Schluss mit Performance Ratings! Wie sieht die Zukunft der jährlichen Leistungsbeurteilung aus?!

Leistungsformel Performance Management

Dr. Elena Hubschmid-Vierheilig

Steuerung über die Zielvereinbarung
9 aus 10 Firmen wenden heute immer noch die Steuerung über die Zielvereinbarung oder Management by Objectives (MbO) an. Diese Methode der Zielsetzung und der anschliessenden Messung wurde in den 1950er Jahren von Peter Drucker vorgeschlagen. Die Grundidee in seiner Theorie war die Unternehmensziele bis auf die unterste Managementstufe herunter zu brechen. In der Praxis werden die theoretischen Überlegungen öfters anders angewendet als in der Theorie vorgesehen. So werden die Ziele oft sogar auf der untersten Stufe des administrativen Personals vorgegeben, was offensichtlich sehr wenig Sinn macht. Die Unternehmenskultur kann die strategische Sichtweise auf das Performance Management stark beeinflussen – negativ wie auch positiv. Peter Drucker sagte einmal selber: „Culture eats strategy for breakfast”. Es gibt Unternehmenskulturen, die die MbO-Logik in Frage stellen und solche, die das Status-quo dieses Instruments schützen.

Ist das MbO-Konzept hinfällig?
Kritik des klassischen MbO-Konzepts war schon bei deren Entwicklung laut zu hören: Der durch die Zielvereinbarungen erzeugte Leistungsdruck wirkt kontraproduktiv und hemmt Kreativität. Der Druck verschlechtert zugleich das Arbeitsklima. Oft fehlt den festgelegten Zielen die Verbindlichkeit auf beiden Seiten. Und manche Ziele sind schlichtweg nicht objektiv messbar. So stosst das MbO-Instrument an die Grenzen: es birgt die Gefahr einer einseitigen Fixierung auf bestimmte, insb. quantitative Ziele und setzt somit eindeutige Operationalisierbarkeit und Messbarkeit der Zielerreichung voraus. Das Problem der Zurechenbarkeit bzw. Spielraum zur Beeinflussung der Zielerreichung bleibt. Oft kurzfristige (an ökonomischen Massstäben ausgerichtete) Zielerfüllung steht im Widerspruch zur Schaffung langfristig nutzbarer Potenziale. Zudem wurde das MbO von Drucker als ein partizipatives Instrument vorgeschlagen, wird aber oftmals in der Praxis „von oben“ angeordnet (Management by Results). Last but not least fördert es eine übersteigerte Leistungskultur.

Das MbO ist bei den Unternehmen sehr beliebt, denn die variablen Lohnanteile und Boni sind an die Zielerreichung geknüpft und bringen den Unternehmen natürlich viele Vorteile: Flexibilisierung der Lohnkosten einerseits sowie die Abwälzung von bestimmten Unternehmensrisiken auf die Arbeitnehmenden andererseits.

Ist die Leistung gleich Leistung?
Man wird für die Leistung entlohnt, d.h. für die Erreichung der bestimmten Ziele. Man geht heutzutage jedoch davon aus, dass Leistung (Einsatzbereitschaft) eine relativ konstante Variable ist, es sei denn, die Rahmenbedingungen schlagen auf die Leistungsmöglichkeiten und damit auf die Motivation. Im Grunde leistet man jeden Tag einen Beitrag, unabhängig davon, ob man dafür ein fixes oder ein variables Salär bekommt.

Wenn wir Leistung in die Form einer Gleichung bringen würden, so ergibt sich die folgende Formel:

L = F x M x O

L steht für Leistung
F für die Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden
M für deren Motivation
O für die organisationalen Rahmenbedingungen

Die vielen Beurteilungstricks, wie etwa oft von oben vorgegebene Verteilung der Forced Distribution (Einordnung der Leistungen der Mitarbeitenden nach der Glockenkurve bzw. Normalverteilung von Gauss) schlagen massiv auf die Motivation der Mitarbeiter, denn bei solchen Vorgaben keine objektive Leistungsbeurteilung möglich wird. Mitarbeiter werden schlicht miteinander verglichen. Das unfaire Verfahren unterdrückt die Motivation und wird in der modernen Wirtschaft nicht mehr akzeptiert.

Performance Management in den Zeiten der Collaboration und Digitalisierung
Digitalisierung und neue Strukturen der Zusammenarbeit machen alles transparenter – auch die Vergütungssysteme. Fair Compensation steht im Zentrum. Fluide und anpassbare Ziele, kontinuierliches Feedback und zukunftsorientiertes Coaching anstelle von vergangenheitsorientierten Rankings und Ratings, grösserer Fokus auf das Team als Ganzes und nicht auf die einzelnen konkurrenzierenden Individuen – all dies beinhaltet der zeitgemässe Ansatz des Performance Managements. Firmen wie GE, The Gap, Adobe Systems, Zalando haben sich vom klassischen Performance Management im Sinne von jährlichen Beurteilungen verabschiedet und probieren neue Formen der Performance Reviews aus.

Sogar die grossen Finanzinstituten trauen trotz der verbreiteten und anscheinend akzeptierten Methode der „Normalverteilung“ bei den Leistungsbeurteilungen der neuen Performance Philosophie. So will die grosse Wall Street Bank Goldman Sachs ihre 36‘500 Mitarbeiter nicht mehr jährlich auf einer Skala von 1 bis 9 bewerten, sondern setzt auf das kontinuierliche Feedback bzgl. Performance via spezialisierten Online-Systemen. Solche Systeme erlauben Real-time-Analyse bzgl. Performance.

Diese Firmen versuchen nun, die Performance Philosophie als motivierende Komponente einzusetzen. Die Kosten werden dann nicht durch die variablen Lohnanteile gespart, sondern durch die positive Einflussnahme auf das M (Motivation) der Mitarbeitenden in der Leistungsgleichung. Die Rechnung für den Mut geht auf.


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