Audiodeskription: Das etwas andere Übersetzen mit Martin Kappus

Martin Kappus unterrichtet Audiodeskription und weiss mit Sprache und Technik zu jonglieren. In seinen Kursen lernen die Studierenden nicht direkt herkömmliche Übersetzungen von einer Sprache zur anderen, sondern vielmehr, wie man Filme, Bilder und andere visuelle Darstellungen in gesprochene Beschreibungen für Blinde und Sehbehinderte umwandelt.

Autorin: Rowena Goebel, Studentin Bachelor Kommunikation, Mitglied der Studi-Redaktion*

«Ich finde es immer schön, wenn die Studierenden, die Angst vor dem Technischen haben, am Schluss sagen: Das ist ja alles gar nicht so schlimm!»

Martin Kappus ist Dozent am IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen der ZHAW. Sein Fachgebiet sind aber nicht die Fremdsprachen. Er vermittelt seinen Studierenden aus dem Bachelor Mehrsprachige Kommunikation und dem Master Fachübersetzen, wie man mit Sprache Brücken zwischen Menschen baut. Sein Werkzeug: Die Sprachtechnologien.

Audiodeskription – Bilder zugänglich machen für Menschen mit einer Sehbehinderung

Kappus unterrichtet in den Gebieten der Sprachtechnologie und der Barrierefreien Kommunikation. Ein Beispiel aus seinem Stundenplan ist das Fach Audiodeskription, ein Fach, in dem die Studierenden Sprachtechnologien und viel Kreativität brauchen. «Dabei geht es darum, bildliche Inhalte für Menschen mit Sehbehinderung zugänglich zu machen.»

«Die grosse Herausforderung dabei ist es, die Dinge, die Sehbehinderte nicht sehen können, als Text zwischen die bereits vorhandenen Dialoge einzusprechen.» Oft ist in den kurzen Sprechpausen dafür aber nur wenig Zeit. Übersetzt wird dabei meist nicht von einer in eine andere Sprache: «Das gibt es in der Audiodeskription schon auch, gerade bei Schweizer Produktionen, die auf Deutsch und Französisch gezeigt werden sollen. In den meisten Fällen handelt es sich um die Übersetzung von Bild in Ton bzw. in Sprache», erklärt der Dozent.

Audiodeskription von Fussballspielen für Sehbehinderte

Mit der Audiodeskription setzt sich Kappus jedoch nicht nur als Dozent an der ZHAW auseinander. Ungefähr einmal im Monat übernimmt er ehrenamtlich die Live-Audiodeskription von Fussballspielen bei Radio Blindpower. «Dabei kommentiere ich, was passiert. Das ist sehr nahe an einer guten Radio-Beschreibung dran. Doch die gibt es leider immer seltener.» Dank dieser Arbeit können auch Menschen mit Sehbehinderung live mitverfolgen, was in einem Spiel gerade passiert. «Man vermittelt den Zuhörer:innen genau, wo der Ball sich gerade befindet und was auf dem Spielfeld passiert. So fühlen sich die Leute wirklich so, als wären sie dabei.»

Fussballspiele zu kommentieren, ist für Kappus ein spät erfüllter Kindheitstraum: «Ich wollte immer schon Sportreporter werden», sagt er. Und wie es scheint, nicht nur er. Seine Leidenschaft ist zu einigen seiner Studierenden übergesprungen: Ein paar von ihnen sind inzwischen ebenfalls bei Radio Blindpower gelandet, um Audiodeskription zu machen: «Es gibt zwei Masterstudierende, die das schon seit Jahren machen. Einige haben auch Kommunikation an der ZHAW studiert», berichtet Kappus. «Für Leute, die fussball- und sprachbegeistert sind, ist das natürlich toll.»

