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Ein Blog der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

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Über Verpuffungen und Rezepte dagegen

Posted on 27. November 2014 by harz

Mit mehr als zweihundert Teilnehmenden verzeichnete der JournalismusTag dieses Jahr einen Besucherrekord. Die meisten darunter waren Journalisten. Die Jahreskonferenz des Vereins Qualität im Journalismus hat sich damit zum wohl grössten Branchentreffen in der Deutschschweiz gemausert. Aber weshalb besuchen Berufspraktiker überhaupt solche Tagungen? Ein Kommentar zum JournalismusTag.14 am IAM in Winterthur.

von Mirco Saner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsschwerpunkt Journalistik des IAM

Ein Fazit: Der strukturelle Abbau ist und bleibt in den meisten mitteleuropäischen Redaktionen dramatisch, auch wenn Stephan Weichert von der Hamburger Macromedia-Hochschule bei seiner Keynote anhand der Huffington Post und Buzzfeed Gegentrends aufzeigen konnte. Eine bewusste Provokation. Denn das sind lediglich positive Einzelschicksale, die mit der System-Realität wenig zu tun haben.

Ein Aufreger: Der anhaltende Trend der Medienhäuser, Stellenabbau und journalistische Qualitätseinbussen nach Aussen als Qualitätsgewinn durch die Schaffung von Synergien zu verkaufen. „Synergien zwischen Redaktionen schaffen, das ist doch begriffliches Bullshit-Bingo“, meinte dazu Ringier-Mann Hannes Britschgi, der gefühlt jede Diskussionsrunde der letzten Journalismustage moderiert hat.

Ein emotionaler Moment: Der via Skype zugeschaltete Oliver Schröm, Leiter des Recherche-Teams beim deutschen Wochenmagazin „Stern“, erzählt den Anwesenden von der Entlassung einer etablierten deutschen Journalistin, deren Ehemann – ebenfalls langjähriger Journalist und guter Freund Schröms – vor kurzem in einem Kriegsgebiet bei der Ausübung seines Berufes getötet wurde. Schröm kämpft mit den Tränen. Was er nicht ausspricht, ihm aber auf der Stirn geschrieben steht: Bleibt im medialen Überlebenskampf die Moral auf der Strecke? Später an der Tagung und ohne von dieser Begebenheit zu wissen, erklärt Tagesanzeiger-Chefredaktor Res Strehle: „Die Medien haben in den vergangenen zehn Jahren fast flächendeckend um die fünfzig Prozent ihres Umsatzes verloren und in den Medienhäusern musste man sich darauf eine Reaktion überlegen. Schröm fordert deshalb eine „dritte Säule“ für den Journalismus und meint damit die Finanzierung durch unabhängige Stiftungen.Mirco Saner

Verpufftes Engagement

Zurück zu unserer Ausgangsfrage: Weshalb besuchen Berufspraktiker überhaupt solche Tagungen? Lassen wir das Networking, das Sehen und Gesehen werden sowie das bewusst öffentliche Demonstrieren von Sorge um journalistische Qualität einmal aussen vor. Was ist der inhaltliche Anreiz? Die Verlockung brandneu-exklusiver Informationen kann es nicht sein. Häufig sind an solchen Tagungen von den gleichen Akteuren die gleichen Botschaften zu hören. Das ist nicht per se schlecht.

Nur was stetig wiederholt wird, bleibt haften. Dass es nach Meinung der Medienwissenschaft um die journalistische Qualität schlecht steht, ist bekannt. Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren wenig verändert. Erhoffen sich die Journalisten Anzeichen dafür, dass sich die dunklen Wolken über der Medienbranche lichten? Dass es mit ihrem Beruf aus der Sicht der „Anderen“ wieder bergauf geht? Möglich. Jedenfalls ist es nicht der Anreiz, sich Inputs und personelle Verstärkung zu holen, um gegen den Status Quo aktiv zu werden. Das demonstrierte Interesse am Zustand der Medienbranche und an medienpolitischen Fragen verpufft in den Redaktionen für die restlichen 364 Tage wieder. Botschaften solcher Tagungen finden in den Praxisstuben keinen erkennbaren Widerhall. Weshalb ist das so?

Spurensuche

Möglichkeit 1: Journalisten glauben den Botschaften nicht.
Ähnlich wie bei Verlegern ist bei diversen Journalisten die Fähigkeit zur Selbstkritik noch immer schwach ausgeprägt. „Sie sollten vielleicht mehr Geld für die Forschung verlangen“, wetterte ein anwesender Journalist gegen Mark Eisenegger vom Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich. Dieser hatte anhand von „Bund“ und Tagesanzeiger sowie dem St. Galler Tagblatt und der Thurgauer Zeitung zwei Fallstudien zum Kopfblatt-Mantel-System in der Schweiz vorgestellt. Ergebnis: Durch diese organisationale Zusammenarbeit entstehen bei den Kooperationspartnern deutlich weniger redaktionell eigengeleistete Beiträge, wodurch die publizistische Vielfalt – und damit die journalistische Qualität – weiter sinkt. Wie für Fallstudien üblich, war der Untersuchungszeitraum recht kurz, jeweils nur wenige Tage im Jahr 2008 – vor Einführung des Mantelsystems – und 2013 – nach Einführung des Mantelsystems. Fallstudien liefern anekdotische Evidenzen und Tendenzen, auf deren Grundlage breiter angelegte Forschungsstudien durchgeführt werden können. Sie bieten Anhalts- und Orientierungspunkte. „Aufgrund dieser schwachen Datenlage den Journalismus derart vernichtend zu kritisieren, das geht einfach nicht“, schimpfte der Zuhörer weiter. Ein bewährtes Muster ist hier erkennbar. Verunglimpfe deinen Gegner und seine Methoden, anstatt sich seiner Kritik zu stellen. Die Datenlage ist häufig unbefriedigend in der Forschung. Deshalb verkauft kein guter Wissenschaftler seine Ergebnisse als Wahrheit.

Möglichkeit 2: Journalisten möchten, können aber nicht.
Verleger von relevanten Medientiteln waren nicht anwesend am JournalismusTag. Einige ihrer Chefredaktoren schon, aber meist nur punktuell, zu eigenen Podiumsgesprächen. Männer brauchen das Gefühl, dass eine Entscheidung von ihnen selbst stammt, oder sie zumindest massgeblich daran beteiligt waren. Auch wenn das nicht zutrifft. Eine Erkenntnis aus der Paartherapie. An Tagungen wird in Panels häufig über Themen auf redaktioneller Ebene diskutiert; über Chancen des Datenjournalismus, über Privatsphäre bei Bildpublikationen oder über verbessertes Storytelling. Das sind die „kleinen“ Themen. Bei den Keynotes und Plenumsdiskussionen hingegen kommt das „Grosse“ auf den Tisch: Medienkonzentration, Medienkonvergenz, Personalabbau. Über diese Themenfelder zu entscheiden, fällt nicht in den Kompetenzbereich der meisten Anwesenden. Solange die Entscheidungsträger nicht direkt involviert werden, wird ein Journalist, der in der heimischen Redaktion Inputs aus der Tagung übermittelt, kaum etwas verändern. Durch die anhaltende Medienkonzentration und das dadurch ausgelöste Schwinden potenzieller Arbeitgeber, trauen sich Journalisten zudem immer weniger, ihre Stimme (öffentlich) zu erheben, wenn in den Redaktionen alles beim Alten bleibt.

