Laura Kirschner studiert den Bachelor Mehrsprachige Kommunikation mit den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Von Geburt an ist Laura blind. Im Beitrag erzählt sie, woher ihre Faszination für Sprachen kommt, wie sie als blinde Studentin die Herausforderungen des Studiums meistert und welche Hilfsmittel sie in Studium und Alltag nutzt.
Autorin: Fabienne Albrecht, Studentin Bachelor Kommunikation, Mitglied der Studi-Redaktion*
Laura Kirschner ist blind zur Welt gekommen. Davon lässt sie sich aber nicht beirren. Sie studiert den Bachelor Mehrsprachige Kommunikation und lebt in ihrer eigenen Wohnung. Laura ist Halb-Spanierin und Halb-Deutsche: «Meine ersten zehn Lebensjahre habe ich auf Teneriffa gewohnt.» Bis heute gehe sie mehrmals im Jahr gerne dorthin zurück. Das Leben auf der Kanarischen Insel unterscheide sich vom Leben in der Schweiz aber sehr, erzählt sie: «Rein vom Sinnlichen her ist es auf Teneriffa lauter auf den Strassen. Musik dröhnt aus den Restaurants und manchmal riecht es auch ein wenig unangenehm.» Obwohl sie sich manchmal ein wenig über das laute Teneriffa ärgert, ist es schliesslich genau diese Lebhaftigkeit, die sie in der Schweiz ab und an vermisst.
Faszination für Sprachen im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation ausleben
Sprachen haben in Laura Kirschners Leben schon immer eine grosse Rolle gespielt. Seit Kindertagen spricht sie neben Spanisch und Deutsch auch fliessend Englisch und Französisch. Die sprachbegeisterte 23-Jährige hat mit dem Bachelor Mehrsprachige Kommunikation einen Studiengang gefunden, in dem sie ihre Faszination für Sprachen voll und ganz ausleben kann. Jedoch heisst das nicht, dass man wie Laura mehrsprachig aufgewachsen sein muss, um den Bachelor Mehrsprachige Kommunikation zu studieren. Das sind nämlich nur wenige im Studiengang. Wichtig hingegen ist, dass man ein Flair für Sprachen mitbringt – oder eben, dass man von Sprachen und ihren kommunikativen Möglichkeiten fasziniert ist.
Lauras Lieblingsfach im Studium ist mündliche Sprachmittlung von Deutsch nach Englisch. «Wir lesen zum Beispiel deutsche Texte und fassen diese aus dem Stegreif auf Englisch zusammen.» Am Studium an der ZHAW gefalle ihr ausserdem die Praxisorientierung. Zu Beginn des Studiums habe sie sich manchmal ein wenig gewundert, weshalb sie gewisse Fächer wie zum Beispiel «Schweizer Recht» besuchen musste. Aber inzwischen ist ihr klar geworden, wofür sie dieses Wissen im späteren Berufsleben brauchen wird.
Der Ausgleich zum Studium: Reiten, Sport und Musik
In ihrer Freizeit reitet Laura gerne. Damit hat sie auf Teneriffa angefangen, als sie noch klein war. Nach einer längeren Pause hat sie in der Schweiz jetzt wieder einen Reitstall gefunden, wo sie in Begleitung reiten kann. Auch sonst ist sie sportbegeistert. Sie macht gerne Fitnessübungen und geht – ebenfalls in Begleitung – mehrmals wöchentlich joggen.
Neben Sport spielt in Lauras Leben auch Musik eine grosse Rolle. Singen und Klavier spielen oder auch Musik hören, gehören zu ihren liebsten Freizeitbeschäftigungen.
Hilfsmittel in Studium und Alltag: Braillezeile, Diktiergerät und einige mehr
Ihren Alltag managet Laura weitgehend selbstständig. Möglich machen das verschiedene Hilfsmittel. So nutzt sie beim Gehen einen Blindenstock und spricht auf ein Diktiergerät, um sich Sachen zu merken: «Auf dem Gerät halte ich wichtige Informationen fest, wie wenn sich Sehende eine Notiz machen.» Auch Übersetzungen im Studium spricht sie auf ihr «Milestone»-Diktiergerät und tippt in einem zweiten Schritt ihr Diktat in den Computer ab. Um Textinhalte auf dem Laptop zu lesen, nutzt Laura eine Braillezeile, die sie an ihren Laptop anschliessen kann. So werden ihr die Texte, die Sehende auf dem Bildschirm sehen, in Blindenschrift auf der Braillezeile ausgegeben. Die Brailleschrift liest sie dann auf dem Gerät mit ihren Händen.
