Ivo Bähni untersuchte die Möglichkeiten und Grenzen der CEO-Kommunikation im Zeitalter der digitalen Transformation in seiner Abschlussarbeit des Masterstudiengangs MAS in Communication Management and Leadership. Basierend auf seiner qualitativen Analyse identifizierte er sechs Handlungsfelder, die für eine erfolgreiche CEO-Kommunikation massgebend sind.
Von Annette Pfizenmayer, Dozentin und Beraterin für Organisationskommunikation, IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft. Ivo Bähni ist Abteilungsleiter und Stv. Bereichsleiter Kommunikation bei Schutz & Rettung Zürich, und steht kurz vor dem Abschluss des Masterstudiengangs MAS in Communication Management and Leadership am IAM.
In Zeiten der digitalen Transformation hat CEO-Kommunikation strategische Relevanz: Gelingt sie, kann das Vertrauen der Stakeholder in das Unternehmen gestärkt und Wertschöpfung in Form von Reputation generiert werden. Misslingt CEO-Kommunikation, kann dies Vertrauensverluste und Vernichtung von Unternehmenswerten zur Folge haben. Kommunikationsverantwortliche (CCOs) sind entsprechend gefordert, CEOs beratend zu unterstützen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, ebenso das Thema CEO-Kommunikation. Braucht es dazu eine weitere Studie? «Ja unbedingt», befindet Ivo Bähni im Gespräch zur Themenfindung seiner Masterarbeit Anfang 2020. Warum? «Weil es in der Praxis nicht so gut funktioniert wie in der Literatur beschrieben, weil CEO-Kommunikation nicht das volle Potenzial ausschöpft und weil es interessant wäre zu wissen, wie die Unternehmenskommunikation der CEO-Kommunikation zu mehr Durchschlagskraft verhelfen könnte und das ganz konkret, obwohl das Zusammenspiel von CCO und CEO komplex ist», sagt Ivo Bähni. Selbst seit mehr als 13 Jahren in unterschiedlichen Kommunikations-Funktionen tätig, weiss er genau, wovon er spricht. Das Thema brennt ihm unter den Nägeln.
Die Masterarbeit nutzen, um die eigene Expertise zu schärfen
Eine Masterarbeit bietet Gelegenheit, sich einem Thema in Ruhe zu widmen und die eigene Expertise zu schärfen. Ivo Bähni nutzte diese Möglichkeit im Rahmen des MAS in Communication Management and Leadership: Basierend auf einer breit gefassten Literaturstudie sowie einer qualitativen Befragung von CCOs und externen CEO-Beratern identifiziert er sechs Handlungsfelder für mehr Schlagkraft in der CEO-Kommunikation.
Eine erfolgreiche CEO-Kommunikation hängt von vielen Faktoren ab. Sie ist komplex. Wie die Unternehmenskommunikation der CEO-Kommunikation zu mehr Durchschlagskraft verhelfen kann, zeigt Ivo Bähni anhand von sechs Handlungsfeldern auf.
1. Die Digitale Transformation als Chance nutzen
Die Herausforderung von Unternehmen im Rahmen der digitalen Transformation liegt darin, sich stetig zu wandeln und weiterzuentwickeln. Dadurch erhöhen sich auch die Ansprüche an die CEO-Kommunikation. Sie wird zu einem entscheidenden Faktor in der digitalen Transformation, weil sie die Mitarbeitenden dort abholen kann, wo sie aktuell stehen, sie befähigt sowie die notwendige Akzeptanz in den Märkten schafft. Eine Chance für die Unternehmenskommunikation ergibt sich darin, den digitalen Transformationsprozess kommunikativ zu begleiten und nicht nur die Kommunikation zu digitalisieren. Aufgabe der Unternehmenskommunikation ist es u.a. dem CEO als Sparringspartner zur Seite zu stehen und strategische Beratung zu leisten. Denn eines ist klar: agiert die Unternehmenskommunikation in der digitalen Transformation als proaktive Partnerin, die dem CEO kommunikative Lösungen aufzeigt, kann auch der CEO die eigene Themenführerschaft unterstreichen.
