Der Klimawandel als Gesundheitsrisiko: Können internationale Abkommen das Problem lösen?

Quelle: Colourbox

Von Lousia Cakir

Der Klimawandel als Gesundheitsrisiko

Ein steigender Meeresspiegel, Hitze, Dürren, und Unwetter – der Klimawandel wird zunehmend besorgniserregendere Folgen für unsere natürliche Umgebung haben.

Weil wir als Menschen untrennbar mit der Natur verbunden sind, werden sich diese Folgen vermehrt auch auf unsere Gesundheit auswirken. Eine ansteigende Hitzebelastung zum Beispiel kann, vor allem bei Personen mit chronischen Erkrankungen wie Herzkreislauferkrankungen, zu einem erhöhten Sterberisiko führen (NCCS 2023). Für den Menschen stellt der Klimawandel, ein sogenanntes globales Umweltproblem, also ein wesentliches Gesundheitsrisiko dar.

Internationale Emissionen, lokale Gesundheitsfolgen

Globale Umweltprobleme können grundsätzlich grob in zwei Kategorien unterteilt werden (Turner et al 1990). Einige Umweltprobleme können als sogenannte kumulative globale Umweltprobleme bezeichnet werden. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie zwar an vielen verschiedenen Orten auf der Welt gleichzeitig auftreten, jedoch unabhängig voneinander bestehen und sich gegenseitig nicht beeinflussen. Ein Biodiversitätsverlust in China oder Brasilien zum Beispiel hat keinen Effekt auf den Biodiversitätsverlust in der Schweiz.

Der Klimawandel hingegen kann, trotz seiner vielen lokalen Folgen, als systemisches globales Umweltproblem verstanden werden. Ein systemisches globales Umweltproblem zeichnet sich dadurch aus, dass eine Veränderung an einem Ort in dem System auch den Rest des Systems beeinflusst.

Für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung spielt es also keine Rolle, ob die verursachenden Treibhausgasemissionen auch in der Schweiz ausgestossen wurden, oder ob diese Emissionen am anderen Ende der Welt zustande kamen.

Internationale Abkommen: Das «Free-Riding»-Problem und der «Lowest Common Denominator»

Systemische Probleme erfordern systemische Lösungen. Um die Schweizer Bevölkerung also von den durch den Klimawandel zunehmend entstehenden Gesundheitsrisiken zu schützen, muss eine globale Lösung gefunden werden, die eine weltweite Reduktion der Treibhausgasemissionen bewirkt. Eine naheliegende Lösung für das Problem wäre ein effektives multilaterales Abkommen. Doch internationale Abkommen (wie das Übereinkommen von Paris) sind oft von einer mangelhaften Wirksamkeit geprägt.

Der beschriebene systemische Charakter des Klimawandels bedeutet im Umkehrschluss nämlich auch, dass eine Reduktion der Treibhausgasemissionen in einem Land auch allen anderen Ländern zugutekommt, ohne, dass diese Länder jeweils selbst ihr Handeln anpassen müssen. Aus dieser Begebenheit folgt ein ursprünglich durch Mancur Olsen (1965) in «The Logic of Collecitve Action: Public Goods and the Theory of Groups» beschriebenes Problem des kollektiven Handelns: das sogenannte «Free-Riding»-Problem.

Angewendet auf Staaten und den Klimawandel bedeutet das «Free-Riding»-Problem vereinfacht Folgendes: Ein einzelner Staat hat den Anreiz, von den Emissionsreduktionen aller anderen Staaten zu profitieren, währenddem dieser Staat selbst seine Emissionen nicht reduziert. Es gibt zwar Staaten, die durch ihr erhöhtes Risiko eher an einer Lösung interessiert sind. Doch weil es theoretisch (simplifiziert) für jeden Staat rational ist, von den Eingeständnissen anderer zu profitieren, ohne selbst solche Eingeständnisse zu machen, wird ein wirksames kollektives Handeln, um dem Klimawandel und den daraus folgenden Gesundheitsrisiken entgegenzuwirken, erschwert.

Damit zusammenhängend wird das Finden eines effektiven internationalen Abkommens durch eine weitere Herausforderung belastet. Das sogenannte «Lowest Common Denominator»-Problem (Axelrod et al 2005). Einerseits ist es für die Effektivität des Abkommens bedeutsam, dass so viele Staaten wie möglich der Vereinbarung beitreten. Die gewillteren Staaten (oft solche, die am meisten unter dem Klimawandel leiden, wie beispielsweise kleine Inselentwicklungsländer) sind also von der Kooperation mit weniger gewillten Staaten abhängig, vor allem von solchen, die hohe Emissionen ausstossen. Um auch weniger gewillte Staaten in ein Abkommen miteinzubeziehen, widerspiegelt dieses Abkommen jedoch meist den «Lowest Common Denominator»: man einigt sich also auf die kleinste Gemeinsamkeit, ein ineffektiveres Abkommen, zu Gunsten der erhöhten Teilnahme.  

Doch auch trotz dieser erschwerenden Bedingungen existieren auch Beispiele für eine erfolgreiche internationale Kooperation. Oft erwähnt wird das «Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen» von 1987.  Einer Schätzung zufolge sollen dank dem Protokoll ungefähr drei Millionen Hautkrebserkrankungen über die letzten 30 Jahre vermieden worden sein (Peter 2017).

Die Wichtigkeit internationaler Kooperation für unsere Gesundheit

Schon die Coronapandemie hat uns aufgezeigt, dass unsere Gesundheit auch direkt von internationalen Faktoren und Begebenheiten abhängig ist. Der Klimawandel ist ein weiteres Gesundheitsrisiko, das sich nicht an staatliche Grenzen hält und uns die Bedeutsamkeit einer effektiven internationalen Kooperation aufzeigt.

Louisa Cakir ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Gesundheitsökonomische Forschung

  • Axelrod, R. S., Downie, D. L., & Vig, N. J. (2005). The global environment: Institutions, law, and policy. CQ Press.
  • NCCS (2023). Gesundheit des Menschen. Abgerufen 2. April 2024, von https://www.nccs.admin.ch/nccs/de/home/das-nccs/themenschwerpunkte/klimawandel-und-gesundheit.html
  • Olson, M. (1965). The logic of collective action: Public Goods and the Theory of Groups. Harvard University Press.
  • Peter, T (2017.) Dreissig Jahre Montrealer Protokoll: Was hat es gebracht? Abgerufen 10. April, von https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2017/09/30-jahre-montrealer-protokoll.html
  • Turner, B.L.I, Kasperson, R.E., Meyer, W.B., Dow, K.M., Golding, D., Kasperson, J.X. & Tatick, S.J. (1990). Two types of global environmental change: Definitional and spatial scale issues in their human dimensions. Global Environmental Change, 1 (1990), pp. 14-22.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert