Sie spürt die digitale Dimension des Schreibens auf

Sie ist promovierte Computerlinguistin und hat eine Professur für Digital Linguistics am Institute of Language Competence. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Schreibprozesse und Textproduktion.

Ein Porträt von Lisa Gubler, Mitarbeiterin Leitung Weiterbildung am ILC Institute of Language Competence

Auf ihre Leidenschaft, die Computerlinguistik, ist Cerstin Mahlow zufällig gestossen, als sie nach dem Abitur nicht sicher war, welches das passende Studium ist: Linguistik oder Informatik? So hat sie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Linguistische Informatik, Spanisch und Politikwissenschaften studiert. Auch das Thema ihrer Doktorarbeit ist spontan entstanden, als sie feststellte, dass gute computerlinguistische Grundlagen zum Thema „linguistisch unterstütztes Redigieren“ fehlen. Seither beschäftigt sie sich mit der Frage: Mit welchen technischen Tools können das Schreiben und Redigieren von Texten erleichtert werden?

Ihr Arbeitsgebiet sind Korpuslinguistik und Textproduktionsforschung
Im Forschungs- und Arbeitsbereich Digital Linguistics am Institute of Language Competence wird mit korpuslinguistischen Methoden gearbeitet. Das bedeutet, dass Sprachdaten gesammelt und in einem sogenannten „Korpus“ digital erfasst werden. Der Sprachgebrauch wird in Form von grossen Datenmengen analysiert und linguistische Strukturen können so ermittelt werden. Ein weiterer Schwerpunkt in Cerstin Mahlows wissenschaftlicher Tätigkeit ist die Textproduktionsforschung. Sie untersucht, wie Texte entstehen und welche Schreibstrategien dabei verwendet werden. Doch wie kann dies erfasst werden, wo man doch dem fertigen Text nicht ansieht, in welchen Zwischenschritten er getextet und redigiert wurde? Hier kommen Keystroke-Logging und Eye-Tracking zum Einsatz: die Tastendrücke und Augenbewegungen von Schreibenden werden aufgezeichnet und der Bearbeitungsverlauf kann auf diese Weise rekonstruiert werden. Man kann dies sogar wie einen Film abspielen lassen.

Jedes Medium mit eigenem Tastaturlayout
Warum braucht es diesen Forschungsbereich überhaupt? Und was fasziniert Cerstin Mahlow daran? „Kaum jemand schaut auf die linguistischen Merkmale der Textproduktion. Den Schreibprozess zu analysieren, ist schwierig, weil er flüchtig ist. Kein anderer Bereich der Sprachwissenschaft beschäftigt sich damit, welche Prozesse beim Texteschreiben ablaufen, in welcher Reihenfolge die Argumente geschrieben werden, die man später liest. Interessant ist auch, welche Tasten wann gedrückt werden. Genau darum braucht es solche Analysen, damit wir zum Beispiel für jede Sprache ein optimales Tastaturlayout konzipieren können. Zudem ist je nach Medium (Computer, Handy, Tablet) das Tippverhalten anders, und es bräuchte deshalb dem Medium angepasste Tastaturlayouts.“

Es geht also ums Verstehen, wie Texte entstehen, damit man den Schreibenden ein spezifisches Feedback geben kann. Wenn man versteht, wie ein Text entstanden ist, kann man eine detailliertere Rückmeldung dazu geben und den Schreibprozess besser nachvollziehen.

Alte Gewohnheiten verlernen wir nicht so schnell
Handy, Laptop, Tablet oder gar am Billettautomat – auf jedem Medium tippen wir anders. Auf einer virtuellen Tastatur ist das Schreibverhalten nicht dasselbe wie auf einer physischen. Auf einem Nokia-Handy musste man noch mehrmals dieselbe Taste drücken, um den gewünschten Buchstaben zu schreiben. Erstaunlicherweise werden alte Gewohnheiten gerne beibehalten und auf die neuen Medien übertragen. Genau darum müssten die virtuellen Tastaturen auf dem Handy oder iPad angepasst werden. Cerstin Mahlow wird die Arbeit sicher nicht ausgehen, denn die Forschungszweige der Korpuslinguistik und Textproduktionsforschung werden mit der voranschreitenden Digitalisierung immer mehr gefordert sein.


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