«Die Unternehmenskommunikation muss in der digitalen Transformation Leadership beweisen, wenn sie auch zukünftig eine Hauptrolle spielen möchte.» Ivo Bähni
2. Geschickt im Umfeld von Strategie, Struktur und Kultur agieren
Der disruptive Charakter der digitalen Transformation hat Auswirkungen auf Strategie, Struktur und Kultur von Unternehmen. Dieser Wandel ist stark mit kommunikativen Herausforderungen verknüpft. Unternehmen haben eine Vision, der Weg dahin ist aber vielfach unklar. Damit wird CEO-Kommunikation zum entscheidenden Erfolgsfaktor, um das Vertrauen bei den Mitarbeitenden und in den Märkten zu schaffen beziehungsweise zu erhalten. CEO-Kommunikation bewegt sich somit im dynamischen Dreiklang von Strategie, Struktur und Kultur eines Unternehmens. Hier steht die Unternehmenskommunikation in der Verantwortung, Abhängigkeiten und Wirkungszusammenhänge zu erkennen und kommunikative Entwicklungen zu antizipieren. Ungenutztes Potenzial der CEO-Kommunikation lässt sich vor allem in der konzeptionellen Grundlagenarbeit verorten. Wobei nicht das Strategie-Papier an sich, sondern die gemeinsame Denkarbeit von CCO und CEO im Vordergrund steht. Die Strategie sichert ein gemeinsames Verständnis von CEO-Kommunikation, legt die Rollen fest und regelt die Aufgabenteilung. Strukturen sollten so ausgestaltet werden, dass sie die CEO-Kommunikation fördern und nicht behindern. Die Unternehmenskultur soll dabei nicht verordnet, sondern sorgsam und langfristig gepflegt werden. Dem CEO und der Unternehmenskommunikation wird hier eine besondere Verantwortung zuteil, weil die Unternehmenskultur von oben vorgelebt wird und massgebenden Einfluss auf die Mitarbeitenden und die Wertschöpfung hat.
«Die Unternehmenskultur ist ein Schlüsselthema in der CEO-Kommunikation, deren Bedeutung und Wirkung in der Praxis häufig unterschätzt werden.» Ivo Bähni
3. Leadership beweisen
Mit dem CEO auf Augenhöhe: Leadership der Unternehmenskommunikation bedeutet, sich einerseits als CCO bei bestimmten Themen proaktiv anzubieten und einzusetzen, andererseits aber auch im Sinne des grossen Ganzen zurücknehmen zu können. CCOs stehen selbst in der Pflicht, so zu agieren, dass sie von CEOs als Sparringpartner ernst genommen werden. Hierzu gehört auch das Aushandeln der Rollen, wer für welche Themen in der Kommunikation verantwortlich zeichnet. Eitelkeiten und Rivalitäten sollten zugunsten der gemeinsamen Sache und Kommunikationsstrategie beiseitegelegt werden.
4. CEO und CCO bilden ein Team
CEO und CCO teilen sich den Kommunikationsauftrag. Umso wichtiger ist ein gemeinsames Verständnis von Kommunikation, gegenseitiges Vertrauen und der erkennbare Wille die unterschiedlichen kommunikativen Fähigkeiten wertschöpfend für das Unternehmen einzubringen. Am besten klären CCO und CEO bereits im Rekrutierungsgespräch ihr Verständnis von einer Zusammenarbeit.
