Von Melanie Rotschi und Johnny van Dijk
Im Rahmen einer Blogreihe zum Thema Kapazitätsmanagement befasste sich der erste Beitrag mit dem Thema Spital als komplexe Organisation. Es wurde unter anderem auf die Kritizität, also dass Organisationen auf kleine Veränderungen mit einer grossen Sensibilität reagieren, eingegangen. Der zweite Beitrag hat beleuchtet wie die Komplexität die Planung von Kapazitäten in Spitälern erschwert.
In diesem dritten und letzten Beitrag wird nun darauf eingegangen welche Aspekte zentral sind, um ein integrales Kapazitätsmanagement in einem Spital einzuführen.
Integrales Kapazitätsmanagement
Das integrale Kapazitätsmanagement umfasst die Planung und Nutzung sowohl materieller als auch personeller Ressourcen. Dazu gehört der gezielte Einsatz von Technologien und Datenanalysen, um präzise Vorhersagen über den Patientenfluss zu treffen. Ein solches Management fördert auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit, was wiederum die Koordination und Kommunikation zwischen den Abteilungen verbessert.
Das integrale Kapazitätsmanagement spielt eine zentrale Rolle für die Effizienz und Qualität der Patientenversorgung in Spitälern. In einer Zeit, in welcher die Anforderungen im Gesundheitswesen steigen, ist eine gezielte Planung und Steuerung der Ressourcen entscheidend. Durch intelligentes Kapazitätsmanagement können Spitäler den Patientenfluss optimieren, Engpässe vermeiden und die Wartezeiten verkürzen. Gleichzeitig wird die Servicequalität durch die effiziente Nutzung von Personal, Betten, medizinischen Geräten und anderen Ressourcen maximiert.
Ziele und Herausforderungen
Die Hauptziele des Kapazitätsmanagements sind die Optimierung des Patientenflusses und die Minimierung von Zielkonflikten. Es erfordert eine sorgfältige Planung, um sicherzustellen, dass PatientInnen schnell und effizient behandelt werden. Wie schnell und wie effizient sollte allerdings in quantifizierbaren Zahlen und Zielen festgelegt werden. Ein Beispiel wäre, dass zugewiesene PatientInnen innerhalb von zwei Wochen einen Termin in den Sprechstunden bekommen. Die Erfahrung zeigt, dass das Festlegen von Zielen mit einem messbaren Leistungsversprechen recht anspruchsvoll ist für Krankenhäuser.
Zielkonflikte im Kapazitätsmanagement
Zielkonflikte treten auf, wenn verschiedene Abteilungen unterschiedliche Prioritäten setzen. Ein typisches Beispiel ist die Balance zwischen der Notfallversorgung und der Durchführung geplanter Behandlungen. Solche Konflikte erfordern Flexibilität und taktisches Denken, um die Bedürfnisse aller Patientengruppen bestmöglich zu berücksichtigen. Die Identifikation und Lösung dieser Konflikte ist entscheidend für den Erfolg des Kapazitätsmanagements.
Elemente für das integrale Kapazitätsmanagement
Erfolgreiche Best Practices im Kapazitätsmanagement umfassen die datenbasierte Entscheidungsfindung, interdisziplinäre Zusammenarbeit, standardisierte Abläufe und den gezielten Einsatz von Technologien. Die Analyse historischer Daten hilft, den Patientenfluss besser zu steuern und saisonale Schwankungen zu managen. Durch regelmässige Meetings zwischen Abteilungen werden Zielkonflikte frühzeitig erkannt und Lösungen entwickelt. Standardisierte Abläufe sorgen für klare Prozesse, welche Wartezeiten reduzieren und die Effizienz steigern. Der Einsatz moderner Technologien wie elektronischer Patientenakten und mobiler Anwendungen verbessert die Kommunikation und ermöglicht eine präzisere Steuerung der Ressourcen.
Zukunftsaussichten für das Kapazitätsmanagement
Die Zukunft des Kapazitätsmanagements wird durch technologische Innovationen und sich verändernde Patientenbedürfnisse geprägt. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen bieten die Möglichkeit, komplexe Datenmuster zu erkennen und den Patientenfluss noch präziser zu steuern. Zudem wird die Vernetzung von Gesundheitsdiensten immer wichtiger, um einen nahtlosen Informationsaustausch zu gewährleisten. PatientInnen erwarten eine individuelle Betreuung und transparente Informationen über ihren Behandlungsverlauf. Krankenhäuser müssen ihre Abläufe an diese Veränderungen anpassen und gleichzeitig den Fokus auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung legen.
Fazit
Ein interdisziplinärer Ansatz, bei dem alle relevanten Akteure – von Ärztinnen über Pflegepersonal bis hin zur Verwaltung – in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden, ist essenziell. Klare Prioritäten und ein flexibles Kapazitätsmanagement, welches sich an den Bedürfnissen der PatientInnen orientiert, sind notwendig. Der Einsatz moderner IT-Lösungen ermöglicht es, Vorhersagen zu treffen und Engpässe frühzeitig zu identifizieren, was zu einer besseren Patientenversorgung und höheren Mitarbeiterzufriedenheit führt. Offene Kommunikation und regelmässige Schulungen helfen, Missverständnisse zu vermeiden und das gemeinsame Ziel der effizienten Patientenversorgung zu erreichen.
Im Rahmen eines assoziierten Projektes des Innosuisse Flagship Projektes «SHIFT» befasst sich die ZHAW gemeinsam mit Vetterli Roth & Partners mit dem integralen Kapazitätsmanagement. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt wird ein Assessment-Tool zur Erhebung des Reifegrades einer Klinik im Bereich des Kapazitätsmanagements entwickelt.
Melanie Rotschi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fachstelle Management im Gesundheitswesen
Johnny van Dijk ist Senior Expert bei Vetterli Roth & Partners und Kapazitätsmanager im Spital Bülach.
Dr. Florian Liberatore ist Dozent und stv. Leitung Team Management im Gesundheitswesen.