«Get me off your f*cking mailing list»

Am Anfang steht häufig eine E-Mail. Mehr oder weniger richtig an den Empfänger adressiert und der Rechtschreibung folgend, will sie Ihnen vor allem eines weismachen:  Ihrem mühevoll erarbeiteten wissenschaftlichen Beitrag oder Ihrer Abschlussarbeit gebührt eine Publikation.  Aber das bei einem Verlag, von dem Sie noch nie gehört haben.  Was taugen solche Angebote?

Predatory Publisher

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden immer wieder mit Spammails sogenannter Predatory Publishers konfrontiert. Hierbei handelt es sich um «Schwarze Schafe» der Zeitschriften, die sich über Publikationsgebühren finanzieren. Häufig wird unter Vorspiegelung falscher Tatsachen um Einreichung von Publikationen gebeten, verbunden mit einer «kleinen» Gebührenzahlung. Die zu erwartenden verlegerischen Leistungen bleiben dabei jedoch aus. Insbesondere das unzureichende Peer-Review ist problematisch und kann der eigenen Reputation schaden. Darüber hinaus bringt es zahlreiche seriöse Open-Access-Zeitschriften in Misskredit.

Mangelnde Qualität

Artikel von David Mazieres and Eddie Kohler, eingereicht von Peter Vamplew

Was fehlendes Peer-Review bedeutet, hat der australische Wissenschaftler Peter Vamplew 2014 wunderbar illustriert. Seine eigentlich als Witz gemeinte Einreichung des Artikels «Get me off your fucking mailing list» bei einem besonders nervigen Predatory Journal bestand nur aus diesen sieben Wörtern … und wurde angenommen, Prädikat «exzellent». Die ganze Geschichte finden Sie hier.

Diese Entwicklungen bleiben der Öffentlichkeit nicht verborgen. Investigativjournalisten von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung haben kürzlich ihre Rechercheergebnisse aus Deutschland vorgestellt. Der unter anderem daraus entstandene Podcast des NDR ist frei im Netz zugänglich und auch die ARD-Reportage «Fake Science», die am 23. Juli um 21.45 Uhr gezeigt wird, steht für alle, die es nicht vor den Fernseher schaffen, später noch zur Verfügung. Eine gute Zusammenfassung zur Problematik bietet das Interview mit Clara Ginther von der Universität Graz im Deutschlandfunk.

«Schwarze Schafe» erkennen

Zum Teil sind die zweifelhaften Absichten dieser «Schwarze Schafe» auf den ersten Blick ersichtlich, bei anderen Zeitschriften lässt sich die Spreu vom Weizen erst durch eine tiefergehende Recherche trennen. Bei unbekannten Anbietern ist vor der Einreichung also gesunde Skepsis angezeigt. Um die Seriosität zu überprüfen, bietet sich die Think-Check-Submit-Methode oder der Erfahrungsaustausch mit der Hochschulbibliothek an.

Wie steht’s bei Abschlussarbeiten?

Auch bei Abschlussarbeiten klingt das Angebot verlockend: gratis Veröffentlichung der eigenen Arbeit in nur wenigen Mausklicks und Gimmicks wie frei wählbares Cover. Studierende müssen nur Ihre Arbeit als richtig formartiertes PDF samt Autorenvertrag per Mail an Verlage wie Grin, diplom.de oder Akademiker-Verlag schicken.

Der erste Haken: Masse statt Klasse

Aber auch der Verlag legt die Füsse hoch. Ohne die üblichen Leistungen wie Lektorat und Korrektorat wird das überlassene PDF unverändert produziert und verkauft. Print-on-demand macht’s möglich, hier zählt Masse statt Klasse. Allein dieses Jahr hat beispielsweise der auf Abschlussarbeiten spezialisierte Akademiker-Verlag im Mai und Juni 130 Neuerscheinungen auf dem Markt geworfen. Der eigene Titel geht da in der Menge schnell unter. Die versprochene gezielte internationale Vermarktung der eigenen Publikation beschränkt sich auf die Einspielung der Publikationsdaten in Buchhandelskataloge. Auch der Erlös aus allfälligen Verkäufen wandert zum grossen Teil in die Tasche des Verlags (Spiegel online).

Verfasser und Titel von Abschlussarbeiten recherchieren Verlage mit entsprechendem Geschäftsmodell übrigens im Internet. Wenn andere Studierende also ebenfalls schmeichelhafte Publikationseinladungen bekommen haben, ist Vorsicht geboten.

Der zweite Haken: Vertragsabschluss

Wussten Sie, dass die Verwertungsrechte an Abschlussarbeiten bei der ZHAW liegen? Bevor Sie Ihre Arbeit also publizieren, muss die Betreuerin / der Betreuer Ihrer Arbeit einverstanden und eine Rechteübertragung mittels Vertrag erfolgt sein. Ausserdem dürfen keine Geheimhaltungspflichten gegenüber Projektpartnern oder Dritten bestehen. Erst dann kann ein Vertrag mit einem Verlag unterzeichnet werden.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Wählen Sie Ihren Verlag sorgfältig aus. Wenn Sie unsicher sind, konsultieren Sie am besten Checklisten. Wichtig ist, dass Ihre Publikation gut gemacht mit Qualität überzeugt und sie bei einem renommierten Verlag herauskommt, der sich wirklich um Sie und Ihre Publikation kümmert. So werden Sie auch später noch Freude daran haben.

Sollten Sie sich für eine Veröffentlichung Ihrer Arbeit entscheiden, achten Sie ausserdem darauf, dass Sie keine exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte an Verlage abtreten. Nur so können Sie nach wie vor darüber entscheiden, wo Ihre Arbeit sonst noch erscheinen soll (z.B.  frei im Netz).


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert