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«KI bietet ganz neue Möglichkeiten»

Posted on 30. Juli 2018 by Redaktion

Wann übernehmen Maschinen in Journalismus und Organisationskommunikation? Die provokante Frage am COLUMNI-Jubiläumsevent lockte zahlreiche Ehemalige in den Saal des Mehrspur-Clubs in Zürich.

von Andreas Engel, Redaktor Alumni ZHAW

Vor mehr als 30 Jahren zeichnete der Film «Terminator» mit dem noch jungen Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle ein düsteres Bild der Zukunft. Das von Menschen entwickelte System Skynet, gespeist aus künstlicher Intelligenz, erobert in einem Atomkrieg die Herrschaft über die Erde. Ein unwirklich erscheinendes Szenario, keine Frage. Doch längst hat die künstliche Intelligenz tatsächlich Einzug in unseren Alltag gehalten – die Gesichtserkennung auf unserem Smartphone lässt grüssen. Die COLUMNI-Veranstaltung «Künstliche Intelligenz – Wann übernehmen Maschinen in Journalismus und Organisationskommunikation?» lockte mit diesem spannenden Thema – und trotz Temperaturen von mehr als 30 Grad – über 100 Ehemalige des IAM in den Saal des Mehrspur-Clubs auf dem Zürcher Toni-Areal.

Erst das Internet, jetzt KI

Es war nicht irgendein COLUMNI-Event. Der Abend stand im Zeichen des 15-Jahr-Jubiläums der Ehemaligenorganisation. COLUMNI-Präsidentin Claudia Sedioli erinnerte sich zurück: «In unserer Anfangszeit kamen die ersten Gratiszeitungen in der Schweiz auf. Und schon damals hat sich die Medienbranche gefragt: Ist dies das Ende des Qualitäts-Journalismus?» Es war erst schwer abzusehen, dass das Internet und die mit ihm aufkommenden Newsportale und sozialen Medien die Zeitungen und Verlage vor noch weit grössere Herausforderungen stellen sollten und bis heute stellen. Doch nun steht bereits die nächste Revolution bevor: der Aufstieg der künstlichen Intelligenz, kurz KI.

COLUMNI-Präsidentin Claudia Sedioli

KI sinnvoll einsetzen

Reinhard Karger, Unternehmenssprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), versuchte bereits am Anfang seines Referats, die Bedenken gegenüber der Technologie zu relativieren: «Die Menschen sollen sich durch KI nicht so bedroht fühlen. Sie ist nicht das Ende menschlicher Arbeit.» Karger ist Profi auf seinem Gebiet und bereits seit 1993 am DFKI in Saarbrücken (D) tätig. «KI wird in den Medien meist als etwas Negatives dargestellt», meint der 57-Jährige. «Dabei bietet sie viele Chancen und ganz neue Möglichkeiten.» Unter dem Schlagwort Roboterjournalismus würden heute Ängste geschürt, wonach Maschinen dank KI Texte ohne das Zutun eines Menschen erstellen und JournalistInnen somit ihre Tätigkeit streitig machen könnten. «Zum Erstellen von Reportagen, Recherche-Geschichten – Herzstücke des qualitativen Journalismus – ist KI gar nicht imstande», so Karger. Doch es gäbe Anwendungsbereiche im Journalismus, in denen KI durchaus sinnvoll sei und keinem Journalisten etwas wegnehmen würde.

Monotone Arbeiten an Maschinen abgeben

Als Beispiel nannte Karger die Website retresco.de: Anhand von vorhandenen Datenbanken erstellt dort der sogenannte Text-Engine Berichte von Fussballspielen in Echtzeit – von Spielen der Champions League bis zur Amateurliga. Auch Börsennews oder Wetterberichte für Hotels, für JournalistInnen monotone und für Redaktionen kostspielige Beiträge, könnten so mittels KI simpel generiert werden. Transkriptionen von aufgezeichneten Interviews oder die Bilderauswahl von FotografInnen könnten ebenfalls sinnvolle Anwendungsgebiete von KI sein.

Neue Möglichkeiten in der Kommunikation

In der anschliessenden Podiumsdiskussion hob auch Peter Metzinger, Pionier beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Kommunikation die positiven Eigenschaften der neuen Technologie hervor: «In Abstimmungskampagnen konnten wir dank KI effizient untersuchen, welche Botschaften bei den Rezipienten besser wirken», erklärte Metzinger. «Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten und neue Methoden in der Kommunikation.»

Die Podiumsrunde: Daniel Perrin, Peter Metzinger, Reinhard Karger, Thilo Stadelmann, Claudia Sedioli (v.l.)

KI selber erleben

Laut Daniel Perrin, Direktor des Departements Angewandte Linguistik der ZHAW, muss sich die Ausbildung im Journalismus und in der Kommunikation auf die neuen Technologien einstellen. In Zukunft werde es mehr Kommunikation denn je geben. «Wir müssen den menschlichen Mehrwert identifizieren», sagte Perrin. «Dieser verändert und verlagert sich ständig.» Zum Abschluss der Diskussion machte Thilo Stadelmann, Stv. Schwerpunktleiter in Information Engineering an der ZHAW und Leiter des ZHAW Datalab, den teilnehmenden Columni Mut, die Entwicklung von künstlicher Intelligenz nicht nur zu beobachten: «Überlasst nicht nur uns Forschern diese neuen Technologien. Probiert es selber aus, besucht Weiterbildungen. Es ist nicht so wahnsinnig kompliziert, wie es auf den ersten Blick aussieht.»

Dass künstliche Intelligenz die Kommunikations- und Medienbranche in Zukunft verändern wird, darüber waren sich die Experten an diesem Abend einig. Wie genau, können aber auch sie nur versuchen abzuschätzen. Für spannende Diskussionen beim anschliessenden BBQ-Apéro war so allerdings gesorgt.

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Daten sehen. Daten hören.

Posted on 2. Juli 2018 by Redaktion

90 Schuss in 10 Sekunden feuerte der Attentäter von Las Vegas im Oktober 2017 ab. Das entspricht ungefähr der Kapazität einer vollautomatischen Schusswaffe mit 98 Schuss in 7 Sekunden. Zum Vergleich: Beim Attentat in Orlando 2016 waren es 24 Schuss in 9 Sekunden. In einer Grafik visualisierte die New York Times die in den Attentaten abgefeuerten Schüsse pro Sekunde: Jeder Punkt ein Schuss. Die Grafik selbst sieht nicht spektakulär aus; trotzdem gewann sie den Malofiej Award 2018 in der Kategorie Breaking News. 

Das Bemerkenswerte an der Grafik ist nicht das, was man sieht, sondern das, was man hört: nämlich die schnelle Schussfolge und die massive Anzahl der Schüsse. Jeder Schuss ein dumpfer Ton der Gewalt – als würde man im Kugelhagel stehen. 

von Prof. Dr. Wibke Weber, Professorin für Medienlinguistik mit Schwerpunkt Visuelle Kommunikation und Mitglied des INDVIL-Forschungsteams

Journalistische Datenvisualisierungen zum Hören sind bisher selten. Wie der Begriff schon sagt, geht es ja um das Visualisieren von Daten. Erst die Visualisierung macht die Daten zugänglich. Doch im Fall der «New York Times»-Grafik kommt zur visuellen Darstellung noch die klangliche Ebene dazu: die auditive Transformation von Daten. Man spricht von Sonifikation: Daten werden übers Hören zugänglich und erlebbar gemacht. Denn Hören ist nochmal anders als Sehen.

Hören ist immer emotional. Wir hören eine Melodie und sind gerührt; wir hören ein Geräusch und sind erschrocken; wir hören ein Signal und sind alarmiert; wir hören eine Stimme und sind beruhigt. Während visualisierte Daten in Form von Balkendiagrammen und Graphen oft objektiv und nüchtern wirken, lösen sonifizierte Daten Emotionen aus.

