Die Saison des Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) ist vorbei. RSV ist ein hochansteckendes Virus, das jedes Jahr zwischen 3000 und 4000 Hospitalisationen verursacht. Es kann Infektionen der oberen und unteren Atemwege in allen Altersklassen auslösen und ist weltweit eine der Hauptursachen für Hospitalisierungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Darüber hinaus können bei Säuglingen, die wegen RSV stationär behandelt werden, weitere Komplikationen wie wiederkehrendes Keuchen, Lungenentzündungen und Mittelohrentzündungen (Otitis media) auftreten.
Welche Schutzmöglichkeiten gibt es?
Bis heute gibt es keine spezifische Behandlung für RSV, aber in vielen Fällen kann eine symptomatische Behandlung dazu beitragen, den Krankheitsverlauf abzumildern. Neben den nicht-medizinischen Präventionsmassnahmen, wie Säuglinge und Kleinkinder von erkrankten Personen mit Husten und Fieber fernhalten, gibt es in der Schweiz auch einige medizinische Massnahmen:
- Palivizumab (Synagis® – Astra Zeneca), ein monoklonaler Antikörper, wird Hochrisikokindern verabreicht, um Hospitalisationen aufgrund von RSV zu verhindern. In der Schweiz wird Palivizumab seit dem 1. August 2022 im Rahmen der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV, Art 12b) erstattet. Davor wurde Palivizumab ausnahmsweise von der Invalidenversicherung erstattet.
- Nirsevimab (Beyfortus®- Sanofi-Aventis SA), ein neuer, lang wirkender monoklonaler Antikörper, erhielt im Dezember 2023 von Swissmedic eine Zulassung, wird aber aktuell in der Schweiz noch nicht erstattet.
Beide Immunisierungstherapien werden per Injektion verabreicht. Eine mögliche Alternative zu den beiden monoklonalen Antikörpern ist eine Impfung gegen RSV. Es werden zurzeit verschiedene Impfstoffe gegen RSV entwickelt, wobei Impfstoffe für Schwangere und ältere Personen die besten Chancen auf eine baldige Zulassung in der Schweiz haben.
Wie unterscheidet sich nun die Immunisierung mit monoklonalen Antikörpern von der Impfung?
Monoklonale Antikörper wie Palivizumab und Nirsevimab verleihen passive Immunität. Passive Immunität ist der Schutz vor Krankheiten durch Antikörper, die ausserhalb des eigenen Körpers gebildet werden. Sie kann entweder mütterlich/natürlich (d. h. Antikörper, die von der Mutter an das Kind weitergegeben werden) oder künstlich (durch die Injektion von Antikörpern, die von einer anderen Person oder einem Tier erzeugt wurden, oder künstlich im Labor) sein. Aktive Immunität entsteht durch die Exposition gegenüber einem Krankheitserreger oder Teilen davon. Diese Exposition regt den Körper zur Bildung von Antikörpern gegen den Erreger an. Aktive Immunität kann auf zwei Arten entstehen: natürlich (d. h. durch eine Infektion) oder künstlich durch eine Impfung (durch die Verabreichung einer abgeschwächten oder toten Form des Erregers, um eine Immunreaktion auszulösen). Die passive Immunität wirkt sofort aber hält nicht lange an, während die aktive Immunität im Laufe der Zeit (einige Wochen) wirksam wird und in vielen Fällen lange anhält.
Interessanterweise wird auch in der KLV zwischen aktiven und passiven Immunisierungstherapien unterschieden. Aktive Immunisierungstherapien werden als prophylaktische Impfungen (Art. 12a) bezeichnet, z.B. Impfungen gegen Covid-19 (z. B. Cominarty®- Pfizer oder Spikevax®- Moderna), während passive Immunisierungstherapien als Massnahmen zur Prophylaxe von Krankheiten (Art. 12b) bezeichnet werden, wie Immunisierung mit Covid-19-Antikörpern bei immundefizienten Personen.
Yaroslava Zemlyanska ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team HTA und gesundheitsökonomische Evaluationen.
Referenzen:
Bundesamtes für Gesundheit BAG. Respiratorisches-Synzytial-Virus (RSV).
Ruuskanen et al. (2011). Viral pneumonia. Lancet, 377(9773): 1264-1275
Pädiatrie schweiz. Palivizumab (Synagis®)