Von Irene Kobler und Johanna Stahl
«Ihr Kind hat eine seltene Krankheit» – eine solche Diagnose erweckt in betroffenen Familien unzählige Fragen, Unsicherheiten, Ängste und Herausforderungen. Informationen zu seltenen Krankheiten sind häufig rar, der Versuch, sich einen Überblick über Unterstützungsangebote und -leistungen zu verschaffen, erweist sich als riesige Aufgabe. Im Auftrag des Fördervereins für Kinder mit seltenen Krankheiten (KMSK) und in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Wallis HES-SO haben wir eine webbasierte Wissensplattform entwickelt, welche Informations- und Unterstützungsleistungen erstmalig für die Schweiz gebündelt darstellt. Die Wissensplattform unterstützt damit betroffene Familien und ist zudem auch für Fachpersonen dienlich. Sie ermöglicht einen schnellen und kostenlosen Zugang zu relevanten Informationen, wodurch Fragen schneller und gezielter beantwortet werden können.
Orientierung an den Bedürfnissen betroffener Familien
Um eine Plattform zu entwickeln, die den Bedürfnissen betroffener Familien entspricht und auf ihrem Wissen und ihren Erfahrungen aufbaut, war für uns der Einbezug des KMSK-Familiennetzwerkes im Rahmen des gesamten Projektes zentral. So wurden bei Projektbeginn Interviews mit betroffenen Eltern geführt, es wurde ein Online-Workshop organisiert und die KMSK-Familien wurden in der Breite mittels eines Online-Fragebogens nach ihren Bedürfnissen und Anforderungen an eine solche Plattform befragt. Gleichzeitig erhielten wir dadurch viele Tipps und konnten Informationen zu wichtigen Anlaufstellen gewinnen. Nach der Erstellung des ersten Prototyps spiegelten Expert:innen aus den Gebieten Soziale Arbeit, Medizin, Pflege, Recht, Psychologie und Heilpädagogik die Inhalte und ergänzten diese. Zudem wurde die mehrmalig überarbeitete Plattform vor der offiziellen Veröffentlichung durch das KMSK-Familiennetzwerk getestet.
Was kann diese Wissensplattform?
Nach einer zweijährigen Entwicklungszeit steht heute nun eine Wissensplattform, die anhand von 14 Themen strukturiert ist, welche elementar im Leben betroffener Familien sind. Es handelt sich dabei um Herausforderungen im Leben der Betroffenen wie „Versicherungsleistungen“, „Emotionale Belastung“ oder „Jugend und Übergang ins Erwachsenenalter“. Bei jedem dieser Themen werden wichtige Hinweise aufgeführt und relevante Anlaufstellen verlinkt. Selbstverständlich ist auch eine plattformübergreifende Übersicht aller genannten Anlaufstellen zu finden. Damit die Wissensplattform stetig weiter ausgebaut wird und der Wissensschatz damit fortlaufend erweitert werden kann, können betroffene Familien und Fachpersonen zudem Wissensergänzungen mittels Aktualisierungsformular vornehmen.
Wissenstransfer fördern schafft grossen Nutzen
Wir freuen uns sehr, dass wir massgeblich an der Entwicklung dieser KMSK-Wissensplattform beteiligt waren. Gerade in der heutigen Zeit, in der so viel Wissen immer und überall verfügbar ist, sind Plattformen wie diese zentral. Wir sind sicher, dass sie einen echten Mehrwert bietet und Betroffenen mehr Zeit und Lebensqualität ermöglichen kann, da durch ihre Nutzung der Aufwand bei der Suche nach Informationen deutlich reduziert werden kann.
Wer mehr über die Thematik Seltene Krankheiten, den Förderverein KMSK sowie das Leben der betroffenen Familien erfahren möchte, kann hier vertiefende Informationen finden:
- Website des Fördervereins für Kinder mit seltenen Krankheiten
- Informationsdokument zu Fakten & Herausforderungen
- KMSK Wissens-Forum vom 25. Februar 2023
- Wissensbuch 2018/No 1 (Einblicke in das Leben betroffener Familien)
- Wissensbuch 2019/No 2 (Der Weg – Genetik, Alltag, Familien- und Lebensplanung)
- Wissensbuch 2020/No 3 (Therapien für Kinder und Unterstützung für die Familien)
- Wissensbuch 2021/No 4 (Psychosoziale Herausforderungen für Eltern und Geschwister)
- Wissensbuch 2022/No 5 (Digitale Wissensplattform für Eltern und Fachpersonen)
- weiterer Blog des WIG «Kinder mit seltenen Krankheiten»
Irene Kobler und Johanna Stahl sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in den Teams Versorgunsforschung und Management im Gesundheitswesen am WIG.