Visualisierung von Schallwellen. Quelle: Wikimedia Commons 

Numerisch, visuell, auditiv

Datenvisualisierungen, die auf Sound setzen, folgen damit einer dreifachen Logik:

  1. einer nüchternen Zahlenlogik, die auf mathematischer Berechnung beruht, verpackt in Tabellenform und Programmiercode.
  2. einer Bildlogik: damit ist der Transfer der Daten ins Visuelle gemeint. Die Bildlogik ist also eine sekundäre Bedeutungsebene, die zudem subjektive Züge trägt, denn Visualisieren ist immer ein Akt der Interpretation.
  3. einer akustischen Logik: dem Hörbarmachen der Daten. Diese dritte Ebene kann entweder die visuelle Aussage verstärken oder die Visualisierung erweitern. Letzteres ist der Fall bei der «New York Times»-Grafik, wo die Schüsse sofort Bilder vom Attentat hervorrufen. Das stumme Liniendiagramm vermag dies nicht. 

Das Ohr erfasst Dinge differenzierter und sensibler als das Auge. Wenn wir genauso gut sehen könnten wie hören, dann würden wir eine 10-Watt-Glühlampe aus 1’000 Kilometer Entfernung erkennen. Wir hören über ein Spektrum von 10 Oktaven, das Auge schafft nur eine.

The sound of data

Über mehrere Oktaven geht auch die Datenvisualisierung der Berliner Morgenpost. Das Datenteam hat den tiefen Fall der SPD in Deutschland vertont, basierend auf 3’838 Umfragen von Januar 1998 bis Ende Februar 2018. Man sieht die Linie im Diagramm auf- und absteigen und hört, wie die Partei über die Jahre immer weiter in den Keller rutscht. Der tiefe Schlusston klingt dramatisch und endgültig.

Ästhetische Stilmittel in Datenvisualisierungen, ihr multimodales Zusammenspiel und ihre Wirkung untersuchen wir im Forschungsprojekt Innovative Data Visualization and Numeric-Visual Literacy (INDVIL). Ein animierter Graph kann eindrücklicher wirken als ein statischer, ein akustischer emotionaler als ein animierter. Die Gestaltungspalette an visuellen und akustischen Variablen scheint dabei unendlich: Punkte, Linien und Flächen als visuelle Basiseinheiten von Diagrammen können unterschiedlich gestaltet und variiert werden in Grösse, Muster, Richtung, Form, Farbe, Tonwert und Position. Diese Basiseinheiten sind mit fortschreitender Technik um weitere Variablen erweitert worden, z. B. um Bewegung mit den Subvariablen Geschwindigkeit, Richtung, Flimmern, Rhythmus und Synchronisation.

Prof. Dr. Wibke Weber spricht über Datenvisualisierungen am IAM live 2017.

Auch die auditiven Stilmittel sind vielfältig, wie das Sound Design zeigt. Allein der Datensound der beiden Fallbeispiele setzt sich aus verschiedenen Parametern zusammen: Lautstärke, Tonhöhe, Tondauer, Klangfarbe, Tempo, Rhythmus, Harmonie, Musikstil. Wie verändert sich die Aussage einer Visualisierung, wenn die Daten im Vivaldi-Stil hörbar gemacht werden? Sollen die Schüsse eines Attentäters realistisch klingen oder eher symbolisch sonifiziert werden? Mit welcher Methodik wurden die Daten in Töne transformiert, welche Programmierung liegt zugrunde? Ermöglicht die auditive Variante eine neue Sichtweise auf die Daten? Und wie glaubwürdig ist der Datensound?

Fragen, die gerade mit den neuen Technologien wie Augmented und Virtual Reality (VR/AR) oder im Zusammenhang mit der künstlichen Intelligenz nach Antworten verlangen. AR und VR erlauben uns, direkt in die Daten einzutauchen, mit Balken- und Kreisdiagrammen zu interagieren, in Timelines und Karten hineinzuzoomen. Dann geht es nicht mehr nur darum, Daten zu sehen, sondern sie mit allen Sinnen zu erleben.

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