Lösungsansätze

Medienpraktiker sollten sich intensiver mit Forschungsmethoden und Statistik auseinandersetzen. Ein regelmässiger Methoden-Workshop an den JournalismusTagen kann hier Abhilfe schaffen und helfen, das Einordnen von Forschungsergebnissen zu erleichtern. „Redaktions-Panels“ oder „Organisations-Panels“, in denen Leitungspersonen aus Redaktion und Verlag mit ihren Mitarbeitenden und unabhängigen Fachleuten direkt über ein konkretes Praxisproblem in ihrem Unternehmen diskutieren und Lösungsansätze suchen, involvieren Entscheidungsträger und verbessern die inhaltliche Nachhaltigkeit von Konferenzen. Als externe Fachleute fungieren Medienwissenschaftler, Journalisten aus anderen – nicht direkt konkurrierenden – Medienhäusern oder Gewerkschaftsvertreter. Je nachdem, ob es derer „kleine“ oder „grosse“ Themen sind. So bietet sich die Möglichkeit, gemeinsam erarbeitete Lösungsvorschläge danach im Arbeitsalltag innerredaktionell weiter auszuarbeiten und hoffentlich am Ende umzusetzen. Solcherart gestaltete Panels liefern Lösungsansätze für weitere von Teilnehmern geäusserte Schwächen des Journalismustages und Fachkonferenzen im Allgemeinen. Der Journalismus-Student Janosch Tröhler kritisiert die häufig mangelnde Innovationsfähigkeit der Tagungs-Workshops. Auch wird zu wenig über die Landesgrenzen hinaus geschaut. Gemeint ist damit nicht Deutschland oder Österreich. Journalisten aus vergleichbaren Journalismuskulturen – aus Übersee, Skandinavien oder Südeuropa – einzuladen, lässt neue, unabhängige Blickwinkel und Erfahrungen einfliessen. Ein Plus für die Innovationkraft und den inhaltlichen Austausch.

(Erstpublikation dieses Artikels in EJO)

Mehr zum Thema:
#JourTag.14 – ein Blick hinter die Kulissen
Liveblog #JourTag14-Blog

 

Mehr als nur lustig: Satire im Journalismus

Posted on 18. November 2014 by Redaktion
von Dr. Guido Keel, Geschäftsführer und Dozent am IAM

Es gibt Menschen, die nicht mehr die Tagesschau, sondern Giacobbo&Müller schauen, um sich über das aktuelle Zeitgeschehen zu informieren. Ersetzen demnach Satiresendungen allmählich journalistische Angebote? Was kann denn Satire besser als der Journalismus, und wo sind ihre Grenzen? Diese Fragen diskutierte ich letzten Dienstag mit 25 Mitgliedern der Trägerschaft ZH/SH der SRG im Seminar „Mehr als nur lustig: Satire als Chance zur Vermittlung journalistischer Inhalte“.

Als Journalismusforscher interessiert mich das Thema seit Jahren brennend, und nicht nur mich: An wissenschaftlichen Konferenzen diskutieren inzwischen Forschende aus aller Welt genau diese Fragen. Im Seminar gingen wir die Fragestellung aus zwei Perspektiven an: Meiner wissenschaftlichen Sichtweise stellten wir die Ansichten von Viktor Giacobbo gegenüber, einem Praktiker mit jahrzehntelanger, vielschichtiger Erfahrung in Sachen Satire. Im Gespräch mit ihm wurden unter anderem die Unterschiede sichtbar zwischen dem logischen, systematischen Vorgehen des Wissenschaftlers, der Satire und Humor literaturgestützt erklären kann, und des Praktikers, der vieles nach Gefühl macht und gerade deshalb gute Satire macht, weil er sie nicht konstruiert.

Für das Publikum lieferte der Abend Inputs aus der Wissenschaft und Praxis zu Bedeutung und Funktionsweise von Satire im Journalimus, und dabei wohl auch die Erkenntnis, dass es keine einfachen Antworten auf die Fragen gibt, was Satire genau zu leisten vermag und wo die Grenzen der Satire liegen.

Der Kurs für die SRG fand zum dritten Mal statt. Diese Veranstaltungen ermöglichen es mir einerseits, besser zu verstehen, wie interessierte TV-ZuschauerInnen über Satire denken und was sie von Satire in den Medien erwarten. Andererseits ist es auch spannend, das eigene theoretische Wissen über Satire mit den Sichtweisen des Praktikers zu vergleichen, eigene Erkenntnisse bestätigt zu finden und andere weiter zu differenzieren. Diese Kurse und Seminare sind, wie Satire, mehr als nur lustig. Aber lustig sind sie auch. Was will man mehr.




