Kommunizieren temporär angestellte Pflegefachpersonen ineffizienter?

Quelle: Colourbox

Von Sarah Schmelzer

Temporär angestellte Pflegefachpersonen sind für Spitäler zunehmend unverzichtbar und trotzdem führt das Thema zu hitzigen Diskussionen und aufgebrachten Gemütern (bspw. Medinside, 2023). Für die einen stellt die Möglichkeit zur Temporärarbeit eine wichtige Lösung im Fachkräftemangel dar, da sie mehr Flexibilität und Handlungsspielraum ermöglicht. Kritische Stimmen hingegen weisen darauf hin, dass beispielsweise eine unterschiedliche Bezahlung von Fest- und Temporärangestellten zu einer angespannten Stimmung im Team zwischen führen kann.

Ob Befürworter:in oder Gegner:in, eigene Erfahrungen oder Berichte aus dem Umfeld sind oft prägend und führen zu einer hohen Subjektivität. Bei den ganzen emotionsbeladenen Diskussionen könnte ein Blick in die Forschung Abhilfe schaffen und klären, was effektiv die Auswirkungen von temporär angestellten Pflegefachpersonen sind. Interessant ist beispielsweise, ob die Kommunikation im Team anders erfolgt, wenn temporär angestellte Pflegefachpersonen anwesend sind.

Temporär angestellte Pflegefachperson ist nicht gleich temporär angestellte Pflegefachperson

In der Schweiz gibt es bei Pflegefachpersonen die klassische Temporärarbeit im Sinne eines befristeten Arbeitseinsatzes. Dies wird häufig genutzt, um beispielsweise Pflegefachpersonen in Elternzeit zu vertreten. Ergänzend dazu gibt es weitere flexible Arbeitsformen bei Pflegefachpersonen wie beispielsweise spital-interne Pflegepools oder Springer:innen, welche über externe Agenturen für einzelne Schichten vermittelt werden. Ebenfalls ist eine Kombination verschiedener Modelle möglich und wie ein Blick ins Ausland zeigt, gibt es noch weitere flexible Arbeitsformen.

Bei der Frage, was diese verschiedenen Arbeitsformen für die Teamzusammenarbeit bedeuten, ist die aktuelle Forschung wenig aussagekräftig. Einzelne Studien weisen darauf hin, dass die Kommunikation und Koordination erschwert sein kann. Eine Ursache dafür ist, dass Pflegefachpersonen in einer flexiblen Arbeitsform zwar qualifiziert sein können, jedoch Wissensdefizite über abteilungsspezifische Abläufe haben. Auch sozialer Ausschluss oder Eifersucht kann die Kommunikation im Team beeinflussen. Wie sich dies genau äussert, ist aber weitgehend unerforscht.

Effiziente und weniger effiziente Kommunikation

Variierende Teamzusammensetzungen sind im Gesundheitswesen grundsätzlich keine Neuerscheinung. Beispielweise kommen im Schockraum Teams in wechselnder Konstellation zusammen. Hier bestätigt die Forschung, was viele in ihrem Arbeitsalltag auch erleben, nämlich dass sich die Vertrautheit mit dem Team in den Kommunikationsmustern widerspiegeln kann. Teammitglieder, welche untereinander vertraut sind, können auf effizientere Kommunikationsformen (sogenannte implizite Kommunikation) zurückgreifen. In solchen Teams werden beispielsweise wichtige Informationen auch ohne explizite Aufforderung geteilt, weil antizipiert werden kann, was relevant und irrelevant ist. Das verhindert Ineffizienzen durch ständiges Nachfragen. Sind Teammitglieder weniger vertraut, erfordert dies explizite Kommunikationsformen. Informationen müssen dann explizit eingefordert bzw. geteilt werden. Diese Kommunikation ist eher ressourcenintensiv.

Eine Beobachtungsstudie im Rahmen des SNF-Projekt CroWiS untersuchte diese unterschiedlichen Kommunikationsformen im Zusammenhang mit verschiedenen flexiblen Arbeitsformen von Pflegefachpersonen. Dabei konnte erstmals gezeigt werden, dass festangestellte Pflegefachpersonen implizite Kommunikationsformen häufiger verwenden, während Springer:innen auf explizite Kommunikation angewiesen sind. Interessant jedoch ist, dass Pflegefachpersonen in einer klassischen Temporäranstellung (bspw. Mutterschaftsvertretung während vier Monaten) die gleichen Kommunikationsmuster zeigen wie Festangestellte. Dies weist darauf hin, dass nicht nur flexible Arbeitsformen die Zusammenarbeit im Team beeinflussen.

Die im Titel gestellte Frage kann daher nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden. Die Resultate zeigen jedoch auf, dass einerseits weitere Forschung nötig ist, um ein besseres Verständnis zu gewinnen. Andererseits erfordern die verschiedensten flexiblen Arbeitsformen auch die Anpassung von Prozessen, Kommunikation oder Führungsverhalten. Erkenntnisse aus dem SNF-Projekt, welche zur Beantwortung dieser Fragen beitragen, werden laufend auf diesem Blog geteilt.

Sarah Schmelzer ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Management im Gesundheitswesen am WIG.

Quellen:

Burtscher, M. J., Jordi Ritz, E.-M., & Kolbe, M. (2018). Differences in talking-to-the-room behaviour between novice and expert teams during simulated paediatric resuscitation: A quasi-experimental study. BMJ Simulation and Technology Enhanced Learning, 4(4), 165–170. https://doi.org/10.1136/bmjstel-2017-000268

Gan, I. (2022). Understanding the causes and consequences of envy among nurses: A scoping review. Journal of Nursing Management, 30(7), 2825–2832.

Rico, R., Gibson, C. B., Sánchez-Manzanares, M., & Clark, M. A. (2019). Building team effectiveness through adaptation: Team knowledge and implicit and explicit coordination. Organizational Psychology Review, 9(2–3), 71–98. https://doi.org/10.1177/2041386619869972


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