Martin Kappus, Dozent für Sprachtechnologie und Barrierefreie Kommunikation am ZHAW IUED

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Ohne Sprachtechnologie geht es nicht in der mehrsprachigen Kommunikation und im Übersetzen

Martin Kappus unterrichtet drei Tage pro Woche, meistens in den Computerräumen. Im Zentrum seiner Lektionen steht schliesslich das Technische, das mit dem Übersetzen und der Mehrsprachigkeit einhergeht. So sitzen seine Studierenden aus dem Bachelor Mehrsprachige Kommunikation für den Kurs Übersetzungstechnologie und Übersetzungsmanagement einmal pro Woche morgens von acht bis zehn Uhr am Rechner und arbeiten mit Software. Gelernt wird dabei Übersetzungstechnologie. «Erst gibt es einen kurzen Input von mir, dann coache ich die einzelnen Gruppen bei ihrer Arbeit.»

Das Technische ist eine grosse Herausforderung – beim Lernen für die Studierenden, aber auch bei der Vermittlung für Martin Kappus. Denn: Nicht alle sprachaffinen Studierenden interessieren sich auch für diesen Aspekt des Studiums. «Ich glaube, viele haben eine falsche Vorstellung davon, wieviel Technik es braucht, um in der mehrsprachigen Kommunikation erfolgreich zu sein.»

Ein Standardspruch im Unterricht sei für ihn immer: «Bitte speichern Sie Ihre Dateien so ab, dass Sie sie wiederfinden», wie er erzählt. «Dann lachen die meisten noch. Wenn es dann am Schluss tatsächlich darum geht, die Datei wieder zu finden, lachen nur noch die wenigsten», schmunzelt er.

Für alle, die sich für Sprache interessieren, aber weniger für die Technik, gibt Kappus dennoch Entwarnung: «Vor Sprachtechnologien braucht man keine Angst zu haben, das sind alles Dinge, die man sehr gut lernen kann.» Man müsse sich zwar schon einiges an Technik aneignen in seinem Unterricht, doch das sei alles nicht schwer «und tut nicht weh».

Mit Sprachen und Technik bestens vorbereitet für die Sprachindustrie

Kappus selbst ist in seinem Berufsfeld gelandet, weil er nach seinem Studium der theoretischen Linguistik wusste: «Ich will etwas machen, bei dem ich auch unterrichten kann.» Im Berufsleben eignete er sich dann viele technische Fähigkeiten an. Er merkte schnell, dass es das ist, was ihn fasziniert: Die Kombination aus Technik und Sprache.

Und es ist auch das, was im Bachelorstudiengang Mehrsprachige Kommunikation die Vertiefung Multimodale Kommunikation und Translation für ihn ausmacht. «Es ist eine sehr interessante Mischung aus vielen Sprachen, technischen Inhalten und vielem aus dem Bereich des Audiovisuellen.» Viele Absolvent:innen kämen nach dem Studium in technischen Übersetzungsberufen oder in der Sprachindustrie unter. «Es gibt viele Möglichkeiten im Berufsleben, auch, wenn man nicht so extrovertiert ist.» Man braucht dazu nur die richtigen Tools.

*Die Studi-Redaktion
In der Studi-Redaktion produzieren unsere Bachelorstudierenden multimediale Beiträge für die Kommunikationskanäle des Departements Angewandte Linguistik der ZHAW. Sie sind in dieser Rolle Teil des departementalen Kommunikationsteams, bringen erworbene Kompetenzen aus dem Studium ein und lernen dabei die Redaktionsabläufe in einem Corporate Newsroom kennen.


Im Bachelor Mehrsprachige Kommunikation bildet das IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen Sprachinteressierte zu Sprach- und Kommunikationsprofis aus, die sich souverän zwischen Sprachen, Kulturen und Domänen bewegen. Das Studium mit den Vertiefungen Mündliche Kommunikation & Sprachmittlung, Multimodale Kommunikation & Translation sowie Fachkommunikation & Informationsdesign qualifiziert Studierende für die Arbeit sowohl in der Language Industry als auch in nationalen oder internationalen in Organisationen und Unternehmen, in denen professionelle Mehrsprachigkeit gefragt ist.


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