ist die neue Währung

Daten sehen. Daten hören.

Posted on 2. Juli 2018 by Redaktion

90 Schuss in 10 Sekunden feuerte der Attentäter von Las Vegas im Oktober 2017 ab. Das entspricht ungefähr der Kapazität einer vollautomatischen Schusswaffe mit 98 Schuss in 7 Sekunden. Zum Vergleich: Beim Attentat in Orlando 2016 waren es 24 Schuss in 9 Sekunden. In einer Grafik visualisierte die New York Times die in den Attentaten abgefeuerten Schüsse pro Sekunde: Jeder Punkt ein Schuss. Die Grafik selbst sieht nicht spektakulär aus; trotzdem gewann sie den Malofiej Award 2018 in der Kategorie Breaking News. 

Das Bemerkenswerte an der Grafik ist nicht das, was man sieht, sondern das, was man hört: nämlich die schnelle Schussfolge und die massive Anzahl der Schüsse. Jeder Schuss ein dumpfer Ton der Gewalt – als würde man im Kugelhagel stehen. 

von Prof. Dr. Wibke Weber, Professorin für Medienlinguistik mit Schwerpunkt Visuelle Kommunikation und Mitglied des INDVIL-Forschungsteams

Journalistische Datenvisualisierungen zum Hören sind bisher selten. Wie der Begriff schon sagt, geht es ja um das Visualisieren von Daten. Erst die Visualisierung macht die Daten zugänglich. Doch im Fall der «New York Times»-Grafik kommt zur visuellen Darstellung noch die klangliche Ebene dazu: die auditive Transformation von Daten. Man spricht von Sonifikation: Daten werden übers Hören zugänglich und erlebbar gemacht. Denn Hören ist nochmal anders als Sehen.

Hören ist immer emotional. Wir hören eine Melodie und sind gerührt; wir hören ein Geräusch und sind erschrocken; wir hören ein Signal und sind alarmiert; wir hören eine Stimme und sind beruhigt. Während visualisierte Daten in Form von Balkendiagrammen und Graphen oft objektiv und nüchtern wirken, lösen sonifizierte Daten Emotionen aus.

Visualisierung von Schallwellen. Quelle: Wikimedia Commons 

Numerisch, visuell, auditiv

Datenvisualisierungen, die auf Sound setzen, folgen damit einer dreifachen Logik:

  1. einer nüchternen Zahlenlogik, die auf mathematischer Berechnung beruht, verpackt in Tabellenform und Programmiercode.
  2. einer Bildlogik: damit ist der Transfer der Daten ins Visuelle gemeint. Die Bildlogik ist also eine sekundäre Bedeutungsebene, die zudem subjektive Züge trägt, denn Visualisieren ist immer ein Akt der Interpretation.
  3. einer akustischen Logik: dem Hörbarmachen der Daten. Diese dritte Ebene kann entweder die visuelle Aussage verstärken oder die Visualisierung erweitern. Letzteres ist der Fall bei der «New York Times»-Grafik, wo die Schüsse sofort Bilder vom Attentat hervorrufen. Das stumme Liniendiagramm vermag dies nicht. 

Das Ohr erfasst Dinge differenzierter und sensibler als das Auge. Wenn wir genauso gut sehen könnten wie hören, dann würden wir eine 10-Watt-Glühlampe aus 1’000 Kilometer Entfernung erkennen. Wir hören über ein Spektrum von 10 Oktaven, das Auge schafft nur eine.

The sound of data

Über mehrere Oktaven geht auch die Datenvisualisierung der Berliner Morgenpost. Das Datenteam hat den tiefen Fall der SPD in Deutschland vertont, basierend auf 3’838 Umfragen von Januar 1998 bis Ende Februar 2018. Man sieht die Linie im Diagramm auf- und absteigen und hört, wie die Partei über die Jahre immer weiter in den Keller rutscht. Der tiefe Schlusston klingt dramatisch und endgültig.

