Value-Based Healthcare Management – die Umsetzung des Konzepts Value-Based Healthcare in der Praxis:

Teil 4: Unlocking the Patient Experience – Eine Roadmap zur Verbesserung der Patientenerfahrungen im Spital

Von PD Dr. Florian Liberatore

Lange war es still um die Blogbeitrag-Reihe zu Value-Based Healthcare (VBHC). Das heisst aber nicht, dass in der Zwischenzeit das Thema VBHC am Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie in Vergessenheit geraten ist. Im Gegenteil – gemeinsam mit unseren strategischen Partnern der Unternehmensberatung APP und der Schulthess Klinik haben wir diverse nützliche Tools und Konzepte entwickelt, mit denen Leistungserbringer im Gesundheitswesen VBHC in der eigenen Einrichtung schnell und einfach umsetzen können. Im Teil 4 stelle ich eine Roadmap vor, mit der man die Patientenerfahrung (Patient Experience) im Behandlungspfad optimieren kann – ein zentraler Baustein in der operativen Umsetzung von VBHC.

Mit einer Reihe von Blogbeiträgen möchte ich die praktische Umsetzung des Konzepts Value-Based Healthcare im Sinne eines Value-Based Healthcare Managements darstellen. Das Wissen stammt dabei aus unserem Kompetenzspektrum und unseren Erfahrungen als Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie in Forschungs- und Beratungsprojekten auf diesem Gebiet.

In den vorangegangenen Teilen der Reihe wurde bereits dargestellt, was man unter «Value» aus einer Healthcare Management-Perspektive versteht (Teil 1), welche zentralen Bausteine im Management eine strukturierte und zielführende Umsetzung von Value-Based Healthcare ermöglichen (Teil 2) und wie uns die Marketing-Denkweise bei der Umsetzung von Value-Based Healthcare Management hilft (Teil 3).  Heute soll es also um die Optimierung der Patientenerfahrungen im Spital gehen.

Die Patient Experience als zentraler Gradmesser für VBHC

Patient Experience ist ein zentraler Gradmesser dafür, wie gut ein Spital das Konzept des VBHC umsetzt: Also inwieweit es seine Leistungserbringung an den Präferenzen, Ergebniserwartungen und Kompetenzen der Patientinnen und Patienten ausrichtet. Im Zentrum der von uns entwickelten Roadmap steht daher die Optimierung der Patient Journey – das heisst alle Kontakte, die Patientinnen und Patienten während ihres Aufenthalts im Spital sowie davor und danach mit der Einrichtung und dessen Personal haben. Damit werden anders als bei herkömmlichen Prozessoptimierungen die Behandlungsprozesse nicht als linearer Wertstrom gesehen, den Patientinnen und Patienten durchlaufen, sondern als ein Co-Creation-Prozess, bei dem Gesundheitsfachpersonen gemeinsam mit dem/der Patienten/-in den Behandlungsablauf und die -inhalte prägen: Die Patientin oder der Patient wird dabei aktiv in die Leistungsgestaltung mit einbezogen. Entsprechend zentraler wird auch der Beitrag der Patientinnen und Patienten, den sie in verschiedenen Rollen (z. B. Patient/-in, Konsument/-in, Kunde/Kundin, Versicherte/-er, Co-Creator) während der Behandlung leisten, bei den Optimierungsüberlegungen der Patient Journey.

Eine alleinige Orientierung am erzielten Value für die Patientinnen und Patienten birgt aber auch immer die Gefahr, dass Behandlungsprozesse unwirtschaftlich werden. Entsprechend unserem multidimensionalen Value-Verständnis von VBHC ist daher zu berücksichtigen, dass rechtliche, abrechnungsbezogene und professionelle Anforderungen in den Behandlungsprozessen den Handlungsspielraum bei der Optimierung begrenzen. Auch diesem Umstand wird in unserer Roadmap, die das WIG zusammen mit ihren strategischen Partnern entwickelt und im Rahmen eines Business Case an der Schulthess Klinik getestet hat, Rechnung getragen.

Die Roadmap in aller Kürze

Sie umfasst drei Phasen: Die erste Phase dient zur Bestimmung des Ist-Zustandes der Patient Journey. Dazu werden die Kontaktpunkte auf der Patient Journey identifiziert und graphisch in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge visualisiert. Dann werden Feedbacks und Erfahrungen seitens der Patientinnen und Patienten aber auch von den beteiligten Mitarbeitenden eingeholt, um daraus ein Gesamtbild der Qualität der Patient Experience bei dem jeweiligen Kontaktpunkt zu bilden. In der zweiten Phase werden die einzelnen Kontaktpunkte auf der Patient Journey nach ihrem wirtschaftlichen Impact bewertet. Kontaktpunkte mit hohem wirtschaftlichem Impact und schlechter Patient Experience bzw. tiefem Qualitäts-Niveau (siehe beispielhafte Visualisierung in Abbildung 1) werden identifiziert und kommen in die engere Auswahl der Optimierungsüberlegungen.

Abbildung 1: Dual-Scoring-Matrix

Anschliessend wird das Optimierungspotential bei den identifizierten kritischen Kontaktpunkten ausgelotet. Es stehen folgende Hebel zur Verfügung (siehe Abbildung 2):

Abbildung 2: Kontaktpunkt-Stellwerk

Da nicht jede(r) Patient/-in gleich ist, sind mögliche Differenzierungsbedarfe nach Patientensegmenten zu prüfen (siehe Abbildung 3). Dazu werden typische Patientensegmente anhand eines morphologischen Kastens gebildet. Die Umsetzbarkeit der Optimierungslösung aus dem Schritt vorher wird für jedes der Patientensegmente geprüft. So kann es dazu kommen, dass man bei einem Kontaktpunkt verschiedene Varianten der Co-Creation mit den Patientinnen und Patienten, in Abhängigkeit von den Kompetenz- und Präferenzprofilen der Patientensegmente, vorsieht.

Abbildung 3: Morphologischer Kasten

In der dritten Phase werden die geplanten Optimierungen dann getestet und anschliessend im Spitalbetrieb umgesetzt.

Die Roadmap ermöglicht Leistungserbringern eine strukturierte Analyse der Patient Journey mit dem Ziel, diese zu optimieren. Die Vorselektion von Optimierungspotenzialen anhand der Kriterien «Qualitätsniveau» und «wirtschaftlicher Impact» erlaubt eine sinnvolle Priorisierung. So werden unnötige Investitionen in die Verbesserung der Patient Journey vermieden, die dem Leistungserbringer keine wirtschaftlichen Vorteile bringen.

Möchten Sie das Vorgehen detaillierter und anhand des Praxisbeispiels der Schulthess Klinik verstehen? Dann lesen Sie unser Whitepaper mit der Beschreibung der Roadmap! Das Whitepaper ist unter folgendem Link zu finden: https://digitalcollection.zhaw.ch/handle/11475/21948

Sie möchten das Value-Based Healthcare Management-Konzept auch bei Ihnen in der Organisation einführen oder Ihre Patient Journey nach VBHC optimieren? Anfragen an Dr. Florian Liberatore, Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie unter: Florian.liberatore@zhaw.ch

Dr. Florian Liberatore, ist stellvertretender Leiter der Fachstelle Management im Gesundheitswesen und Experte für Value-Based Management.


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