Warum Lean-Coaches die Personal-TrainerInnen des Managements sind

Quelle: Adobe Stock (goami)

Von Johanna Stahl und Prof. Dr. Alfred Angerer

  • “Some people want it to happen, some wish it would happen. Others make it happen” (Michael Jordan)
  • «Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem kleinen Schritt» (Laotse)
  •  “If it doesn’t challenge you, it doesn’t change you.” (Fred DeVito)
  • „Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt“ …

Diese Kaffeebechersprüche aus dem Fitnessbereich können wohl so manche Personal-TrainerInnen aus dem Stegreif rezitieren. Im Zentrum steht dabei die Motivation derjenigen, die wollen, aber noch nicht können, um ihnen einen kleinen Schubser von aussen zu geben. Damit haben Personal-TrainerInnen im Prinzip den gleichen Job wie Lean-Coaches, doch das müssen wir genauer begründen…

Was war noch mal Lean Healthcare?

Wie auch im Personal-Training geht es im Lean-Management darum, Optimierung zu erreichen. Nur geht es bei Lean nicht um unseren eigenen Körper, sondern um die Arbeitsabläufe unserer Organisationen. Diese sollten gemäss der Lean-Philosophie stets danach beurteilt werden, ob sie für die KundInnen Wert stiften oder nicht. Identifizierte unnötige Prozesse («Verschwendungen») gilt es dabei kontinuierlich zu eliminieren oder zumindest zu reduzieren. Im Gesundheitswesen spricht man in diesem Zusammenhang von „Lean Healthcare“ (siehe www.leanhealth.ch), der Optimierungsphilosophie, die PatientInnen ins Zentrum stellt und alle Prozesse danach ausrichtet, für sie gute Arbeit zu leisten.

Das Können-Wollen-Dürfen der Prozessoptimierung

Wir wissen: Ziele sind wichtig, um einen radikalen Change zu vollführen. Doch das reicht leider nicht. Nicht jede Couch-Potato, die sich zum Jahreswechsel vornimmt, mehr Sport zu treiben, wird zur Sportskanone. Und auch im Gesundheitswesen klappt das leider nicht so einfach. Viele Gesundheitseinrichtungen verfolgen das Ziel, hochstehende Qualität und effiziente Prozesse zu haben. Doch deswegen werden sie noch lange nicht Lean. Um das zu erreichen, braucht es mehr als nur Ziele, es benötigt echtes Wollen. Das ist ein elementarer Startpunkt. Dazu kommt, zweitens, das Dürfen.  Mitarbeitenden muss von oben ermöglicht werden, Lean in der eigenen Organisation zu implementieren. Denn die Mitarbeitenden sind der zentrale Erfolgsfaktor im partizipativen Optimierungsprozess. Lean diktiert nicht von aussen Lösungen. Die Mitarbeitenden entwickeln selbst die Ideen, bspw. mittels Kaizen. Voraussetzung dafür ist ein partizipativer Führungsstil und eine Kultur, welche die aktive Mitgestaltung der Organisation aller Beteiligten fordert und fördert.  Neben Wollen und Dürfen ist drittens auch das Können Voraussetzung, um zu einer Lean-Organisation zu werden. Wir müssen wissen, wann welche Aktivität wie durchzuführen ist.

Warum ist ein Lean Coaching doch nichts anderes als ein Personaltraining im Management-Setting?

Doch kommen wir nun zur Personal-Training-Analogie: Personal-TrainerInnen schneidern für ihre KundInnen einen individuellen, genau auf ihre Bedürfnisse und Ziele ausgerichteten Trainingsplan zu. Sie begleiten die Umsetzung und prüfen, ob sie korrekt ausgeführt wird, um bspw. Verletzungen zu verhindern. Eventuell angewöhnte Ausführungsfehler werden abtrainiert. Lean-Coaches machen eigentlich nichts anderes – nur eben in einem weniger verschwitzten Setting. Die Lean-Aktivitäten werden zugeschnitten auf die jeweilige Institution (z.B. Hausarztpraxis). Die Coachin oder der Coach erstellt einen Plan und begleitet dessen Umsetzung. Dabei wird der Fokus darauf gelegt, dem Gecoachten wichtige Werkzeuge und Methoden an die Hand zu geben. So werden Optimierungsmassnahmen umgesetzt und Verschwendungen eliminiert.

Beiden Fällen ist gemein, dass die Begleitung (ob Training oder Coaching) nicht auf Dauer ausgerichtet ist. So steht viel mehr im Vordergrund, das Wissen und Können zu vermitteln und insbesondere in der meist noch eher wackeligen Startphase zur Seite zu stehen. Und, wenn wir ehrlich sind, ist in beiden Settings der Coach bzw. die Coachin wichtig für das Wollen. Wenn wir Lean-Projekte begleiten, sind nicht alle Meetings immer von ständig hoch-motivierten Menschen besucht. Gute Lean-Coaches stellen immer wieder nüchterne Fragen, ob die besprochenen Tätigkeiten und Übungen auch durchgeführt wurden. Sie erinnern immer wieder an das grosse Ziel und erzeugen so ab und zu ein schlechtes Gewissen bei den Gecoachten. Überspitzt gesagt: Sie werden für das Nerven bezahlt, aber das ist auch gut so.

Ob die Couch-Potato zur Sportskanone wird oder ob sich die Praxisorganisation zum Lean-Champion entwickelt, hängt langfristig entscheidend davon ab, inwiefern die Personen das Gelernte immer wieder konsequent umsetzen und sich durch das grosse Ziel motivieren lassen. Oder um es mit den Worten des ehemaligen Wrestlers und Schauspielers Dwayne Johnson zu sagen: «Erfolg kommt nicht über Nacht. Erfolg kommt, wenn du jeden Tag ein bisschen besser wirst.».

Und, haben Sie heute auch schon trainiert?

Johanna Stahl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fachstelle Management im Gesundheitswesen am WIG.

Prof. Dr. Alfred Angerer ist Leiter der Fachstelle Management im Gesundheitswesen.

Wer mehr zu Lean im Gesundheitswesen erfahren möchte, kann unter anderem hier vertiefende Informationen finden:


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