Ästhetische Stilmittel in Datenvisualisierungen, ihr multimodales Zusammenspiel und ihre Wirkung untersuchen wir im Forschungsprojekt Innovative Data Visualization and Numeric-Visual Literacy (INDVIL). Ein animierter Graph kann eindrücklicher wirken als ein statischer, ein akustischer emotionaler als ein animierter. Die Gestaltungspalette an visuellen und akustischen Variablen scheint dabei unendlich: Punkte, Linien und Flächen als visuelle Basiseinheiten von Diagrammen können unterschiedlich gestaltet und variiert werden in Grösse, Muster, Richtung, Form, Farbe, Tonwert und Position. Diese Basiseinheiten sind mit fortschreitender Technik um weitere Variablen erweitert worden, z. B. um Bewegung mit den Subvariablen Geschwindigkeit, Richtung, Flimmern, Rhythmus und Synchronisation.

Prof. Dr. Wibke Weber spricht über Datenvisualisierungen am IAM live 2017.

Auch die auditiven Stilmittel sind vielfältig, wie das Sound Design zeigt. Allein der Datensound der beiden Fallbeispiele setzt sich aus verschiedenen Parametern zusammen: Lautstärke, Tonhöhe, Tondauer, Klangfarbe, Tempo, Rhythmus, Harmonie, Musikstil. Wie verändert sich die Aussage einer Visualisierung, wenn die Daten im Vivaldi-Stil hörbar gemacht werden? Sollen die Schüsse eines Attentäters realistisch klingen oder eher symbolisch sonifiziert werden? Mit welcher Methodik wurden die Daten in Töne transformiert, welche Programmierung liegt zugrunde? Ermöglicht die auditive Variante eine neue Sichtweise auf die Daten? Und wie glaubwürdig ist der Datensound?

Fragen, die gerade mit den neuen Technologien wie Augmented und Virtual Reality (VR/AR) oder im Zusammenhang mit der künstlichen Intelligenz nach Antworten verlangen. AR und VR erlauben uns, direkt in die Daten einzutauchen, mit Balken- und Kreisdiagrammen zu interagieren, in Timelines und Karten hineinzuzoomen. Dann geht es nicht mehr nur darum, Daten zu sehen, sondern sie mit allen Sinnen zu erleben.

Mehr zum Thema

  • Forschungsprojekt INDVIL Innovative Data Visualization and Visual-Numeric Literacy
  • Ein Megatrend – und (noch) keiner macht mit
  • Virtual Reality – Teure Spielerei oder Storytelling mit Zukunft?
  • Vom Sichtbarmachen und Zeigen. Storytelling heute
  • Daten statt Worte – Journalismusausbildung im Zeitalter von Big Data

PR in einer agonalen Welt

Posted on 25. Mai 2018 by Redaktion

Wir entkommen ihr nicht. Wo wir auch tätig sind, ist sie offensichtlich: Die agonale Verfassung unserer Welt. Darunter verstehen wir die Tatsache, dass es zu jeder Meinung eine Gegenmeinung, zu jedem Fakt einen kritischen «Check», zu jedem Vorschlag einen begründbaren Einwand gibt.

von Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach und Fabienne Bünzli*

Unsere Welt ist ein gigantischer Wettstreit. Die Demokratie eine ewige Debatte. Die Wissenschaft ein institutionalisiertes Werweissen. Ja, so weit ist es gekommen mit dieser Aufklärung, da sind wir gelandet in dieser schönen neuen, in dieser «postmodernen» Welt (Lyotard; Holtzhausen / Zerfass).

Eine gute Nachricht ist das für Streitlustige: Was wir wissen, das eignen wir uns in Auseinandersetzungen an. Diese entwickeln sich überall und jederzeit: An der Aktualität («bad news», «good news» oder «fake news» aus Washington?), im Fernsehen (Demokratie oder Propaganda bei Jonas Projer?), oder gar zu Hause beim Nachtessen (ist fortschrittlich oder rückständig, wer mehr private Eigenverantwortung fordert?).

Eine schlimme Nachricht aber kann es für den Alltag sein: Zu schnell ist eine gute Idee schlechtgeredet. Und die Person, die Initiative ergreift, steht schon in der Kritik, bevor sie einen Tatbeweis erbringen kann.

Organisationskommunikation – also die Wissenschaft und die Kunst arbeitsteiliger Wertschöpfung – bleibt davon nicht unberührt. Was ist eine gute Strategie in pluralistischen Kundenmärkten? Wie wäre eine Umstrukturierung Mitarbeitenden zu vermitteln, die je ganz unterschiedliche Interessen verfolgen? Wofür genau brauchen wir den zentralen Corporate Newsroom, wo doch «micro-targeting» von Messages und Diversität das Gebot der Stunde sind?

Agonalität ist Alltag geworden. Die Einheits- und Integrationsphantasien von «Corporate Communications» stehen auf dem Prüfstand des digitalisierten Meinungsmarkts (Christen / Cornelissen). Die Arbeitsfelder – gerade in der Schweiz – sind mehrsprachig und multikulturell (bei Migros und Coop, bei Banken und Versicherungen). Der Berufsverband («pr suisse») pflegt den Föderalismus, die Unternehmensverbände und Weiterbildungen stellen sich dem internationalen Wettbewerb. Und der Computer sowie das ihn nährende Internet: Sie rechnen diesen ganzen Widerstreit in Echtzeit auf und zeigen ihn auf dem Bildschirm, auch zu Hause.

Vielfalt und Widerstreit als Markenzeichen: Werbung der Bundeswehr.

Agonalität auch in der Wissenschaft

Die Wissenschaft selber bietet dabei kein Bild von Klarheit und Orientierung, sondern eines von agonal operierenden «Schulen», von zersplitterten Forschungs-«Communities» und Theoriewelten. «Strategische Kommunikation», «Corporate Communication», «PR», «Stakeholder-Kommunikation» und «Business Communication»: Das sind nur fünf der zahlreichen Labels, an deren fröhliches Gedeihen sich gewöhnen sollte, wer nach Wahrheit im modernen Organisationsleben sucht.

Doch wissenschaftliche Forschung hat in dieser agonalen Welt nicht ausgedient – ganz im Gegenteil. Sie bleibt die wohl einzige Hoffnung auf wirklichen Fortschritt der Erkenntnis. Sie prüft und wägt, sie verwirft oder begründet, sie experimentiert und verfeinert, was erfolgreiche Organisationskommunikation sein könnte – nach dem Wettbewerbsprinzip der Logik und der Gründlichkeit. Spitzensport des Intellekts, sozusagen.

Das Angebot der SGKM-Fachgruppe Organisationskommunikation / PR

Die Fachgruppe Organisationskommunikation / PR hat an der heurigen Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaften (SGKM) in Lugano ein Treffen und ein Fach-Panel abgehalten. Dabei ging es um die Orientierung des Fachs in dieser agonalen Welt. Und es ging darum, ein Angebot an Mitglieder und Interessierte zu formulieren, um die vielfältige, aber gemeinsame Sache in den nächsten Jahren vorwärts zu bringen.

Colette Schneider Stingelin (ZHAW) und Kristina Pelikan (TU Berlin / Swiss Tropical and Public Health Institute, Basel) umrissen dabei sehr anschaulich die Herausforderungen, denen begegnet, wer im Wirrwarr internationalisierter Projekte stringente «Konzepte» für die interne Kommunikation entwickeln und umsetzen möchte.

Die Fachgruppe beschloss einerseits, Panels an künftigen Jahrestagungen abzuhalten. Versierte Stimmen sollen die Organisationskommunikation in ihrer Vielfalt neben jenen aus dem Journalismus oder der digitalen Kommunikation zur Geltung bringen.

Sie fasste anderseits den Vorsatz, sich regelmässig auch intern auszutauschen. Dabei stehen weniger die Ergebnisse der Forschung im Zentrum. Vielmehr sollen empirische und theoretische Zugänge sowie Fragen der Methode zur Diskussion kommen: Es geht also nicht darum, wer «besser» ist. Es geht darum, wie jede(r) Einzelne noch besser werden kann – in ihrer bzw. in seiner eigenen Position im Wettstreit um das robuste Wissen. Eigene Forschung soll also nicht – wie oft an Workshops oder Tagungen – «verteidigt» werden müssen, sondern in ihrem eigenen Zugang positioniert und entlang der noch offenen, der brennenden – der eigenen! – Fragen geschärft werden. Ein Labor für OK- und PR-Forschung, ein Freundschaftsspiel zu Trainingszwecken, einen akademischen «Baustellenbesuch», so könnte man das nennen. Der Mut, auch Halbfertiges zur Diskussion zu stellen, würde dabei durch Feedbacks belohnt. Agonalität würde für einmal als «Heimspiel» inszeniert: also vor wohlwollendem Publikum.

Wer sich dafür interessiert, melde sich direkt bei der Fachgruppe (stue@zhaw.ch). Wer für die Fachgruppe eine andere Perspektive bevorzugt, tue genau dies erst recht (stue@zhaw.ch)! Lasst uns die agonale Organisationskommunikation auch wirklich leben.


* Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach ist Professor für Organisationskommunikation am IAM und Sprecher der Fachgruppe OK / PR der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaft (SGKM); Fabienne Bünzli, M.A. UZH, ist Doktorandin für strategische Kommunikation an der Universität St. Gallen und Mitglied der Fachgruppe.


Mehr Blog-Beiträge von Prof. Dr. Peter Stücheli-Herlach:

  • PR auf Hochtouren – dank tiefem Tunnel
  • In der Welthauptstadt des Energiediskurses
  • Es begann in der PR-Praxis
  • Unternehmenskommunikation, die lebt

Lohnt sich Community Communication für Organisationen?

Posted on 19. Mai 2018 by harz

Community Communication ist eine Herausforderung für die Organisationskommunikation. Mittlerweile kommuniziert ein Grossteil der Schweizer KMU auf Social-Media-Kanälen, meistens vor dem Hintergrund einer Social-Media-Strategie. Die wenigsten nutzen jedoch die Kraft von virtuellen Gemeinschaften. Das kommt nicht von ungefähr.

von Prof. Dr. Aleksandra Gnach, Professorin für Medienlinguistik am IAM

Haben Sie jemals auf einer Reise einen Zwischenhalt in einem abgelegenen Dorf eingelegt? Dann kennen Sie das Gefühl: Sie kommen in das Dorf-Café und merken, dass Sie Aussenseiter sind. Die Leute begrüssen einander auf eine besondere Art und Weise, tauschen vielsagende Blicke aus, reden und lachen über Dinge, welche Sie nur erahnen können. Alle scheinen dazu zu gehören, nur Sie nicht. Sie werden ignoriert oder bestenfalls freundlich geduldet. Ausser, Sie haben etwas Besonderes zu bieten, etwas, woran die Gemeinschaft interessiert ist. Das neueste Modell eines Hybridautos zum Beispiel, von dem alle schon gelesen, es aber noch nie gesehen haben. Dann kommen Sie schnell ins Gespräch. Sie versuchen sympathisch zu wirken und Fettnäpfchen zu umgehen, indem Sie zuhören, nicht den falschen Witz erzählen oder überheblich sind. Wenn alles klappt, haben Sie Sympathiepunkte gesammelt, Vertrauen gewonnen und ihr Aufenthalt – so kurz er auch sein mag – wird zu einem Erlebnis. Schon steht die Flasche selbstgebrannten Schnaps auf dem Tisch und innert kürzester Zeit erfahren Sie, wo die besten Restaurants und die faszinierendsten Sehenswürdigkeiten der Gegend sind. Haben Sie aber unwissentlich die Bürgermeisterin beleidigt, weil Sie ihr nicht gebührend Aufmerksamkeit geschenkt haben, müssen Sie mit den ausgetretenen Touristenpfaden Vorlieb nehmen und auch der Schnaps bleibt hinter der Theke.

Dieselben Mechanismen spielen auch in der Community Communication: Es braucht eine scharfe Beobachtungsgabe, Empathie, viel Fingerspitzengefühl und Kommunikationskompetenz.

Communities sind soziale Gebilde, die auf echten Beziehungen und ehrlichem Engagement beruhen

Beides kommt nur zustande, wenn die Bedürfnisse der Community-Mitglieder erfüllt werden. Diese lassen sich auf den drei oberen Ebenen der Maslowschen Bedürfnispyramide verorten. Soziale Bedürfnisse sind dann erfüllt, wenn die Mitglieder die Möglichkeit haben, sich mit anderen auszutauschen und das Gefühl bekommen, Teil von etwas Grösserem zu sein – einer politischen Bewegung, einer gesellschaftlichen Strömung oder einfach einer Gruppe von Menschen mit gleichen Ansichten und Zielen. Wenn die Community-Mitglieder die Gelegenheit haben, etwas zur Gemeinschaft beizutragen und Anerkennung dafür bekommen, werden ihre Ich-Bedürfnisse gestillt. Selbstverwirklichung, die letzte Stufe der Bedürfnispyramide, wird dann erreicht, wenn die Community-Mitglieder eine Rolle innerhalb der Gemeinschaft einnehmen können, aufgrund ihrer Zugehörigkeit neue Fertigkeiten entwickeln oder wenn sich ihnen Möglichkeiten und Perspektiven erschliessen, die sie ohne die Community nicht hätten. Dies ist sowohl aus Unternehmenssicht als auch für die Community vor allem dann lohnenswert, wenn sich dies nicht nur auf die Onlinewelt beschränkt, sondern ein Transfer in die Praxis gemacht wird. Zum Beispiel, wenn Hobbyentwickler ihre Erfindungen bei Lego tatsächlich umsetzen können oder Migipedianer neue Produkte in die Migros-Regale bringen – dann ist ihr Bedürfnis nach Selbstverwirklichung umfassend erfüllt. Und das motiviert die Mitglieder, weiterhin Energie und Zeit in die Community zu investieren.