Und es gibt für sie noch ganz andere Hilfsmittel für blinde Menschen:
Einen Flüssigkeitsmesser nutzt sie, wenn sie beispielsweise heisses Wasser in eine Tasse giesst. Damit kann sie sicherstellen, dass sie nicht zu viel einschenkt, ohne sich daran zu verbrennen.
Dann ist da noch die Kleiderfrage: Oft werde sie gefragt, wie sie sichergehen könne, dass die Kleidung, die sie trage, zusammenpasse. «Mein Kleiderschrank ist nach einem bestimmten System geordnet. Ich weiss also genau, was sich wo befindet.» Ausserdem erkenne sie viele Kleidungsstücke am Stoff und trage meistens Jeans, da diese zu allen Oberteilen passen. Wenn sie sich bei den Farben doch einmal nicht sicher ist, greift sie auf ihr Farberkennungsgerät zurück. Dieses spricht ihr die unterschiedlichen Farbtöne ihrer Kleidungsstücke vor.
Herausforderungen der blinden Studentin im Studienalltag
Obwohl Laura so selbstbestimmt durchs Leben geht, ist sie manchmal auf die Hilfe anderer angewiesen. «Leider habe ich eine sehr schlechte Orientierung. Das macht es für mich schwierig, ausserhalb meiner eigenen vier Wände allein irgendwo hinzugehen.» Aber auch dafür hat sie eine Lösung:
- Auf dem Weg an die ZHAW begleitet sie eine Assistenz.
- An der Hochschule helfen Laura ihre Studienkolleg:innen, im verwinkelten Gebäude das richtige Zimmer zu finden.
So lässt sich der Studienalltag für Laura gut organisieren.
Dennoch gibt es zu den Herausforderungen, die ein Studium sowieso mit sich bringt, für Laura einige weitere Hürden zu überwinden: «Mir fällt es schwer, schnell auf Webseiten zu recherchieren.» Nicht alle Webseiten seien barrierefrei. Das macht es für sie manchmal schwierig, an die Informationen zu gelangen.
Oder in der Kommunikation: «Mir fehlen die nonverbalen Signale meiner Mitmenschen. Deshalb weiss ich manchmal nicht so genau, ob ich in einer Gruppe akzeptiert bin oder nicht.» Wenn man Laura im Gebäude mit Mitstudierenden sieht, die sie unterstützen, hat man das Gefühl, dass sich diese Sorge nicht bestätigt.
In Zukunft mit Sprachen arbeiten
Nach dem Abschluss des Bachelor Mehrsprachige Kommunikation möchte Laura in jedem Fall ihre Sprachen nutzen. Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch hat sie für die professionelle Kommunikation im Berufsleben zur Verfügung. So könne sie sich zum Beispiel vorstellen, in Zukunft als Dolmetscherin zu arbeiten, wofür aber noch ein Master in Konferenzdolmetschen notwendig wäre. Damit könnte sie sich den Wunsch erfüllen, auch andere Menschen in ihre Welt der Sprachen zu integrieren.
*Die Studi-Redaktion
In der Studi-Redaktion produzieren Studierende im Bachelorstudiengang Kommunikation multimediale Beiträge für die Kommunikationskanäle des Departements Angewandte Linguistik der ZHAW. Sie sind in dieser Rolle Teil des departementalen Kommunikationsteams, bringen erworbene Kompetenzen aus dem Studium ein und lernen dabei die Redaktionsabläufe in einem Coporate Newsroom kennen.
Im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation bildet das IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen Sprachinteressierte zu Sprach- und Kommunikationsprofis aus, die sich souverän zwischen Sprachen, Kulturen und Domänen bewegen. Das Studium mit den Vertiefungen Mündliche Kommunikation & Sprachmittlung, Multimodale Kommunikation & Translation sowie Fachkommunikation & Informationsdesign qualifiziert Studierende für die Arbeit in der Language Industry sowie in nationalen oder internationalen in Organisationen und Unternehmen, in denen professionelle Mehrsprachigkeit gefragt ist.
Berufliche Perspektiven mit dem Bachelor Mehrsprachige Kommunikation:
- Projekt-Manager:in
- Content-Manager:in
- Copywriter:in
- Sprachmittler:in
- Technische:r Redakteur:in
- UX-Writer:in