Ein selbstbestimmtes Leben durch urbane Landwirtschaft

Das Projekt «Climate Smart Agriculture for Women Empowerment» vereint urbane Landwirtschaft mit nachhaltiger Unterstützung für Frauen in Kenia. Ziel ist es, dass möglichst viele Frauen aus eigener Kraft ihr Leben bestreiten und sie sich so vor sexueller Ausbeutung schützen können. Das Sustainable Impact Program unterstützt das Vorhaben.

Um die Beweggründe für ihr Projekt zu schildern, erzählt Irmak Uzundemir Bischof exemplarisch eine Geschichte, die so oder so ähnlich tagtägliche Realität ist. «Stell dir vor, du bist ein 13-jähriges Mädchen aus Migori, Kenia, und deine Mutter schickt dich zum Victoriasee, um Fisch zu kaufen», beginnt sie. Die Fischer in ihrer Geschichte schlagen dem Mädchen einen Handel vor. Es bekommt den Fisch, bezahlt aber mit seinem Körper. «Als Mädchen oder als Frau ohne männliche Begleitperson wird dir keine eigene Persönlichkeit zugestanden», erklärt Uzundemir Bischof. Diese Art des «Handels» und damit die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Frauen ist in der Region Migori so stark verankert, dass rund die Hälfte der Bevölkerung entweder an HIV erkrankt ist oder das Virus in sich trägt.

Irmak Uzundemir Bischof (links) hat sich mit ZHAW-Absolventin und Freundin Dr. Emilly Okello zusammengetan, um den Mädchen und Frauen in Kenia ihre Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit zurückzugeben.

Selbstbestimmtheit für Frauen und Mädchen

Irmak Uzundemir Bischof absolviert den Master of Science in Preneurship for Regenerative Food Systems an der ZHAW in Wädenswil und ist bereits stark mit der Region Migori verbunden. Sie engagiert sich dort für die Non-Profit-Organisation Hope for Girls (HOFOGI), die sich für die Rechte von Frauen einsetzt und ihnen eine Ausbildung ermöglicht. In Migori entstand auch die Idee für das Projekt «Climate Smart Agriculture for Women Empowerment» – kurz CSAWE. Irmak Uzundemir Bischof hat sich mit ZHAW-Absolventin und Freundin Dr. Emilly Okello zusammengetan, um den Mädchen und Frauen ihre Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit zurückzugeben. «Unser Projekt basiert auf zwei Säulen: Urban Agriculture, also Landwirtschaft im eigenen Garten, und Simple Gastronomy. Das heisst, alle Lebensmittel aus dem Garten können entweder selbst genutzt oder bei Überschuss verkauft werden. So sichern sich die Frauen ein eigenes Einkommen.

Das «Train the trainers»-Programm beinhaltet unter anderem das Thema Gartenbau.

Know-how wird stetig weitergegeben

Um die nachhaltige Wirkung des Projekts zu gewährleisten, werden zuerst während vier Monaten die zukünftigen Trainer ausgebildet, die dann wiederum ihr Wissen an die Teilnehmenden des Ausbildungsprojekts weitergeben. Das «Train the trainers»-Programm zu Urban Agriculture beinhaltet die Themen urbaner Gartenbau, Wurmkompostierung sowie die Produktion der sogenannten Black Soldier Fly. Dieses Insekt wird bei CSAWE gezielt eingesetzt, um aus Fischabfällen einerseits Kompost für den Garten zu erzeugen und andererseits um den Fischabfall als Futter für Hühner zu verwerten, die in den urbanen Gärten gehalten werden sollen. Weiter werden die zukünftigen Trainer in den Bereichen Gastronomy & Entrepreneurship geschult, um dies ebenso an ihre Studierenden zu vermitteln. Dieser Teil widmet sich dem unternehmerischen Denken und gastronomischen Grundlagen, sodass die Teilnehmenden ihre im Garten erzeugten Produkte nicht nur für den Eigenbedarf, sondern auch gastronomisch nutzen können. Zum Beispiel indem sie im kleinen Stil Handel mit den Produkten aus dem Garten betreiben.

Über die Nahrungsversorgung zur Unabhängigkeit

Als gelernte Köchin hat es sich Irmak Uzundemir Bischof zur Aufgabe gemacht, die Welt mithilfe des Essens besser zu machen. «Mein ganzes Dasein dreht sich ums Thema Essen», sagt sie und fügt an: «Mit allem, was wir zu uns nehmen, setzen wir ein Statement». So kocht Uzundemir Bischof beispielsweise regelmässig für die International Wildlife Research Week von Schweizer Jugend forscht und entwickelt für jeden Wochentag ein Konzept, um den Jugendlichen Themen wie regionale Zutaten, Foodwaste oder Schutz der Bodengesundheit näher zu bringen. Ein Projekt, welches sie mit Amanda Gächter von der ZHAW Life Sciences und Facility Management betreut. Es überrascht daher nicht, dass Uzundemir Bischof den Frauen und Mädchen aus Migori ein Stück Eigenständigkeit durch eine selbstbestimmte und vor allem nachhaltige Nahrungsversorgung geben möchte. Sie ist überzeugt: «Mit unserem Essen haben wir die Chance, etwas zu verändern.»

Text: Fabienne Kirsch
Fotos: Irmak Uzundemir Bischof


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