Erfolgreiche Community Communication ermöglicht Zugang zu Ressourcen

Die entscheidende Frage ist deshalb: Kann eine Organisation die Bedürfnisse einer Community erfüllen? Wenn nicht, lohnen sich Zeit- und Geldinvestitionen in diesem Bereich kaum. Denn trotz viel Aufwand wird es auf den Social-Media-Plattformen bei der Einwegkommunikation bleiben, vielleicht mit etwas Engagement und Feedback zwischendurch, mit tragenden Beziehungen ist aber nicht zu rechnen. Bestenfalls lässt sich ein loses Netzwerk von Followern oder Fans aufbauen, die nicht miteinander interagieren und vor allem eigenen Interessen nachgehen, die sich mit denjenigen der Organisation nur bedingt decken. Wenn eine Organisation aber eine Struktur hat, die es erlaubt, die Bedürfnisse der Community zu erfüllen und die Mitglieder Teil der Organisationsrealität werden zu lassen, dann eröffnen sich neue Dimensionen der Organisationskommunikation. In Fällen wie Lego oder Migros bringt Community Communication Innovation, Kundenbindung und einen direkten Draht zur Community und dadurch wertvolles Wissen darüber, was unsere Stakeholder bewegt. Es geht also um den Zugang zu Ressourcen, und damit zum sozialen Kapital.

Der Begriff “soziales Kapital” bezeichnet – vereinfacht gesagt – die Gesamtheit der aktuellen und potenziellen Ressourcen, die mit der Teilhabe an einem Netz sozialer Beziehungen verbunden sind. Die Spannbreite der Ressourcen reicht von exklusiven Informationen, über Know-how und Aufträge, zu welchen man nur über bestimmte Kontakte Zugang hat, bis hin zu Support und Rückhalt die man in intensiven Zeiten, wie Neubeginn oder Krise, von einer Community bekommt, mit der man durch echte Beziehungen verbunden ist. Der Preis, den man dafür zahlt, ist Zeit und Herzblut, denn die besten Beziehungen zerfallen, wenn man nicht in sie investiert.

Communities haben gesellschaftliche Sprengkraft

Das zeigen Sharing-Economy-Unternehmen wie Airbnb oder UBER, aber auch Organisationen wie die Republik, die durch erfolgreiche Community Communication und das soziale Kapital aller Beteiligten gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen durchbrechen. Community Communication lohnt sich also durchaus, aber nur für Organisationen, die bereit sind, sich auf Communities einzulassen. Dazu braucht es eine Organisationskultur, die agil und flexibel ist, und genügend Spielraum lässt, um auf die jeweiligen Bedürfnisse, Werte und Kommunikationsformen von Communities einzugehen. Und es braucht Kommunikatorinnen und Kommunikatoren, die ihre Ideen mit Herzblut umsetzen, kommunikationskompetent sind, ein Gespür für unterschiedliche Kulturen haben.


CAS Community Communication – Communities bilden, moderieren und verstehen

Prof. Dr. Aleksandra Gnach ist, zusammen mit Prof. Dr. Vinzenz Wyss, Programmverantwortliche des Zertifikatslehrgangs CAS Community Communication am IAM. Die nächste Durchführung beginnt am 11. Januar und endet am 18. April 2019.


Mehr zum Thema

  • «In der Sharing Economy ist Vertrauen der zentrale Wert» In: ZHAW-Impact Nr. 38, September 2017, ab Seite 24
  • Community Communication im Radio
  • Virtual Communities are like Unicorns
  • Virtual Reality – teure Spielerei oder Storytelling mit Zukunft?
  • Vertrauen ist die neue Währung
  • Von der Sehnsucht nach Gemeinschaft

Was Kommunikation mit künstlicher Intelligenz zu tun hat

Posted on 5. April 2018 by Redaktion

Die digitale Transformation, also der durch Informationstechnologien ausgelöste Veränderungsprozess in Unternehmen und Organisationen, ist in den meisten Unternehmen hierzulande angekommen. Immer mehr Organisationen beginnen, die Digitalisierung konsequent in ihre strategischen Überlegungen miteinzubeziehen. 