Mehr zum Thema:
Satire – der unvollständige Nachrichtenersatz
von Olivia Gähwiler (Absolventin JO), Link-mobile.ch
„Wenn Satire allen gefällt, läuft etwas schief“
Interview mit Michael Elsener von Olivia Gähwiler (Absolventin JO), Link-mobile.ch

#JourTag.14 – ein Blick hinter die Kulissen

Posted on 11. November 2014 by harz

25 publizierte Artikel, über 100 Studierende, mehr als 1500 Leserinnen und Leser, 12 Stunden Coaching. Das sind die Eckdaten zum #JourTag14-Blog. Zahlen, die alle meine Erwartungen übertroffen haben. Doch Zahlen alleine reichen nicht, um diesen unfassbar intensiven Tag zu beschreiben.

von Robin Schwarz, Absolvent BA Journalismus und Organisationskommunikation
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Robin Schwarz

Eigentlich hätte es nur ein von mir selber geschriebener Blog werden sollen. Genau wie der von Kollege Christian Simon im letzten Jahr. Doch irgendwie hat sich das bescheidene Projekt in etwas Grösseres entwickelt. Als ich zu Vinzenz Wyss sagte: «Ich brauche vielleicht ein bisschen Hilfe», wurde mir kurzerhand die ganze Erstsemester-Studierendenschar zur Verfügung gestellt. «Ihr seid ein Reporterteam, geht an eine Veranstaltung und bringt mir eine Story mit», habe ich ihnen kurz ihren Auftrag zusammengefasst. Ich glaube, einige fanden das Wasser, in das sie von mir und indirekt Vinzenz Wyss, geworfen wurden, etwas gar kalt. Aber ich erinnere mich an mein erstes Semester und für mich gab es nichts Frustrierenderes, als mit einem «Jaja, ein Erstsemesterli» abgekanzelt zu werden. Auch Erstsemester-Studierende können Erstaunliches schaffen, wenn sie wollen. Das war mein Ziel. Und schliesslich ist der Journalismus eine tägliche Herausforderung. Nichts mit nine to five.

«I’ve been sitting here for two and a half hours and I don’t know why. It’s like being in the cast of a Fellini film», habe ich in meinen Instruktionen Charlie Skinner aus The Newsroom zitiert. Das hatte etwas Prophetisches, denn vielen Studierenden war gar nicht klar, auf was sie sich da eingelassen hatten. Einige befanden, das sei ja sowieso nur «eine Alibiübung» und der Blog würde ja eh von «keinem Schwein» gelesen. Weit gefehlt. Zugegeben, mit 1500 LeserInnen hätte ich selber nicht gerechnet, aber wohl damit, dass zumindest die potenziellen 230 BesucherInnen des Journalismustags nicht nur meine potenziellen Arbeitgeber sein können, sondern auch die der Studierenden. «Ihr habt jetzt die Chance etwas Tolles auf die Beine zu stellen, wer weiss, was sich daraus irgendwann einmal ergibt. Setzt euer erstes Markenzeichen als Journalistinnen und Journalisten».

Einige haben sich von diesen Worten kaum beeindrucken lassen, andere hingegen haben sich richtig reingekniet. Speziell in Erinnerung blieben mir zwei Teams: «Wie explizit dürfen Schreckensbilder sein?» fragte das eine Team, das andere konstatierte «Purer Sauglattismus funktioniert nicht». Ersteres hat einen ganzen Nachmittag diskutiert, geschrieben und Twitter durchforstet. Yannik Primus von zweiten Team hatte sein Panel um 16 Uhr und sass aber noch um 20 Uhr inmitten einer Auslegeordnung von markierten Blättern, Aufnahmegeräten und Kabeln. Diese beiden Teams (und nicht nur diese beiden!) haben bewiesen, dass sie willens sind, sich für ihren Beruf einzusetzen. Sie haben, glaube ich, einen Schalter umlegen können. Das hat mich enorm gefreut.

Symbolwert hatte für mich auch, dass wir, als der JournalismusTag längst vorbei war, noch in einem kleinen Grüppchen dort sassen und zusammen Wein getrunken und über den Tag sinniert haben, und das, obwohl alle längst zuhause hätten sein können. Ich hoffe, ich sehe euch irgendwann im Bundeshaus, auf einer Nachrichtenredaktion oder im Fernsehen wieder. Ihr könnt es schaffen, da bin ich überzeugt.







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