Strategic Leadership heisst auch: Strategien für Mitarbeitende zugänglich machen

Zu den wichtigsten Aufgaben von Führungspersonen zählt das Verständlichmachen der Strategie gegenüber Mitarbeitenden. Damit werden Mitarbeitende in die Lage versetzt, Erfahrungen aus ihrem Arbeitsalltag kritisch zu reflektieren und zur Diskussion über strategische Optimierungen beizutragen. Zu einer solchen Strategie-Erläuterung können strukturierende Darstellungsmodelle genutzt werden. Sie erlauben die Strategie auf einer Seite übersichtlich zu visualisieren und zu vermitteln. – Soweit die plausible Soll-Beschreibung. Wir wollten wissen, ob und wie dieser Aspekt des Strategic Leadership realisiert wird und haben bei 55 Führungskräften aus unserer Weiterbildung nachgefragt (siehe Abschnitt Befragungsmethodik).

Hilfreiches Modell zur strukturierten Strategiedarstellung ist kaum bekannt

Eine der bemerkenswerten Erkenntnisse: Nur 25% der Führungspersonen kennen das strukturierende Darstellungsmodell der 5 Strategieelemente nach Hambrick und Fredrickson (2005). Dabei visualisiert es die fünf wichtigen Entscheidungsdimensionen einer Wettbewerbsstrategie übersichtlich:

  1. in welchen Aktivitätsbereichen – Arenen genannt – ist ein Unternehmen aktiv – und in welchen auch nicht;
  2. mit welcher Differenzierung positioniert es sich bei den Kunden gegenüber den Wettbewerbern
  3. mit welcher ökonomischen Logik erwirtschaftet das Unternehmen einen Deckungsbeitrag
  4. mit welchen Methoden entwickelt sich das Unternehmen strategisch weiter
  5. welche zeitlichen Entwicklungsschritte sind strategisch relevant.

Nachfolgend zur Veranschaulichung die fünf Elemente eines Herstellers für Kartonverpackungen.


Abbildung 1: 5 Strategieelemente für Hersteller Kartonverpackungen, grün = gegeben, rot = neu

Diese strukturierte Darstellung der Strategieelemente ermöglicht es den Führungspersonen beim Kartonhersteller die Motivation ihrer Mitarbeitenden auf den rot markierten Ausbau von Nonfood Kunden und ein aktuelles Design ihrer Kartonverpackungen zu richten. Ausserdem werden die beiden Leistungsbereiche der Standardproduktion und der margenträchtigen Zusatzleistungen Design und Logistik vermittelbar. 

Modell zur Strategiedarstellung mit hohem Nutzen für die Strategieerläuterung

Nachdem die befragten Führungspersonen das strukturierende Darstellungsmodell von Hambrick und Fredrickson (2005) in unserer Weiterbildung kennengelernt hatten, beurteilten 87% eine explizite Definition von Strategieelementen als sinnvoll und deren Wirkung  für die Orientierung der Unternehmensmitglieder 91%, die gemeinsame Ausrichtung 95% und die Kommunikation 84% als wichtig oder sehr wichtig.


Abbildung 2: Bekanntheit Strategiemodell und Bedeutung explizit formulierter Strategieelemente

Dieses Potential einer einfachen strukturierten Strategiedarstellung sollte sich die strategische Führung nicht entgehen lassen.  

Prinzip der Wertschöpfung ist meist unbekanntes Strategieelement

Inhaltlich könnte das Modell der 5 Strategieelemente nach Hambrick und Fredrickson (2005) vor allem bei der Konkretisierung der Zeitpläne zur strategischen Unternehmensentwicklung und der ökonomischen Logik eines Unternehmens unterstützen. Obwohl 87% der befragten Führungspersonen angeben, die Strategie ihres Unternehmens zu kennen und 89% angeben, sie auch erklären zu können sehen nur 45% die Zeitpläne und 44% die ökonomische Logik als ausreichend oder gar explizit formuliert. Die anderen Strategieelemente werden häufiger als explizit formuliert eingeschätzt.


Abbildung 3: Explizite Formulierung der einzelnen Strategieelemente

Handlungsleitung durch bewusstes Prinzip der Wertschöpfung

Für die strategische Führung ist die ökonomische Logik – also das Prinzip der Wertschöpfung – eine wichtige Orientierungsgrösse. Wissen Führungspersonen und Mitarbeitende, ob ein Unternehmen seine Marge dank bezahlter Zusatzleistungen oder dank kosteneffizienter Prozesse erwirtschaften möchte, können sie ihre Aufmerksamkeit und Aktivitäten auf diese ökonomische Logik ausrichten. Am Beispiel des oben skizzierten Verpackungsherstellers veranschaulicht: Mitarbeitende in Warenausgang und Logistik verstehen, dass eine flexible Lieferung ein bezahltes Leistungskriterium ist und besonderen Einsatz rechtfertigt. Mitarbeitende in der Produktion hingegen verstehen, dass die Effizienz ihrer Herstellungsprozesse einen wichtigen Beitrag zur Margenerwirtschaftung des Unternehmens leistet und fokussiert werden sollte. Dass ausgerechnet die ökonomische Logik das am wenigsten explizit formulierte Strategieelement ist, beruht möglicherweise auf der kulturell geprägten Grundeinstellung, das gewinnrelevante Kernelement der Strategie nicht preisgeben zu wollen. Eine andere Interpretation ist die, dass in den letzten Jahren immer mehr hybride Positionierungen realisiert werden: wie auch beim Hersteller von Kartonverpackungen werden sowohl preisgünstige Leistungsbereiche wie auch hochpreisige

Qualitätsmerkmale realisiert. Eine derartig ambidextre Positionierung gilt allenfalls als zu kompliziert, um sie zu definieren.

Unternehmensspezifische Strategiemodelle erschliessen Orientierungspotential

Unsere Befragung lässt vermuten, dass die explizite und unternehmensspezifische Formulierung der Strategieelemente ein deutliches Orientierungspotential hat. Wir setzen uns ein für eine einfache, verständliche Strategiedarstellung, um die Brücke zu schlagen zwischen Strategieformulierung und strategischer Führung – 55 befragte Führungspersonen geben uns Recht. Darum vermitteln wir Idee und Anwendung dieses Darstellungsmodells für Wettbewerbsstrategien überzeugt und unermüdlich in Lehre und Weiterbildung. Fachstelle Strategie & Leadership | ZHAW Institut für Unternehmensentwicklung IOV

Befragungsmethodik

Es wurden 201 Personen mittels standardisiertem Online-Fragebogen zum Thema «Strategische Führungsgrössen in der Praxis» befragt. Die Onlinebefragung wurde im Zeitraum von 2021 bis 2022 unter den Teilnehmenden des CAS Digitale Strategie und Wertschöpfung | ZHAW School of Management and Law sowie dem CAS Unternehmensentwicklung | ZHAW School of Management and Law durchgeführt. Von diesen Befragten haben wir für diesen Beitrag die Antworten von 55 Führungskräften ausgewertet.

Von den Befragten Personen sind 12 weiblich und 37 männlich (6 ohne Angabe).

87% der Befragten arbeiten in einem Unternehmen mit 50 oder mehr Mitarbeitenden und bei 85% der Befragten liegt die Unternehmensgründung mehr als 23 Jahre zurück.

Quelle:

Hambrick, D. C., & Fredrickson, J. W. (2005). Are you sure you have a strategy?. Academy of Management Perspectives19(4), 51-62.


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