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Vor Kurzem hat denn auch der CDO Club, ein Zusammenschluss von Chief Digital Officers (CDO), eine Schweizer Niederlassung gegründet. Neben dem neuen Berufsprofil des CDO spricht der Verein auch andere Top-Führungskräfte im Digitalbereich an, wie beispielsweise Chief Data Officers, Chief Analytics Officers, Chief (Digital) Marketing Officers oder Chief Human Resource Officers mit starkem digitalen Fokus.

Die Gründung des CDO Clubs macht zwei Aspekte deutlich: Erstens ist die digitale Transformation stark technologiegetrieben. Laut der aktuellen Studie «Digital Value 2018» von Horváth & Partners sind heute nur noch in wenigen Unternehmen die CEOs bei der Entwicklung und Umsetzung der Digitalstrategie federführend. Vor zwei Jahren war dies noch bei mehr als einem Drittel der Unternehmen der Fall. Stattdessen tragen neu IT-Verantwortliche, Strategieverantwortliche oder eben Chief Digital Officers die Hauptverantwortung für die digitale Transformation. Zweitens wird die Aufgabe der Organisationskommunikation in diesem Transformationsprozess oftmals auf die Digitalisierung der Kommunikationskanäle reduziert. So ist es denn auch kaum verwunderlich, dass Chief Communication Officers nicht als mögliche CDO-Club-Mitglieder erwähnt werden. Welche erfolgskritischen Rollen und Aufgaben die Organisationskommunikation in der digitalen Transformation übernehmen sollte, untersuchen wir zurzeit in einem Forschungsprojekt. Erste Ergebnisse zeigen, dass der Kommunikation ganz neue Aufgaben im Unternehmen zukommen, dazu gehört beispielsweise, die digitale Kommunikationskompetenz aller Mitarbeitenden zu stärken. Daneben sind die Kommunikationsabteilungen in ihrem Feld aber auch selber gefordert, sich über den Einsatz neuer Technologien und Methoden zu transformieren.

Das Potenzial künstlicher Intelligenz nutzen
Ein zentraler Treiber der digitalen Transformation wird künstliche Intelligenz (KI) sein. Unternehmen beginnen im Moment damit, Abteilungen für KI aufzubauen und Spezialisten in diesem Gebiet zu suchen. Wie sieht es in den Kommunikationsabteilungen aus? Beschäftigen sie sich bereits mit möglichen Anwendungen von KI? Wo sehen Kommunikationsverantwortliche Potenzial, wo Barrieren? In einem transdisziplinären Workshop, den der Forschungsbereich Organisationskommunikation und Management des IAM Mitte März in Kooperation mit dem IBM Research THINK Lab in Rüschlikon durchgeführt hat, sind diese Fragen intensiv diskutiert worden. Am Workshop nahmen zwölf Kommunikationsverantwortliche teil, die mehrheitlich dem renommierten HarbourClub angehören. 

Diskussionsrunde während des Workshops in Rüschlikon

Grund für den Einzug kognitiver Systeme in Organisationen ist der Informationsoverload. Bereits heute sind 80% der vorhandenen Daten unstrukturiert und damit für die herkömmliche IT nicht zugänglich. Und die Datenmenge wächst exponentiell weiter. Im Gegensatz zur traditionellen IT können KI-Systeme Kontext verstehen, Hypothesen aufstellen und lernen. Gerade in Bereichen wie der Medizin, die sowohl finanzkräftig sind als auch einen grossen gesellschaftlichen Nutzen stiften, sind bereits einige KI-Anwendungen im Einsatz. Sie ermöglichen es, Diagnosen rasch und zuverlässig zu stellen.