«CEOs und CCOs sind gefordert sich regelmässig zu reflektieren und den Blick von aussen einzuholen, wenn sie ihr volles Potenzial entfalten wollen.» Ivo Bähni
5. Selbstreflexion fördern und blinde Flecken minimieren
Damit CEO und CCO ein schlagkräftiges Kommunikations-Tandem bilden, braucht es die Fähigkeit beider Rollen zur Selbstreflexion. Dazu gehört die Perspektive des anderen einzunehmen und dessen Handlungszwänge zu verstehen. Ein CEO agiert in der Regel in einem politischen Umfeld, in dem es andere Befindlichkeiten und Stakeholder zu berücksichtigen gilt. Sowohl die Rolle CEO als auch die Rolle CCO haben blinde Flecken an denen es zu arbeiten gilt. CCOs sind im Alltag oft sehr stark absorbiert und gefordert, weil sich mit der digitalen Transformation auch ihr Berufsbild wandelt. Sich bewusst aus dem stressigen Arbeitsalltag herauszunehmen und sich auch einmal mit Hilfe von aussen kritisch zu reflektieren, hilft Verbesserungen anzustossen und die strategische Wirkung der CEO-Kommunikation voranzubringen. Im Zentrum des professionellen Handelns beider Rollen sollte das Unternehmen, nicht die eigene Person stehen.
Genauso wichtig ist es für einen CCO, dass Unternehmen nicht nur aus strategischer Sicht zu betrachten, sondern in das Business einzutauchen. Dafür ist es essenziell regelmässig mit den Mitarbeitenden aus den verschiedenen Bereichen zu sprechen und sich bewusst Zeitinseln zu schaffen, um sich aus der Blase der ‘Teppichetage’ herauszunehmen. Damit kann ein CCO überprüfen, was bei der Basis ankommt und Verbesserungsvorschläge der Mitarbeitenden in die Geschäftsleitung einbringen. Somit wird die Unternehmenskommunikation nicht bloss ausführend, sondern trägt mit einer strategischen (CEO-)Kommunikation aktiv zum Gelingen der digitalen Transformation bei.
6. Geschäftsleitung und Human Resources mit ins Boot holen
Damit die Unternehmenskommunikation eine zentrale und wirksame Rolle in der CEO-Kommunikation einnehmen kann, braucht es nicht nur eine gute Zusammenarbeit mit dem CEO. Für eine erfolgreiche CEO-Kommunikation sind vielmehr auch das Vertrauen und die Akzeptanz von Geschäftsleitung und Human Resources (HR) in die Unternehmenskommunikation relevant. HR, als Beraterin der gesamten Belegschaft und CCO als Sparringpartner des CEOs, agieren rollenbedingt jedoch häufig mit unterschiedlichen Interessen, was zu Konflikten führen kann. Hier stösst Unternehmenskommunikation dann an ihre Grenzen. Gelingt es der Unternehmenskommunikation, die Geschäftsleitung und das HR für die CEO-Kommunikation als Partner ins Boot zu holen, oder zumindest als gleichwertige Rollen Akzeptanz zu finden, verhilft dies der CEO-Kommunikation zu mehr Durchschlagskraft.
Ausblick
Die Unternehmenskommunikation muss in der digitalen Transformation Leadership beweisen, wenn sie nicht zur Nebenrolle verkommen will. Die CEO-Kommunikation trägt entscheidet dazu bei, die digitale Transformation erfolgreich zu meistern. Dabei ist Scheitern ein wesentlicher Bestandteil in der digitalen Transformation. Entscheidend ist das Learning daraus. Ganz nach dem Leitsatz des Schriftstellers und Nobelpreisträgers Samuel Beckett:
„Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better.“
Zur Arbeit
Zu den Personen
- Ivo Bähni steht am IAM der ZHAW vor dem Abschluss des Masterstudiengangs MAS in Communication Management and Leadership. Er hat die hierfür den CAS Digitale Transformation und Kommunikation, den CAS Leadership und den CAS Politische Kommunikation absolviert. Ivo Bähni ist Abteilungsleiter und Stv. Bereichsleiter Kommunikation bei Schutz & Rettung Zürich.
- Annette Pfizenmayer ist Dozentin und Beraterin für Organisationskommunikation am IAM. Ihr Arbeits- und Forschungsschwerpunkt liegt im Themenfeld «die Rolle der Kommunikation in der digitalen Transformation». Sie war im Rahmen des MAS in Communication Management and Leadership fachliche Betreuerin der Masterarbeit.
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