In der Kommunikation lassen sich drei Anwendungsfelder von KI ausmachen: Analytics, automatisierte Content-Produktion (Natural Language Generation) und Chatbots. Während psychometrische Datenanalysen vor allem im Marketingbereich genutzt werden, sind für die Kommunikation Content-Analysen beispielsweise im Hinblick auf die Kampagnenentwicklung interessant. So ermittelte etwa Bosch mittels KI Schlüsselbegriffe für die E-Bike-Kampagne #SantasNewRide. Automatisierte Content-Produktion wird vor allem von Medienunternehmen bei der Erstellung von hochstandardisierten Texte eingesetzt, wie beispielsweise Spielberichten von regionalen Fussballspielen. Bosch hat in einem Pilotprojekt getestet, ob sich ein solcher Roboter-Journalismus im Kommunikationsbereich für standardisierte Produkte-Presseinformationen bewährt. Chatbots schliesslich ermöglichen eine Automatisierung von Interaktionen mit internen und externen Gesprächspartnern (Beispiele aus: PR Report 1/2018, S. 36-39).

Die künftige Rolle der Kommunikation
Das grösste Potenzial sehen die Kommunikationsverantwortlichen im Bereich Analytics. Insbesondere geht es darum, die Daten aus dem Social-Media-Monitoring mit den Datenstreams aus den Geschäftseinheiten zu verbinden, um Zielgruppen mit individualisiertem Content anzusprechen. Zugleich zeigt sich hier aber auch, dass die technologische Entwicklung zu strategischen, strukturellen und kulturellen Veränderungsprozessen führen wird. So müssen zum einen KI-Kompetenzen in den Abteilungen aufgebaut, zum anderen neue Zusammenarbeitsformen von Marketing, Organisationskommunikation und Verkauf entwickelt werden. Auf strategischer Ebene sind Kommunikationsabteilungen einerseits gefordert, Daten sehr viel stärker als bisher als Grundlage für Entscheidungen zu nutzen. Andererseits wird es zu einer der strategischen Kernaufgaben der Organisationskommunikation werden, transparent zu machen, wie das Unternehmen Daten sammelt, auswertet und nutzt. Facebook und Cambridge Analytica erfahren gerade auf schmerzhafte Weise, welcher Reputationsschaden bei vermutetem Datenmissbrauch entstehen kann. Die Organisationskommunikation dürfte noch viel stärker als bisher dafür mitverantwortlich sein, die Outside-In-Perspektive zu ermöglichen und damit den Erwartungen und Bedürfnissen einzelner Stakeholdergruppen im Unternehmen Gehör zu verschaffen.


Neues Weiterbildungsangebot: CAS Digitale Transformation und Kommunikation

Im CAS (Certificate of Advanced Studies) Digitale Transformation und Kommunikation erarbeiten Sie sich die Kompetenzen, um den aktuellen und zukünftigen Anforderungen an die Kommunikationsverantwortlichen im sich digitalisierenden Unternehmen gerecht zu werden.

Kursbeginn ist am 31. August 2018. 
Weitere Informationen und Anmeldung 

 

Identitätsmanagement im Holacracy-Unternehmen

Posted on 27. Oktober 2017 by harz

Reputationsmanagement ist Identitätsmanagement: Seit Jahren untersuchen wir an der ZHAW, wie es Unternehmen gelingt, ihre Reputation über die Arbeit an der eigenen Identität positiv mitzugestalten. Diesmal galt unser Interesse dem Web-Applikationsentwickler Liip, einem Unternehmen, das sich dem gerade sehr angesagten Holacracy-Modell verschrieben hat. Wie funktioniert Identitätsmanagement in einem Unternehmen mit hoher Selbstbestimmung der Mitarbeitenden?

von Prof. Dr. Nicole Rosenberger, Professorin für Organisationskommunikation und Management, und Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung, beide am IAM

Klassische Unternehmen führen topdown: Entscheide werden zentral getroffen und von oben nach unten durch- und umgesetzt. Die fortschreitende digitale Transformation, aber auch die sich im Arbeitsmarkt etablierenden Generationen Y und Z mit anderen, neuen Ansprüchen und Werten verlangen von den Unternehmen ein Umdenken. Das Organisationsmodell Holacracy ist eine mögliche Antwort auf diese beiden Herausforderungen. Grosse Unternehmen wie Swisscom oder Oerlikon experimentieren derzeit mit dem Modell. In der von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Vieldeutigkeit geprägten digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, der sogenannten VUCA-Welt, müssen Unternehmen agiler, innovativer und kundenzentrierter werden. Neue Organisationsmodelle sollen dies ermöglichen. Nicht zuletzt sind sie aber auch ein starkes Signal an den Arbeitsmarkt: Wir sind veränderungswillig und damit zukunftsfähig. Neben grossen Traditionsunternehmen setzen aber auch schnell gewachsene Start-Ups wie beispielsweise Freitag oder Liip auf die neue Organisationsform.

Mitarbeitende im Zentrum
Liip ist ein schweizweit tätiges Unternehmen für Web-Applikationsentwicklung mit rund 150 Mitarbeitenden an fünf Standorten. Seit 2016 setzt Liip auf das Organisations- und Managementmodell Holacracy. Trotz Dezentralisierung von Autorität und Entscheidungen und hoher Selbstbestimmung der Mitarbeitenden gelingt es Liip, eine klar konturierte Unternehmensidentität zu formen. Wie?

Gerhard Andrey, einer der Gründer und Partner von Liip.

Im Experteninterview mit Gerhard Andrey, einem der Gründer und Partner von Liip, und dem Marketingverantwortlichen Philipp Egli, wird deutlich: Zentraler Bezugspunkt für alle Liip-Mitarbeitenden sind die Mission und die Werte der Firma. Eine formulierte Strategie existiert nicht. Damit stehen nicht Business-Pläne, sondern die Menschen im Mittelpunkt: Wenn sich alle an den definierten Werten ausrichten, dann kann auch der Unternehmenszweck erfüllt werden: glückliche Mitarbeitende, glückliche Kunden, gesunde Finanzen.

Entscheidungen mit Umkehr der Beweislast
Holakratisch organisierte Unternehmen arbeiten mit Kreisen (Circles) und Rollen (Roles), die selbstbestimmt handeln können. So auch bei Liip: Jeder Kreis und jede Rolle hat einen Zweck (Purpose), Verantwortlichkeiten (Accountabilities), Domains und Policies. Diese Eckwerte sind detailliert dokumentiert und für alle Mitarbeitenden transparent einsehbar.

Der vielleicht wichtigste Unterschied zwischen holakratisch und traditionell geführten Organisationen liegt an der Art und Weise, wie Entscheidungen gefällt werden. Bei Liip kann jeder Mitarbeitende einen Veränderungsvorschlag in seinen Kreis einbringen. Sei es, dass er eine neue gute Idee hat oder dass er mit einem Vorgang nicht einverstanden ist bzw. – holakratisch ausgedrückt – sich in einem Spannungszustand befindet («Tension»). Der Mitarbeitende muss nicht wie in klassischen Unternehmen beweisen, dass seine Idee grossen Nutzen und Mehrwert schafft. Es gilt die Umkehr der Beweislast: wenn niemand beweisen kann, dass der Vorschlag dem Unternehmen schadet, dann wird er umgesetzt. Dieser Entscheidungsmechanismus führt zu vielen und raschen Veränderungen an der Organisationsbasis. Dadurch verändert sich die Identität von Liip laufend, ohne dass Top-down-Prozesse initiiert werden müssen. 


Über Mission und Werte reden
Liip verfügt zur Zeit nicht über ein verschriftlichtes Kommunikationskonzept. Die grundlegende Kommunikationsstrategie besteht im Verbreiten der Corporate Story, des Identitätskerns von Liip. Die Mission, die Werte und neu auch das Managementmodell Holacracy formen sich zu einer Liip-Story, die grosse mediale Aufmerksamkeit geniesst. Storyteller sind die sogenannten Evangelisten («Liip Teal and Agile Evangelist»), vornehmlich Gründungsmitglieder des Unternehmens, die Vorträge halten und Interviews geben.

Wie schafft es Liip, bei aller Dezentralität und Autonomie der einzelnen Rollen und Kreise, gegen aussen ein konsistentes Bild zu vermitteln? Durch den konsequenten Bezug aller Identitätsdimensionen (Leistungsangebot, Verhalten, Symbole und Kommunikation) auf die Mission und die Werte des Unternehmens spiegelt sich in jedem Kreis und sogar in jeder Rolle die ganze Organisation. Jeder Kreis stellt so etwas wie ein kleines Unternehmen dar, mit der DNA der Gesamtorganisation imprägniert. Dies erlaubt eine Skalierung der bestehenden Leistungsangebote in grösserem Stil, ohne die Identität des Unternehmens zu verwässern.

Hier geht es zur vollständigen Fallstudie von Liip und weiteren Fallbeschreibungen.  


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